VwGH vom 27.04.2011, 2009/08/0136
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des Finanzamtes Spittal Villach, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zlen. UVS-06/22/2110/2009-3, UVS-06/22/2113/2009-3, UVS- 06/22/2115/2009-3, betreffend Übertretungen des ASVG (mitbeteiligte Partei: P K in Wien, weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Begründung
Mit drei Straferkenntnissen des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 15. Bezirk, vom 22. und wurden über den Erstmitbeteiligten jeweils wegen Übertretung des § 111 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 ASVG drei Geldstrafen von jeweils 770,-- EUR (Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils zwei Tagen und vier Stunden) verhängt. Der Beschwerdeführer habe als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit zur Vertretung nach außen Berufener der K OG mit dem Sitz in Wien zu verantworten, dass diese Gesellschaft der ihr als Dienstgeberin auf Grund des ASVG obliegenden Verpflichtung zur Erstattung von Meldungen und Anzeigen insofern nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen sei, als drei näher genannte Personen vom bis zumindest auf einer näher bezeichneten Baustelle in V nicht vor Beginn ihrer Tätigkeit versichert gemeldet worden seien. Die drei Personen seien bei einer Kontrolle am um 12.00 Uhr beim Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten angetroffen worden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Berufungen des Mitbeteiligten gegen die erstinstanzlichen Straferkenntnisse Folge gegeben, die Straferkenntnisse behoben und die Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass auf die umfassenden Vorbringen sowohl des Mitbeteiligten als auch der beschwerdeführenden Amtspartei nicht einzugehen sei. Zunächst sei zu bemerken, dass in den Anlassfällen der Sitz der vom Erstmitbeteiligten vertretenen Gesellschaft maßgebender Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit des Magistrates der Stadt Wien als Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz und für den zuständigen Versicherungsträger sei. Gemäß § 30 Abs. 1 ASVG richte sich die örtliche Zuständigkeit der Gebietskrankenkasse grundsätzlich nach dem Beschäftigungsort des Versicherten, bei selbständigen Erwerbstätigen nach dem Standort des Betriebes bzw. in Ermangelung eines solchen nach dem Wohnsitz. Beschäftigungsort sei gemäß § 30 Abs. 2 ASVG der Ort, an dem die Beschäftigung ausgeübt werde. Werde eine Beschäftigung abwechselnd an verschiedenen Orten ausgeübt, aber von einer festen Arbeitsstätte aus, so gelte diese als Beschäftigungsort. Nach Ansicht der belangten Behörde seien die betroffenen Personen der vom Mitbeteiligten vertretenen Gesellschaft mit dem Sitz in Wien zuzuordnen und übten ihre Tätigkeit auf verschiedenen Baustellen von einer fixen Betriebsstätte dieses Unternehmens in Wien aus. Daraus folge eine Pflicht zur Erstattung der gemäß § 33 ASVG geforderten Anmeldung von Dienstnehmern durch den Dienstgeber bei der Wiener Gebietskrankenkasse. Nach Darlegung der nach Ansicht der belangten Behörde anzuwendenden Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, dass zum Tatzeitpunkt § 13 der Satzung 2007 der Wiener Gebietskrankenkasse in der Stammfassung (und nicht in der dieser Bestimmung durch den Änderungsbeschluss der Generalversammlung der Wiener Gebietskrankenkasse vom gegebenen Fassung) anzuwenden sei, sodass eine Anmeldung von Dienstnehmern demnach bei der Wiener Gebietskrankenkasse innerhalb von sieben Tagen ab Aufnahme der Beschäftigung vorzunehmen gewesen sei. Da dem Beschwerdeführer nicht angelastet worden sei, die Anmeldung nicht binnen sieben Tagen ab Beschäftigungsbeginn vorgenommen zu haben, sei der erstinstanzliche Spruch zu beheben und das Verfahren zur Einstellung zu bringen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts geltend machende Amtsbeschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Der Mitbeteiligte hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 111a ASVG haben die Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben, die entgegen § 33 Abs. 1 nicht vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung angemeldet wurden, in den Verwaltungsstrafverfahren nach § 111 Parteistellung und sind berechtigt, gegen Entscheidungen Rechtsmittel und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Nach den vorgelegten Verwaltungsakten erfolgte die Betretung durch Organe des Finanzamtes Spittal Villach. Diesem Finanzamt kommt daher auch das Recht zu, Amtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Dass in der vom Vorstand des Finanzamtes Spittal Villach unterzeichneten Beschwerde angegeben wird, die Beschwerde werde durch das Finanzamt Spittal Villach "für das örtlich zuständige Finanzamt Wien für den 6., 7. und 15. Bezirk" erhoben, verweist lediglich auf die nach dem Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz bestehende Aufgabenzuweisung (vgl. § 3 Abs. 4 AVOG in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 24/2007); daraus lässt sich nicht ableiten, dass das zur Amtsbeschwerde legitimierte Finanzamt Spittal Villach als - gewillkürte - Vertreterin des nicht beschwerdelegitimierten Finanzamtes Wien für den 6., 7. und 15. Bezirk auftrete.
2. Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebende Sach- und Rechtslage entspricht jener, die dem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/08/0231, zu Grunde lag. Aus den in diesem Erkenntnis, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, dargelegten Gründen war auch der hier angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am
Fundstelle(n):
WAAAE-89946