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VwGH vom 23.11.2016, Ro 2014/05/0036

VwGH vom 23.11.2016, Ro 2014/05/0036

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der H S in W, vertreten durch Dr. Andreas Schuster, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Liechtensteinstraße 22a, Stiege 1, Tür 12, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB - 333867/2013, betreffend einen Bauauftrag (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er sich auf den in seinem Spruch genannten Punkt 3. (Entfernung einer Geländeanschüttung und Wiederherstellung des Geländes) bezieht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1 Die Revisionswerberin ist Miteigentümerin einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien, bestehend aus einem Grundstück mit der Adresse P.-Gasse 48 und einem weiteren mit der Adresse D.- Straße 125.

2 Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (im Folgenden: Magistrat) vom wurde den Eigentümern von auf dieser Liegenschaft errichteten Baulichkeiten - darunter die Revisionswerberin - gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien (BO) unter acht Spruchpunkten aufgetragen, binnen sechs Monaten nach Rechtskraft des Bescheides auf der Liegenschaft (u.a.) - soweit noch revisionsgegenständlich - folgende Maßnahmen durchzuführen:

"1.) Die derzeitige Einfriedung zum öffentlichen Gut (P.- Gasse) ist zu entfernen und durch eine der Bauordnung und dem derzeitig gültigen Plandokument entsprechende zu ersetzen.

2.) Das im Vorgarten der Liegenschaft ... errichtete Gebäude

ist zu entfernen.

3.) Die ca. 1,5m hohe mit Löffelsteinen gesicherte Geländeanschüttung entlang der Grundgrenze zur Liegenschaft ... ist zu entfernen und das Gelände ist entsprechend dem letztgültigen Plan, inkl. zugehörigem Bewilligungsbescheid vom , Zahl ... wieder herzustellen.

..."

3 Die Revisionswerberin und ein weiterer Miteigentümer erhoben dagegen Berufung, die sie mit Schriftsatz vom ergänzten.

4 Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung, soweit sie sich gegen die genannten Punkte 1. bis 3. (und drei weitere, nicht revisionsgegenständliche Spruchpunkte) richtete, als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid im Umfang dieser Spruchpunkte bestätigt.

5 Dazu führte die Bauoberbehörde für Wien (im Folgenden: Bauoberbehörde), soweit für das gegenständliche Revisionsverfahren noch wesentlich, aus, dass anlässlich einer am durch den Magistrat abgehaltenen Augenscheinverhandlung vor Ort festgestellt worden sei, dass auf dem Grundstück P.-Gasse 48 die Einfriedung zum öffentlichen Gut P.-Gasse aus 1,80 m hohen undurchsichtigen Kunststoffplatten hergestellt worden sei und diese Einfriedung keine freie Durchsicht gewähre. Weiters sei im Abstand von ca. 3,40 m zur Grundgrenze der Liegenschaft P.- Gasse 50, im unmittelbaren Nahbereich zur Einfriedung zum öffentlichen Gut, im Vorgartenbereich ein ca. 4,00 m x 4,80 m großes Gebäude (Höhe ca. 2,35 m) in Massivbauweise errichtet und an der Grundgrenze zu einem näher bezeichneten Grundstück über die gesamte Länge eine Geländeanschüttung (Breite ca. 3,00 m, max. Höhe ca. 1,50 m), welche mit Löffelsteinen gesichert sei, vorgenommen worden.

6 Der Magistrat habe festgestellt, dass bislang für die Abweichung der Einfriedung vom Bewilligungsbescheid vom ebenso wenig eine baubehördliche Bewilligung erteilt worden sei wie für die Errichtung der genannten Bauwerke.

7 Nach Erhebung der Berufung habe die Bauoberbehörde (u.a.) zur Feststellung der Lage der vom gegenständlichen Bauauftrag erfassten Bauwerke und zu den Gründen, aus denen in bautechnischer Sicht die bezughabenden Geländeanschüttungen als bewilligungspflichtig anzusehen sein könnten, eine Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen eingeholt. Dieser habe mit Schreiben vom Folgendes ausgeführt:

"Gemäß Ersuchen vom werden folgende ergänzende Unterlagen übermittelt:

1.) Kopie eines Lageplanes in dem die verfahrendsgegenständlichen Baulichkeiten farbig eingezeichnet und mit den jeweiligen Bescheidpunkten beschriftet sind.

2.) Fünf A4 Farbfotos der verfahrendsgegenständlichen Baulichkeiten. ...

3.) Die Geländeanschüttung im Punkt 3 wäre aus Sicht der MA 37-Baubehörde bewilligungspflichtig, da diese Geländeanschüttung zur gefahrlosen Verwendung des bewilligungsfreien Schwimmbeckens nötig ist. Durch diese Geländeanschüttung wurde eine ebene Fläche um das gesamte Schwimmbecken geschaffen. Im Hinblick auf § 62a Abs. 1, Ziffer 23 BO ergäbe sich eine Bewilligungspflicht durch die Tatsache, dass die bis zu ca. 1,5m hohen Geländeanschüttungen im unmittelbaren Nahbereich zur Grundgrenze (der gesetzlich vorgeschriebene Abstand von 3,00m wird erheblich unterschritten) mit Löffelsteinen gesichert sind. Diese Löffelsteine haben die Funktion einer Stützmauer.

..."

8 Dieser Stellungnahme seien eine Ausschnittskopie des Lageplanes, in der die vom Bauauftrag erfassten Bauwerke lagemäßig eingezeichnet seien, und auch eine Fotodokumentation angeschlossen gewesen.

9 Die Berufungswerber, denen zur Wahrung des Parteiengehörs mit Schreiben vom die Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen samt Beilagen zur Kenntnis gebracht worden sei, hätten darauf mit Schriftsatz vom repliziert.

10 Unter Bezugnahme auf § 129 Abs. 10 BO führte die Bauoberbehörde weiter aus, dass im Sinne dieser Gesetzesstelle jeder Bau vorschriftswidrig sei, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung eine baubehördliche Bewilligung erforderlich gewesen sei und auch weiterhin erforderlich sei, für den eine solche jedoch nicht vorliege. Gleiches gelte für den Fall der sonstigen Vorschriftswidrigkeit. Maßstab sei somit im gegebenen Zusammenhang die Beurteilung, ob das gegenständliche Bauwerk in seinem tatsächlichen Bestand konsentiert sei.

11 Von der Revisionswerberin werde nicht bestritten, (Mit )Eigentümerin der in den Spruchpunkten 1. bis 3. genannten Bauwerke zu sein. Weiters werde nicht bestritten, dass bislang für die bezughabenden Bauführungen keine Baubewilligung erteilt bzw. keine Bauanzeige erlegt worden sei.

12 Nach Hinweis auf § 60 Abs. 1 lit. a und b BO sowie § 86 Abs. 3 leg. cit. führte die Bauoberhörde aus, dass für die genannte Liegenschaft der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Plandokument 7649 gelte, gemäß dessen Punkt 3.5 Einfriedungen auf gärtnerisch auszugestaltenden Flächen ab einer Höhe von 0,5 m den freien Durchblick nicht hindern dürften. Aus dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan gehe hervor, dass der Bereich hinter dem Gebäudebestand (von der D.-Straße aus gesehen), in welchem sich die hier in Rede stehenden Einfriedungen befänden, gärtnerisch auszugestalten sei und daher die genannte Bestimmung Punkt 3.5 über Einfriedungen zum Tragen komme. Von den Berufungswerbern werde die vom Amtssachverständigen getroffene Feststellung, dass die im Spruch genannten Einfriedungen auf eine Höhe von ca. 1,80 m den freien Durchblick hinderten, nicht in Abrede gestellt. Die im Spruch genannten Einfriedungen stünden somit in Widerspruch zu § 86 Abs. 3 BO bzw. zu Punkt 3.5 des genannten Plandokumentes und seien somit im Sinne des § 129 Abs. 10 BO vorschriftswidrig.

13 Der Hinweis der Berufungswerber auf eine in Aussicht genommene behördliche Einreichung könne an der Rechtmäßigkeit des diesbezüglich ergangenen Auftrages nichts ändern, zumal selbst die Anhängigkeit eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens der Erlassung eines Bauauftrages nach § 129 Abs. 10 BO nicht entgegenstehe.

14 Die Errichtung einer ca. 1,50 m Löffelsteinmauer stelle ein gemäß § 60 Abs. 1 lit. b BO bewilligungspflichtiges Bauwerk dar, weil zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich sei, zumal aufgrund des mit der Mauer überwundenen, nicht unbeträchtlichen Niveauunterschiedes Vorkehrungen gegen ein Abrutschen der an der Mauer anliegenden Erdmassen unerlässlich seien. Die Löffelsteinmauer sei kraftschlüssig mit dem Boden verbunden, und öffentliche Rücksichten könnten durch die Errichtung der Mauer berührt werden, weil die Gefahr des Abrutschens von Erdreich bzw. Abstürzens von Mauerteilen gegeben sei. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass es nicht darauf ankomme, ob öffentliche Rücksichten berührt würden, sondern nur darauf, ob sie berührt werden könnten. Es handle sich dabei um ein Bauwerk, für dessen Errichtung sowohl zum Errichtungszeitpunkt als auch zum gegebenen Zeitpunkt eine Baubewilligung erforderlich gewesen sei bzw. sei. Dass eine solche bislang nicht erwirkt worden sei, werde von den Berufungswerbern nicht in Abrede gestellt.

15 Wenn in der Berufung bemängelt werde, dass kein Sachverhalt festgestellt worden sei, der eine rechtliche Einordnung der Bauwerke ermögliche, so sei diesem Vorbringen zu erwidern, dass die Bauwerke in ihrer Lage, ihren Ausmaßen und ihrer Funktion erfasst worden seien, sodass die sich hieraus ergebenden baurechtlichen Konsequenzen gezogen werden könnten. Im Übrigen könne im Verfahren zur Erlassung eines Bauauftrages die Frage, ob eine baubewilligungspflichtige oder bloß eine bauanzeigepflichtige Maßnahme gesetzt worden sei, im Hinblick auf die gleiche rechtliche Konsequenz im Falle des Fehlens sowohl einer Baubewilligung als auch einer ordnungsgemäß erstatteten Bauanzeige dahingestellt bleiben.

16 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , B 1539/2013-5, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

17 In ihrem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten, die nunmehr als Revision geltende Beschwerde ergänzenden Schriftsatz vom bekämpft die Revisionswerberin den angefochtenen Bescheid lediglich im Umfang der genannten Punkte 1., 2. und 3. mit dem Antrag, diesen insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

18 Das in sinngemäßer Anwendung des Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG an die Stelle der Bauoberbehörde getretene Verwaltungsgericht Wien legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erklärte, auf die Erstattung einer Gegenschrift zu verzichten.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

19 Vorauszuschicken ist, dass in sinngemäßer Anwendung des § 4 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz - VwGbk-ÜG, BGBl. I Nr. 33/2013, vorzugehen ist, wenn der Verfassungsgerichtshof - wie im vorliegenden Fall - eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung erst nach dem Ablauf des an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, sodass die Beschwerde als Revision gilt und für deren Behandlung nach § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß gelten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/05/0086, 0087, mwN).

20 Im Revisionsfall ist die BO, LGBl. Nr. 11/1930, in der maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 64/2012 anzuwenden.

21 Die §§ 60, 62a, 86 und 129 BO lauten auszugsweise:

"Ansuchen um Baubewilligung

§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:

a) Neu-, Zu- und Umbauten. Unter Neubau ist die Errichtung neuer Gebäude zu verstehen; ein solcher liegt auch vor, wenn nach Abtragung bestehender Bauwerke die Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt werden. Ein einzelnes Gebäude ist ein raumbildendes Bauwerk, die in ihrer Bausubstanz eine körperliche Einheit bildet und nicht durch Grenzen eines Bauplatzes oder Bauloses oder durch Eigentumsgrenzen geteilt ist, ausgenommen die zulässige Bebauung von Teilen des öffentlichen Gutes. ...

Ein Raum liegt vor, wenn eine Fläche zumindest zur Hälfte ihres Umfanges von Wänden umschlossen und von einer Deckfläche abgeschlossen ist; ein Aufenthaltsraum muss allseits umschlossen sein. ...

b) Die Errichtung aller sonstigen Bauwerke über und unter der Erde, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine kraftschlüssige Verbindung gebracht werden und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet sind, öffentliche Rücksichten zu berühren. Öffentliche Rücksichten werden jedenfalls berührt, wenn Einfriedungen gegen öffentliche Verkehrsflächen, Friedhöfe und Grundflächen für öffentliche Zwecke errichtet werden.

..."

" Bewilligungsfreie Bauvorhaben

§ 62 a. (1) Bei folgenden Bauführungen ist weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige erforderlich:

1. die nicht unter §§ 60, 61 und 62 fallenden Bauvorhaben,

...

5. Gartenhäuschen, Lauben, Saletteln, Geräte- und Werkzeughütten und dergleichen mit einer Grundfläche von höchstens 12 m2 und einer Gebäudehöhe beziehungsweise lotrecht zur bebauten Fläche gemessenen Höhe von höchstens 2,50 m im Bauland, auf Grundflächen für Badehütten und im Erholungsgebiet - Sport- und Spielplätze;

...

21. Einfriedungen bis zu einer Höhe von 2,50 m, soweit sie nicht gegen öffentliche Verkehrsflächen, Friedhöfe oder Grundflächen für öffentliche Zwecke gerichtet sind;

...

23. Stützmauern, die auf Grund der Neigungsverhältnisse des Geländes erforderlich sind, mit einem Abstand von mindestens 3 m von der Grundgrenze bis zu einer Höhe von 1 m über dem Gelände und die damit verbundenen Geländeveränderungen, soweit diese nicht von Einfluss auf bestehende Bauwerke auf eigenen oder benachbarten Grundflächen sind, auch wenn sie von Einfluss auf die widmungsgemäße Verwendung der Grundflächen sind;

..."

" Einfriedungen

§ 86. (1) Wo dies aus Gesundheitsrücksichten, aus Sicherheitsgründen oder zum Schutze des örtlichen Stadtbildes notwendig ist, ist dem Eigentümer des anliegenden Grundes aufzutragen, seine Liegenschaft gegen die Verkehrsfläche einzufrieden.

(2) Einfriedungen müssen so ausgestattet werden, daß sie das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigen. Sie dürfen, sofern der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt, den Boden der höher gelegenen, anschließenden Grundfläche um nicht mehr als 2,50 m überragen.

(3) Einfriedungen von Vorgärten gegen die Verkehrsfläche und an den seitlichen Grundgrenzen auf die Tiefe des Vorgartens dürfen, sofern der Bebauungsplan nicht anderes zuläßt, den freien Durchblick nicht hindern. Abweichungen hievon sind zulässig, wenn dadurch das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigt wird. Sonstige Grundgrenzen dürfen, wenn der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt, durch volle Wände abgeschlossen werden."

" Benützung und Erhaltung der Gebäude; vorschriftswidrige Bauwerke

§ 129. ...

(10) Jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften ist zu beheben. Ein vorschriftswidriges Bauwerk, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6) erstattet wurde, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Bauwerkes zu richten; ...

..."

22 Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2011/05/0128, mwN) ist ein Bau im Sinne des § 129 Abs. 10 BO vorschriftswidrig, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung ein baubehördlicher Konsens erforderlich war und weiterhin erforderlich ist, für den aber ein solcher Konsens nicht vorliegt. Bei Abweichungen von Bauvorschriften können nach dieser Gesetzesbestimmung Bauaufträge sowohl für bewilligungspflichtige als auch für anzeigepflichtige als auch für bewilligungsfreie Bauvorhaben erteilt werden. Der Grund für die Abweichung von Bauvorschriften ist unerheblich.

23 Ferner ist bei Abweichungen oder vorschriftswidrigen Bauten ein Auftrag stets ohne weitere Voraussetzungen (z.B. Verletzung öffentlicher Interessen) möglich (vgl. etwa Moritz , BauO Wien5, zu § 129 Abs. 10, S. 372 dritter Absatz, mwH auf die hg. Rechtsprechung).

24 Die Revision bringt in Bezug auf den im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten Punkt 1. (Einfriedung zum öffentlichen Gut) vor, dass diese Einfriedung im Jahr 2008 errichtet worden und im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan (Plandokument 7649) auf dem auftragsgegenständlichen Grundstück ein bis zur öffentlichen Verkehrsfläche P.-Gasse eingezeichneter und die Breite zur öffentlichen Fläche umfassender weißer Bereich enthalten sei, welcher im Gegensatz zum farblichen (grauen) mit dem Buchstaben "G" bezeichneten Teil, der die gärtnerisch auszugestaltende Fläche darstelle, keinen Vorgarten und damit auch keine gärtnerisch auszugestaltende Fläche ausweise. Diese Sach- und Rechtslage sei von der Baubehörde im Jahr 2008 korrekt ermittelt worden und werde von der Bauoberbehörde schlichtweg ignoriert, die so entscheide, als wäre die 80%ige Verbaubarkeit des Grundstückes nicht gegeben, obwohl diese im genannten Plandokument normiert sei, das damit das Recht der Revisionswerberin auf Bebauung zweifelsfrei ausweise. § 86 Abs. 3 BO könne daher mangels Vorliegens eines Vorgartens oder einer gärtnerisch auszugestaltenden Fläche nur hinsichtlich seines letzten Satzes zur Anwendung gebracht werden, wonach sonstige Grundgrenzen, wenn der Bebauungsplan nicht anderes bestimme, durch volle Wände abgeschlossen werden dürften. Da somit eine ganz wesentliche Entscheidungsgrundlage zur Frage, ob eine Einfriedung entsprechend dem § 86 Abs. 3 erster Satz BO den freien Durchblick nicht hindern dürfe, durch Einsicht in das Plandokument nicht ermittelt worden sei, sei die Anwendung dieser Gesetzesbestimmung und der auf deren Grundlage angewendeten Vorschrift des § 129 Abs. 10 leg. cit. denkunmöglich. Darüber hinaus hätten die Baubehörden nicht geprüft, ob das örtliche Stadtbild durch diese Einfriedung beeinträchtigt werde. Liege keine Beeinträchtigung vor, so wäre die Einfriedung jedenfalls gemäß § 86 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. bewilligungsfähig. Eine solche Beeinträchtigung sei jedenfalls nicht festgestellt worden.

25 Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

26 Die Revision bestreitet nicht, dass auf der Liegenschaft, wie im angefochtenen Bescheid dargestellt, die Einfriedung zum öffentlichen Gut P.-Gasse aus 1,80 m hohen undurchsichtigen Kunststoffplatten hergestellt wurde. Da somit die fragliche Einfriedung gegen eine öffentliche Verkehrsfläche im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. b BO und des § 62a Abs. 1 Z 21 leg. cit. gerichtet ist, kann sie nicht im Sinne der letztgenannten Gesetzesbestimmung bewilligungsfrei sein. Vielmehr bedurfte eine solche Einfriedung sowohl im Jahr 2008, in dem diese dem Revisionsvorbringen zufolge errichtet wurde, als auch im Zeitpunkt der Erteilung des Bauauftrages im Hinblick auf die insoweit unveränderte Bestimmung des § 60 Abs. 1 lit. b BO einer Baubewilligung (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/05/0224).

27 Dass im Übrigen die fachgerechte Errichtung einer solchen aus 1,80 m hohen Kunststoffplatten hergestellten Anlage ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert, zumal diese standfest bzw. sturm- und kippsicher auszuführen ist, um niemand zu gefährden, liegt auf der Hand. Gegenteiliges wird auch von der Revision nicht behauptet.

28 Ob diese Einfriedung unter dem Blickwinkel des § 86 Abs. 3 BO und des Punktes 3.5. des genannten Plandokumentes bewilligungsfähig ist, kann dahingestellt bleiben, weil die Frage der Bewilligungsfähigkeit keine Vorfrage für die Erlassung eines Auftrages nach § 129 Abs. 10 BO darstellt und die Bewilligungsfähigkeit in einem solchen Auftragsverfahren nicht zu prüfen ist (vgl. dazu Moritz , BauO Wien, zu § 129 Abs. 10 BO, S. 370 zweiter Absatz, mwH auf die hg. Judikatur).

29 Die Revision erweist sich daher hinsichtlich des im Spruch des angefochtenen Bescheides genanntes Punktes 1. als unbegründet.

30 In Bezug auf Punkt 2. des Bauauftrages (Entfernung des im Vorgarten errichteten Gebäudes) bringt die Revision vor, dass die Bauoberbehörde ohne Begründung eine Bewilligungspflicht annehme und eine Klärung, ob das gegenständliche Objekt überhaupt ein Bauwerk bzw. ein Gebäude im Sinne der BO sei, fehle, sodass der angefochtene Bescheid schon deshalb mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet sei. Wesentliche Voraussetzung für die Erlassung des Beseitigungsauftrages sei jedoch in jedem Fall die Klärung der Frage, ob das beanstandete Gebäude zum Zeitpunkt seiner Errichtung - im hier gegenständlichen Fall im Jahr 2008 - anzeige- oder bewilligungspflichtig gewesen sei. Eine solche Anzeige- oder Bewilligungspflicht sei in den Jahren 2008 und 2009 "in getrennten Verfahren von derselben Erstbehörde" stets verneint worden, die nunmehr bei identem Sachverhalt und identer Rechtslage eine Anzeige- oder Bewilligungspflicht bejahe. Aus dem angefochtenen Bescheid seien keine Beweisergebnisse ersichtlich, die den Spruch der Bauoberbehörde tragen könnten, und es fehlten jegliche Feststellungen, die eine rechtliche Prüfung dahingehend zuließen, warum dieses Gebäude nunmehr anzeige- oder bewilligungspflichtig sein solle.

31 Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Revision keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

32 Aus dem erstinstanzlichen Bescheid und dem diesen insoweit bestätigenden angefochtenen Bescheid geht hervor, dass es sich bei dem im angefochtenen Bescheid in Punkt 2. genannten Bauwerk um ein im Abstand von ca. 3,40 m zur Grundgrenze der Liegenschaft P.- Gasse 50, im unmittelbaren Nahbereich zur Einfriedung zum öffentlichen Gut im Vorgartenbereich in Massivbauweise errichtetes, ca. 4,00 m x 4,80 m großes Gebäude mit einer Höhe von ca. 2,35 m handelt. Ferner wird im angefochtenen Bescheid auf die von einem bautechnischen Amtssachverständigen mit Schreiben vom übermittelten Kopien des Lageplans, in dem die verfahrensgegenständlichen Baulichkeiten farbig eingezeichnet sind, und auf mehrere damit übersandte Farbfotos dieser Baulichkeiten hingewiesen, die in den Verwaltungsakten enthalten sind.

33 Gemäß § 60 Abs. 1 lit. a (zweiter Satz) BO handelt es sich bei einem (einzelnen) Gebäude um ein raumbildendes Bauwerk, das in seiner Bausubsubstanz eine körperliche Einheit bildet und nicht durch Grenzen eines Bauplatzes oder Bauloses oder durch Eigentumsgrenzen geteilt ist, ausgenommen die zulässige Bebauung von Teilen des öffentlichen Gutes. Nach dieser Bestimmung liegt ein Raum vor, wenn eine Fläche zumindest zur Hälfte ihres Umfanges von Wänden umschlossen und von einer Deckfläche abgeschlossen ist.

34 Die im angefochtenen Bescheid genannten Lichtbilder bzw. der Lageplan lassen keinen Zweifel daran offen, dass das in Punkt 2. des Bauauftrages angeführte, in Massivbauweise errichtete Bauwerk mit den zuvor genannten Abmessungen die Tatbestandsvoraussetzungen eines Gebäudes im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a BO erfüllt. Dass die - bereits im erstinstanzlichen Bescheid getroffenen - Ausführungen zur Größe und Bauweise dieses Gebäudes unrichtig seien, wurde von der Revisionswerberin weder im Berufungsverfahren noch in der vorliegenden Revision behauptet. Nach der sowohl im Zeitpunkt der Erteilung des Bauauftrages als auch bereits im Jahr 2008, in dem dem Revisionsvorbringen zufolge das Gebäude errichtet wurde, insoweit unverändert geltenden Rechtslage (§ 60 Abs. 1 lit. a BO) war vor der Errichtung eines neuen Gebäudes (Neubau) die Bewilligung der Behörde zu erwirken, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kamen.

35 Dass, wie im angefochtenen Bescheid festgestellt wurde, (auch) für dieses Gebäude keine Baubewilligung erteilt worden ist, wird von der Revisionswerberin nicht bestritten. Diese hat im Verwaltungsverfahren (und auch in der Revision) nicht dargetan, aufgrund welcher Umstände dieses Bauwerk als bewilligungsfreies Bauvorhaben im Sinne des § 62a Abs. 1 BO zu beurteilen wäre. Mit der - nicht näher substantiierten - Behauptung, dass eine Anzeige- oder Bewilligungspflicht in den Jahren 2008 und 2009 "in getrennten Verfahren von derselben Erstbehörde" stets verneint worden sei, wird von der Revision eine solche Bewilligungsfreiheit nicht nachvollziehbar dargestellt.

36 Im Übrigen ist die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages auch dann zulässig, wenn ein Bau jahrelang unbeanstandet geblieben ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/05/0114, mwN). Dass - entgegen dem Revisionsvorbringen - die Frage der Bewilligungsfähigkeit in einem Auftragsverfahren nach § 129 Abs. 10 BO nicht zu prüfen ist, wurde bereits ausgeführt.

37 Somit erweist sich die Revision auch hinsichtlich des im angefochtenen Bescheid in Punkt 2. angeführten Bauauftrages als unbegründet.

38 In Bezug auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Punkt 3. (Entfernung der mit Löffelsteinen gesicherten Geländeanschüttung und Wiederherstellung des Geländes) bringt die Revision vor, dass, wie bereits im Jahr 2008 gegenüber dem Magistrat dargelegt worden sei, die Löffelsteine entsprechend dem letzten Stand der Wissenschaft und Technik kraftschlüssig mit dem Boden verbunden und das dahinterliegende Erdmaterial drainagiert worden seien und daher keine Gefahr eines Abrutschens von Erdreich bzw. Abstürzen von Mauerteilen bestehe, sodass dieses Bauwerk entsprechend den vorgelegten Plänen konsensgemäß errichtet worden sei. Die Baubehörde habe daher damals - auch hier sei der Errichtungszeitpunkt maßgeblich - mangels Verstoßes gegen Bauvorschriften keinen Beseitigungsauftrag erteilt, und diese Anschüttung sei auch nicht beim neuerlichen Einschreiten des Magistrates im Oktober 2009 bemängelt worden.

39 Dieses Vorbingen führt die Revision zum Erfolg. 40 In ihrer im Berufungsverfahren erstatteten Äußerung vom hat die Revisionswerberin (u.a.) vorgebracht, hinsichtlich der Geländeanschüttungen festzuhalten, dass diese schon lange vor Baufertigstellung vorhanden gewesen und konsensgemäß hergestellt worden seien, wobei entsprechende Pläne "im Amt" aufliegen müssten. Die Bauoberbehörde ist im angefochtenen Bescheid (vgl. dort S. 12 erster Absatz) davon ausgegangen, dass die Revisionswerberin nicht in Abrede gestellt habe, dass hiefür eine Baubewilligung bislang nicht erwirkt worden sei. Diese Annahme steht jedoch im Gegensatz zu dem genannten, von der Revisionswerberin in ihrem Schriftsatz vom erstatteten Vorbringen und erweist sich daher als aktenwidrig.

41 Da somit aufgrund des von der Revisionswerberin im Berufungsverfahren erstatteten Vorbringens und im Hinblick darauf, dass sich die Bauoberbehörde damit nicht auseinandergesetzt hat, nicht ausgeschlossen werden kann, dass für die hier in Rede stehende bauliche Anlage ein baubehördlicher Konsens erteilt worden ist, war der angefochtene Bescheid insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

42 Im Übrigen war jedoch die Revision aus den oben dargelegten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

43 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm §§ 3 und 4 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am