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VwGH vom 29.09.2011, 2011/16/0085

VwGH vom 29.09.2011, 2011/16/0085

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Michael Günther, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilerstätte 17, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/2243-W/05, betreffend Haftung nach §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war von 1993 bis zum als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. GesmbH im Firmenbuch eingetragen. Die Firma der B. GesmbH wurde am gemäß § 40 FBG amtswegig gelöscht.

Das Finanzamt zog den Beschwerdeführer mit Bescheid vom zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der B. GesmbH im Ausmaß von EUR 102.711,79 (Umsatzsteuer für 2000 und Säumniszuschlag) heran.

Mit Schriftsatz vom berief der Beschwerdeführer dagegen und wandte ein, er habe in der Zeit seiner Geschäftsführung alle Umsatzsteuervoranmeldungen termingerecht eingereicht und die selbst berechneten Abgaben vollständig abgeführt. Im Februar 2001 habe er die Geschäftsführung mit einem unbehobenen Abgabenguthaben von etwa ATS 400.000 übergeben. Es liege keine Pflichtwidrigkeit vor, welche seine Haftung begründete. Nach seinem Ausscheiden aus der Geschäftsführung sei er "zur Dartuung von Behauptungen und Beweisanboten" nicht in der Lage, weil er alle Geschäftsunterlagen und Beelege dem nachfolgenden Geschäftsführer übergeben habe.

Im selben Schriftsatz erhob er Berufung gegen den "Primärbescheid", mit welchem die Abgaben festgesetzt worden waren.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung gegen den Haftungsbescheid als unbegründet ab. Es sei Sache des Beschwerdeführers, für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen. Das Berufungsvorbringen, der Beschwerdeführer habe keine Geschäftsaufzeichnungen und Belege mehr und daher keinerlei Beweise zur Entkräftigung des Verschuldens, stehe dem nicht entgegen.

Mit Schriftsatz vom stellte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insoweit Folge, als sie die Haftung auf den Betrag von 99.756,41 EUR an Umsatzsteuer für 2000 eingeschränkte. Im Übrigen wies sie die Berufung als unbegründet ab. Die nicht bestrittene Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Umsatzsteuer bei der B. GesmbH stehe spätestens mit der Eintragung der Löschung deren Firma im Firmenbuch am (richtig: am ) fest. Der Beschwerdeführer sei bis als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der B. GesmbH im Firmenbuch eingetragen gewesen. Nach der Begründung des Umsatzsteuerbescheides (an die B. GesmbH) vom sei die haftungsgegenständliche Umsatzsteuer unter Zugrundelegung der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung festgesetzt worden. Dabei seien Umsätze und abziehbare Vorsteuern mangels Vorlage von Unterlagen geschätzt worden. Bereits anlässlich einer der Prüfung vorangegangenen Umsatzsteuersonderprüfung seien Kontrollmitteilungen unter Anschluss von Rechnungen an die zuständigen Finanzämter versendet worden. Die Auswertung des Kontrollmaterials habe hinsichtlich der Rechnungen zweier näher angeführter Unternehmen ergeben, dass die darin ausgewiesene Umsatzsteuer mit gefälschten Rechnungen von der B. GesmbH als abziehbare Vorsteuer geltend gemacht worden sei. Die Unrichtigkeit des Vorsteuerabzuges müsse vom Beschwerdeführer mangels Bestehens von Geschäftsverbindungen mit den "rechnungsausstellenden Unternehmen" erkannt worden sein. Der Einwand des Beschwerdeführers, er verfüge nach seinem Ausscheiden aus der Geschäftsführung der B. GesmbH nicht mehr über Geschäftsaufzeichnungen und Belege, welche er dem nachfolgenden Geschäftsführer übergeben haben wolle, verfange nicht, weil den Haftenden die Pflicht treffe, für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen.

In teilweiser Stattgabe der Berufung sei der Haftungsbetrag jedoch auf den nach der Rückstandsaufgliederung vom noch aushaftenden Betrag an Umsatzsteuer für 2000 einzuschränken. Der vom Finanzamt in die Haftung miteinbezogene Säumniszuschlag sei erst nach Ausscheiden des Beschwerdeführers aus der Geschäftsführung der B. GesmbH entstanden und fällig geworden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer gerade noch ersichtlich im Recht verletzt erachtet, nicht zur Haftung für Umsatzsteuer der B. GesmbH herangezogen zu werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen haben nach § 80 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann gemäß § 248 BAO unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung (also gegen den Haftungsbescheid) innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen.

Wenn ein zur Haftung Herangezogener sowohl gegen die Geltendmachung der Haftung als auch gemäß § 248 BAO gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch beruft, hat die Berufungsbehörde zunächst nur über die Berufung gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden, weil sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Berufung gegen den Abgabenanspruch überhaupt besteht. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung sind in einem gemäß § 248 BAO durchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/16/0258, mwN).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage gehen die Ausführungen in der Beschwerde ins Leere, welche sich nur gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung richten und die Echtheit und Richtigkeit der von der B. GesmbH zur Geltendmachung von Vorsteuer herangezogenen Rechnungen der näher angeführten zwei Unternehmen ins Treffen führen. Die Einwände des Beschwerdeführers, mit diesen Unternehmen habe eine langjährige Handelsbeziehung mit der B. GesmbH bestanden und alle von dieser Gesellschaft ausgestellten Rechnungen seien von ihm ordnungsgemäß bezahlt worden, richten sich sohin gegen das Ergebnis der bei der B. GesmbH durchgeführten Prüfung und die daraufhin erfolgte Versagung der von der B. GesmbH geltend gemachten Vorsteuern im Umsatzsteuerbescheid (an die B. GesmbH vom ), den der Beschwerdeführer gemäß § 248 BAO bekämpfte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am