VwGH 15.06.2010, 2007/05/0201
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Die Zustimmung des Grundeigentümers iSd § 63 Abs 1 lit c Wr BauO ist, wenn der Bauwerber nicht Grundeigentümer (Alleineigentümer) ist, nur ein Beleg des Bauansuchens und kann durch Richterspruch ersetzt werden. Daraus ergibt sich, daß der Grundeigentümer am Bauverfahren regelmäßig nur hinsichtlich der Frage teilnimmt, ob die nach ständiger Rechtssprechung des VwGH liquid erforderliche Zustimmung vorliegt oder nicht. Darüber hinaus kann der Grundeigentümer etwa noch Partei des Bauverfahrens hinsichtlich sein Eigentum unmittelbar betreffender Auflagen sein. So gesehen genießt der Grundeigentümer im Baubewilligungsverfahren eine sehr eingeschränkte Parteistellung (Hinweis E , 82/05/0043). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 91/05/0145 E RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde 1. der I W, 2. des Dr. E Z, 3. des Dr. L S, 4. des H O, und 5. des Dr. A W, alle in Wien und vertreten durch Dr. Jürgen Kronberger, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Garelligasse 3, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-125 und 126/07, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: DI S S in Wien, vertreten durch Dr. Roland Kassowitz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Zelinkagasse 2; weitere Partei: Wiener Landesregierung), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.302,10 und der mitbeteiligten Partei insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.489,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom suchte der mitbeteiligte Bauwerber um die Erteilung der nachträglichen Bewilligung von baulichen Abänderungen in 1040 Wien, Seisgasse 14/II/14, EZ 1135, KG Wieden an. Die Beschwerdeführer und der Mitbeteiligte sind Miteigentümer im Wohnungseigentum an dieser Liegenschaft. Mit Schreiben vom wurde dieses Ansuchen neuerlich vorgelegt, neben weiteren Einreichunterlagen waren diesen angeschlossen der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt vom , mit welchem die Zustimmung von Wohnungseigentümern, darunter die Beschwerdeführer, zu den gegenständlichen Bauführungen ersetzt wurde, sowie ferner der auf Grund eines Rekurses ergangene, die Entscheidung des Gerichtes erster Instanz bestätigende Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom .
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , im Zuge derer auch seitens der beschwerdeführenden Parteien als Miteigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft eine Reihe von Einwendungen erhoben wurde, erteilte die Baubehörde erster Instanz die beantragte Bewilligung.
Dieser Bescheid trägt folgenden Spruch:
"Nach Maßgabe des mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Planes, der einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildet, wird gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO), in Verbindung mit § 68 Abs. 1 und Abs. 5 BO und unter Bezugnahme auf die mit Bescheid vom , Zahl: MA 64 - 4924/2006 bekanntgegeben Bebauungsbestimmungen die Bewilligung erteilt, auf der im Betreff genannten Liegenschaft die nachstehend beschriebene Bauführung vorzunehmen:
Die Wohnung Top Nr. 14 im 6. Stock der Stiege 2 wird mit dem danebenliegenden Dachbodenbereich verbunden und es werden die inneren Raumeinteilungen und Raumwidmungen abgeändert. Das Stiegenhaus der internen Verbindungsstiege o.g. Wohnung auf die Dachterrasse wird durch einen Zubau in Leichtbauweise vergrößert.
Die Bauführung wird in öffentlich-rechtlicher Beziehung für zulässig erklärt."
Die Erteilung der Baubewilligung wurde an eine Reihe von Vorschreibungen geknüpft.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde unter anderem die von den Beschwerdeführern dagegen eingebrachte Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes festgehalten: Im vorliegenden Verfahren sei auf Grund der genannten Sachbeschlüsse die fehlende Zustimmung von Miteigentümern iSd § 63 Abs. 1 lit. c BO zum vorliegenden Bauansuchen rechtskräftig substituiert worden. Der dem gerichtlichen Verfahren zugrunde liegende Plan unterscheide sich vom vorliegenden Einreichplan insofern, als der Einreichplan Angaben zur technischen Spezifikation des Mauerwerkes enthalte und die Außenansicht des genehmigten Zubaues durch rote Umrandungen hervorgehoben worden sei. Zusätzlich enthalte der Einreichplan die Angabe des Bauführers, ferner sei die Breite der Badezimmertür geringfügig von 70 cm auf 80 cm abgeändert worden. Dabei handle es sich um geringfügige Ergänzungen oder lediglich Klarstellungen, hinsichtlich derer weder dem Urteil des Erstgerichts noch jenem des Berufungsgerichts entnommen werden könne, dass ihnen bei der getroffenen Entscheidung irgendwelche Bedeutung beigemessen worden sei, weshalb die Substitutionswirkung der Zustimmungserklärung des Gerichts auch für den vorliegend geringfügig abgeänderten Bauplan anzunehmen sei. Diese Abweichungen seien auf Grund ihrer Geringfügigkeit keinesfalls geeignet, die gerichtliche Entscheidung in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Das Vorbringen in der Berufung, es läge in Wahrheit ein anderer Bauplan vor, auf den sich die gerichtliche Zustimmungserklärung nicht beziehen würde, gehe somit fehl. Schon bei den im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen sei in der Dachdraufsicht eindeutig die Projektierung eines Zubaus zu entnehmen, die im nunmehr vorliegenden Einreichplan vorgenommene rote Umrandung diene lediglich der besseren Ersichtlichmachung des projektierten Zubaus auch in der Seitenansicht. Eine Abänderung des Projekts werde dadurch nicht vorgenommen. Auch die mittels Aufkleber am Einreichplan angebrachten Wandstärken dienten lediglich der Information der Konkretisierung des Bauplanes und lasse keinerlei Modifikation desselben erkennen. Die erfolgte Abänderung der Breite der Türe zwischen Badezimmer und Vorraum stelle zwar eine Abänderung des ursprünglichen Plans dar, die nunmehr projektierte Änderung der Durchgangsbreite im Ausmaß von 10 cm sei aber für die gerichtliche Entscheidung in keiner Weise ausschlaggebend gewesen. Schließlich sei auch die Person des Bauführers für die gerichtliche Entscheidung in keiner Weise relevant gewesen.
(Dem Einwand, einer der Miteigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft habe seine Zustimmung zur gegenständlichen Bauführung nicht erteilt, sei entgegen zu halten, dass dessen Rechtsvorgänger die Zustimmung erteilt habe und der nunmehrige Miteigentümer diese Zustimmung nicht widerrufen habe.)
Da der Grundeigentümer (Miteigentümer) der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft im Baubewilligungsverfahren als Partei regelmäßig nur hinsichtlich der Frage teilnehme, ob die erforderliche Zustimmung vorliege, sei dessen (deren) Recht darauf beschränkt, dass die Bauführung nur auf Grund einer (letztlich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilenden) Zustimmung erfolge. Dieses Recht beschränke sich somit darauf, dass die Behörde kein Vorhaben bewilligen dürfe, das nicht von der Zustimmung der Grundeigentümer (aller Miteigentümer) getragen sei. Ein weitergehendes Mitspracherecht - etwa zu den Fragen der Statik, der Schlüssigkeit der Einreichpläne oder auch nur zu Fragen verfahrensrechtlicher Natur - komme den Beschwerdeführern angesichts ihrer beschränkten Parteistellung nicht zu, weshalb diese Einwendungen nicht zielführend seien. Aus dem detaillierten Vorbringen der Beschwerdeführer ergebe sich aber, dass diese zumindest nach Durchführung der mündlichen Verhandlung in die Einreichpläne Einsicht genommen hätten und ihre Verfahrensrechte in ausreichendem Maße hätten wahrnehmen können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Auch die mitbeteiligte Partei beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Beantragt wurde ferner die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 63 Abs. 1 lit. c BO hat der Bauwerber um Ansuchen der Baubewilligung die Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer) anzuschließen, wenn er nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist; sie kann auch durch Unterfertigung der Baupläne nachgewiesen werden.
Die Zustimmung des Grundeigentümers iSd § 63 Abs. 1 lit. c BO ist, wenn der Bauwerber nicht Grundeigentümer (Alleineigentümer) ist, nur ein Beleg des Bauansuchens und kann durch Richterspruch ersetzt werden. Daraus ergibt sich, dass der Grundeigentümer am Bauverfahren regelmäßig nur hinsichtlich der Frage teilnimmt, ob seine Zustimmung vorliegt oder nicht. Darüber hinaus kann der Grundeigentümer etwa noch Partei des Bauverfahrens hinsichtlich sein Eigentum unmittelbar betreffender Auflagen sein. So gesehen genießt der Grundeigentümer im Baubewilligungsverfahren eine eingeschränkte Parteistellung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0147, mwH).
Die Beschwerdeführer haben daher als Miteigentümer nur Parteistellung hinsichtlich der Frage, ob ihre Zustimmung zum Bauvorhaben vorliegt, und diesbezüglich auch Rechtsmittellegitimation. Keinesfalls können sie im Wege der Berufung die Überprüfung der Übereinstimmung des Bauvorhabens mit den einschlägigen Rechtsvorschriften verlangen.
Die Beschwerdeführer stellen nicht in Abrede, dass (u.a.) ihre Zustimmung zu einem Bauvorhaben des mitbeteiligten Bauwerbers mit dem schon genannten Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom wegen Duldung von Änderungen gemäß §§ 16 Abs. 2, 52 Abs. 1 Z. 2 WEG ersetzt wurde. Nach dem Beschluss dieses vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit Beschluss vom bestätigten und damit rechtskräftigen Beschlusses wird die Zustimmung zu dem beigeschlossenen Bauansuchen und Einreichplan ./D mit der Wirkung ersetzt, dass die Zustimmung u.a. der Beschwerdeführer mit Rechtskraft des Sachbeschlusses als erteilt anzusehen ist.
Die Beschwerdeführer wenden indes ein, dass der Einreichplan ./D nicht mit dem der vorliegenden baubehördlichen Bewilligung unterliegenden Einreichplan (./C) übereinstimme.
Dem Einwand, die gerichtliche Zustimmung decke nicht den nunmehr vorgesehenen Dachterrassenaufbau, ist entgegenzuhalten, dass in beiden Plänen ein "Terrassengeschoß" als projektierter Zubau zu ersehen ist, wobei die im nunmehrigen Einreichplan ./C vorgenommene Ergänzung mit roten Linien (wie im angefochtenen Bescheid festgehalten) lediglich der besonderen Ersichtlichmachung des projektierten Zubaus dient und damit kein neues, vom Sachbeschluss abweichendes Projekt gegeben ist. Damit erweist sich das Vorbringen, "der Neubau" sei erst infolge der Ergänzung und der roten Linien erkennbar geworden, als nicht zielführend. Schon deshalb ist für die Beschwerdeführer auch mit ihrem diesbezüglichen Hinweis auf §§ 914 f ABGB (wonach der mitbeteiligte Bauwerber die "schlechtere" von mehreren Auslegungsmöglichkeiten gegen sich gelten lassen müsse) nichts gewonnen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer begründet es auch keine maßgebliche Abweichung des Einreichplanes ./C vom besagten Sachbeschluss, wenn dort nunmehr Wandstärken eingetragen sind, zumal nicht ersichtlich ist, dass diesen Wandstärken im gerichtlichen Verfahren irgendeine Bedeutung für die gerichtlichen Entscheidungen zugemessen worden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/05/0145). Gleiches gilt für die unstrittige Abänderung der Breite der Badezimmertüre von 70 cm auf 80 cm. Zudem genügt für die Verbreiterung der Türe ebenso wie für eine etwaige Änderung der Wandstärken im Grunde des § 62 Abs. 1 Z. 4 BO eine Bauanzeige, weshalb es dafür keiner nur im Baubewilligungsverfahren erforderlichen Zustimmung nach § 63 Abs. 1 lit c leg. cit. bedurfte. Die Rüge, diese behördlichen Beurteilungen würden eine "fehlerhafte Ermessensausübung" darstellen, geht damit ins Leere.
Angesichts ihrer nach § 63 Abs. 1 lit. c BO - wie ausgeführt -
eingeschränkten Parteistellung vermögen die Beschwerdeführer mit ihren Verfahrensrügen zur Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhalts, zur Verletzung des Parteiengehörs sowie des Rechts auf Akteneinsicht und zur Nichtdurchführung eines Ortsaugenscheins bezüglich der Frage der Statik des Bauvorhabens, was in der Verhandlung wiederholt wurde, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Im Übrigen ist zu ihren Verfahrensrügen betreffend die Verletzung des Parteiengehörs durch die erstinstanzliche Baubehörde festzuhalten, dass die belangte Behörde ihre Entscheidung bezüglich der Frage der Zustimmung der Beschwerdeführer zum vorliegenden Bauvorhaben auf den bereits von der Erstbehörde festgestellten Sachverhalt stützte und sie jedenfalls in der Berufung Gelegenheit hatten, dazu Stellung zu nehmen.
Da sich die Beschwerde nach dem Gesagten als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1 Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2010:2007050201.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAE-90036