VwGH vom 26.03.2015, 2015/22/0011

VwGH vom 26.03.2015, 2015/22/0011

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Ro 2015/22/0012 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrat Dr. Robl und Hofrätin Mag.a Merl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision des Landeshauptmannes von Niederösterreich gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AB-14-0943, betreffend Aufenthaltstitel (mitbeteiligte Partei: V in T), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die Mitbeteiligte, eine serbische Staatsangehörige, beantragte am die Erteilung des Erstaufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Diesen Antrag wies der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 in Verbindung mit Abs. 5 NAG nicht erfüllt sei, weil das Einkommen des Ehemannes der Mitbeteiligten unter dem Richtsatz des § 293 ASVG liege.

Gegen diesen Bescheid erhob die Mitbeteiligte Beschwerde.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich dieser Beschwerde insofern statt, als der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Landeshauptmann von Niederösterreich gemäß § 28 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zurückverwiesen wurde. Weiters erklärte es die ordentliche Revision für zulässig.

Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, auf Grund der mittlerweile geänderten Sachlage könne unter Berücksichtigung des Einkommens des Ehemannes der Mitbeteiligten die Rechtsansicht des Landeshauptmannes von Niederösterreich, dass der Aufenthalt der Mitbeteiligten zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könne, nicht aufrecht erhalten werden. Es wäre somit weiters zu prüfen gewesen, ob die Mitbeteiligte die weiteren Erteilungsvoraussetzungen des ersten Teiles des NAG erfülle. Eine derartige Prüfung sei von der Verwaltungsbehörde unterlassen worden. Demnach sei das "gesamte notwendige Ermittlungsverfahren in Bezug auf § 11 NAG durchzuführen" und es sei unzweifelhaft zur Wahrung des Instanzenzuges unumgänglich, mit einer Zurückverweisung der Angelegenheit an die Verwaltungsbehörde vorzugehen. Keinesfalls sei davon auszugehen, dass die Verwaltungsbehörde die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes und den Verfahrensabschluss nicht mit zumindest der gleichen Raschheit und mit höheren Kosten bewerkstelligen könne als das Verwaltungsgericht selbst.

Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil "gerade die Kassationsbefugnis der Verwaltungsgerichte eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung darstellt".

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Revision des Landeshauptmannes von Niederösterreich; eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hatte bereits im Revisionsverfahren Ra 2014/22/0103 bis 0105 eine Konstellation zu beurteilen, in der die Behörde den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wegen unzureichenden Einkommens gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG abgewiesen und das Verwaltungsgericht in der Folge festgestellt hatte, dass die Bedenken der Behörde hinsichtlich § 11 Abs. 2 Z 4 NAG als ausgeräumt anzusehen seien. Dies werde - so das Verwaltungsgericht - von der Behörde im fortgesetzten Verfahren zu berücksichtigen sein. In jenem Beschwerdeverfahren hatte somit das Verwaltungsgericht die Feststellungen der Behörde (zum Einkommen des Zusammenführenden) selbst ergänzt, aber dennoch keine Sachentscheidung getroffen.

Mit dem hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/22/0103 bis 0105, hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf und hielt unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom , Ro 2014/03/0063, fest, dass dem Verwaltungsgericht sowohl in den in Art. 130 Abs. 4 B-VG vorgesehenen und in § 28 Abs. 2 VwGVG angeordneten, als auch in den von § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG erfassten Fällen, in denen nicht § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eingreift, eine kassatorische Entscheidung nicht offen steht. Das Verwaltungsgericht habe nachvollziehbar zu begründen, weshalb es keine meritorische Entscheidungskompetenz annehme.

Auch dem hier angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes lässt sich nicht entnehmen, inwieweit bei dieser (vergleichbaren) Sachlage kein Fall des § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG anzunehmen wäre oder aber weshalb § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eingreifen sollte, sodass das Verwaltungsgericht zu einer Aufhebung und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Verwaltungsbehörde berechtigt gewesen wäre.

Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird somit auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen.

Soweit das Verwaltungsgericht meint, es wäre als eine zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Verwaltung berufene Einrichtung zu einer Zurückverweisung berechtigt und es erschiene nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt der Gewaltentrennung unvereinbar, dass das Verwaltungsgericht erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht, ist dem zu entgegnen, dass einem solchen Verständnis die Anordnung des § 28 VwGVG mit seiner grundsätzlichen Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache, auch wenn allenfalls Ermittlungen vorgenommen werden müssen, entgegensteht (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis Ro 2014/03/0063). Auch aus dem Hinweis, dass es zu einer Verkürzung des "gesetzlich intendierten Instanzenzuges" käme, ist für den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes nichts zu gewinnen, hat doch der Verwaltungsgerichtshof im eben zitierten Erkenntnis auch festgehalten, dass es gerade der Zielsetzung des Gesetzgebers entspricht, einen neuerlichen Instanzenzug durch kassierende Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes zu vermeiden.

Somit war das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am