VwGH vom 29.09.2011, 2011/16/0177
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der K in W, vertreten durch Dr. Elmar Kresbach, LL.M., Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 4/4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. FSRV/0148- W/10, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem dieser in Ablichtung angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist Folgendes zu entnehmen:
Mit Bescheid vom leitete das Zollamt Wien gegen die Beschwerdeführerin ein Finanzstrafverfahren ein, weil der Verdacht bestehe, dass diese im Zeitraum vom 19. September bis zum im Bereich des Zollamtes Wien vorsätzlich eingangsabgabepflichtige Waren, die zugleich Monopolgegenstände seien, nämlich insgesamt 31.400 Stück Zigaretten näher angeführter Marken, hinsichtlich welcher zuvor von unbekannten Tätern die Finanzvergehen des Schmuggels und des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols begangen worden seien, in W zum Teil von Z.R. und zum Teil von einer unbekannten Person an sich gebracht und hiermit die Finanzvergehen der Abgabenhehlerei und der Monopolhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a und § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen habe.
Eine dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene (Administrativ )Beschwerde wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. In einer Anzeige vom (richtig wohl: 2009), welche vom Bundesministerium für Inneres der Finanzstrafbehörde erster Instanz weitergeleitet worden sei, sei vorgebracht worden, das Reinigungsunternehmen S. GmbH beschäftige im Krankenhaus der Stadt W/L fast ausschließlich ausländische Arbeitskräfte. Die Beschwerdeführerin sei eine Vorarbeiterin und treibe "seit ca. fünf Jahren" in der Kellergarderobe des Reinigungspersonals in einem näher genannten Pavillon des Krankenhauses einen schwunghaften Handel mit Schmuggelzigaretten. Sämtliche gängigen Zigarettenmarken würden zum Preis von 22 EUR je Stange angeboten. Die Beschwerdeführerin sei im Krankenhaus "so bekannt, dass Pflegerinnen und sonstiges Hauspersonal sich laufend mit Zigarettenstangen versorgten".
Anlässlich einer Kontrolle des Spindes der Beschwerdeführerin am hätten Organe der Finanzstrafbehörde erster Instanz 1.200 Stück Zigaretten mit ukrainischen Steuerbanderolen und 200 Stück Zigaretten mit kosovarischen Steuerbanderolen entdeckt. Die Beschwerdeführerin habe sich bei ihrer Einvernahme als Verdächtige dazu verantwortet, dass sie diese Zigaretten am im P von einem ihr unbekannten Serben zum Preis von 20 EUR je Stange für ihren Sohn und dessen Ehefrau gekauft und dann im Spind vergessen habe. Verkaufen habe die Beschwerdeführerin die Zigaretten auf keinen Fall wollen.
Weiters sei einer von der Staatsanwaltschaft Wien angeordneten Telephonüberwachung näher angeführter Rufnummern im September und Oktober 2009 das Ergebnis entnommen worden, dass eine bisher unbekannte Frau unter einer näher angeführten Mobiltelephonnummer im Zeitraum vom bis insgesamt 210 Stangen Zigaretten verschiedener Marken bei einem Z.R., der die überwachten Rufnummern benützt habe, bestellt und von ihm übernommen habe. Ein Mobiltelephon mit dieser angeführten Rufnummer sei im Zuge einer Kontrolle in der Handtasche der Beschwerdeführerin vorgefunden worden. Die Beschwerdeführerin habe bei der Vernehmung angegeben, dieses Mobiltelephon fast ausschließlich selbst zu verwenden, selten einer Arbeitskollegin geliehen zu haben. Schließlich sei der Beschwerdeführerin (mit dem Vornamen "V" ) vorgehalten worden, dass der genannte Z.R. die Gesprächsteilnehmerin mit der betreffenden Rufnummer "V" genannt habe. Die Frage, ob die Beschwerdeführerin eine andere Person mit dem Rufnamen V kenne, habe sie verneint.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin im Recht verletzt erachtet, dass gegen sie kein Finanzstrafverfahren eingeleitet werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhehlerei schuldig, wer vorsätzlich eine Sache oder Erzeugnisse aus einer Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung, eine Verkürzung von Verbrauchsteuern oder von Eingangs- oder Ausgangsabgaben begangen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt.
Nach § 46 Abs. 1 FinStrG macht sich der Monopolhehlerei schuldig, wer vorsätzlich Monopolgegenstände oder Erzeugnisse aus Monopolgegenständen, hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt.
Gemäß § 82 Abs. 1 und 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz das Finanzstrafverfahren einzuleiten, wenn sie durch ihr zukommende Verständigungen und Mitteilungen oder aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt und nicht das Gericht für die Ahndung des Finanzvergehens zuständig ist und wenn sich nicht aus hier nicht interessierenden Gründen von der Einleitung abzusehen hat. Gemäß § 83 Abs. 2 FinStrG in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung der Finanzstrafgesetznovelle 2007, BGBl. I Nr. 44, (§ 83 Abs. 2 FinStrG in der Fassung der Finanzstrafgesetznovelle 2010, BGBl. I Nr. 104 ist im Beschwerdefall noch nicht anzuwenden - § 265 Abs. 1p letzter Satz FinStrG) ist der Verdächtige von der Einleitung des Strafverfahrens unter Bekanntgabe der zur Last gelegten Tat sowie der in Betracht kommenden Strafbestimmung unverzüglich zu verständigen und bedarf die Verständigung eines Bescheides, wenn das Strafverfahren wegen Verdachts eines vorsätzlichen Finanzvergehens, ausgenommen einer Finanzordnungswidrigkeit, eingeleitet wird.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geht es bei der Prüfung, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe im Sinn des § 82 FinStrG für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind, nicht darum, schon jetzt die Ergebnisse des förmlichen Finanzstrafverfahrens (dem unter anderem auch die Beweiswürdigung vorbehalten bleibt) gleichsam vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde zugekommenen Mitteilungen für einen Verdacht ausreichen oder nicht. Ob jemand das ihm zur Last gelegte Finanzvergehen tatsächlich begangen hat oder nicht, ist jedenfalls dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 115ff FinStrG vorbehalten. Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es, wenn gegen den Verdächtigen genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Ein Verdacht - der mehr ist als eine bloße Vermutung - besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Es ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/16/0225, mwN).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund berechtigten die insoweit unbekämpften Feststellungen der belangten Behörde über den Zigarettenfund im Spind der Beschwerdeführerin seien, über die Telephonüberwachung, dass Zigarettenbestellungen beim Überwachten durch eine "V" genannte Frau erfolgt seien und dass die Nummer des in ihrer Handtasche gefundenen Mobiltelephons dieselbe Nummer wie die einer Person sei, welche beim Überwachten Zigaretten bestellt habe, die belangte Behörde zum Verdacht, die Beschwerdeführerin habe den Tatbestand der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG und der Monopolhehlerei nach § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG erfüllt.
Die von der Beschwerde vermissten Verfahrenshandlungen (Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie Ermittlungen zur Benutzung des genannten Mobiltelephons) bleiben dem gegen die Beschwerdeführerin durchgeführten Untersuchungsverfahren vorbehalten.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Berichters (§ 14 VwGG) über den Antrag der Beschwerdeführerin, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am