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VwGH vom 11.09.2014, 2011/16/0146

VwGH vom 11.09.2014, 2011/16/0146

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde der I K in M, vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in 2344 Maria Enzersdorf, Franz Josef-Straße 42/Hauptstraße 35, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom , Zl. Jv 674/11k-33a, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin erhob am vor dem Bezirksgericht M eine Klage, in der sie die Nichtigkeit eines am abgeschlossenen Pacht- und Servitutsvertrages geltend machte. Das Urteilsbegehren lautete unter anderem dahin, dass der Beklagte der Einverleibung der Löschung seines Vorkaufsrechts auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin zuzustimmen habe. Mit Beschluss vom bewilligte das Bezirksgericht M der Beschwerdeführerin die Verfahrenshilfe für dieses Verfahren einschließlich eines nach Abschluss des Rechtsstreits eingeleiteten Vollstreckungsverfahrens. Ihr wurden die Begünstigungen gemäß § 64 Abs. 1 Z 1 und 3 ZPO gewährt. Auf Antrag der Klägerin fällte das Bezirksgericht M am über das gesamte Klagebegehren ein Anerkenntnisurteil, welches in Rechtskraft erwuchs.

Unter Berufung auf dieses Urteil stellte die Beschwerdeführerin beim Bezirksgericht M mit Eingabe vom das Begehren auf Einverleibung der Löschung des genannten Vorkaufsrechts. Diese Eingabe enthält zu den Gebühren folgenden Vermerk: "Gebührenbefreiung Verfahrensh. bew. B. BG M , 14 C ...".

Nach einer Zahlungsaufforderung vom erließ die Kostenbeamtin des Bezirksgerichts M am einen Zahlungsauftrag, mit welchem sie der Beschwerdeführerin die Eingabengebühr laut Anmerkung 3a zu TP GGG mit einem Betrag von EUR 38,--, die Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GEG in Höhe von EUR 8,--, sowie einen Mehrbetrag gemäß § 31 GGG von EUR 19,-- zur Zahlung vorschrieb.

In ihrem gegen die Gebührenvorschreibung erhobenen Berichtigungsantrag machte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen geltend, die Bestimmungen über die Verfahrenshilfe im Zivilprozess seien hinsichtlich der Gebührenfreiheit auch außerhalb desselben in allen anderen Verfahrensarten anzuwenden. Für die Eingabengebühr sei keine Ausnahme vom Grundsatz der Gebührenfreiheit wegen Verfahrenshilfe vorgesehen. Im Grundbuchsgesuch sei eine Bankverbindung des Rechtsanwalts angegeben, weshalb weder die Einhebungsgebühr noch der Mehrbetrag vorzuschreiben gewesen wären.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag teilweise Folge und änderte den Zahlungsauftrag dahingehend ab, dass er hinsichtlich des Erhöhungsbetrages und der Einhebungsgebühr sowie der Zahlungspflicht des Rechtsanwaltes aufgehoben wurde. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, die Gebührenfreiheit auf Grund der Verfahrenshilfe gelte gemäß § 9 Abs. 2 GGG nur für das Verfahren, für das sie bewilligt worden sei, einschließlich des Rechtsmittelverfahrens und des Exekutionsverfahrens. Für die Grundbuchsache wäre ein neuer Verfahrenshilfeantrag erforderlich gewesen. Als solcher könne der im Verbücherungsantrag enthaltene Hinweis auf die im Zivilprozess gewährte Verfahrenshilfe nicht interpretiert werden. Da für die Eingabengebühr eine Abbuchungsermächtigung vorgelegen sei, habe die Vorschreibung des Erhöhungsbetrages und der Einhebungsgebühr nicht aufrechterhalten werden können.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, nicht mit Gerichtsgebühren belastet zu werden, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungs- und Gerichtsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Nach Tarifpost 9 lit. a GGG in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 188/2009 unterliegen in Grundbuchsachen Eingaben (Protokollaranträge) um Eintragung in das Grundbuch (Landtafel, Eisenbahnbuch, Bergbuch) einer Gebühr in der Höhe von EUR 45,--. Die Anmerkung 3a zu TP 9 GGG, deren Aufhebung durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, gemäß Art. VI Z 39 GGG im Beschwerdefall noch nicht zum Tragen kommt, ordnet die Ermäßigung der Eingabengebühr um EUR 7,-- an, wenn sämtliche erforderlichen Urkunden, in elektronischer Form übermittelt werden.

Gemäß § 9 Abs. 2 GGG gilt die Gebührenfreiheit auf Grund der Verfahrenshilfe nur für das Verfahren, für das sie bewilligt wurde, einschließlich des Rechtsmittelverfahrens und des Exekutionsverfahrens, solange keine Änderung an der Gewährung der Verfahrenshilfe eintritt. Die Gebührenfreiheit im Exekutionsverfahren gilt auch für die sich im Laufe und aus Anlass des Exekutionsverfahrens ergebenden Streitigkeiten.

§ 367 EO regelt die Abgabe einer Willenserklärung. Nach dessen Abs. 1 gilt, wenn der Verpflichtete nach dem Inhalt des Exekutionstitels eine Willenserklärung abzugeben hat, diese Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat oder ein anderer Exekutionstitel gleichen Inhalts zum Antrag auf Exekutionsbewilligung berechtigt. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gilt eine Willenserklärung mit dem Tag der Rechtskraft des Urteils als abgegeben und eine Exekution ist hiezu weder erforderlich noch zulässig ( Angst/Jakusch/Mohr , EO15, E 1 zu § 367). Umfasst etwa der Exekutionstitel lediglich die Verpflichtung des Beschuldigten, die Bewilligung zur Löschung der angemerkten Rangordnung der beabsichtigten Veräußerung zu erteilen oder in die Einverleibung der Pfandrechtslöschung zu willigen, kann unmittelbar beim Grundbuchsgericht um die Löschung der Anmerkung angesucht werden, weil sich mit der Einwilligungserklärung die Verpflichtung erschöpft (vgl. E 28 und E 32, jeweils aaO).

Daraus ergibt sich, dass die von der Beschwerdeführerin mit Klage begehrte Zustimmung des Beklagten zur Einverleibung der Löschung seines Vorkaufsrechts bereits mit Rechtskraft des Anerkenntnisurteils als abgegeben gilt und damit der Prozessgegner seine Verpflichtung erfüllt hat. Eines Exekutionsverfahrens, für das die Gebührenfreiheit auf Grund der im Zivilprozess bewilligten Verfahrenshilfe gelten würde, bedurfte es daher zur Erfüllung der im Anerkenntnisurteil enthaltenen Verpflichtung des Prozessgegners nicht. Das Klagebegehren war nicht auf eine Verfügung über ein bücherliches Recht wie die Vornahme oder Beantragung der Einverleibung der Löschung des Vorkaufsrechtes gerichtet, womit z. B. eine Exekution nach § 350 EO denkbar gewesen wäre ( Klicka in Angst , Kommentar zur Exekutionsordnung2, Rz 4 zu § 367, mwN).

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann sohin das Grundbuchsgesuch auf Einverleibung der Löschung des Vorkaufsrechts nicht als Exekutionsantrag gelten, für den die Verfahrenshilfe gemäß § 9 Abs. 2 GGG ebenfalls gelten würde.

Zur Beurteilung der Frage, ob der im Grundbuchsgesuch enthaltene Hinweis auf die im Zivilprozess bewilligte Verfahrenshilfe als neuer Verfahrenshilfeantrag zu werten sei, ist die Vorschreibungsbehörde an die Entscheidung des Gerichts über die Bewilligung und über die Entziehung der Verfahrenshilfe gebunden (vgl. Wais/Dokalik , Gerichtsgebühren11, E 14 zu § 9 GGG). Die Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag stellt keine abzuwartende Voraussetzung für die Entscheidung über die Vorschreibung der Gerichtsgebühren dar (E 11 aaO). Damit war es nicht an der belangten Behörde gelegen, die Erklärung der Beschwerdeführerin im Grundbuchsgesuch betreffend Gebührenbefreiung als neuen Verfahrenshilfeantrag zu interpretieren, weil auch ein allenfalls unerledigter Verfahrenshilfeantrag die Vorschreibung der Gerichtsgebühren nicht hindert.

Da die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit aufzeigt, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der im Beschwerdefall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am