VwGH vom 19.10.2011, 2009/08/0187
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des G R in G, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Burgenland vom , Zl. LGS-Bgld./KP1/0566/2009, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochten Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer vom bis bei der X-Krankenanstalten GmbH als Primarius tätig war. Das Beschäftigungsverhältnis endete durch fristlose Entlassung. Diese wurde vom Beschwerdeführer erfolgreich bekämpft und mit dem zwischen ihm und seinem ehemaligen Dienstgeber am abgeschlossenen Vergleich in eine einvernehmliche Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses mit abgeändert. Der Beschwerdeführer hat (bis zu seiner Arbeitsaufnahme am ) auf Grund seines Antrag von Arbeitslosengeld vom 4. April bis bezogen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde gegenüber dem Beschwerdeführer der Bezug des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum vom 4. April bis widerrufen und der Beschwerdeführer zur Rückzahlung eines Betrages von EUR 1.452,66 verpflichtet.
In ihrer Bescheidbegründung stellte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges und Zitierung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen fest, dass anlässlich einer Überlagerungsmeldung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (in der Folge: Hauptverband) der Umstand bekannt geworden sei, dass auf Grund des getroffenen Vergleiches vom eine Änderung des Versicherungsverlaufes vorgenommen worden sei. Aus dem Hauptverband sei ersichtlich, dass er während der Zeit vom bis in einem durchlaufenden Dienstverhältnis bei der X-Krankenanstalten GmbH gestanden und der Vollversicherung unterlegen sei. Aus Punkt 1 des Vergleiches sei ersichtlich, dass sich der ehemalige Dienstgeber zur Zahlung eines Betrages von EUR 85.000,-- brutto an Schadenersatz (Abfertigung, sonstige Bezüge) aus 2007 verpflichte; dazu sei für den Fall des Auflebens einer weiteren Sozialversicherungspflichtigkeit ausgeführt, dass für die Nachzahlung der Dienstgeberanteile die X-Krankenanstalten GmbH und für die Nachzahlung der Dienstnehmeranteile der Beschwerdeführer selbst zuständig sei.
Die belangte Behörde führte im Weiteren - soweit für den Beschwerdefall von Bedeutung - aus, dass auf Grund des geschlossenen Vergleiches "nunmehr" seitens der zuständigen Gebietskrankenkasse festgestellt worden sei, dass eine Sozialversicherungspflicht auf Grund eines vollversicherten Dienstverhältnisses bis entstanden sei. Aus dem geänderten Versicherungsverlauf im Hauptverband sei somit ein aufrechtes Dienstverhältnis vom bis bei der X-Krankenanstalten GmbH ersichtlich, weshalb der Bezug von Arbeitslosengeld im gegenständlichen Zeitraum nicht möglich und nach § 25 Abs. 1 AlVG zurückzufordern sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG in der zeitraumbezogen hier noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle I Nr. 104/2007 ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung gilt als arbeitslos insbesondere nicht, wer (u.a.) in einem Dienstverhältnis steht.
Gemäß § 24 Abs. 2 leg. cit. ist, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosegeldes als gesetzlich nicht begründet herausstellt, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.
Nach § 25 Abs. 1 AlVG ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgeblicher Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Fall des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird.
Soweit sich die Beschwerde gegen die Annahme eines die Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigungsverhältnisses im hier maßgeblichen Zeitraum wendet und das Fehlen von für eine abschließende rechtliche Beurteilung ausreichende Ermittlungen rügt, kommt ihr Berechtigung zu:
Die belangte Behörde hat den Widerruf und die Rückforderung des empfangenen Arbeitslosengeldes für den Zeitraum vom 4. April bis allein darauf gestützt, dass der Hauptverband auf Grund des Vergleiches vom das (Weiter)Bestehen eines der Sozialversicherungspflicht unterliegenden Beschäftigungsverhältnisses angenommen hat; sie hat jedoch Feststellungen dazu unterlassen, ob der Beschwerdeführer im hier maßgeblichen Zeitraum (weiterhin) in einem Beschäftigungsverhältnis iSd § 4 Abs. 2 ASVG gestanden ist, welches gemäß § 12 Abs. 3 lit. a AlVG zum Ausschluss der Arbeitslosigkeit führt, oder ob er gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 AlVG iVm § 11 Abs. 2 ASVG nicht als arbeitslos gegolten hat. Nach dem herangezogenen Vergleich wurde das Dienstverhältnis aber mit einvernehmlich beendet; es finden sich darin auch keinerlei Anhaltspunkte einer daran anschließenden Weiterbeschäftigung des Beschwerdeführers.
Indem die belangte Behörde dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
QAAAE-90096