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VwGH vom 28.03.2012, 2009/08/0183

VwGH vom 28.03.2012, 2009/08/0183

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des F P in S, vertreten durch Dr. Siegfried Legat, Rechtsanwalt in 8600 Bruck/Mur, Dr.-Theodor-Körner-Straße 13/1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMSK-328253/0001- II/A/3/2008, betreffend Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem BSVG (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der Bauern in 1030 Wien, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt fest, dass der Beschwerdeführer ab dem (dem Tag des Antritts seiner Alterspension nach dem BSVG) gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 sowie § 3 Abs. 1 Z 1 BSVG weiterhin in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung der Bauern pflichtversichert sei.

Nach den im Spruch genannten Bestimmungen bestehe für natürliche Personen eine Pflichtversicherung nach dem BSVG in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung, wenn sie auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984 führten oder auf ihre Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt werde und wenn der nach dem Bewertungsgesetz 1955 festgestellte Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes - für die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pensionsversicherung - den Betrag von EUR 1.500,-- erreiche oder übersteige bzw. - für die Versicherungspflicht in der Unfallversicherung - den Betrag von EUR 50,-- erreiche oder übersteige oder ein Einheitswert aus anderen als den Gründen des § 25 Z 1 des Bewertungsgesetzes nicht festgestellt werde.

Der Beschwerdeführer sei alleiniger Betriebsführer eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes. Das Ausmaß der in seinem Eigentum stehenden Flächen belaufe sich am auf 59,2563 ha und habe sich ab auf 59,6907 ha erhöht. Darüber hinaus habe er landwirtschaftlich genutzte Grundstücke im Gesamtausmaß von 2,9270 ha gepachtet. Der für die bäuerliche Sozialversicherung zu berücksichtigende Einheitswert betrage für den Zeitraum bis EUR 25.268,81 und ab dem EUR 25.368,81. Somit würden die für den Eintritt der Pflichtversicherung maßgeblichen Grenzeinheitswerte überschritten. Der Bezug einer Alterspension bewirke keine Ausnahme aus der Pflichtversicherung nach dem BSVG.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Einspruch und beantragte, den Bescheid aufzuheben oder insoweit abzuändern, dass nur die Pflichtversicherung in der Unfallversicherung festgestellt werde. Zur Begründung machte er geltend, dass er als Pensionist weder eine Pensionsversicherung noch eine Doppelversicherung in der Krankenversicherung brauche; nur die Unfallversicherung sei nachvollziehbar. In der Stellungnahme zum Vorlagebericht der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt erklärte er - nunmehr anwaltlich vertreten -, dass er zwar seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb fortführe. Er habe jedoch überhaupt keine Alternative dazu, weil man einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht einfach einstellen könne; die landwirtschaftlichen Flächen könne man nicht brach liegen lassen, und der Wald müsse gehegt und gepflegt werden. Es bestünden daher vorgegebene Notwendigkeiten der Betriebsfortführung. Durch die Betriebsführung erziele der Beschwerdeführer aber keinen Gewinn. Die Landwirtschaft werde hauptsächlich im öffentlichen Interesse der Landschaftspflege ausgeübt.

Der Landeshauptmann von Steiermark als Einspruchsbehörde gab dem Einspruch keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid, wobei er davon ausging, dass sich der Einspruch nur gegen die Feststellung der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gerichtet habe und hinsichtlich der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung Teilrechtskraft eingetreten sei. Der Entscheidung wurde der schon von der Erstbehörde festgestellte Sachverhalt zugrunde gelegt.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung, in der der Beschwerdeführer im Wesentlichen das im Einspruchsverfahren erstattete Vorbringen wiederholte und außerdem verfassungsrechtliche Bedenken geltend machte, wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid ab.

Begründend führte sie nach der Wiedergabe des Verfahrensgangs, der maßgeblichen Rechtsgrundlagen und des bereits von der Erstbehörde festgestellten Sachverhalts aus, dass der Beschwerdeführer weiterhin einen Betrieb mit einem jedenfalls über der Grenze des § 2 Abs. 2 BSVG liegenden Einheitswert führe und daher der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung unterliege. Er falle unter keinen der in § 5 BSVG genannten Ausnahmegründe.

Dem Berufungsvorbringen, dass die Weiterführung des Betriebes nicht als Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn anzusehen sei, weil kein Einkommen erzielt werde, sei zu entgegnen, dass es in § 2 BSVG auf die Führung eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes auf eigene Rechnung und Gefahr ankomme, dessen Einheitswert eine bestimmte Grenze überschreite; die Erzielung von Einkommen oder Gewinn sei nicht Voraussetzung.

Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, dass das österreichische Sozialversicherungsrecht auf dem Grundsatz der Mehrfachversicherung beruhe, was zur Folge habe, dass für jede Erwerbstätigkeit - abgesehen von gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen - eine eigene Pflichtversicherung ausgelöst werde. Dies könne für einen (beispielsweise) in mehreren Beschäftigungsverhältnissen stehenden Versicherten zu Mehrbelastungen führen. Der Verfassungsgerichtshof habe aber dieses System der Mehrfachversicherung schon aus verschiedenen Anlässen geprüft und dem Grundsatz nach für nicht verfassungswidrig befunden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, aber von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer rügt, dass die belangte Behörde keine Feststellungen darüber getroffen habe, ob überhaupt ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliege. Der Beschwerdeführer erledige Arbeiten, die ausschließlich der Landschaftspflege dienten; er mähe Wiesen, um Grasbrand zu verhindern, ohne dieses Gras zB zu verfüttern oder Dritten zur Verfügung zu stellen. Er führe im Wald Arbeiten durch, die ausschließlich dem Zweck dienten, eine Verwilderung und ein Überwuchern des Waldes durch Sträucher und Laubbäume zu verhindern.

Bei diesem Vorbringen handelt es sich jedoch um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung (vgl. § 41 VwGG). Im Verwaltungsverfahren war völlig unstrittig, dass der Beschwerdeführer seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dadurch weitergeführt hat, dass er auf den ihm gehörenden land- und forstwirtschaftlichen Flächen land- und forstwirtschaftliche Tätigkeiten im technischen Sinn entfaltet hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , VwSlg. 13.422 A, und zuletzt vom , Zl. 2007/08/0307). Er stellte lediglich in Abrede, aus dieser Tätigkeit Gewinne zu erzielen. Darauf, ob eine Gewinnerzielung beabsichtigt oder möglich ist, kommt es aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Pflichtversicherung nach dem BSVG nicht an; die Bewirtschaftung eines den Mindesteinheitswert erreichenden oder übersteigenden land(forst)wirtschaftlichen Betriebs unterliegt auch dann der Pflichtversicherung, wenn die Tätigkeit etwa bloß als Hobby betrieben wird (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/08/0123, mwN).

2. Soweit die Beschwerde - in den Beschwerdepunkten und den Beschwerdegründen - auch eine Verletzung im "Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz" bzw. die Gleichheitswidrigkeit der im Beschwerdefall angewendeten gesetzlichen Bestimmungen behauptet, ist darauf hinzuweisen, dass es nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fällt, die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte oder die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen zu prüfen. Der Verwaltungsgerichthof sieht sich aber auch nicht dazu veranlasst, einen Gesetzesprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof zu stellen (vgl. grundlegend zur Zulässigkeit einerseits der Mehrfachversicherung und andererseits der Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung nach Anfall einer Alterspension etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 12.739; zur Unbedenklichkeit des Systems der Mehrfachversicherung in der Krankenversicherung nach dem BSVG vgl. das - einen nach § 2 Abs. 1 Z 1 und § 4 Z 1 BSVG pflichtversicherten Pensionisten betreffende - hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/08/0173).

3. Der Beschwerdeführer macht schließlich noch geltend, dass ihm die Beitragsgrundlagenoption gemäß § 23 Abs. 1a BSVG (Beitragsgrundlage auf Grund der im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte statt auf Grund des Einheitswertes) zustünde. Gegenstand des mit dem angefochtenen Bescheid abgeschlossenen Verfahrens war aber ausschließlich die Feststellung der Versicherungspflicht und nicht auch die Bemessung der Beiträge. Den vorgelegten Verwaltungsakten ist im Übrigen auch kein Antrag gemäß § 23 Abs. 1a BSVG zu entnehmen.

4. Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am