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VwGH vom 11.12.1964, 2334/63

VwGH vom 11.12.1964, 2334/63

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp, Dr. Frühwald und Dr. Riedel als Richter, im Beisein des Schriftführers, Bezirksrichters Dr. Angst , über die Beschwerde des M G in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat, vom , Zl. VI-1774/62, betreffend Gewinnermittlung 1960, zu Recht erkannt.

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Fleischhauer, ermittelt seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1953 und entrichtet die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten. Im Jahre 1960 setzte er zu Lasten des Gewinnes eine Umsatzsteuerzahlung von S 46.030,64 als Betriebsausgabe ab. Das Finanzamt erkannte von dieser Zahlung einen Betrag von S 818,- als Umsatzsteuernachzahlung für das Jahr 1959 nicht als gewinnmindernd an. Der Beschwerdeführer erhob Berufung, die vom Finanzamt mit Einspruchsbescheid und von der belangten Behörde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. In den Entscheidungsgründen führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung Schulden, die am Bilanzstichtag bereits entstanden seien, grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihre Fälligkeit als Passivposten in der Bilanz einzusetzen seien. Der Beschwerdeführer sei dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, sondern habe die Umsatzsteuer erst bei Bezahlung als Betriebsausgabe verbucht, wobei auch die Umsatzsteuer während des Jahres nicht in richtiger Höhe entrichtet worden sei. Die Bilanzen zum und zum erwiesen sich deshalb als fehlerhaft und seien dahin gehend zu berichtigen, dass in der Bilanz zum eine Umsatzsteuerschuld von S 7.482,30 und in der Bilanz zum eine solche von S 6.663,17 auszuweisen wäre. Die vom Finanzamt vorgenommene außerbilanzmäßige Gewinnzurechnung von S 818,-- (richtig S 819,--) erweise sich deshalb als begründet.

Über die Beschwerde, die die Entscheidung der belangten Behörde als rechtsirrig bekämpft, hat der Gerichtshof erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1953 ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Gemäß § 3 Abs. 5 Z. 4 des Steueranpassungsgesetzes entsteht der Abgabenanspruch bei der Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen im Falle der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten mit Ablauf des Monats, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind. Gemäß § 13 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1959 hat der Unternehmer binnen zehn Tagen nach Ablauf eines Kalendermonates eine Vorauszahlung zu entrichten, die den vereinnahmten Entgelten entspricht.

Der Beschwerdeführer errechnete in der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1960 eine Umsatzsteuerschuld von S 45.211,52. Als Betriebsausgaben setzte er in diesem Jahre jedoch Umsatzsteuerzahlungen von S 46.030,64 gewinnmindernd ab. Dieser Betrag setzt sich aus Umsatzsteuerzahlungen für das Jahr 1960 von S 38.548,34 und einer Umsatzsteuerrestzahlung für das Jahr 1959 von S 7.482,30 zusammen. Die restliche Umsatzsteuerschuld des Jahres 1960 von S 6.663,17 (Umsatzsteuerrestschuld für Jänner bis November 1960 von S 1.862,99 und Umsatzsteuerschuld für Dezember 1960 von S 4.800,18) berücksichtigte der Beschwerdeführer bei der Gewinnermittlung für das Jahr 1960 nicht.

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung gebieten es aber, bei der Ermittlung des Betriebsvermögens eines Wirtschaftsjahres Schulden, die bereits entstanden sind, ohne Rücksicht auf ihre Fälligkeit in der Bilanz als Passivposten auszuweisen. Dieser Verpflichtung ist der Beschwerdeführer weder im Jahre 1959 noch im Jahre 1960 nachgekommen. Die Bilanzen zum und zum waren daher zu berichtigen, wobei in der Bilanz zum eine Umsatzsteuerschuld von S 7.482,30 und in der Bilanz zum eine Umsatzsteuerschuld von S 6.663,17 auszuweisen wäre. Durch die Berichtigung der beiden Bilanzen würde sich bei der Gegenüberstellung der Betriebsvermögen eine Gewinnerhöhung für das Jahr 1960 von S 819,13 ergeben. Wie die belangte Behörde zutreffend feststellt, erweist sich somit die außerbilanzmäßige Zurechnung des Finanzamtes zum Gewinn des Jahres 1960 von S 818,-- als begründet.

Der Hinweis in der Beschwerde, dass es im Ermessen des Beschwerdeführers liegt, ob er Rechnungsabgrenzungsposten in die Bilanzen einsetzt oder nicht, geht ins Leere, denn Umsatzsteuerschulden sind echte Schulden eines bestimmten Zeitraumes und können somit in der Regel keinen Anlass zur Bildung von Abgrenzungsposten geben. Im gegenständlichen Fall ist der Erfolg des Wirtschaftsjahres (Kalenderjahres) 1960 zu ermitteln. Hiebei ist insbesondere zu beachten, dass der Restbetrag der Umsatzsteuerschuld der Monate Jänner bis November 1960 von S 1.862,99 ja von vornherein als Abgrenzungspost ausscheidet, da diese Schuld im Jahre 1960 entstanden und auch fällig geworden ist; aber auch die Umsatzsteuerschuld für Dezember 1960 von S 4.800,18 ist mit Ablauf des Monates Dezember 1960 entstanden und daher unbeschadet ihrer späteren Fälligkeit in der Bilanz des Jahres 1960 als Verbindlichkeit auszuweisen.

Wenn die Beschwerde des weiteren die Ansicht vertritt, dass die Finanzbehörde im Jahre 1960 auch die Umsatzsteuerrestzahlung für das Jahr 1959 anzuerkennen haben wird, da sie ihre Praxis nicht zum Schaden des Steuerpflichtigen ändern kann, so ist darauf hinzuweisen, dass für die Ermittlung des Gewinnes gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1953 grundsätzlich die gemäß § 6 EStG 1953 richtig zu berechnenden Bilanzansätze maßgebend sind und deshalb grundsätzlich auch eine Richtigstellung allenfalls unrichtiger Ansätze möglich ist. Das Recht und die Pflicht der Behörde, unrichtige Bilanzansätze richtig zu stellen oder unterlassene Bilanzansätze aufzunehmen, lässt sich umsoweniger bestreiten, als § 4 Abs. 2 EStG 1953 dieses Recht ausdrücklich auch dem Pflichtigen einräumt und diesem nur gewisse Schranken auferlegt, wenn er von einer Wahl, die er allenfalls zwischen mehreren gesetzlich zulässigen Bilanzierungsmöglichkeiten getroffen hat, nachträglich wieder abgehen will. Eine Einschränkung erfährt dieses Recht der Behörde nur insofern, als die Richtigstellung einer Bilanz nicht dazu führen darf, einen in Rechtskraft erwachsenen Steuerbescheid zu ändern, ohne dass die Voraussetzungen zutreffen, an die das Gesetz die Zulässigkeit einer solchen Änderung knüpft. Da die Rechtskraft eines Steuerbescheides jedoch auf das Jahr beschränkt bleibt, für das er erlassen wurde, kann diese Einschränkung die Behörde nicht hindern, unrichtige Bilanzierungsmethoden, die sie für ein Steuerjahr unbeanstandet gelassen hat, für ein späteres Steuerjahr beanstanden.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die belangte Behörde durch ihre Entscheidung das Gesetz nicht verletzt hat. Die Beschwerde war somit unbegründet und musste gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abgewiesen werden.

Wien, am