VwGH vom 20.11.2014, 2011/16/0145
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger, den Hofrat Dr. Mairinger und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die noch von Mag. Dominik Baurecht als Masseverwalter im Konkurs der A GmbH in Wien, damals vertreten durch die Burghofer Rechtsanwalts GmbH in 1060 Wien, Köstlergasse 1/30, erhobene Beschwerde der A GmbH in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Zoll-Senat 1 (W), vom , Zl. ZRV/0098-Z1W/09, betreffend Eingangsabgaben und Abgabenerhöhung,
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Abgabenerhöhung betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid teilte die belangte Behörde im Instanzenzug dem Masseverwalter im Konkurs der A GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) die Entstehung und buchmäßige Erfassung von Zoll (EUR 4.728,07) und Einfuhrumsatzsteuer (EUR 8.825,72) zuzüglich einer Abgabenerhöhung (EUR 601,11) mit. Am sei für die Beförderung von eingangsabgabepflichtigen Waren (629 Packstücke Textilien aus China) vom Zollamt Wien als Abgangsstelle zu einem in Rumänien gelegenen Zollamt als Bestimmungsstelle ein externes gemeinschaftliches Versandverfahren eröffnet worden. Hauptverpflichtete als Inhaberin des gegenständlichen gemeinschaftlichen Versandverfahrens sei die Beschwerdeführerin, eine Spedition, gewesen. Die Wiedergestellung hätte spätestens am erfolgen sollen. Nachdem das Zollamt Wien der Beschwerdeführerin mitgeteilt habe, dass kein Nachweis für die Beendigung des Versandverfahrens vorliege, habe diese bekanntgegeben, dass es ihr nicht möglich sei, einen solchen zu erbringen. Sie habe um Festsetzung der Abgaben ersucht.
Mangels Gestellung der Waren an der Bestimmungsstelle liege ein zollschuldbegründendes Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung iSd Art. 203 Zollkodex (ZK) vor. Da der Ort der Entstehung der Zollschuld nicht habe ermittelt werden können, sei gemäß Art. 215 Abs. 1 ZK zu dessen Bestimmung auf den Ort abzustellen, an dem die Ware in das Zollverfahren übergeführt worden ist. Da sich die vorgelegte Rechnung als Fälschung erwiesen habe, habe der Transaktionswert nicht nach Art. 29 ZK ermittelt werden können. Mangels Kenntnis eines Transaktionswertes gleicher oder gleichartiger Waren habe der Transaktionswert auch nicht nach Art. 30 ZK ermittelt werden können. In Anwendung des Art. 31 ZK iVm § 184 Abs. 1 BAO habe die belangte Behörde eine Schätzung durchgeführt und dabei auf den geringsten Wert aller im Jahr 2007 in Österreich in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten Waren der von der Beschwerdeführerin bekanntgegebenen Position der Kombinierten Nomenklatur als Vergleichswert zurückgegriffen.
Zur Abgabenerhöhung führte die belangte Behörde aus, dass diese als verhältnismäßig anzusehen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführerin erkennbar in ihrem Recht auf Unterbleiben der Schätzung und der Abgabenerhöhung verletzt erachtet. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Spruchpunkt I. in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
Zu Spruchpunkt I.:
Der Beschwerdefall gleicht hinsichtlich der Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG, BGBl. Nr. 659/1994 idF BGBl. I Nr. 180/2004, in sachlicher und rechtlicher Hinsicht jenem, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2012/16/0090, entschieden hat, weswegen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die dort dargelegten Entscheidungsgründe verwiesen werden kann (vgl. auch die in weiterer Folge ergangenen hg. Erkenntnisse vom , 2012/16/0032, sowie vom , 2012/16/0009, und vom , 2011/16/0043). Auch im vorliegenden Beschwerdefall
hätte die belangte Behörde beachten müssen, dass die Festsetzung der Abgabenerhöhung ab Inkrafttreten des § 30a Abs. 5 Finanzstrafgesetz idF der Finanzstrafgesetz-Novelle 2010, BGBl. I Nr. 104/2010, somit ab unzulässig ist, sodass sich die Vorschreibung der Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG als rechtswidrig erweist.
Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang der Abgabenerhöhung gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Zu Spruchpunkt II.:
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Finanzsenates (mit einer hier nicht interessierenden Einschränkung bei Finanzstrafsachen) durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Bescheid von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die belangte Behörde ist - abgesehen von der oben erörterten Abgabenerhöhung - im angefochtenen Bescheid nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2002/16/0297, sowie das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom , C- 263/06).
In der vorliegenden Beschwerde werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des § 33a VwGG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde, soweit sie über die Frage der Rechtmäßigkeit der Abgabenerhöhung hinausgeht, abzulehnen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der im Beschwerdefall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am