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VwGH vom 16.02.2017, Ro 2014/05/0038

VwGH vom 16.02.2017, Ro 2014/05/0038

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision 1. des E S und 2. der M S, beide in W, beide vertreten durch Dr. Martin Wandl und Dr. Wolfgang Krempl, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Kremser Gasse 19, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt W vom , Zl. H/2-BS-19/58-2012, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. H M und 2. C M, beide in W; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Stadt W hat den Revisionswerbern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte kann auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/05/0003, verwiesen werden. Daraus ist Folgendes festzuhalten:

2 Die mitbeteiligten Parteien (Bauwerber) haben mit ihrer Eingabe vom die Erteilung der Baubewilligung für den Neubau eines Wohngebäudes mit mehreren Wohneinheiten und einer Doppelgarage auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG W beantragt. Das Baugrundstück grenzt mit einer Schmalseite und einer Längsseite an das Grundstück der Revisionswerber.

3 In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung erhob - nachdem der bautechnische Sachverständige Befund und Gutachten zum Bauvorhaben erstattet hatte - der Erstrevisionswerber, vertreten durch den Revisionswerbervertreter, verschiedene Einwendungen, in welchen er unter anderem ausführte, dass auf Grund des beabsichtigten Bauvorhabens, und zwar insbesondere auf Grund der beabsichtigten Aushub- und Fundierungsarbeiten, die Standsicherheit des Anrainerobjektes in erheblichem Ausmaß gefährdet werde. Der vorliegende Einreichplan sei im Hinblick auf die zu erwartende Gefährdung der Standsicherheit des Anrainerobjektes im Bereich des Carport-Abstellraumes der Revisionswerber ergänzungsbedürftig.

4 Eine Äußerung des bautechnischen Amtssachverständigen zu diesem Einwand ist der Verhandlungsschrift nicht zu entnehmen.

5 Mit dem im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die angestrebte baubehördliche Bewilligung nach Maßgabe der eingereichten Planunterlagen und unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen erteilt.

6 Dieser Bescheid wurde mit dem eingangs zitierten hg. Erkenntnis vom auf Grund einer von den Revisionswerbern dagegen erhobenen Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof hielt zunächst fest, dass eine Präklusion der Zweitrevisionswerberin im Hinblick darauf, dass die Ladung der Revisionswerber zur Bauverhandlung nicht gesetzeskonform erfolgt sei, nicht angenommen werden könne, und führte sodann im Wesentlichen aus, dass die gebotene Einholung einer Äußerung des Sachverständigen zum Einwand der Gefährdung der Standsicherheit eines Gebäudes der Revisionswerber unterblieben sei.

7 In der Folge führte der bautechnische Sachverständige in der am durchgeführten Verhandlung aus, dass zur Beurteilung der Frage, ob durch die Absenkung des Niveaus am Vorplatz des zu errichtenden Gebäudes die Standsicherheit des Abstellraumes und des Carports am Nachbargrundstück gefährdet sei, noch näher beschriebene Ergänzungen der Planunterlagen erforderlich seien. Da das Niveau der Fundamentsohle der Fundamente des Gebäudes auf dem Nachbargrundstück nicht unbedingt und mit Sicherheit aus den vorhandenen Planunterlagen entnommen werden könne, wäre die Herstellung eines Suchschlitzes in unmittelbarer Nähe der nördlichen Außenwand des Gebäudes auf dem Nachbargrundstück zielführend. Zur Frage, ob durch die Errichtung des geplanten Carports die Standsicherheit des bestehenden Gebäudes am Nachbargrundstück gefährdet sei, führte der bautechnische Sachverständige nach Befundaufnahme in seinem Gutachten unter Hinweis auf seinen Befund und die Angaben im Einreichplan - wonach die Fundamentsohle des geplanten Bauwerkes nicht tiefer zu liegen kommen werde als jene des bestehenden Gebäudes auf dem Nachbargrundstück - aus, dass aus bautechnischer Sicht keine Gefährdung der Standsicherheit des Bestandsobjektes auf dem Nachbargrundstück gegeben sei.

8 In der nach Vorlage ergänzender Planunterlagen durch die Bauwerber durchgeführten mündlichen Verhandlung vom brachten die Revisionswerber im Wesentlichen vor, die tatsächliche Höhenlage des Fundamentes des Carports sei bislang nicht überprüft worden und es werde beantragt, die genaue Lage der Fundamentunterkante durch Probegrabungen oder Suchschlitze festzustellen. Aus den Planunterlagen sei ersichtlich, dass die gesamte Fläche des Vorplatzes mit Asphalt versiegelt werde und das Oberflächenwasser in einen schmalen Versickerungsbereich entlang der Grundstücksgrenze eingeleitet werde. Die Projektgestaltung hätte nunmehr zur Folge, dass Oberflächenwasser in den Fundamentbereich der Nachbarliegenschaft eingeleitet werde, was die Standsicherheit des Mauerwerkes beeinträchtige. Die projektierte Versickerung sei bautechnisch unzureichend und es werde beantragt, die Bodenbeschaffenheit allenfalls mittels Versickerungsprobe zu überprüfen. Zur Ausführung des Projektes im Bereich der Nordostgrenze hielten die Revisionswerber fest, dass eine Bebauung der Bauwerber bis zu deren Grundgrenze eine Instandhaltung der grenzseitigen Außenwand ihres Nebengebäudes verhindern würde, weil dadurch lediglich ein Spalt von einigen cm verbleiben würde. Im Übrigen beabsichtigten die Revisionswerber den Einbau eines Hauptbelichtungsfensters in die grundstücksseitige Wand, wofür bereits ein Bauverfahren anhängig sei. Das beantragte Projekt der Bauwerber würde die Belichtung dieser Fensteröffnung beeinträchtigen.

9 Anschließend erstattete der bautechnische Sachverständige Befund und Gutachten zur Frage, ob durch die Absenkung des Niveaus am Vorplatz des zu errichtenden Gebäudes die Standsicherheit des Abstellraumes und des Carports am Nachbargrundstück gefährdet sei. Darin führte der bautechnische Sachverständige zusammengefasst aus, aus den Planunterlagen ergebe sich ein Niveau des Aushubes von 90 cm unterhalb der Oberkante des Fußbodens des Nebengebäudes auf dem Nachbargrundstück. In Bezug zur bestehenden Fundamentunterkante würde dies bedeuten, dass die Aushuboberkante 15 cm über der Fundamentunterkante liege. Damit könne eine Gefährdung der Standsicherheit des Nachbargebäudes bei Einhaltung einer technisch einwandfreien Ausführung der Bauarbeiten ausgeschlossen werden. Durch die geplante Herstellung des Böschungskegels entlang der Außenwand des Nebengebäudes auf dem Nachbargrundstück bzw. entlang der Rampe und des Garagenvorplatzes würden der Fundamentriegel und auch die darauf aufgesetzte Wand wiederum geschützt und somit werde auch eine eventuelle Frostgefahr für das Fundament verhindert. Die Angabe der Fundamenttiefe des Bestandes auf dem Nachbargrundstück sei auf Basis von Bauplänen und unter der Annahme, dass der befugte Planverfasser dies wahrheitsgetreu in seine Einreichunterlagen aufgenommen habe, erfolgt. Sollte sich im Zuge der Bauarbeiten zur Errichtung der Außenanlage (Rampe und Vorplatz Garage) beim gegenständlichen Projekt herausstellen, dass die Fundamentunterkante des bestehenden Nebengebäudes auf dem Nachbargrundstück nicht den vorgelegten Planunterlagen entspreche, seien entsprechende bautechnische Maßnahmen - wie zum Beispiel Unterfangung des Fundamentes - vorzunehmen, um die Standsicherheit des Nebengebäudes auf dem Nachbargrundstück zu gewährleisten. Dies wäre in einer möglichen Bewilligung als Auflage vorzuschreiben. Eine weitere Auflage sei die Gewährleistung der Frostsicherheit für das Fundament des Nebengebäudes auf dem Nachbargrundstück, welche insbesondere im Bereich des nordöstlichen Teils des Abstellraumes zu beachten sei, da hier die größere Aushubtiefe entlang des Bestandes geplant sei. Zur Hintanhaltung sei die Fundamentaußenkante mit einer ausreichenden Wärmedämmung zu versehen und an deren Außenseite die Böschung anzusetzen. Die geplante Versickerung der Oberflächenwässer des Vorplatzes in den vorgesehenen Sickerstreifen führe aus bautechnischer Sicht zu keiner Gefährdung der Standsicherheit des Nebengebäudes auf dem Nachbargrundstück, da der Sickerstreifen nicht bis zum angrenzenden Fundament geführt werden solle. Eine Unterspülung des Fundamentes könne daher bei fachlich und technisch korrekter Ausführung ausgeschlossen werden. Weiters führte der bautechnische Sachverständige aus, dass eine ausreichende Versickerung durch die Angabe des Untergrundes in der Baubeschreibung angenommen werden könne, jedoch bei Antreffen anderer Voraussetzungen im Hinblick auf die Sickerfähigkeit des Untergrundes der Auflagenpunkt 20 der allgemeinen Auflagen - wie im Gutachten zum erstinstanzlichen Bescheid genannt - einzuhalten sei. Nässe zum Fundament bzw. in die Liegenschaft der Revisionswerber werde in jedem Fall auftreten, da kein wasserdichtes Bodenmaterial vorliege.

10 Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der Revisionswerber keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid unter Vorschreibung folgender zusätzlicher Auflagen bestätigt:

"1. Sollte sich im Zuge der Bauarbeiten zur Errichtung der

Außenanlage (Rampe und Vorplatz Garage) im südwestlichen Bereich beim gegenständlichen Projekt herausstellen, dass die Fundamentunterkante des bestehenden Nebengebäudes (Carport und Abstellraum) auf dem Nachbargrundstück nicht den vorgelegten Planunterlagen bzw. den getroffenen Annahmen entspricht, so sind entsprechende bautechnische Maßnahmen - wie zum Beispiel Unterfangung des Fundaments - vorzunehmen.

2. Zur Gewährleistung der Frostsicherheit für das Fundament

des Nebengebäudes (Carport und Abstellraum) am südwestlichen Ende des Nachbargrundstücks (...) ist die Fundamentaußenkante im nördlichen Bereich des Abstellraumes mit einer ausreichenden Wärmedämmung zu versehen und an deren Außenseite die Böschung anzusetzen."

11 Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, das gegenständliche Bauvorhaben sei vom Magistrat als offene Bebauungsweise genehmigt worden und das betreffende Wohngebäude der Bauwerber sei projektgemäß 3,50 m neben "dem Nachbargebäude" situiert worden, womit ein seitlicher Bauwich im Ausmaß der halben Gebäudehöhe oder mindestens von 3 m eingehalten werde. Im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren werde projektgemäß im seitlichen Bauwich ein Carport mit Dach und einer Seitenwand situiert. Diese bauliche Anlage beeinträchtige laut eingereichtem Projekt weder den freien Lichteinfall unter 45 Grad auf die Hauptfenster des Gebäudes am Nachbargrundstück noch liege ein Bebauungsplan vor, der dies verbieten würde. Da es sich bei dem gegenständlichen Carport darüber hinaus um kein Nebengebäude handle, gehe auch der Verweis der Revisionswerber auf § 51 Abs. 3 NÖ Bauordnung 1996 (im Folgenden: BO) ins Leere.

12 Zum Einwand, wonach die Revisionswerber nunmehr den Einbau eines Hauptbelichtungsfensters in die westliche Außenwand des Gebäudes auf dem Nachbargrundstück beabsichtigten, führte die belangte Behörde aus, dass zum einen dieses Vorhaben auf Grund des § 10 NÖ Bautechnikverordnung (BTV) unzulässig wäre und zum anderen Präklusion in Bezug auf diesen Einwand eingetreten sei, da dieser erst im Berufungsverfahren erhoben worden sei.

13 Der rechtzeitig erhobene Einwand der Revisionswerber, dass durch die Bebauung des seitlichen Bauchwichs bis hin zur Grundgrenze der Zutritt zum Gebäude der Revisionswerber verunmöglicht werde, sei überdies nicht zulässig, da der Zutritt zum Nachbargebäude über den seitlichen Bauwich kein subjektivöffentliches Recht im Sinn des § 6 BO begründe. Der Einwand, dass das Nachbargebäude der Revisionswerber 4 cm von der Grundstücksgrenze entfernt errichtet worden sei, sei unerheblich. Das gegenständliche Bauvorhaben sei in offener Bauweise genehmigt worden und der seitliche Bauwich werde im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten der BO bebaut.

14 Zum Einwand der Gefährdung der Standsicherheit des bestehenden Gebäudes der Revisionswerber durch die Errichtung des Carports der Bauwerber verwies die belangte Behörde auf das in der Verhandlung vom erstattete Gutachten des bautechnischen Sachverständigen, welcher dargelegt habe, dass keine Gefährdung der Standsicherheit des Bestandsobjektes gegeben sei. Gegen die Schlüssigkeit dieses Gutachtens bestünden seitens der belangten Behörde keine Bedenken.

15 Zum Einwand der Gefährdung der Standsicherheit des bestehenden Gebäudes der Revisionswerber (Carport und Abstellraum) durch die Abgrabungen und damit einhergehenden Niveauveränderungen im Bereich der geplanten Ein- bzw. Ausfahrt (Rampe bzw. Vorplatz-Garage) verwies die belangte Behörde auf die Ausführungen des bautechnischen Sachverständigen in der Verhandlung vom sowie auf das von ihm in der Verhandlung vom erstattete Gutachten.

16 Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , Zl. B 1538/2013-7, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

17 In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes verbesserten Revision beantragten die Revisionswerber die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

18 Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

19 Die vom Verfassungsgerichtshof erst nach Ablauf des dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerden gelten in sinngemäßer Anwendung von § 4 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) als Revisionen, für deren Behandlung die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß mit einer - im vorliegenden Zusammenhang nicht relevanten - Maßgabe anzuwenden sind (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ro 2014/10/0029).

20 Im Revisionsfall war die BO, LGBl. 8200-0, in der Fassung LGBl. 8200-21 anzuwenden, dessen § 6 auszugsweise wie folgt lautet:

"§ 6

Parteien, Nachbarn und Beteiligte

(1) In Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 32, § 33 Abs. 2 und § 35 haben Parteistellung:

...

1. die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück

angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), und

...

Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauvorhaben bzw. das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind.

...

(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die

1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz

der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4) sowie

2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben,

gewährleisten und über

3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die

Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 11) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen. ..."

21 Die Revisionswerber bringen im Wesentlichen vor, die im angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen zusätzlichen Auflagen seien gesetzwidrig bzw. entbehrten einer gesetzlichen Grundlage. Die Unbestimmtheit der Auflagen mache eine Überprüfbarkeit des Bescheides und der späteren allfälligen Ausführung unmöglich. Die Anordnung "entsprechende Maßnahmen" sei in keiner Weise konkret und es fehle auch die Zielvorgabe, was mit der als Auflage gedachten Maßnahme erreicht werden solle. Soweit in der Auflage beispielsweise die Unterfangung des Fundamentes genannt werde, verkenne die belangte Behörde, dass hier ohne erkennbare Rechtsgrundlage in der BO das Eigentumsrecht der Revisionswerber verletzt werde. Das Unterfangen eines Bauwerkes bedeute, dass unter dem betreffenden Bauwerk Stabilisierungsmaßnahmen gesetzt würden. Da es sich bei dem zu unterfangenden Bauwerk um jenes der Revisionswerber handle, müsste die Unterfangung im Eigentumsbereich der Revisionswerber durchgeführt werden. Ein diesbezüglicher Konsens sei nicht erteilt und auch nicht von der belangten Behörde hergestellt worden.

22 Gleiches gelte für die zweite Auflage bezüglich des Frostschutzes: Diese behördliche Verfügung sei wieder gänzlich unbestimmt und in keiner Weise überprüfbar. Auch die Aufbringung einer Wärmedämmung am Nachbargebäude, welche in irgendeiner Form mit dem Mauerwerk verbunden werden müsse, stelle eine Baumaßnahme am Nachbarbauwerk dar, für welche es keine konsensmäßige Grundlage gebe. Zudem habe es die belangte Behörde unterlassen, die Situation im Bereich der Fundamente etwa durch Probegrabungen hinreichend abzuklären.

23 Durch die Errichtung des geplanten Carports entstehe ein Spalt zwischen diesem und dem Gebäude der Revisionswerber, wodurch einerseits die Fassade des Gebäudes der Revisionswerber einer Bewitterung ausgesetzt sei und andererseits eine Wartung und Instandhaltung derselben dauerhaft verhindert werde. Die belangte Behörde habe sich mit diesem Einwand nicht hinreichend auseinandergesetzt. Den Ausführungen der belangten Behörde, wonach die Revisionswerber in Bezug auf ihren Einwand der mangelnden Belichtung eines (geplanten) Hauptfensters in der Außenwand präkludiert seien, sei entgegenzuhalten, dass das Fenster im ersten Rechtsgang noch nicht geplant gewesen sei.

24 In Bezug auf die Versickerung der Oberflächenwässer bringen die Revisionswerber vor, die belangte Behörde habe den Ausführungen des bautechnischen Sachverständigen, wonach Nässe zum Fundament bzw. in die Liegenschaft der Revisionswerber in jedem Fall auftreten werde, da kein wasserdichtes Bodenmaterial vorliege, in keiner Weise Rechnung getragen und de facto eine Wasserzuleitung in das Grundstück der Revisionswerber und eine zwangsläufige Durchfeuchtung des Mauerwerkes auf der Nachbarliegenschaft genehmigt.

25 Die belangte Behörde habe zudem trotz entsprechender Empfehlung des Sachverständigen, der die Herstellung eines Suchschlitzes als zielführend erachtet habe, keine entsprechende Abklärung in Bezug auf das Niveau der Fundamentsohle des Gebäudes der Revisionswerber vorgenommen. Insbesondere die Unterlassung einer weiteren Ergänzung des Sachverständigengutachtens bzw. die Unterlassung der Erkundung der Bodenverhältnisse bzw. die Nichtberücksichtigung der diesbezüglichen Anträge der Revisionswerber stelle eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar.

Mit diesem Vorbringen zeigen die Revisionswerber eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

26 Die Revisionswerber sind Nachbarn im Sinn des § 6 Abs. 1 Z 3 BO.

27 Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektivöffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Das bedeutet, dass die Prüfungsbefugnisse der Berufungsbehörde sowie der Aufsichtsbehörde und auch der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle des Rechtsmittels einer Partei des Verwaltungsverfahrens mit beschränktem Mitspracherecht, wie dies auf Nachbarn im Baubewilligungsverfahren zutrifft, auf jene Fragen beschränkt ist, hinsichtlich derer dieses Mitspracherecht als subjektiv-öffentliches Recht besteht und soweit rechtzeitig im Verfahren derartige Einwendungen erhoben wurden. Ein Nachbar kann durch die erteilte Baubewilligung nur dann in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein, wenn seine öffentlich-rechtlichen Einwendungen von den Baubehörden in rechtswidriger Weise nicht berücksichtigt worden sind (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/05/0049, mwN).

28 Im Übrigen sind nach der ständigen hg. Rechtsprechung die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte in § 6 Abs. 2 BO taxativ aufgezählt, sodass der Nachbar keine über die in dieser Gesetzesbestimmung festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte hinausgehenden Rechte geltend machen kann. Ferner gehen die Verfahrensrechte einer Partei nicht weiter als ihre materiellen Rechte, sodass Verfahrensfehler für die Nachbarn nur dann von Relevanz sein können, wenn damit eine Verletzung ihrer materiellen Nachbarrechte gegeben wäre (vgl. auch dazu das oben zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN).

29 Die Revisionswerber haben mit ihrem Vorbringen unter anderem die Standsicherheit und Trockenheit ihrer Bauwerke angesprochen und damit subjektiv-öffentliche Nachbarrechte im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 1 BO geltend gemacht. Ihnen kommt als Nachbarn diesbezüglich auch ein Mitspracherecht bei einschlägigen Auflagen, die ihre Nachbarrechte berühren können, zu.

Soweit sich die Revisionswerber gegen die unter den Punkten 1. und 2. des angefochtenen Bescheides vorgeschriebenen Auflagen wenden, ist Folgendes auszuführen:

30 Aus der unter Punkt 2. vorgeschriebenen Auflage ergibt sich in Verbindung mit den sich darauf beziehenden Ausführungen des bautechnischen Sachverständigen in der Verhandlung vom , dass zur "Gewährleistung der Frostsicherheit für das Fundament" des Gebäudes der Revisionswerber die Anbringung einer Wärmedämmung an diesem Gebäude erforderlich ist, wozu die Bauwerber in der betreffenden Auflage verpflichtet wurden.

31 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, sind Auflagen begrifflich pflichtbegründende Nebenbestimmungen eines begünstigenden Verwaltungsaktes und binden schon daher nur den Inhaber der Bewilligung, nicht aber dritte Personen. Es sei daher Sache des Inhabers einer mit Auflagen belasteten Baubewilligung, die der Erfüllung der Auflage allenfalls entgegenstehenden Hindernisse - wie etwa die mangelnde privatrechtliche Verfügungsgewalt - zu beheben. Zwar seien Auflagen, sobald von der Bewilligung Gebrauch gemacht sei, grundsätzlich gegenüber dem Inhaber der Bewilligung vollstreckbar. Gegen die Exekution könne jedoch gemäß § 37 der Exekutionsordnung auch von einer dritten Person Widerspruch erhoben werden, wenn dieselbe an einer in Exekution gezogenen Liegenschaft ein Recht behaupte, welches die Vornahme der Exekution unzulässig machen würde. Ein solcher Widerspruch sei mittels (Exszindierungs-)Klage geltend zu machen. Der Verwaltungsgerichtshof nahm somit keine Wirkung der öffentlich-rechtlichen Anordnung gegenüber dem Konsenswerber für den Dritten, der die Erfüllung der Auflage allenfalls privatrechtlich verhindern konnte, an (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/06/0057, mwN).

32 Da somit unter Zugrundelegung dieser Judikatur eine Bindung der Revisionswerber als Eigentümer der Nachbarliegenschaft bzw. der betroffenen Baulichkeit durch die in Rede stehende Auflage nicht eingetreten ist, ist die Frage, ob die Frostsicherheit für das Fundament des Gebäudes der Revisionswerber gewährleistet ist, nicht endgültig geklärt.

33 Gleiches gilt für die unter Punkt 1. vorgeschriebene Auflage, wobei allein schon die spekulative Formulierung dieser Auflage (arg.: "Sollte sich im Zuge der Bauarbeiten ... herausstellen...") zeigt, dass die Frage, ob die Revisionswerber durch das gegenständliche Bauvorhaben in ihrem subjektivöffentlichen Recht auf Standsicherheit ihres Bauwerkes verletzt sind, von der belangten Behörde nicht abschließend geklärt wurde.

34 Es steht somit - auch unter Bedachtnahme auf die unter den Punkten 1. und 2. des angefochtenen Bescheides vorgeschriebenen Auflagen - nicht fest, dass die Standsicherheit und Trockenheit des in Rede stehenden Bauwerkes der Revisionswerber gewährleistet ist, weshalb die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, mit welchem den Bauwerbern die beantragte Baubewilligung dennoch erteilt wurde, mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete.

35 Mit ihrem Vorbringen, wonach zwischen dem geplanten Carport der Bauwerber und ihrem Bauwerk ein Spalt entstünde, der eine Wartung und Instandhaltung ihrer Außenmauer verhindere, machen die Revisionswerber keines der in § 6 Abs. 2 BO genannten Nachbarrechte geltend, weshalb darauf nicht weiter einzugehen war.

36 Soweit sich die Revisionswerber gegen die Annahme der belangten Behörde, wonach sie mit ihrem Vorbringen betreffend die Errichtung eines Hauptbelichtungsfensters präkludiert seien, wenden, übersehen sie, dass die belangte Behörde unter Berufung auf § 10 BTV auch von der Unzulässigkeit der Errichtung eines solchen Fensters in der Außenwand des Gebäudes der Revisionswerber ausgegangen ist. Diesen Erwägungen der belangten Behörde treten die Revisionswerber nicht entgegen.

37 In Bezug auf die Versickerung der Oberflächenwässer des Vorplatzes in den vorgesehenen Sickerstreifen hat der bautechnische Sachverständige, auf dessen Gutachten sich die belangte Behörde gestützt hat, ausgeführt, dass aus diesem Grund aus bautechnischer Sicht keine Gefährdung der Standsicherheit des Bauwerkes auf dem Nachbargrundstück erkannt werden könne, da laut Planunterlagen der Sickerstreifen nicht bis zum angrenzenden Fundament geführt werden solle; eine Unterspülung des Fundaments könne daher bei fachlich und technisch korrekter Ausführung ausgeschlossen werden.

38 Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen des bautechnischen Sachverständigen kann dessen Hinweis, wonach Nässe zum Fundament bzw. in die Liegenschaft der Revisionswerber auftreten werde, weil kein wasserfestes Bodenmaterial vorliege, nicht - wie die Revisionswerber vermeinen - dahingehend verstanden werden, dass de facto eine Wasserzuleitung in ihr Grundstück geschaffen werde, sondern dass Nässe in dem auch sonst bei Nichtvorliegen eines wasserfesten Bodenmaterials üblichen Maß auftreten werde. Eine daraus resultierende Beeinträchtigung des subjektiv-öffentlichen Rechtes auf Trockenheit des Bauwerkes der Revisionswerber ergibt sich aus diesen Ausführungen nicht.

39 Aus den oben dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

40 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 und § 4 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014, weiterhin anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

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Schlagworte:
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4 Auflagen BauRallg7 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9 Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1

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