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VwGH vom 26.04.2017, Ro 2014/05/0046

VwGH vom 26.04.2017, Ro 2014/05/0046

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revisionen des R P in W, vertreten durch Dr. Gabriele Schmid, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 20, gegen die Bescheide der Niederösterreichischen Landesregierung jeweils vom , Zlen. RU1-BR-1616/001-2011 (protokolliert zur hg. Zl. Ro 2014/05/0046), RU1-BR-1616/002-2011 (protokolliert zur hg. Zl. Ro 2014/05/0047) und RU1-1616/003-2011 (protokolliert zur hg. Zl. Ro 2014/05/0048) betreffend Abweisung von Bauansuchen (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde L), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 4.039,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Schreiben vom 21., 22. und ersuchte der Revisionswerber um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung jeweils eines Gartenhauses auf den Grundstücken Nr. 1092/84 (Verfahren zu Ro 2014/05/0047), Nr. 1092/85 (Verfahren zu Ro 2014/05/0046) und Nr. 1092/79 (Verfahren zu Ro 2014/05/0048), alle in der KG L.

2 Mit Bescheiden jeweils vom wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde die jeweils eingereichten Ansuchen gemäß § 20 NÖ Bauordnung 1996 (im Folgenden: BO) und den §§ 6, 10 und 14 NÖ Kleingartengesetz (im Folgenden: KlGG) ab. Begründend führte er dabei im Wesentlichen aus, gemäß § 6 Abs. 1 KlGG dürften in Kleingartenanlagen an Gebäuden nur Kleingartenhütten und die für die widmungsgemäße Nutzung erforderlichen Gemeinschaftsanlagen errichtet werden. Da für das verfahrensgegenständliche Gebiet keine genehmigte Kleingartenanlage vorliege und die Übergangsfristen gemäß § 14 in Verbindung mit § 10 KlGG bereits abgelaufen seien, könnten die eingereichten Vorhaben mangels Vorliegens einer Kleingartenanlage nicht genehmigt werden. Die Anträge seien von der Baubehörde gemäß § 20 Abs. 3 BO abzuweisen gewesen, da eines der in § 20 Abs. 1 BO angeführten Hindernisse festgestellt worden sei.

3 In den gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen brachte der Revisionswerber im Wesentlichen vor, die von der Baubehörde vorgenommene Auslegung der §§ 10 und 14 KlGG stehe nicht nur mit der langjährigen Praxis des Bauamtes L. in Widerspruch, sondern widerspreche auch dem geltenden Flächenwidmungsplan und sei durch die gesetzlichen Vorschriften über Kleingärten auf Bundes- und Landesebene nicht gedeckt. § 6 KlGG bestimme zwar, dass in Kleingartenanlagen nur Kleingartenhütten errichtet werden dürften, dies bedeute aber nicht, dass Kleingartenhütten nur im Bereich einer genehmigten Kleingartenanlage bewilligt werden dürften, und es ergebe sich dies auch nicht aus dem KlGG. Darüber hinaus verweise § 1 Abs. 2 KlGG auf das Bundesgesetz über die Regelung des Kleingartenwesens und darin werde ausdrücklich festgehalten, dass Kleingärten in oder außerhalb einer Kleingartenanlage liegen könnten. Für die verfahrensgegenständlichen Grundstücke sei im geltenden Flächenwidmungsplan die Nutzung als Kleingarten vorgesehen. Da der Flächenwidmungsplan vorsehe, dass die maßgeblichen Parzellen für eine nicht erwerbsmäßige gärtnerische Nutzung und für Zwecke der Erholung bestimmt seien, müsse es zulässig sein, dort auch kleine Hütten und Häuser zu errichten, wie sie für die gärtnerische Nutzung eines Gartens üblich und sinnvoll seien.

4 Mit den auf seinen Beschlüssen vom beruhenden Bescheiden jeweils vom wies der Gemeindesvorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufungen als unbegründet ab.

5 Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die verfahrensgegenständlichen Grundstücke die Widmung Grünland-Kleingärten gemäß § 19 Abs. 2 Z 7 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 (im Folgenden: ROG) aufwiesen, weshalb das KlGG anzuwenden sei. Die Ansicht des Revisionswerbers, das KlGG gelte auch für Kleingärten außerhalb von Kleingartenanlagen, sei insofern zu widerlegen, als der Abschnitt 3 des KlGG ausdrücklich von Baulichkeiten in Kleingartenanlagen spreche. In § 6 KlGG werde auch über die Zulässigkeit von Gebäuden in Kleingartenanlagen gesprochen. Daraus gehe eindeutig hervor, dass Baulichkeiten nur in Kleingartenanlagen bewilligt werden könnten. Das Bundesgesetz vom über die Regelung vom Kleingartenwesen gelte im Übrigen nicht für Kleingärten auf Eigengrund. Für das verfahrensgegenständliche Gebiet des Grünlandes liege keine genehmigte Kleingartenanlage vor und die Übergangsfristen gemäß § 14 in Verbindung mit § 10 KlGG seien bereits abgelaufen, weshalb das eingereichte Vorhaben mangels Vorliegens einer Kleingartenanlage nicht genehmigt werden könne.

6 Mit den angefochtenen Bescheiden der Niederösterreichischen Landesregierung (im Folgenden: Vorstellungsbehörde) wurden die dagegen erhobenen Vorstellungen des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen.

7 Begründend führte die Vorstellungsbehörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, dass die verfahrensgegenständlichen Baugrundstücke die Widmungsart Grünland-Kleingärten aufwiesen. Es stehe fest und werde vom Revisionswerber auch nicht bestritten, dass für das verfahrensgegenständliche Gebiet keine rechtswirksame behördliche Bewilligung für die Errichtung einer Kleingartenanlage seitens des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde erteilt worden sei und dass auch keine Anpassung des Gebietes an die zwingenden Bestimmungen des KlGG im Sinn des § 14 Abs. 2 und 3 KlGG innerhalb der normierten Fristen vorgenommen worden sei.

8 Aus der Systematik der Bestimmungen des KlGG, die von einer Kleingartenanlage und den innerhalb der Anlage bestehenden Kleingärten ausgehe, sei zweifelsfrei abzuleiten, dass Kleingärten im Sinn dieses Gesetzes nur im Rahmen einer Kleingartenanlage rechtlich bestehen könnten (Verweis auf die §§ 4 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 KlGG). Da die verfahrensgegenständlichen Baugrundstücke nicht Bestandteil einer Kleingartenanlage seien, stellten diese keine Kleingärten im Sinn des § 2 Abs. 1 KlGG und damit keine Flächen im Sinn des § 19 Abs. 2 Z 7 ROG dar. Der Bewilligung der eingereichten Bauvorhaben stehe daher die ausgewiesene Widmungsart Grünland-Kleingärten entgegen. Aus § 1 Abs. 1 KlGG sei abzuleiten, dass die Regelungen dieses Gesetzes Sondernormen für die Errichtung und Nutzung von Kleingartenanlagen und Kleingärten darstellten, die das ROG und die BO ergänzten. Ziel des KlGG sei jedenfalls die Errichtung und Ausgestaltung von Kleingartenanlagen sowie die bauliche Nutzung der darin vorgesehenen oder vorhandenen Kleingärten einheitlich zu regeln.

9 Die Auslegung des Revisionswerbers, wonach Kleingartenhütten außerhalb einer Kleingartenanlage und der von der Anlage umfassten Kleingärten bewilligungsfähig seien, finde in den Bestimmungen des KlGG keine Deckung und widerspreche insbesondere der Definition der Kleingartenhütte in § 2 Z 4 KlGG, die die Kleingartenhütte als Gebäude in einem Kleingarten festlege. Der Verweis auf § 1 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Regelung des Kleingartenwesens gehe insofern ins Leere, als für die gegenständlichen Verfahren das KlGG als speziellere Norm zur Anwendung gelange.

10 Gegen diese Bescheide erhob der Revisionswerber Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , Zlen. B 599-601/2012-6, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

11 In den über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes verbesserten Revisionen beantragte der Revisionswerber, in der Sache selbst zu entscheiden, in eventu die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

12 Das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG an die Stelle der Vorstellungsbehörde in das Verfahren eingetretene Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die auf Grund ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges verbundenen Revisionen erwogen:

13 Hat der Verfassungsgerichtshof - wie im vorliegenden Fall -

eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung erst nach dem Ablauf des an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten, ist in sinngemäßer Anwendung des § 4 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz - VwGbk-ÜG, BGBl. I Nr. 33/2013, vorzugehen, sodass die Beschwerde als Revision gilt und für deren Behandlung nach § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß - mit einer im vorliegenden Zusammenhang nicht relevanten Maßgabe - gelten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/05/0078, mwN).

14 In den Revisionsfällen ist die BO, LGBl. 8200-0, in der Fassung LGBl. 8200-19 anzuwenden, deren §§ 14 und 20 auszugsweise wie folgt lauten:

"Bauvorhaben

§ 14

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

Nachstehende Bauvorhaben bedürfen einer Baubewilligung:

1. Neu- und Zubauten von Gebäuden;

..."

"§ 20

Vorprüfung

(1) Die Baubehörde hat bei Anträgen nach § 14 vorerst zu

prüfen, ob dem Bauvorhaben

1. die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart des

Baugrundstücks, seine Erklärung zur Vorbehaltsfläche oder

Aufschließungszone,

...

entgegensteht.

...

(3) Wenn die Baubehörde eines der im Abs. 1 angeführten

Hindernisse feststellt, hat sie den Antrag abzuweisen. ... "

15 In den Revisionsfällen war das ROG, LGBl. 8000-0, in der Fassung LGBl. 8000-24 anzuwenden, dessen § 19 auszugsweise wie folgt lautet:

"§ 19

Grünland

(1) Alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen gehören zum Grünland.

(2) Das Grünland ist entsprechend den örtlichen Erfordernissen und naturräumlichen Gegebenheiten in folgende Widmungsarten zu gliedern:

...

7. Kleingärten:

Flächen entsprechend dem § 2 des NÖ Kleingartengesetzes, LGBl. 8210.

...

(4) Im Grünland ist ein bewilligungs- oder anzeigepflichtiges Bauvorhaben gemäß der NÖ Bauordnung 1996 nur dann und nur in jenem Umfang zulässig, als dies für eine Nutzung gemäß Abs. 2 erforderlich ist und in den Fällen des Abs. 2 Z. 1a und 1b eine nachhaltige Bewirtschaftung erfolgt. Bei der Erforderlichkeitsprüfung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob für das beabsichtigte Bauvorhaben geeignete Standorte im gewidmeten Bauland auf Eigengrund zur Verfügung stehen.

..."

16 Die hier maßgeblichen Bestimmungen des KlGG, LGBl. 8210-0,

in der Fassung LGBl. 8210-6 lauten auszugsweise:

"Abschnitt 1

Allgemeine Bestimmungen

§ 1

Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt in Ergänzung des NÖ Raumordnungsgesetzes, LGBl. 8000, und der NÖ Bauordnung, LGBl. 8200, die Errichtung und Nutzung von Kleingartenanlagen und Kleingärten.

(2) Durch die Bestimmungen dieses Gesetzes werden Zuständigkeiten des Bundes nicht berührt, dies gilt insbesondere für Angelegenheiten, die durch das Kleingartengesetz, BGBl. Nr. 6/1959, geregelt sind."

"§ 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes gelten als

1. Kleingärten: Grundflächen, die für eine nicht

erwerbsmäßige gärtnerische Nutzung und für Zwecke der Erholung bestimmt sind;

2. Kleingartenanlagen: Verbände von mindestens 10 aneinander angrenzenden Kleingärten mit einer Gesamtfläche von mindestens 2500 m2 mit den dazugehörigen Wegen und sonstigen Gemeinschaftsanlagen;

3. Gemeinschaftsanlagen: Grundflächen und Anlagen in

Kleingartenanlagen, die gemeinschaftlich, mit der widmungsgemäßen

Nutzung der Kleingärten zusammenhängenden Zwecken dienen.

4 Kleingartenhütten: Gebäude in Kleingärten die höchstens

zwei Geschosse über dem anschließenden Gelände aufweisen und nicht der ganzjährigen Benützung dienen."

"§ 4

Aufschließung von Kleingartenanlagen

...

(2) Die einzelnen Kleingärten innerhalb einer Kleingartenanlage müssen über mindestens 3 m breite Hauptwege oder mindestens 2 m breite Nebenwege erreichbar sein. Die Nebenwege dürfen nicht länger als 80 m sein. Die Hauptwege müssen so angelegt und beschaffen sein, daß sie für Einsatzfahrzeuge befahrbar sind und eine ordnungsgemäße Brandbekämpfung in allen Teilen der Kleingartenanlage möglich ist. Die Haupt- und Nebenwege müssen keine öffentlichen Verkehrsflächen sein.

..."

"Abschnitt 3

Baulichkeiten in Kleingartenanlagen

§ 6

Zulässigkeit

(1) In Kleingartenanlagen dürfen an Gebäuden nur Kleingartenhütten und die für die widmungsgemäße Nutzung erforderlichen Gemeinschaftsanlagen errichtet werden. In jedem Kleingarten darf nur eine Kleingartenhütte errichtet werden. Nebengebäude sind nicht zulässig.

..."

"§ 10

Überprüfungsverfahren

(1) Errichtung, Nutzung und Erhaltung von Kleingartenanlagen und der in diesen bestehenden Kleingärten unterliegen der Aufsicht und Überprüfung durch die Behörde.

..."

17 Der Revisionswerber bringt im Wesentlichen vor, dass den angefochtenen Bescheiden eine in den Gesetzen nicht festgelegte Bewilligungsvoraussetzung, nämlich das Vorhandensein einer Kleingartenanlange, zugrunde gelegt worden sei. Das KlGG enthalte keine ausdrückliche Bestimmung, wonach die Errichtung von Kleingartenhütten nur in Kleingärten zulässig sei, die in einer bewilligten Kleingartenanlage lägen. Dass das Bestehen einer Kleingartenanlage Voraussetzung für die Bewilligung einer Kleingartenhütte sei, werde im KlGG nicht erwähnt. Bei Bewilligungsvoraussetzungen sei aber zu erwarten, dass sie aus dem Gesetz klar hervorgingen. Die Vorstellungsbehörde lasse diesen strengen Maßstab vermissen, indem sie ihre Entscheidungen mit der Systematik des KlGG begründe. Dass die Abweisung der Bauansuchen bloß mit einer systematischen Interpretation begründet werde, stehe im Widerspruch zu den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit, insbesondere zur Gebundenheit der Verwaltung an die Gesetze. Zwar gehe das KlGG davon aus, dass Kleingärten im Regelfall in einer Kleingartenanlage lägen; dass die Errichtung von Kleingartenhütten nur in Kleingartenanlagen zulässig sei, ergebe sich aber weder aus der dem KlGG zugrundeliegenden Systematik noch aus anderen Bestimmungen der österreichischen Rechtsordnung.

18 Aus der Definition der Kleingartenhütte in § 2 Z 4 KlGG gehe nicht hervor, dass sich eine Kleingartenhütte in einer Kleingartenanlage befinde; es genüge schlicht ein Kleingarten. Daraus folge, dass Kleingärten und Kleingartenhütten auch außerhalb von Kleingartenanlagen liegen könnten. Gegen die von der Vorstellungsbehörde gewählte Auslegung des KlGG spreche auch der in § 1 Abs. 1 KlGG bestimmte Geltungsbereich des Gesetzes. Aus der Formulierung, dass dieses Gesetz "die Errichtung und Nutzung von Kleingartenanlagen und Kleingärten regelt", sei zu schließen, dass nicht alle Kleingärten in Kleingartenanlagen lägen, weil ansonsten die Formulierung "regelt die Errichtung und Nutzung von Kleingartenanlagen" ausreichend gewesen wäre.

19 Vor dem Hintergrund des Bundesgesetzes über die Regelung des Kleingartenwesens sei das KlGG so zu interpretieren, dass es nicht nur für Kleingärten in Kleingartenanlagen gelte, sondern auch für Gärten, die nur auf Grund des Flächenwidmungsplanes den Status eines Kleingartens hätten, aber nicht in einer Kleingartenanlage im Sinn des KlGG lägen.

20 Der Zweck des KlGG liege auch nicht in der Schaffung von Kleingartenvereinen, sondern darin, Beschränkungen der Baugröße und gleichzeitig Erleichterungen gegenüber der Bauordnung zu normieren.

21 Für die verfahrensgegenständlichen Grundstücke sei im geltenden Flächenwidmungsplan die Widmungsart "Grünland-Kleingärten" festgelegt. Da der Flächenwidmungsplan vorsehe, dass die verfahrensgegenständlichen Parzellen für eine nicht erwerbsmäßige gärtnerische Nutzung und für Zwecke der Erholung bestimmt seien, müsse es zulässig sein, eine kleine Hütte zu errichten, wie sie für die gärtnerische Nutzung eines Gartens üblich und sinnvoll sei. Das zulässige Ausmaß solcher Kleingartenhütten ergebe sich im Einzelnen aus den Bestimmungen der §§ 6, 7 und 7a KlGG.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Revisionswerber im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide auf:

22 Bei den vom Revisionswerber beantragten Bauten handelt es sich unzweifelhaft um bewilligungspflichtige Bauvorhaben im Sinn des § 14 Z 1 BO. Ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ist im Grünland gemäß § 19 Abs. 4 ROG fallbezogen nur dann und in jenem Umfang zulässig, als dies für eine Nutzung gemäß Abs. 2 erforderlich ist.

23 In Ergänzung des ROG und der BO regelt das KlGG die Errichtung und Nutzung von Kleingartenanlagen und Kleingärten (vgl. § 1 Abs. 1 KlGG). Neben dem Geltungsbereich (§ 1 KlGG) und den Begriffsbestimmungen (§ 2 KlGG) enthält das KlGG Bestimmungen über die Voraussetzungen für die Errichtung von Kleingartenanlagen (Abschnitt 2) und über Baulichkeiten in Kleingartenanlagen (Abschnitt 3), Verfahrensbestimmungen (Abschnitt 4) sowie Übergangs- und Schlussbestimmungen (Abschnitt 5). § 6 KlGG regelt die Zulässigkeit von Baulichkeiten in Kleingartenanlagen und legt in seinem Absatz 1 unter anderem fest, dass in Kleingartenanlagen an Gebäuden nur Kleingartenhütten und die für die widmungsgemäße Nutzung erforderlichen Gemeinschaftsanlagen errichtet werden dürfen, wobei in jedem Kleingarten nur eine Kleingartenhütte errichtet werden darf. Aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 KlGG und der Systematik des KlGG, welches in seinem Abschnitt 3 Bestimmungen über Baulichkeiten in Kleingartenanlagen trifft, ergibt sich, dass in diesem Gesetz nur die Errichtung von Kleingartenhütten in Kleingartenanlagen bzw. in einem sich in einer solchen Kleingartenanlage befindlichen Kleingarten geregelt wird, nicht aber die Errichtung von baulichen Anlagen in Kleingärten außerhalb von Kleingartenanlagen.

24 Daran vermag auch der vom Revisionswerber herangezogene § 2 KlGG nichts zu ändern, weil diese Bestimmung lediglich Begriffsbestimmungen enthält und nicht die Frage der Zulässigkeit der darin unter anderem definierten Kleingartenhütten regelt.

25 Entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Ansicht, handelt es sich bei der in § 6 Abs. 1 KlGG enthaltenen Regelung auch nicht um eine Voraussetzung für die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Kleingartenhütte. Wie sich aus den Ausführungen des Motivenberichtes zu dieser bereits in der Stammfassung des KlGG enthaltenen Bestimmung (vgl. BlgLT 397/K-8- 1988 12. GP 8) ergibt, sollte damit "die Zulässigkeit von Gebäuden grundsätzlich geregelt und damit klargestellt (werden), daß die Baubewilligung für diese keine gesonderte Prüfung ihrer Erforderlichkeit nach § 19 Abs. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 erfordert." Durch die gegenüber dem § 19 Abs. 4 ROG speziellere Bestimmung des § 6 Abs. 1 KlGG wurde somit die Errichtung von Kleingartenhütten in Kleingartenanlagen generell für zulässig erklärt, ohne dass es dafür einer - ansonsten nach § 19 Abs. 4 ROG notwendigen - Erforderlichkeitsprüfung bedarf.

26 Entgegen der von der Vorstellungsbehörde vertretenen Ansicht, folgt allein aus dem Umstand, dass das KlGG spezielle Bestimmungen lediglich über die Errichtung von Kleingartenhütten in Kleingartenanlagen trifft, aber nicht, dass die Errichtung von Gebäuden auf einer vom Verordnungsgeber als Kleingarten gewidmeten Fläche außerhalb einer Kleingartenanlage unzulässig ist. Die Frage der Zulässigkeit von bewilligungspflichtigen Gebäuden in einem Kleingarten außerhalb einer Kleingartenanlage richtet sich vielmehr nach der allgemeinen Bestimmung des § 19 Abs. 4 ROG. Da die Behörden eine Prüfung nach dieser Bestimmung unterlassen haben, steht nicht fest, ob ein Widerspruch zu § 20 Abs. 1 Z 1 BO, auf welchen sich die Baubehörden bei Versagung der Baubewilligungen gestützt hatten, tatsächlich gegeben war.

27 Die angefochtenen Bescheide waren somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

28 Von der vom Revisionswerber beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 5 VwGG abgesehen werden.

29 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 und § 4 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014 weiterhin anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

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Schlagworte:
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Auslegung Diverses VwRallg3/5

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