VwGH vom 22.02.2012, 2011/16/0138
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der K in W, vertreten durch Mag. Michael Gruner und Dr. Robert Pohle, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Kirchengasse 19/11, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. ABK - 169/09, betreffend Haftung für Kommunalsteuer für das Jahr 2001 und die Monate Jänner bis März 2002, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war bis Ende April 2002 Kommanditistin der H. Co KEG; über das Vermögen der Gesellschaft wurde in weiterer Folge das Konkursverfahren eröffnet.
Zur Darstellung des Verwaltungsgeschehens wird zunächst in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das in dieser Sache ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/13/0158 verwiesen, mit dem der im Instanzenzug ergangene Bescheid der belangten Behörde, mit dem der Beschwerdeführerin als Kommanditistin der genannten Gesellschaft nach § 11 Abs. 3 iVm § 6 des Kommunalsteuergesetzes 1993 Kommunalsteuer samt Säumniszuschlag vorgeschrieben worden war, wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde.
Im fortgesetzten Verfahren hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Erledigung vom vor, für ihr Berufungsvorbringen - sie wäre abweichend vom Regelstatut des HGB nicht am Geschäftsergebnis der Gesellschaft beteiligt gewesen und hätte sohin weder Gewinn- noch Verlustanteile lukrieren können; auch hätte sie keinerlei geschäftliche oder unternehmerische Gestaltungs-, Leitungs- oder Mitwirkungsrechte gehabt; ihre gesellschaftliche Tätigkeit hätte sich ausschließlich auf den historischen Einmalerlag ihre Kommanditanteiles reduziert - seien bis dato keine Nachweise angeboten oder vorgelegt worden. Sie werde in Entsprechung des genannten Erkenntnisses ersucht, binnen Frist den Gesellschaftsvertrag und sonstige taugliche Nachweise über die Art und den Umfang ihrer Tätigkeit im Rahmen der Gesellschaft vorzulegen.
In ihrer Eingabe vom brachte die Beschwerdeführerin vor, zum Beweis ihres bisherigen Vorbringens könne sie nur ihre "Einvernahme als Partei anbieten". Geschäftsunterlagen, insbesondere ein Gesellschaftsvertrag, stünden ihr seit der Konkurseröffnung nicht mehr zur Verfügung. Der Gesellschaftsvertrag sei aber im Firmenbuch beim Handelsgericht Wien einsehbar. Sie "beantrage", weil es sich beim Firmenbuch um ein amtliches öffentliches Register handle, dessen amtswegige Beischaffung. Hinsichtlich ihrer Insolvenz und jener der genannten Gesellschaft verweise sie auf die Ediktsdatei und den bestellten Masseverwalter, der auch über alle Geschäftsunterlagen verfüge.
Eine telefonische Anfrage beim Handelsgericht Wien ergab laut einem Aktenvermerk in den vorgelegten Verwaltungsakten, dass Gesellschaftsverträge von Kommanditgesellschaften im Firmenbuch nicht aufliegen würden, da diese Verträge auch mündlich geschlossen werden könnten. Übermittelte schriftliche Gesellschaftsverträge würden wieder zurückgestellt. Es sei daher nicht möglich, den gegenständlichen Gesellschaftsvertrag beim Firmenbuch des Handelsgerichts Wien anzufordern.
Auf das schriftliche Ersuchen der belangten Behörde hin teilte der ehemalige Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der genannten Gesellschaft mit Schreiben vom mit, das Insolvenzverfahren sei bereits im Jahr 2006 rechtskräftig aufgehoben worden. Der Insolvenzakt sei ausgelagert worden und befinde sich nicht mehr in seiner Kanzlei. Zur Information teile er mit, dass "das Unternehmen nicht vorgefunden" worden sei und er über keine Unterlagen der seinerzeitigen Schuldnerin, der Beschwerdeführerin, verfügt habe. Die von der belangten Behörde benötigten Unterlagen lägen nicht bei ihm auf.
Mit Erledigung vom hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vor. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin den Nachweis dahingehend, ihre Stellung im Rahmen der Gesellschaft wäre abweichend vom Regelstatut des HGB gewesen, nicht erbracht habe. Abschließend erläuterte die belangte Behörde in ihrer Erledigung die Reduktion des offenen Saldos an Kommunalsteuer durch die zwischenzeitig ausgeschüttete Quote im Konkursverfahren und den Saldo an Säumniszuschlag.
Die Beschwerdeführerin reagierte auf den Vorhalt nicht.
Mit dem angefochtenen Ersatzbescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom als unbegründet ab und bestätigte diesen mit der Maßgabe, dass der Haftungsbetrag auf EUR 4.707,26 eingeschränkt werde.
Begründend erwog die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens und Zitierung der von ihr herangezogenen Rechtsgrundlagen sowie von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes,
"(d)as Ergebnis dieses Ermittlungsverfahrens sowie der noch aushaftende Kommunalsteuerrückstand wurde der (Beschwerdeführerin) mit Schreiben vom zur Kenntnis gebracht und eine angemessene Stellungnahmefrist eingeräumt, die ungenützt verstrichen ist.
Für die Abgabenberufungskommission liegt sohin kein Anlass vor, anzunehmen, die Stellung der (Beschwerdeführerin) in der Gesellschaft hätte nicht dem Regelstatut für Kommanditgesellschaften entsprochen.
Die (Beschwerdeführerin) ist somit auf Grund ihrer Rechtsstellung als Mitunternehmerin der Kommanditgesellschaft unmittelbar und neben der Gesellschaft als Unternehmerin Abgabenschuldnerin der Kommunalsteuer. Sie kann daher zur Zahlung der Kommunalsteuerschuld der Kommanditgesellschaft unmittelbar und ohne betragliche Beschränkung als Gesamtschuldnerin herangezogen werden.
Die Gesamtschuldnerschaft der (Beschwerdeführerin) im Sinne des § 6 zweiter Satz KommStG 1993 besteht daher zu Recht, sodass im Rahmen des der Abgabenbehörde eingeräumten Ermessensspielraumes der Abgabenbescheid erlassen werden konnte.
Das Ermessen der Behörde bei ihrer Entscheidung, welchen der Gesamtschuldner sie zur Leistung heranzieht, ist nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen … Im Sinne dieser Ermessensübung ist die Vorschreibung der Steuer an einen der Gesamtschuldner begründet, wenn die Einhebung beim anderen Gesamtschuldner bzw. beim Hauptschuldner zumindest mit großen Schwierigkeiten verbunden ist …
Die Einhebung der gegenständlichen Steuerschuld bei der … KEG (Hauptschuldner) ist deshalb mit großen Schwierigkeiten verbunden bzw. unmöglich, weil über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde. Bei Abstandnahme von der Gesamtschuldnerschaft würde der Abgabengläubiger seines Anspruches verlustig gehen.
Im Übrigen spricht nichts dafür, dass es unbillig ist, dass ein Gesamtschuldner, der unmittelbar am Unternehmenserfolg mitpartizipiert hat, auch für die entsprechenden Abgabenschulden aufzukommen hat. Darüber hinaus erfolgte die Vorschreibung der gegenständlichen Steuerschuld auch an den Komplementär, Herrn K K.
Die Vorschreibung des Säumniszuschlages in der Höhe von 2 % (§§ 217 und 217a BAO) erfolgte zu Recht, da der vorgeschriebene Abgabenrückstand zum Fälligkeitstag nicht entrichtet wurde.
Die Abänderung des Spruches erfolgte, weil gemäß § 1 Abs. 1 BAO, welcher mit in Kraft trat, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung auch in Angelegenheiten der Landes- und Gemeindeabgaben anzuwenden sind.
Abschließend wird noch festgehalten, dass der Abgabenberufungskommission, als Abgabenbehörde zweiter Instanz, keine Zuständigkeit zur Entscheidung über den gleichzeitig mit der Berufungsschrift eingebrachten Antrag auf Aussetzung der Einbringung zukommt, da Gegenstand des Berufungsverfahrens ausschließlich der Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz ist."
In der gegen diesen Ersatzbescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in u.a. ihrem Recht auf "Nichtinanspruchnahme als Steuerschuldnerin" nach § 6 des Kommunalsteuergesetzes 1993 verletzt; sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin vertritt in der vorliegenden, mit der gegen den Bescheid der belangten Behörde vom erhobenen wortlautgleichen Beschwerde weiterhin den Standpunkt, mangels Mitunternehmer-Eigenschaft im Sinn des § 23 Z. 2 EStG 1988 iVm § 6 letzter Satz KommStG 1993 sei sie nicht gesamtschuldnerische Steuerpflichtige. Der angefochtene (Ersatz )Bescheid sei sohin rechtswidrig, weil sich der Bescheidinhalt mit den angewendeten Rechtsnormen in Widerspruch setze, eventualiter - da die Behörde ganz offenbar stets von einer unmittelbaren Beteiligung des Kommanditisten am wirtschaftlichen Ergebnis ausgehe - weil der Sachverhalt ergänzungsbedürftig sei, da er keinesfalls ausreiche, um eine rechtsrichtige Anwendung der abgabenrechtlichen Normen zu prüfen. Hätte die Behörde vielmehr die notwendigen Ermittlungen, insbesondere eine Anfrage an den Sozialversicherungsträger oder eine Einvernahme der Beschwerdeführerin als Partei durchgeführt, wäre sie zum Ergebnis gekommen, dass sie eine weisungsgebundene Angestellte gewesen sei und keine Beteiligung an Geschäftsergebnis, Firmenwert, Gewinn oder Verlust vorgelegen habe und die nach dem "Leitbild des HGB" anzuwendenden Bestimmungen bezüglich Mitwirkungs- und Kontrollrechten abbedungen worden seien.
Zur Darstellung der im Beschwerdefall maßgebenden Rechtslage wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das in dieser Sache ergangene, eingangs zitierte Erkenntnis vom verwiesen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es einem Kommanditisten als Mitunternehmer nach § 6 KommStG 1993 verwehrt, der gegen ihn erhobenen Kommunalsteuerforderung seine handelsrechtliche Haftungsbeschränkung als Kommanditist entgegen zu halten. Der Kommanditist wird im Grunde des § 6 KommStG 1993 kraft Gesetzes unmittelbar und neben der Kommanditgesellschaft Abgabenschuldner der Kommunalsteuer des (auch) für seine Rechnung betriebenen Unternehmens der Gesellschaft. Kommanditisten sind im Hinblick auf die Anführung dieser Art von Gesellschaftern im § 23 Z. 2 EStG 1988 grundsätzlich Mitunternehmer. Eine dem Regelstatut des HGB entsprechende Stellung als Kommanditist bewirkt dessen Mitunternehmerstellung im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988 (vgl. etwas das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/13/0085, mwN).
Dies gilt gleichermaßen für Kommanditisten von Kommanditerwerbs-gesellschaften nach dem - mit Ablauf des außer Kraft getretenen - Erwerbsgesellschaftengesetz, BGBl. Nr. 257/1990, weil auch solche Kommanditisten im Hinblick auf ihre zufolge des § 4 Abs. 1 leg. cit. mit Kommanditisten von Kommanditgesellschaften vergleichbare Stellung als Mitunternehmer im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988 anzusehen sind.
Soweit auch die vorliegende Beschwerde - wie die schon gegen den Bescheid der belangten Behörde vom erhobene - die Unterlassung einer Anfrage an den Sozialversicherungsträger und der Einvernahme der Beschwerdeführerin als Partei moniert, ist dem entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin im Zuge des Abgabenverfahrens keine dahingehenden formellen Beweis anträge erhoben hatte - der bloße Hinweis auf ein Beweismittel vermag die Erstattung ausreichenden Vorbringens nicht zu ersetzen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 89/14/0120, und vom , Zl. 92/13/0119) - und für die belangte Behörde, die den von der Beschwerdeführerin erhobenen Beweis anträgen sehr wohl nachgekommen war, auch keine Anhaltspunkte dafür bestanden, im Rahmen weiterer amtswegiger Ermittlungsschritte Indizien für die Richtigkeit der Behauptungen der Beschwerdeführerin zu gewinnen, zumal es die Beschwerdeführerin unterließ, auf den Vorhalt der Beweisergebnisse vom überhaupt zu reagieren.
Die belangte Behörde gelangte im angefochtenen Ersatzbescheid auf Grund der eingangs geschilderten Ergebnisse des Beweisverfahrens zusammengefasst zur Annahme, es liege kein Grund zur Annahme vor, die Stellung der Beschwerdeführerin in der Gesellschaft hätte nicht dem Regelstatut für Kommanditerwerbsgesellschaften entsprochen. Die gegen den Ersatzbescheid gerichtete, mit der Beschwerde gegen den Bescheid vom übereinstimmende Beschwerde nimmt keinerlei Bedacht auf die im fortgesetzten Verfahren von der belangten Behörde gesetzten Ermittlungsschritte und unternimmt damit nicht einmal ansatzweise den Versuch, die für die wiedergegebene Tatsachenannahme tragende Beweiswürdigung der belangten Behörde einer substantiellen Kritik zu unterziehen. Der Verwaltungsgerichtshof findet daher im Rahmen der ihm zukommenden Schlüssigkeitsprüfung keinen Anlass, der Beweiswürdigung der belangten Behörde im angefochtenen Ersatzbescheid entgegenzutreten.
Ausgehend von einer dem Regelstatut des Erwerbsgesellschaftengesetzes entsprechenden Stellung der Beschwerdeführerin als Kommanditistin einer Kommanditerwerbsgesellschaft war sie als Mitunternehmerin im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988 anzusehen und daher gemäß § 6 KommStG 1993 als Gesamtschuldnerin für die - der Höhe nach nicht bestrittene - ausstehende Kommunalsteuer heranzuziehen.
Die Beschwerde gegen den angefochtenen Ersatzbescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am