VwGH vom 07.09.2011, 2009/08/0148

VwGH vom 07.09.2011, 2009/08/0148

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der A L in Wien, vertreten durch Dr. Christian Streit, Rechtsanwalt in 1140 Wien, Mittelstraße 7, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2008-0566-9-002208, betreffend Anspruch auf Übergangsgeld gemäß § 39a AlVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom wurde der Antrag der (im Jahr 1952 geborenen) Beschwerdeführerin auf Übergangsgeld vom (gemeint wohl: ab) gemäß §§ 14, 15 und 39a AlVG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Anwartschaft auf Übergangsgeld weder nach §§ 14 und 15 AlVG erfüllt sei, da innerhalb der maximal erstreckbaren Rahmenfrist nur fünf Tage anrechenbare Anwartschaftszeit liegen würden, noch die Voraussetzungen nach § 39a Abs. 3 leg. cit. vorliegen würden, da innerhalb der allenfalls zu erstreckenden letzten 25 Jahre an Stelle von 780 nur 615 Wochen Anwartschaftszeiten liegen würden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wendete die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ein, dass "wahrscheinlich" ihre Beschäftigungszeiten in der Schweiz und in Deutschland nicht vollständig berücksichtigt worden seien; nach ihrer Berechnung würde sie innerhalb der (durch die Betreuung ihres im Jänner 1983 geborenen Sohnes) erstreckten Rahmenfrist 790,79 Anwartschaftswochen aufweisen und somit die erforderliche Anwartschaft erreichen. Außerdem gebe es zusätzlich zu den bekannt gegebenen Dienstverhältnissen noch ein weiteres Dienstverhältnis in der Schweiz, wo sie im Jahr 1972 im Hotel S für sieben Monate als Angestellte arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.

In ihrer Bescheidbegründung traf die belangte Behörde als Ergebnis ihrer "nochmaligen eingehenden Überprüfung" des Leistungsaktes der Beschwerdeführerin "unter Einbeziehung der ausländischen Versicherungszeiten" zunächst detaillierte Feststellungen zum Versicherungsverlauf der Beschwerdeführerin in Form einer mit August 1967 beginnenden tabellarischen Aufstellung (worin auch ausgewiesen wurde, in welchem Ausmaß die jeweiligen Zeiten anwartschafts- bzw. rahmenfristerstreckend zu berücksichtigen seien) samt Erläuterungen (zu den verwendeten Abkürzungen) sowie Hinweisen zur Berücksichtigung der darin aufscheinenden Kinderbetreuungszeiten.

Davon ausgehend setzte die belangte Behörde fort, dass im Fall der Beschwerdeführerin der Beginn der Rahmenfrist für die Berechnung des Übergangsgeldes mit festgesetzt werden könne. In diesem Zeitraum scheine auch noch ein arbeitslosversicherungspflichtiges Dienstverhältnis vom bis auf. Hievon könne der Zeitraum bis zur Berechnung herangezogen werden und seien dies 535 Tage arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung. Insgesamt würden sich nunmehr daraus 5203 Tage bzw. 743,29 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung ergeben, wodurch die Anwartschaft noch immer nicht erfüllt sei. Auf die Prüfung der behaupteten (zusätzlichen) Beschäftigungszeit in der Schweiz habe verzichtet werden können: Selbst unter Zugrundelegung der in der Berufung angeführten Beschäftigungszeit könne daraus maximal der Zeitraum vom bis herangezogen werden, da davor und danach ein Dienstverhältnis gespeichert sei. Bei Berücksichtigung der daraus resultierenden zusätzlichen 239 Tage würden sich der Gesamtzeitraum arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung (lediglich) auf 5442 Tage bzw. 777,43 Wochen erhöhen, womit ebenso wenig die Anwartschaft erfüllt sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie Erstattung der Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die Bestimmungen der §§14, 15 und 39a AlVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 104/2007 lauten (auszugsweise) wie folgt:

§ 14. (1) Bei der erstmaligen Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld ist die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 52 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war.

(2) Bei jeder weiteren Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes ist die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 12 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 28 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Die Anwartschaft ist im Falle einer weiteren Inanspruchnahme auch dann erfüllt, wenn der Arbeitslose die Anwartschaft gemäß § 14 Abs. 1 erster Satz erfüllt.

(4) Auf die Anwartschaft sind folgende im Inland zurückgelegte oder auf Grund inländischer Rechtsvorschriften erworbene Zeiten anzurechnen:

a) Zeiten, die der Arbeitslosenversicherungspflicht unterlagen, sowie Zeiten der Selbstversicherung in der Arbeitslosenversicherung;

b) die Zeit des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes, wenn innerhalb der Rahmenfrist mindestens 13 Wochen sonstige Anwartschaftszeiten liegen;

c) Zeiten des Bezuges von Wochengeld oder Krankengeld aus einer Krankenversicherung auf Grund eines arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses;

d) Zeiten einer krankenversicherungspflichtigen Beschäftigung als Lehrling;

e) Zeiten, für die ein Sicherungsbeitrag gemäß § 5d AMPFG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 148/1998 entrichtet wurde;

f) Zeiten einer gemäß § 1 Abs. 2 lit. e von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommenen krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit.

(5) Ausländische Beschäftigungs- oder Versicherungszeiten sind auf die Anwartschaft anzurechnen, soweit dies durch zwischenstaatliche Abkommen oder internationale Verträge geregelt ist.

(6) Die in den Abs. 4 und 5 angeführten Zeiten dürfen bei der Ermittlung der Anwartschaft nur einmal berücksichtigt werden.

(7) Wird nach einem Bezug von Weiterbildungsgeld Arbeitslosengeld in Anspruch genommen, so gilt dies als weitere Inanspruchnahme im Sinne des Abs. 2.

§ 15. (1) Die Rahmenfrist (§ 14 Abs. 1 bis 3) verlängert sich um höchstens drei Jahre um Zeiträume, in denen der Arbeitslose im Inland

1. in einem arbeitslosenversicherungsfreien Dienstverhältnis gestanden ist;

2. arbeitsuchend bei der regionalen Geschäftsstelle gemeldet gewesen ist, Sondernotstandshilfe bezogen hat oder als Vorschuss auf eine nicht zuerkannte Pension Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezogen hat;


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3.
eine Abfertigung aus einem Dienstverhältnis bezogen hat;
4.
sich einer Ausbildung oder beruflichen Maßnahme der Rehabilitation unterzogen hat, durch die er überwiegend in Anspruch genommen wurde;
5.
Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienst geleistet hat;
6.
einen Karenzurlaub im Sinne der gesetzlichen Vorschriften zurückgelegt oder Karenzgeld oder Weiterbildungsgeld bezogen hat;
7.
ein außerordentliches Entgelt im Sinne des § 17 des Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetzes, BGBl. Nr. 235/1962, bezogen hat;
8.
eine Sonderunterstützung nach den Bestimmungen des Sonderunterstützungsgesetzes, BGBl. Nr. 642/1973, bezogen hat;
9.
auf behördliche Anordnung angehalten worden ist;
10.
bei Sterbebegleitung eines nahen Verwandten oder bei Begleitung eines schwersterkrankten Kindes gemäß § 29 oder § 32 krankenversichert war oder im Sinne des § 31 Anspruch auf Leistungen der Krankenfürsorge hatte.

(2) Die Rahmenfrist verlängert sich um höchstens drei Jahre um Zeiträume, in denen der Arbeitslose im Ausland

1. sich einer Ausbildung unterzogen hat, durch die er überwiegend in Anspruch genommen wurde;

2. eine der in Abs. 1 angeführten vergleichbaren Leistungen wegen Arbeitslosigkeit oder Kindererziehung bezogen hat, soweit mit dem betreffenden Staat zwischenstaatliche Regelungen über Arbeitslosenversicherung getroffen wurden oder dies in internationalen Verträgen festgelegt ist.

(3) Die Rahmenfrist verlängert sich weiters um Zeiträume, in denen der Arbeitslose im Inland

1. Krankengeld bzw. Wochengeld bezogen hat oder in einer Heil- oder Pflegeanstalt untergebracht gewesen ist;

2. nach Erschöpfung des Anspruches auf Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung nachweislich arbeitsunfähig gewesen ist;

3. wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, die nach ihrem Ausmaß der Arbeitsunfähigkeit gemäß § 8 gleichkommt, eine Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung bezogen hat;

4. einen nahen Angehörigen (eine nahe Angehörige) mit Anspruch auf Pflegegeld mindestens in Höhe der Stufe 3 gemäß § 5 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze in häuslicher Umgebung gepflegt hat und gemäß § 18b ASVG oder § 77 Abs. 6 ASVG oder § 28 Abs. 6 BSVG oder § 33 Abs. 9 GSVG in der Pensionsversicherung versichert war;

5. ein behindertes Kind gepflegt hat und entweder gemäß § 18a ASVG oder gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 lit. g ASVG,§ 3 Abs. 3 Z 4 GSVG oder § 4a Z 4 BSVG in der Pensionsversicherung versichert war oder Ersatzzeiten für Kindererziehung gemäß § 227a ASVG erworben hat;

6. Kinderbetreuungsgeld bezogen hat.

(4) Die Rahmenfrist verlängert sich weiters um Zeiträume, in denen der Arbeitslose im Ausland eine der in Abs. 3 angeführten vergleichbaren Leistungen wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit oder Krankheit bezogen hat, soweit mit dem betreffenden Staat zwischenstaatliche Regelungen über Arbeitslosenversicherung getroffen wurden oder dies in internationalen Verträgen festgelegt ist.

(5) Die Rahmenfrist verlängert sich weiters um Zeiträume einer krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nach dem GSVG oder BSVG.

(6) Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales kann, wenn sich die Notwendigkeit hiezu herausstellt, durch Verordnung bestimmen, daß auch andere Tatbestände eine Verlängerung der Rahmenfrist bewirken.

(7) Zeiten, die gemäß § 14 anwartschaftsbegründend sind, können zur Rahmenfristerstreckung nicht mehr herangezogen werden.

§ 39a. (1) Personen, die das frühestmögliche Anfallsalter für die vorzeitige Alterspension gemäß § 253a ASVG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 103/2001 in den Jahren 2004 bis 2006 erfüllen, haben bis zur Erfüllung der Voraussetzungen für eine Alterspension, längstens jedoch bis zum Ablauf des Kalendermonates, in dem das Regelpensionsalter erreicht wird, Anspruch auf ein Übergangsgeld, wenn sie in den letzten fünfzehn Monaten mindestens 52 Wochen arbeitslos im Sinne des § 12 (allenfalls mit Ausnahme des Abs. 3 lit. f) sind und trotz intensiver Bemühungen keine neue Beschäftigung antreten können. Der Zeitraum von 52 Wochen verlängert sich um Zeiträume gemäß § 15 Abs. 3 Z 1. …

(3) Bei der Ermittlung der Anwartschaft für den Anspruch auf Arbeitslosengeld bereits herangezogene Zeiten können für den einem weiteren Anspruch auf Arbeitslosengeld gleich gestellten Anspruch auf Übergangsgeld neuerlich berücksichtigt werden. Die Anwartschaft erfüllt auch, wer in den letzten 25 Jahren vor der Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) 780 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war, wobei auf die Anwartschaft anzurechnende Zeiten gemäß § 14 Abs. 4 und 5 berücksichtigt und die Rahmenfrist um arbeitslosenversicherungsfreie Zeiten der Betreuung von Kindern bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres erstreckt wird.

(6) Soweit in anderen Rechtsvorschriften keine gesonderten Regelungen für das Übergangsgeld getroffen wurden, sind die für das Arbeitslosengeld getroffenen oder auf das Arbeitslosengeld bezogenen Regelungen auch auf das Übergangsgeld anzuwenden.

…"

2. In der Beschwerde wird geltend gemacht, dass der angefochtene Bescheid an einem "simplen Schreibfehler" leide, indem in der Aufstellung über die Versicherungszeiten beim Zeitraum 13. bis ("Angestellter") und 1. bis ("UE/UA"= Urlaubsentschädigung/Urlaubsabfindung) der Eintrag der (entsprechenden) Arbeitstage von 16 bzw. 30 Tagen unterblieben sei. Die Beschwerdeführerin bringt dazu vor, dass sich bei Berücksichtigung dieser Zeiten die Gesamtzahl der Anwartschaftstage um 46 Tage auf 5246 bzw. "gemeinsam mit den 'möglichen' - aber ungeprüften - 239 Tagen in (S)" auf 5488 Tage erhöhen würde und damit der Anspruch auf Übergangsgeld zu Recht bestehe.

Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, dass einander überschneidende Beschäftigungszeiten im angefochtenen Bescheid zu Recht nur einmal Berücksichtigung gefunden haben. Wie der detaillierten Aufstellung der belangten Behörde zu entnehmen ist, wurde (bereits) eine Beschäftigung der Beschwerdeführerin im Zeitraum vom 7. Jänner bis (im Gesamtausmaß von 175 Tagen) für die Berechnung herangezogen. Die (in der Aufstellung zwei Zeilen danach angeführten) von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten (innerhalb dieses Zeitraumes bei einem anderen Arbeitgeber zurückgelegten) weiteren Zeiten der Beschäftigung im Mai 1991 können daher nicht zusätzlich herangezogen werden.

Hinsichtlich des ausgewiesenen Zeitraumes des Erhalts von Urlaubsersatzleistungen ist der Beschwerdeführerin zwar einzuräumen, dass diese anwartschaftsbegründend sind, weil sie Versicherungszeiten nach dem AlVG sind (vgl. § 1 Abs. 6 AlVG iVm § 11 Abs. 2 ASVG). Selbst unter Berücksichtigung dieses Zeitraumes (in einem - entgegen dem Beschwerdevorbringen - tatsächlichen Ausmaß von 16 Tagen) und der behaupteten Beschäftigung in der Schweiz (woraus auf Grund der teilweisen Überschneidung mit bereits in die Berechnung einbezogenen anderen Beschäftigungszeiten maximal 239 Tage heranzuziehen wären) würde ausgehend von der im Übrigen nicht bekämpften Kalkulation der belangten Behörde die geforderte Gesamtanwartschaftszeit von 780 Wochen um zwei Tage verfehlt werden.

3. Insgesamt vermochte die Beschwerde somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen und war daher als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am