VwGH vom 29.04.2013, 2011/16/0093

VwGH vom 29.04.2013, 2011/16/0093

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der S GmbH in L, vertreten durch Dr. Peter Bibiza, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Graben 12/6, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes Linz vom , Zl. Jv 2756/10d-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom erhob eine M GmbH beim Bezirksgericht Linz Klage wider die beschwerdeführende Gesellschaft mbH (Beschwerdeführerin) mit dem Begehren auf Leistung eines Geldbetrages von 120.000 EUR s.A., welcher als Baukostenzuschuss im Zusammenhang mit einem Bestandvertrag geschuldet werde.

Das Bezirksgericht Linz beraumte eine "eingeschränkte, vorbereitende Tagsatzung" für den an und erließ in dieser Tagsatzung wohl in der Annahme, es liege ein Fall von Besitzstörung vor einen "Versäumungsendbeschluss", mit welchem es die Beschwerdeführerin zu den von der klagenden Partei begehrten Leistungen und zur Zahlung der näher bestimmten Prozesskosten verurteilte.

Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin, wegen unwirksamer Zustellung der Klage den "Versäumungsendbeschluss" aufzuheben, erhob wegen Versäumung der Tagsatzung vor Streiteinlassung einen Widerspruch gegen den "Versäumungsendbeschluss", stellte in eventu einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der vorbereitenden Tagsatzung und erhob schließlich in eventu, "bei Nichtstattgebung sämtlicher oben angeführter Anträge" gegen den Versäumungsendbeschluss "Rekurs bzw Berufung" an das Landesgericht Linz.

Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin, die aufgrund des Schriftsatzes vom "für den Rekurs bzw die Berufung" in Höhe von

3.704 EUR abgebuchten Pauschalgebühren "rückzubuchen". Bei der Abbuchung sei übersehen worden, dass "der Rekurs bzw die Berufung" als Eventualbegehren formuliert worden sei. Die Pauschalgebühren wären nur dann einzuziehen, wenn weder dem Widerspruch noch dem Wiedereinsetzungsantrag stattgegeben worden wäre.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Rückzahlungsantrag keine Folge. Auch Berufungen, die gegen Versäumungsurteile nur für den Fall der Nichtstattgebung eines Wiedereinsetzungsantrages erhoben würden, unterlägen der Pauschalgebühr. Die Gebührenpflicht für eine Berufung erlösche nicht, wenn über ein Rechtmittel gar nicht entschieden werde, weswegen im Beschwerdefall die Pauschalgebühr nach TP 2 geschuldet worden sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf "Rückerstattung rechtgrundlos geleisteter Pauschalgebühr" verletzt erachtet.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die Gerichtsakten vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 GGG sind Gebühren zurückzuzahlen, wenn sie ohne Zahlungsauftrag entrichtet wurden, sich aber in der Folge ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde.

Tarifpost 2 (TP 2) GGG legt nach der Höhe des Berufungsinteresses abgestufte Pauschalgebühren für das Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz fest. Nach Anmerkung 1 zu TP 2 GGG unterliegen dieser Pauschalgebühr u.a. Berufungsverfahren.

Gemäß § 2 Z 1 lit. c GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühr hinsichtlich der Pauschalgebühr für das zivilgerichtliche Verfahren zweiter Instanz mit der Überreichung der Rechtsmittelschrift begründet.

Nach Anmerkung 3 zu TP 2 GGG erlischt die Gebührenpflicht auch dann nicht, wenn über das Rechtsmittel nicht entschieden wird.

Die Beschwerdeführerin trägt vor, im Beschwerdefall sei kein Berufungsverfahren durchgeführt worden, eine anberaumte Tagsatzung habe niemals stattgefunden. Dem Gericht sei mit gemeinsamen Schriftsatz beider Parteien vom mitgeteilt worden sei, dass die Unwirksamkeit der Klagszustellung außer Streit gestellt werde. Somit sei auch dem Gericht bewusst gewesen, dass sämtliche sich gegen die Folgen einer unwirksamen Klagszustellung gerichteten Rechtsbehelfe nicht mehr erforderlich, sondern vielmehr als zurückgezogen anzusehen seien. Die dennoch erfolgte Einhebung und das Unterlassen der Rückbuchung der Pauschalgebühr sei unter diesem Gesichtspunkt unbillig.

Dazu genügt der Hinweis auf die zitierten Bestimmungen des § 2 Z 1 lit. c GGG, wonach der Gebührenanspruch bereits mit der Überreichung der Rechtsmittelschrift entsteht, und der Anmerkung 3 zu TP 2 GGG, wonach die Gebührenpflicht auch dann nicht erlischt, wenn über das Rechtsmittel nicht entschieden wird. Die Beschwerdeführerin übersieht mit den angesprochenen Billigkeitsüberlegungen, dass solche im Zusammenhang mit der Rechtmäßigkeit der Gebührenschuld keine Rolle spielen und im Beschwerdefall nicht über einen Antrag gemäß § 9 Abs. 2 GEG abgesprochen wurde (vgl. das Erkenntnis vom , 96/16/0088).

Weiters führt die Beschwerdeführerin ins Treffen, das Rechtsmittel "des Rekurses bzw der Berufung" sei lediglich in eventu, also "bloß für den Fall der Nichtstattgebung aller übrigen gestellten Anträge", erhoben worden. Im Beschwerdefall sei vom Bezirksgericht Linz aber weder über einen der gestellten Anträge entschieden noch "der Rekurs bzw die Berufung" behandelt worden.

Nach der hg. Rechtsprechung unterliegen auch Berufungen, die gegen Versäumungsurteile nur für den Fall der Nichtstattgebung eines Wiedereinsetzungsantrages erhoben werden, der Gebühr nach TP 2 GGG (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 99/16/0186, mwN, und zur Qualifikation einer in eventu erhobenen Berufung das Erkenntnis vom , 88/16/0034). Die Pauschalgebühr für eine gegen ein Versäumungsurteil erhobene Berufung ist auch dann zu entrichten, wenn die Berufung zufolge stattgebender Erledigung eines unter einem gestellten Wiedereinsetzungsantrages dem Rechtsmittelgericht gar nicht vorgelegt wird (vgl. das erwähnte Erkenntnis vom ).

Schließlich bringt die Beschwerdeführerin vor, sie hätte gegen den (fälschlicherweise in Beschluss- anstelle von in Urteilsform ergangenen) "Versäumungsendbeschluss" rechtzeitig das Rechtsmittel des Rekurses erhoben, wofür - abgesehen von einigen hier nicht zutreffenden Ausnahmen - keine Gebühren nach dem Gebührengesetz zu entrichten wären.

Dem ist entgegenzuhalten, dass für die Beurteilung, ob ein Urteil oder ein Beschluss vorliegt, nicht die tatsächlich gewählte, sondern die vom Gesetz vorgesehene Form der Entscheidung maßgebend ist (vgl. die sowie vom , 1 Ob 263/58). Daher ist das von der Beschwerdeführerin erhobene Rechtsmittel "Berufung bzw Rekurs" als Berufung gegen ein Versäumungsurteil zu werten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am