VwGH vom 15.05.2014, Ro 2014/05/0022
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Revision der M GmbH in W, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum, Dr. Peter Karlberger, Dr. Manfred Wiener, Mag. Wilfried Opetnik, Mag. Petra Rindler und Mag. Christoph Henseler, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Nibelungengasse 1, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB - 875758/2013, betreffend einen Bauauftrag (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Die revisionswerbende Partei ist Eigentümerin des auf zwei näher bezeichneten Grundstücken in Wien vor der Fassade des Künstlerhauses aufgestellten Gerüstes.
Mit Schreiben vom beraumte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung (MA) 37, eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle zum Gegenstand "Sachverhaltsdarstellung - Aufnahme der nicht von der MA 46 bewilligten Gerüstteile (Bescheid hinsichtlich Baustellengerüst MA 46/P90/43647/2012)" und "Abtragungsauftrag gemäß § 129/10 der Bauordnung für Wien für die ohne Bewilligung errichteten Gerüstteile" an.
In der sodann am (u.a.) in Anwesenheit eines Vertreters der revisionswerbenden Partei und der Grundstückseigentümerin sowie eines Vertreters der MA 19 (Magistratsabteilung für Architektur und Stadtgestaltung) durchgeführten Verhandlung hielt der Verhandlungsleiter u.a. fest, dass das tatsächliche Gerüst nur teilweise dem durch die MA 46 bewilligten Baugerüst entspreche und die Gerüstteile an den Seitenfronten aus Sicht der Straße Gegenstand der vorschriftswidrigen Baulichkeiten seien, nämlich links ca. 15 m breit und ca. 14 m tief sowie rechts ca. 5 m breit und ca. 20 m tief. Weiters hielt der Verhandlungsleiter fest, dass die hiefür gemäß § 60 Abs. 1 lit. b der Bauordnung für Wien (BO) erforderliche baubehördliche Bewilligung nicht erwirkt worden sei und auch keine Bewilligungsfreiheit im Sinn des § 62a Abs. 1 Z 27 BO für die im Nahbereich von Grundstücksgrenzen errichteten, eine Höhe von 3,50 m überschreitenden Werbeflächen gegeben sei, weil die Werbeanlage an einem Gebäude montiert sei und die mit 3 m2 umschriebene Rechtecksfläche überschreite. Die gegenständliche Liegenschaft befinde sich in einer Schutzzone. Der Vertreter der MA 19 gab in der Verhandlung die Stellungnahme ab, dass die seitlichen Flügel dem § 85 BO widersprächen.
Mit Bescheid vom erteilte der Magistrat (MA 37) der revisionswerbenden Partei als Eigentümerin der baulichen Anlage (Gerüstteile) gemäß § 129 Abs. 10 BO den Auftrag, die auf den beiden genannten Grundstücken befindlichen Gerüstteile binnen vier Wochen nach Rechtskraft des Bescheides abzubauen.
Dazu führte der Magistrat aus, den Ergebnissen der am abgehaltenen Ortsaugenscheinverhandlung zufolge entspreche das Gerüst an den Fronten des Künstlerhauses nicht dem durch die MA 46 bewilligten Baugerüst, die Gerüstteile an den Seitenfronten links und rechts des Künstlerhauses (aus Sicht der Straße) dienten als Werbeanlage. Die hiefür gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO erforderliche baubehördliche Bewilligung sei nicht erwirkt worden. Auch seien keine Tatbestände, die im Sinne des § 62a leg. cit. die Gerüstteile als bewilligungsfrei klassifizieren könnten, erfüllt. Da die gegenständlichen Gerüstteile keine Merkmale einer Baustelleneinrichtung für die Dauer der Bauausführung aufwiesen, sei keine Bewilligungsfreiheit im Sinne des § 62a Abs. 1 Z 6 leg. cit. gegeben.
Nach Hinweis auf § 60 Abs. 1 lit. b leg. cit. führte der Magistrat weiter aus, dass zu den Bauvorschriften auch jene hinsichtlich des örtlichen Stadtbildes (§ 85 leg. cit.) gehörten und diesbezüglich die Stellungnahme bzw. ein Gutachten eines Amtssachverständigen der MA 19 eingeholt worden sei. Dieses im Bescheid als Beilage 1 bezeichnete Amtssachverständigengutachten wurde der revisionswerbenden Partei, wie aus der in weiterer Folge von ihr erhobenen Berufung hervorgeht, zur Kenntnis gebracht.
Darin führte der Amtssachverständige nach Beschreibung des Künstlerhauses und des örtlichen Stadtbildes im Bereich des Karlsplatzes in Bezug auf die Eingerüstung des Künstlerhauses zum beantragten Zweck der Fassadensanierung u.a. aus, die Situierung und Ausbildung des Fassadengerüstes sei derart durchgeführt worden, dass es für eine Bautätigkeit nicht geeignet sei. Im gesamten Bereich des Gerüstes fehlten die für eine Zugänglichkeit der Fassaden notwendigen Belagtafeln, und es sei der Abstand des Gerüstes zur Fassade entweder zu groß oder aber wesentlich zu gering. Eine Nutzung des Gerüstes zu Bauzwecken habe infolgedessen offensichtlich auch nie stattgefunden, was sich daran zeige, dass die eingerüsteten Fassaden keine unterschiedliche Färbelung zu den nicht eingerüsteten Fassadenfronten an der B. Straße aufwiesen. Nach wie vor seien Putz- und Farbabplatzungen vorhanden, während Materiallagerungen oder Baucontainer, die auf eine Bautätigkeit hätten schließen lassen können, nicht vorhanden seien. Die Eingerüstung zeige großflächige und wechselnde Werbesujets, wobei der Anteil der Werbung differiere und teilweise annähernd bis zu 100% betragen könne. Derzeit sei auf den seitlichen Fronten eine Reproduktion der dahinter befindlichen Fassade dargestellt. Die Fassaden zum Karlsplatz seien jedoch vollständig mit Werbung verhängt. Der Anteil der Werbung wechsle offenbar in Abhängigkeit von der kommerziellen Auslastung, und es seien auch die Seitenfronten fast vollständig beworben. Neben diesen fassadenfüllenden Werbesujets würden bei Bedarf noch weitere Werbetafeln bzw. Werbeplanen mit unterschiedlichen Formaten jeweils im unteren Bereich an sämtlichen Gerüstfronten angebracht. Aus all dem folge, dass, weil Sanierungsmaßnahmen bisher weder erkennbar noch mittels des Gerüstes technisch durchführbar seien, die Eingerüstung ausschließlich Werbezwecken diene. Die Eingerüstung in Verbindung mit den Werbesujets decke die dahinter befindlichen Fassaden vollständig ab. Des Weiteren stünden die Gerüste an den Fronten zur Handelsakademie und Richtung M. Saal teilweise bis zu 15 m vor den Fassaden, wodurch die äußere Formgebung des Gebäudes nicht mehr erkennbar sei. Daher sei die Eingerüstung des für das Ensemble Innere Stadt wichtigen Bauwerks als Störung und Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes im Sinne des § 85 BO zu bewerten.
Die von der revisionswerbenden Partei gegen den Bescheid des Magistrates vom erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr in Revision gezogenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien (im Folgenden: Bauoberbehörde) vom als unbegründet abgewiesen.
Dazu führte die Bauoberbehörde nach Hinweis auf § 60 Abs. 1 lit. b, § 62a Abs. 1 Z 6, § 85 Abs. 1 bis 4 und § 129 Abs. 10 BO aus, in der Berufung sei nicht in Abrede gestellt worden, dass das entlang der Fassade des Künstlerhauses aufgestellte Gerüst ohne baubehördliche Bewilligung aufgestellt worden sei und als Träger großflächiger Plakatwerbung diene. Wenngleich es sich bei dem vorliegenden Bauwerk dem Anschein nach um ein Baugerüst handle, habe das Gerüst bisher keinen Bauführungen (an der Fassade des Künstlerhauses) gedient und könne die revisionswerbende Partei darüber hinaus nicht angeben, wann mit derartigen Bauführungen begonnen werden solle. Im Gegenteil erscheine nach den Berufungsangaben der Baubeginn noch von weiteren Faktoren abhängig zu sein, deren zeitlicher Eintritt gegenwärtig ungewiss sei. Zudem könne dem Ortsbildgutachten entnommen werden, dass das bestehende Gerüst mangels Belagtafeln und im Hinblick auf den teilweise zu großen und teilweise zu kleinen Abstand zur Fassade des Künstlerhauses für eine Bautätigkeit gar nicht geeignet sei. Ein vor diesem Hintergrund hergestelltes Gerüst könne daher nicht als Baustelleneinrichtung für die Dauer der Bauausführung im Sinne des § 62a Abs. 1 Z 6 BO angesehen werden, sodass die Erstbehörde zutreffend das Gerüst als bewilligungspflichtiges Bauwerk gemäß § 60 Abs. 1 lit. b leg. cit. qualifiziert habe, zumal zu dessen Herstellung bereits auf Grund der Größe Anforderungen an die Standsicherheit zu stellen seien, die ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse verlangten, und das Bauwerk jedenfalls geeignet sei, öffentliche Interessen (Gefährdung von Personen) zu berühren. Entgegen der Berufung sei es im Hinblick auf die Bewilligungspflicht nach § 60 Abs. 1 lit. b leg. cit. ausreichend, wenn der Bau bereits durch den Druck seines Eigengewichts kraftschlüssig mit dem Boden verbunden sei, was hier jedenfalls vorliege. Das Gerüst hätte somit vor seiner Herstellung der Erwirkung einer rechtskräftigen Baubewilligung bedurft, und das Fehlen der baubehördlichen Bewilligung führe dazu, dass es im Sinne des § 129 Abs. 10 leg. cit. vorschriftswidrig sei.
Abgesehen davon, dass es sich bei dem Gerüst um keine Baustelleneinrichtung nach § 62a Abs. 1 Z 6 leg. cit. handle, diene es unbestritten als Werbeträger für großflächige Plakatwerbung, wie den im Akt einliegenden Fotos entnommen werden könne. Wie aus dem Ortsbildgutachten nachvollziehbar hervorgehe, beeinträchtige das Gerüst in Verbindung mit den Werbeplakaten im Sinne des § 85 leg. cit. das örtliche Stadtbild. Nicht nur dem Künstlerhaus selbst, sondern dem gesamten Umfeld komme eine wesentliche kulturhistorische Bedeutung zu, was sich auch in der durch den Verordnungsgeber vorgenommenen Festsetzung der Schutzzone widerspiegle. Vor diesem Hintergrund seien die Darlegungen des Amtssachverständigen, wonach das Werbegerüst das örtliche Stadtbild störe, schlüssig und nachvollziehbar. Das Gerüst sei auch nicht als Werbeanlage nach § 62a Abs. 1 Z 27 leg. cit. bewilligungsfrei, weil diese Bestimmung nur Werbeanlagen bestimmter Größe außerhalb von Schutzzonen bewilligungsfrei stelle. Der Beseitigungsauftrag sei daher zu Recht an die revisionswerbende Partei ergangen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Das Verwaltungsgericht Wien legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erklärte, auf die Erstattung einer Gegenschrift zu verzichten.
II.
Vorauszuschicken ist, dass für die Behandlung der vorliegenden Revision gemäß § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß gelten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 129 Abs. 10 BO idF LGBl. Nr. 64/2012 lautet:
"§ 129. (...)
(10) Jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften ist zu beheben. Ein vorschriftswidriges Bauwerk, für das eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6) erstattet wurde, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Bauwerkes zu richten; (...)"
Vorschriftswidrig im Sinne des § 129 Abs. 10 leg. cit. ist ein Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung ein baubehördlicher Konsens erforderlich war und weiterhin erforderlich ist, für den jedoch ein solcher Konsens nicht vorliegt. Bei Abweichungen von den Bauvorschriften können nach dieser Gesetzesbestimmung Bauaufträge sowohl für bewilligungspflichtige, anzeigepflichtige als auch bewilligungsfreie Bauvorhaben erteilt werden. Der Grund für die Abweichung von der Bewilligung ist unerheblich (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0137, mwN).
§ 60 Abs. 1 lit. b und § 62a Abs. 1 Z 6 BO idF LGBl. Nr. 64/2012 haben folgenden Wortlaut:
"Ansuchen um Baubewilligung
§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:
(...);
b) Die Errichtung aller sonstigen Bauwerke über und unter der Erde, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine kraftschlüssige Verbindung gebracht werden und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet sind, öffentliche Rücksichten zu berühren. Öffentliche Rücksichten werden jedenfalls berührt, wenn Einfriedungen gegen öffentliche Verkehrsflächen, Friedhöfe und Grundflächen für öffentliche Zwecke errichtet werden.
(...)"
"Bewilligungsfreie Bauvorhaben
§ 62a (1) Bei folgenden Bauführungen ist weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige erforderlich:
(...);
6. Baustelleneinrichtungen für die Dauer der Bauausführung;
(...)"
Die Revision bringt vor, dass das gegenständliche Gerüst als Schutzgerüst und Baustelleneinrichtung zu qualifizieren und somit gemäß § 62a Abs. 1 Z 6 BO nicht bewilligungspflichtig sei. Die Absicherung der desolaten Fassade während der Planungs- und Vorbereitungsphase sei als Teil der Bauausführung zu betrachten. Auch handle es sich bei den Gerüstteilen um keine Bauwerke im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. b leg. cit., weil der Aufbau eines Schutzgerüstes kein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erfordere, sondern lediglich Normberechnungen anzustellen seien, die den Maßstab der "Wesentlichkeit" der bautechnischen Kenntnisse nicht erfüllten. Die Größe des Schutzgerüstes allein könne nicht begründen, dass ein derartiges wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse für den Aufbau des Gerüstes erforderlich sei, das von wenigen Arbeitern binnen relativ kurzer Zeit ohne Zuhilfenahme von schwerem Arbeitsgerät auf- und abgebaut werden könne. Die einzelnen Gerüstelemente (Rohre) würden dabei mittels einfacher Steckverbindungen zusammengesetzt und auseinandergenommen, sodass eine Bautätigkeit im eigentlichen Sinn nicht stattfinde. Wenn die Bauoberbehörde ausgeführt habe, dass es ausreiche, wenn das Bauwerk durch den Druck seines Eigengewichts kraftschlüssig mit dem Boden verbunden sei, so fehlten Feststellungen betreffend das Eigengewicht der gegenständlichen Gerüstteile. Diese seien nicht kraftschlüssig mit dem Boden verbunden. Auch würden keine öffentlichen Interessen beeinträchtigt, weil das Schutzgerüst die Gefahrenzone rund um die sanierungsbedürftige Fassade des Künstlerhauses sichere und somit die Interessen von Passanten und anderen Personen schütze. Schließlich liege auch keine Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes im Sinne des § 85 BO vor, weil die bedruckte Oberfläche des auf dem Gerüst angebrachten Staubschutzes durch eine aufwändige fotografische Reproduktion der historischen Fassade des Künstlerhauses nachempfunden sei. Das optische Erscheinungsbild des Schutzgerüstes füge sich somit soweit als möglich in das bauliche Ensemble am Karlsplatz ein. Lediglich die jeweiligen Werbebotschaften würden sich von dem die Fassade spiegelnden Hintergrund abheben, wobei jedoch auch diesbezüglich mit größter Bedachtnahme auf den künstlerischen Anspruch des Gebäudes vorgegangen worden sei. Es kämen in der Regel nur Werbesujets von entsprechendem künstlerischen Niveau zum Einsatz, die im Übrigen oft auf den Ausstellungsbetrieb des Künstlerhauses Bezug nähmen. Seit mehreren Jahren werde das örtliche Stadtbild am Karlsplatz auch durch Bau- und Sanierungstätigkeiten mitbestimmt, wobei eine Reihe historisch bedeutender Objekte sanierungsbedürftig sei. Auf Grund der zahlreichen Baustellen am Karlsplatz würden diese von der Bevölkerung derzeit, wenn auch bloß vorübergehend, als dem örtlichen Stadtbild zugehörig wahrgenommen. Ein temporäres Schutzgerüst um das Künstlerhaus könne daher nicht als Beeinträchtigung der einheitlichen Gestaltung des örtlichen Stadtbildes bewertet werden. Da somit keine der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 lit. b bzw. lit. c BO vorliege, falle das Schutzgerüst nicht unter diese Bestimmung. Dieses sei vielmehr gemäß § 62a Abs. 1 Z 6 leg. cit. bewilligungsfrei.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Die Revision stellt nicht in Abrede, dass - wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt - die Situierung und Ausbildung des (bereits im Jahr 2006 von der MA 46 zum Zweck der Fassadensanierung bewilligten) Gerüstes nicht für eine Fassadensanierung geeignet ist, weil im gesamten Bereich des Gerüstes die für eine Zugänglichkeit der Fassaden notwendigen Belagtafeln fehlen, zudem der Abstand des Gerüstes zur Fassade entweder zu groß oder jedoch wesentlich zu gering ist, sodass infolgedessen eine Nutzung des Gerüstes zu Bauzwecken bisher nicht stattgefunden hat, und das Gerüst bisher keinen Bauführungen an der Fassade des Künstlerhauses gedient hat. Ferner bestreitet die Revision auch nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass die revisionswerbende Partei nicht angeben konnte, wann mit derartigen Bauführungen begonnen werden solle, sodass der Baubeginn ungewiss ist.
Auf dem Boden dieser insoweit unbestrittenen Sachverhaltsannahmen der Bauoberbehörde begegnet deren Beurteilung, dass der Tatbestand des § 62a Abs. 1 Z 6 BO (bewilligungsfreies Bauvorhaben) nicht erfüllt ist, keinen Bedenken, sind doch Baustelleneinrichtungen, wie sich aus dieser Gesetzesbestimmung ergibt, nur für die Dauer der Bauausführung nicht bewilligungspflichtig. Baustelleneinrichtungen dürfen somit nur unmittelbar vor Baubeginn (und während der Bauausführung) errichtet werden, sofern außerdem eine allenfalls erforderliche Baubewilligung für jenes Bauvorhaben rechtskräftig erteilt worden ist, welchem die Baustelleneinrichtung dienen soll (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das zur vergleichbaren Bestimmung des § 41 Abs. 4 lit. d der O.ö. Bauordnung 1976 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/05/0153).
Nach den in der mündlichen Verhandlung am getroffenen Feststellungen, auf die in dem mit dem angefochtenen Bescheid gebilligten erstinstanzlichen Bescheid hingewiesen wurde, weisen die Gerüstteile an den Seitenfronten des Künstlerhauses links und rechts (aus Sicht der Straße) Breiten von ca. 15 m bzw. ca. 5 m und Tiefen von ca. 14 m bzw. ca. 20 m auf, wobei eine Höhe von 3,50 m überschritten wird. Diese Feststellungen stehen zu den im genannten Ortsbildgutachten ersichtlichen wie auch zu den mit der Berufung vorgelegten Lichtbildern in keinem Widerspruch.
Nach der hg. Judikatur ist für die Frage, ob für ein Bauwerk gemäß § 60 Abs. 1 lit. b leg. cit. eine Baubewilligung zu erwirken ist, maßgebend, ob bei ordnungsgemäßer Ausführung des Bauwerkes in seiner Gesamtheit objektiv ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse, wozu auch solche auf dem Gebiet der Statik gehören, erforderlich bzw. eine kraftschlüssige Verbindung mit dem Boden gegeben ist. Auf ein gewisses handwerkliches Geschick, das letztlich jeder Bastler braucht, kommt es jedoch nicht an. Bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können, erfordern stets gewisse bautechnische Kenntnisse. Kraftschlüssig ist ein Bau auch bereits durch den Druck seines (Eigen )Gewichts mit dem Boden verbunden, und es kommt in Bezug auf die Bewilligungspflicht nur darauf an, ob öffentliche Rücksichten berührt werden können (vgl. dazu etwa die in Moritz , Bauordnung für Wien4, zu § 60 Abs. 1 lit. b auf S. 154/155 zitierte Rechtsprechung).
Im Hinblick auf die oben genannte Größe des Gerüstes, das von Menschen betreten werden kann, bestehen keine Zweifel daran, dass dessen Aufstellung im Sinne der zitierten hg. Judikatur gewisse bautechnische Kenntnisse erfordert und es auch kraftschlüssig mit dem Boden verbunden ist. Dass es im Übrigen auf Grund seiner Ausgestaltung geeignet ist, öffentliche Rücksichten im Sinne dieser Gesetzesbestimmung zu berühren, ergibt sich bereits auch bei Zugrundelegung des unbedenklichen Ortsbildgutachtens, dessen Ausführungen die revisionswerbende Partei im Berufungsverfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene (so etwa durch Vorlage eines Privatgutachtens) entgegengetreten ist.
Die Ausführungen der Bauoberbehörde, dass für das gegenständliche Gerüst eine gemäß § 60 Abs. 1 lit. b BO erforderliche Baubewilligung nicht vorliegt, wurde in der Revision nicht konkret bestritten, und es ergeben sich auch aus den Verwaltungsakten keine gegenteiligen Anhaltspunkte zu diesen Ausführungen. Wie oben (I.) dargestellt, wurden von der MA 46 unter der genannten Zahl Bewilligungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960 und dem Wiener Gebrauchsabgabengesetz, nicht jedoch gemäß § 60 Abs. 1 BO erteilt.
Damit ist die Auffassung der Baubehörde, dass auf Grund des Fehlens einer solchen baubehördlichen Bewilligung das Gerüst als vorschriftswidrig im Sinne des § 129 Abs. 10 leg. cit. zu beurteilen ist, nicht zu beanstanden, sodass die Erlassung des vorliegenden Bauauftrages mit dem Gesetz in Einklang steht.
Die Revision erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG und § 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 iVm der Verordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am