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VwGH 21.12.2010, 2007/05/0157

VwGH 21.12.2010, 2007/05/0157

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §13 Abs8;
AVG §66 Abs4;
BauO Wr §136 Abs1;
BauO Wr §69;
RS 1
Die Bauoberbehörde kann als Berufungsbehörde iSd § 136 Wr BauO im Rahmen des § 66 Abs. 4 AVG den Bescheid in jede Richtung hin abändern. Modifikationen eines Projektes sind dabei auch im Berufungsverfahren zulässig, solange das Projekt dadurch kein anderes wird (vgl. auch § 13 Abs. 8 AVG). Insbesondere sind Reduzierungen des Projektes zulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/05/0026, und vom , Zl. 92/05/0044). (Hier: Die im Zuge des Berufungsverfahrens vorgenommenen Änderungen - insbesondere wurde der hofseitige Aufzugsschacht insoweit abgeändert, dass dieser die innere Baufluchtlinie statt um 2,06 m nur mehr um 1,50 m überschreitet; die ursprünglich geplanten hofseitigen Balkone im 1. und 2. Stock im Bereich des rechten Seitentraktes entfielen zur Gänze; die im Erdgeschoß des rechten Seitentraktes befindliche Hausmeisterwohnung sollte nicht mehr abgebrochen, sondern in einen Abstellraum umgewidmet werden; es wurden statt der beiden geplanten Terrassen auf den Dächern des rechten und linken Seitentraktes begrünte Flachdächer vorgesehen; Verringerung der Kfz-Stellplätze von zwölf auf zehn - überschreiten den angeführten Rahmen nicht, weshalb die Berufungsbehörde den Umfang der Sache, über die sie gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 69 Wr BauO entscheiden durfte, nicht überschritten hat.)
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2005/05/0088 E RS 1 (hier: nur die ersten zwei Sätze)
Normen
AVG §13 Abs8;
AVG §66 Abs4;
BauRallg;
RS 2
Ein in den Bauplänen dargestelltes konkretes Projekt ist dann nicht als ein anderes (aliud) zu bewerten, wenn im Zug des Berufungsverfahrens Modifikationen im Sinn einer Einschränkung (Reduktion) des Antrages erfolgen, welche dem Zwecke dienen, das Projekt (zur Gänze) den gesetzlich festgelegten Bewilligungsvoraussetzungen anzupassen (Hinweis E vom , 92/05/0044).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2007/05/0025 E RS 3
Normen
AVG §13 Abs8;
AVG §66 Abs4;
BauRallg;
RS 3
Auch aus § 13 Abs. 8 AVG idF BGBl. I Nr. 158/1998, wonach der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden kann, wenn durch die Antragsänderung die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden, ergibt sich die Berechtigung des Antragstellers, das Projekt - solange es dadurch kein anderes wird - auch ohne behördliche Aufforderung zu ändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/05/0154).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2007/05/0025 E RS 4
Normen
AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1;
BauRallg;
RS 4
Auf die Einhaltung der Vorschriften über das Erfordernis des Zuganges oder der Zufahrt zur neuen Baulichkeit besteht grundsätzlich kein Nachbarrecht (siehe Moritz, Bauordnung für Wien, 3. Auflage, 374).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2005/05/0365 E RS 1
Normen
AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1;
BauRallg;
RS 5
Der Nachbar kann keine über die in § 134a Wr BauO festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte hinausgehenden Rechte geltend machen. Mit anderen Worten, der Nachbar kann nur auf die Einhaltung der Rechte nach § 134a Wr BauO dringen, nicht aber darauf, dass aus anderen Gründen ein diese Rechte nicht verletzender Bau überhaupt nicht oder nur anders als geplant ausgeführt werden dürfte bzw. müsste.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2005/05/0365 E RS 2
Normen
AVG §42;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §134a Abs1;
BauRallg;
RS 6
Es kommt für die Erlangung der Parteistellung im Baubewilligungsverfahren seitens eines Eigentümers (Miteigentümers) einer benachbarten Liegenschaft lediglich darauf an, ob dieser ihre subjektiv-öffentlichen Rechte betreffenden Einwendungen rechtzeitig erhoben hat; die für die Erhebung oder Nichterhebung maßgeblichen Einschätzungen bzw. Motive eines Eigentümers (Miteigentümers) einer benachbarten Liegenschaft, etwa auch betreffend die Rechtslage, sind dabei rechtlich nicht erheblich (Hinweis E vom , 84/06/0143, 0144).
Normen
BauO Wr §134a Abs1;
BauO Wr §62a Abs1 Z15;
BauRallg;
RS 7
Hinsichtlich der Art der Entsorgung der Abwässer hat der Nachbar kein subjektives Recht iSd § 134a Abs. 1 Wr BauO. Nach § 62a Abs. 1 Z. 15 Wr BauO ist bei Bauführungen, die Hauskanäle, Senkgruben und Hauskläranlagen betreffen, weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige erforderlich, weshalb nicht einmal Raum für ein Verwaltungsverfahren besteht, in welchem der Nachbar subjektivöffentliche Rechte geltend machen könnte.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde des Dr. W S in X, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Kohlmarkt 5/3, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-503/06, betreffend Einwendungen gegen ein Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: F B in X, vertreten durch Prof. Dr. Herbert Schachter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rathausplatz 8/5), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.302,10 sowie der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom (eingelangt bei der Baubehörde erster Instanz am ) beantragte die mitbeteiligte Partei die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Kleinhauses mit zwei PKW-Abstellplätzen auf der Liegenschaft in Wien 19., H-gasse 22 bis 24, EZ 674 der KG Q, sowie einer Zufahrt zu den Stellplätzen auf der Liegenschaft EZ 1483 derselben Katastralgemeinde.

Der Beschwerdeführer ist unstrittig Wohnungseigentümer zu B-LNR. 5 der EZ 1483, KG Q, Grundstück Nr. 333/6. Dieses Wohngebäude mit der Anschrift H-gasse 22 - 24 liegt unmittelbar an der Verkehrsfläche H-gasse, das Baugrundstück dahinter.

Bei der mündlichen Verhandlung am sprach sich der Beschwerdeführer gegen die Errichtung der Stellplätze und deren Zufahrt aus.

Mit Bescheid vom erteilte der Magistrat der Stadt Wien als Baubehörde erster Instanz der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung mit folgendem Spruch:

"Nach Maßgabe der mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Pläne und Beschreibungen, die einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden, wird gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO) unter Bezugnahme auf die mit Bescheid vom ... bekannt gegebenen Bebauungsbestimmungen deren weitere Gültigkeit zuletzt am ... bestätigt wurde, die Bewilligung erteilt, auf der im Betreff genannten Liegenschaft die nachstehend beschriebene Bauführung vorzunehmen:

In der Tiefe der Liegenschaft wird ein unterkellertes Einfamilienhaus in Massivbauweise errichtet. Im Seitenabstand (zu EZ 1280) werden 2 PKW-Abstellplätze hergestellt, wobei die Zufahrt (und der Zugang) über EZ 1483, H-gasse 22-24 erfolgt. Die Abwässer werden in den öffentlichen Kanal in der H-gasse eingeleitet.

Die Bauführung wird in öffentlich-rechtlicher Beziehung für zulässig erklärt."

Die Erteilung der Baubewilligung wurde an eine Reihe von Vorschreibungen geknüpft. Punkte 12 und 13 dieser Vorschreibung lauten:

"12.) Die gemäß Kaufvertrag vom bestehende Dienstbarkeit zur Duldung des Geh- und Fahrweges, das Recht der Wasserzuleitung, der Kanalführung, der Zuleitung von Gas- und elektrischem Strom ist längstens bis zur Erstattung der Fertigstellungsanzeige im Grundbuch ob der Liegenschaft EZ 1483, der Kat.-Gemeinde Q ersichtlich zu machen.

13.) Nach Fertigstellung der Bauarbeiten ist gemäß § 128 Abs. 1 BO bei der Behörde von dem/der Bauwerber/in, von dem/r Eigentümer/in (einem/r Miteigentümer/in) der Baulichkeit oder von dem/r Grundeigentümer/in (einem/r Grundmiteigentümer/in) eine Fertigstellungsanzeige zu erstatten, der folgende Unterlagen anzuschließen sind:

-

eine Bestätigung eines/r Ziviltechnikers/in über die bewilligungsgemäße und den Bauvorschriften entsprechende Bauausführung sowie darüber, dass die vorgelegten Unterlagen vollständig sind

-

eine Erklärung der/des Bauführerin/s über die bewilligungsgemäße und den Bauvorschriften entsprechende Bauausführung;

-

Wenn während der Bauausführung Abänderungen erfolgt sind, ungeachtet der hierfür erwirkten Bewilligung oder Kenntnisnahme, ein der Ausführung entsprechender Plan, der von einem/r hierzu Berechtigten verfasst und von ihm/ihr sowie vom/von der Bauführer/in unterfertigt sein muss;

-

Die vom/von der Prüfingenier/in aufgenommenen Überprüfungsbefunde samt den den Überprüfungen zugrunde gelegenen Konstruktionsplänen, sofern sie nicht bereits vorgelegt wurden;

-

Positive Gutachten über Rauch- und Abgasfänge;

-

Ein positives Gutachten über den Kanal / die Senkgrube sowie ein Ausführungsplan über diese Anlagen der von einem/r hierzu Berechtigten verfasst und von ihm/ihr sowie vom/von der Bauführer/in unterfertigt sein muss;"

In seiner dagegen erhobenen Berufung vom sprach sich der Beschwerdeführer wiederum gegen die Errichtung der beiden Stellplätze und gegen die Zufahrt aus. Im Grundbuch sei hinsichtlich der Grundstücknummer 333/6 keine Servitut zugunsten der Grundstücke Nr. 333/2 und 333/5 des Bauwerbers einverleibt. Durch das Herstellen von zwei Stellplätzen mit Zufahrt über die Liegenschaft H-gasse 22 bis 24 entstünde eine unzulässige Immission für die Nachbarn des Grundstücks Nr. 333/6. Infolge des zu erwartenden regelmäßigen Zufahrens von PKW zu dem zu errichtenden Gebäude und der damit verbundenen Abgase entstünde eine gesundheitliche Beeinträchtigung der Eigentümer des Grundstücks Nr. 333/6. Auch sei die derzeit auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers errichtete Einfahrtsmöglichkeit in die Garage für eine ungehinderte und ungefährdete Zufahrtsmöglichkeit zum Grundstück der mitbeteiligten Partei nicht geeignet, zudem würde den Beschwerdeführer die Wegehalterhaftung treffen. Ferner sei nicht einzusehen, dass der Anschluss an das öffentliche Kanalnetz über die Liegenschaft des Beschwerdeführers erfolgen solle, diesbezügliche Leitungsrechte bestünden aber nicht.

Im Berufungsverfahren änderte der mitbeteiligte Bauwerber seinen Antrag dahingehend ab, dass der Antrag auf Genehmigung der projektierten Stellplätze im Hinblick auf die Berufung des Beschwerdeführers zurückgezogen wurde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass sich dieser auf den zum Bestandteil des Berufungsbescheides erklärten Plan bezieht und der zweite Absatz des Spruches lautet wie folgt:

"In der Tiefe der Liegenschaft wird ein unterkellertes Einfamilienhaus in Massivbauweise errichtet. Die Abwässer werden in den öffentlichen Kanal in der H-gasse eingeleitet."

Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Für den gegenständlichen Bauplatz in der EZ 674 der KG Q seien nach der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vom , deren weitere Gültigkeit zuletzt am bestätigt worden sei, die Widmung Bauland-Wohngebiet, Bauklasse I (eins) und die offene Bauweise festgesetzt. In dem durch Fluchtlinien ausgewiesenen bebaubaren Bereich des Bauplatzes solle ein Kleinhaus errichtet werden; nach dem ursprünglichen Antrag seien zudem unmittelbar an der hinteren Grundgrenze zu der im Miteigentum des Beschwerdeführers stehenden Liegenschaft EZ 1483 der KG Q zwei Stellplätze projektiert, wobei die geplante Zufahrt zu den Stellplätzen über die Liegenschaft EZ 1483 der KG Q erfolgen solle. Dem Beschwerdeführer komme dadurch Parteistellung als Grundeigentümer einer vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft zu.

Der mitbeteiligte Bauwerber habe im Berufungsverfahren die besagte Projektsänderung durchgeführt. Diese Projektsänderung sei dem Beschwerdeführer im Wege einer Planausschnittkopie, aus der sämtliche Abänderungen ersichtlich seien, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht worden.

In seinem Schriftsatz vom habe der Beschwerdeführer dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das Grundstück des Bauwerbers an im Eigentum der Stadt Wien stehende Grundstücke (N-straße) angrenze, die Verkehrsfläche in diesem Bereich wäre aber weder als Gehweg noch als Straße vorhanden. Es liege auch kein Ausbaubeschluss für dieses öffentliche Grundstück vor. Ein positiver Bewilligungsbescheid könnte für einen Baugrund ohne Zugang zum öffentlichen Gut nicht erlassen werden und wäre daher rechtswidrig. Nach den örtlichen Gegebenheiten ginge das Grundstück des mitbeteiligten Bauwerbers steil bergauf. Die Hgasse liege am Fuß der Steigung und das geplante Bauwerk mehr als 100 m bergauf. Es widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechen, dass die zukünftigen Bewohner des geplanten Bauwerkes diesen Weg mehrmals täglich zu Fuß zurücklegten. Vielmehr sei zu erwarten, dass die Bewohner den Weg mit PKW bergauf befahren und die PKW dann wieder nächst der Grundgrenze zum Grundstück des Beschwerdeführers parkten. Der schon vorgebrachte Einwand, dass die Stellplätze unmittelbar an der Grundgrenze eine erhöhte und erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung der Eigentümer des Grundstückes des Beschwerdeführers verursachten, würde damit begründet und aufrecht bleiben.

Ferner sei im genannten Schriftsatz auch das subjektivöffentliche Recht des Beschwerdeführers auf Einhaltung der Bestimmungen über die Gebäudehöhe geltend gemacht worden. Nach den auf das geplante Bauwerk anzuwendenden Bebauungsbestimmungen bestünden Bebauungsbeschränkungen bezüglich der Gebäudehöhe auf maximal 4,50 m sowie dahingehend, dass die Firsthöhe die tatsächlich erreichte Gebäudehöhe um maximal 4,50 m überragen dürfte. In den vom mitbeteiligten Bauwerber eingereichten Plänen bliebe § 81 Abs. 4 letzter Satz BO unberücksichtigt, wodurch der iSd § 81 Abs. 4 erster Satz BO zu bildende Umriss vom geplanten Bauvorhaben überschritten würde.

Dazu sei festzuhalten, dass nunmehr auf Grund der Projektsänderung Grundflächen, die im Miteigentum des Beschwerdeführers stünden, vom Bauvorhaben nicht mehr in Anspruch genommen würden, und daher seine Zustimmung zum Bauvorhaben als Liegenschaftsmiteigentümer einer von der Bauführung betroffenen Liegenschaft nicht mehr erforderlich sei. Stellplätze für Kraftfahrzeuge seien auf dem bezughabenden Bauplatz nunmehr im Einreichplan nicht mehr ausgewiesen, desgleichen auch keine Zufahrt von der H-gasse. Das diesbezüglich vom Beschwerdeführer aufrecht erhaltene Vorbringen stelle sich auf Grund dieses geänderten Sachverhalts als irrelevant dar.

Der Einwand bezüglich der Zufahrt zum Bauvorhaben und des mangelnden Anschlusses des Bauplatzes an das öffentliche Gut betreffe nicht die in § 134a Abs. 1 BO abschließend aufgezählten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte und sei daher als unzulässig zurückzuweisen.

Zum Vorbringen bezüglich der Gebäudehöhe und damit zusammenhängend der Ausgestaltung des Dachumrisses sei auszuführen, dass der Einwand betreffend die Gebäudehöhe vom Beschwerdeführer erstmals im Lauf des Berufungsverfahrens erhoben worden sei. Aus diesem Grund habe er gemäß § 134 Abs. 3 zweiter Satz  BO diesbezüglich keine Parteistellung erlangt, weshalb sich auch dieses Vorbringen als unzulässig darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom , B 1099/07-3, an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Der Beschwerdeführer begehrte vor dem Verwaltungsgerichthof, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, und beantragte ferner die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die durch einen Rechtsanwalt vertretene mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit diesem Begehren.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 134 Abs. 3 BO sind im Baubewilligungsverfahren außer dem Antragsteller die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaft Parteien. Die Eigentümer (Miteigentümer) der benachbarten Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre in § 134a BO festgelegten subjektivöffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet § 134 Abs. 4 BO, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen iSd § 134a BO gegen die geplante Bauführung erheben. Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jedenfalls jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben.

Der Beschwerdeführer ist unstrittig Miteigentümer einer benachbarten Liegenschaft iSd § 134 Abs. 3 BO.

Nach § 134a Abs. 1 BO werden subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:


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"a)
Bestimmungen über den Abstand eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;
b)
Bestimmungen über die Gebäudehöhe;
c)
Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;
d)
Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;
e)
Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu Wohnzwecken oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;
f)
Bestimmungen, die den Nachbarn zu Emissionen berechtigen."

§ 81 Abs. 4 BO in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 31/2007 lautet wie folgt:

"(4) Durch das Gebäude darf jener Umriss nicht überschritten werden, der sich daraus ergibt, dass in dem nach Abs. 1 bis 3 für die Bemessung der Gebäudehöhe maßgeblichen oberen Anschluss der Gebäudefront ein Winkel von 45 Grad , im Gartensiedlungsgebiet von 25 Grad , von der Waagrechten gegen das Gebäudeinnere ansteigend, angesetzt wird. Ist im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Höhe oder die Form der Dächer festgesetzt, ist der dieser Festsetzung entsprechende Winkel für die Bildung des Gebäudeumrisses maßgebend."

In seiner Fassung nach der besagten Novelle hat § 81 Abs. 4 BO folgenden Wortlaut:

"(4) Durch das Gebäude darf jener Umriss nicht überschritten werden, der sich daraus ergibt, dass in dem nach Abs. 1 bis 3 für die Bemessung der Gebäudehöhe maßgeblichen oberen Anschluss der Gebäudefront ein Winkel von 45 Grad , im Gartensiedlungsgebiet von 25 Grad , von der Waagrechten gegen das Gebäudeinnere ansteigend, angesetzt wird. Dies gilt auch für den Fall, dass im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Höhe der Dächer festgesetzt ist. Ist im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Neigung der Dächer festgesetzt, ist der dieser Festsetzung entsprechende Winkel für die Bildung des Gebäudeumrisses maßgebend."

Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Im § 134a BO sind die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte taxativ aufgezählt. Die hier genannten Nachbarrechte werden durch die Tatbestandsvoraussetzung "sofern sie ihrem" (gemeint: der Nachbarn) "Schutze dienen" eingeschränkt. Dies bedeutet, dass trotz objektiven Verstoßes gegen eine unter § 134a BO subsumierbare baurechtliche Vorschrift auf die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes eines Nachbarn dann nicht zu erkennen ist, wenn nach der Situierung des bewilligten Bauvorhabens schon der Lage nach in subjektive Rechtes des Nachbarn nicht eingegriffen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0287, mwH).

2. Nach der hg. Rechtsprechung kann die belangte Behörde als Berufungsbehörde iSd § 136 BO im Rahmen des § 66 Abs. 4 AVG den Bescheid nach jeder Richtung abändern. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde (außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall und sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist) immer in der Sache selbst zu entscheiden. Das bedeutet, dass die Berufungsbehörde nur über eine solche Angelegenheit entscheiden darf, die den Gegenstand des unterinstanzlichen Verfahrens gebildet hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner langjährigen Rechtsprechung den Begriff "Sache" im Rahmen eines baubehördlichen Bewilligungsverfahrens nicht derart eng ausgelegt, dass dem Bauwerber jede Projektänderung im Zug des Berufungsverfahrens verwehrt wäre. Modifikationen eines Projekts sind dabei auch im Berufungsverfahren zulässig, solang das Projekt dadurch kein anderes wird. Nach der hg. Rechtsprechung ist die Berufungsbehörde sogar verpflichtet, den Bauwerber zu einer Änderung seines Bauvorhabens aufzufordern, wenn ein Versagungsgrund durch eine Modifikation des Bauansuchens beseitigt werden kann; die Berufungsbehörde darf nur dann das ganze Vorhaben ablehnen, wenn sich der Bauwerber weigert, eine entsprechende Änderung des Projekts vorzunehmen; ein in den Bauplänen dargestelltes konkretes Projekt ist dann nicht als ein anderes (aliud) zu bewerten, wenn im Zug des Berufungsverfahrens Modifikationen im Sinn einer Einschränkung (Reduktion) des Antrages erfolgen, welche dem Zwecke dienen, das Projekt (zur Gänze) den gesetzlich festgelegten Bewilligungsvoraussetzungen anzupassen. Auch aus § 13 Abs. 8 AVG idF BGBl. I Nr. 158/1998, wonach der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden kann, wenn durch die Antragsänderung die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden, ergibt sich die Berechtigung des Antragstellers, das Projekt - im beschriebenen Rahmen - auch ohne behördliche Aufforderung zu ändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0025, mwH).

Auf dem Boden dieser Rechtslage war es nicht rechtswidrig, die in Rede stehende, vom mitbeteiligten Bauwerber im Berufungsverfahren vorgenommene Reduktion seines Antrags als solche Modifikation des ursprünglichen Antrags zu werten, zumal damit im Sinn der Stellungnahme der Magistratsdirektion der Stadt Wien, Geschäftsbereich Recht, Verfassungsdienst und EU-Angelegenheiten, ein für den Mitbeteiligten bestehender Versagungsgrund (vgl. den Aktenvermerk vom über ein mit dem Rechtsvertreter der mitbeteiligten Partei diesbezüglich geführtes Telefonat) beseitigt wurde.

3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers bezüglich des Fehlens einer Zufahrtsmöglichkeit zu dem gegenständlichen Kleinhaus infolge der Projektsänderung ist festzuhalten, dass auf dem Boden des § 134a BO grundsätzlich kein Nachbarrecht auf die Einhaltung der Vorschriften über das Erfordernis des Zugangs oder der Zufahrt zur neuen Baulichkeit besteht. Ein Nachbar kann nur auf die Einhaltung der Rechte nach § 134a BO dringen, nicht aber darauf, dass aus anderen Gründen ein diese Rechte nicht verletzender Bau überhaupt nicht oder nur anders als geplant ausgeführt werden dürfte bzw. müsste (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0365; vgl. Moritz, Bauordnung für Wien,

4. Auflage, 2009, S. 349).

Damit erweisen sich auch die Einwendungen des Beschwerdeführers betreffend die vorliegend erteilte Bauplatzbewilligung, das Nichtbestehen eines Servitutsweges zu Gunsten der mitbeteiligten Partei über die im Miteigentum des Beschwerdeführers stehende Liegenschaft sowie der daran geknüpfte Hinweis auf die Unzuständigkeit der belangten Behörde, vor "rechtsgültiger Entscheidung über das Vorliegen des Servitutsweges" den angefochtenen Bescheid erlassen zu haben, als nicht zielführend.

4. Der Beschwerdeführer räumt ein, dass er erst im Berufungsverfahren Einwendungen gegen die Gebäudehöhe mit Blick auf § 81 Abs. 4 letzter Satz BO vorbrachte. Er meint indes, dass bezüglich dieses im Lichte des § 134 Abs. 3 BO zur Erlangung der Parteistellung in diesem Umfang im vorliegenden Verwaltungsverfahren verspäteten Vorbringens dennoch keine Präklusion eingetreten sei, weil erst durch das nach Erlassung des Erstbescheides ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0315, das die Bedeutung des § 81 Abs. 4 BO abweichend von der bisherigen Verwaltungspraxis präzisiert habe, die Rechtslage dahin geändert worden sei, dass sich nunmehr das vorliegende Bauansuchen als nicht mit dem Gesetz im Einklang stehend erweise.

Dieser Einwand geht schon deshalb fehl, weil eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes auf dem Boden seiner Zuständigkeiten (vgl. Art. 129 ff B-VG) lediglich auf die Auslegung bzw. Handhabung von Rechtsvorschriften, nicht auf deren Änderung gerichtet sein kann. Die vom Beschwerdeführer zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vermochte daher eine im Beschwerdefall maßgebliche Änderung der Gesetzeslage nicht zu bewirken.

Es kommt für die Erlangung der Parteistellung im Baubewilligungsverfahren seitens eines Eigentümers (Miteigentümers) einer benachbarten Liegenschaft lediglich darauf an, ob dieser im Sinn der genannten gesetzlichen Bestimmung ihre subjektiv-öffentlichen Rechte betreffenden Einwendungen rechtzeitig erhoben hat; die für die Erhebung oder Nichterhebung maßgeblichen Einschätzungen bzw. Motive eines Eigentümers (Miteigentümers) einer benachbarten Liegenschaft, etwa auch betreffend die Rechtslage, sind dabei rechtlich nicht erheblich (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 84/06/0143, 0144).

5. Schließlich erweist sich auch der Einwand des Beschwerdeführers als nicht zielführend, er habe seine Genehmigung zur Führung des Kanals von der Liegenschaft des mitbeteiligten Bauwerbers über die Liegenschaft des Beschwerdeführers zum öffentlichen Grund der H-gasse verweigert, weshalb die belangte Behörde über eine allfällige Duldungspflicht des Beschwerdeführers hätte absprechen müssen. Hinsichtlich der Art der Entsorgung der Abwässer hat der Beschwerdeführer kein subjektives Recht iSd § 134a Abs. 1 BO. Nach § 62a Abs. 1 Z. 15 BO ist bei Bauführungen, die Hauskanäle, Senkgruben und Hauskläranlagen betreffen, weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige erforderlich, weshalb nicht einmal Raum für ein Verwaltungsverfahren besteht, in welchem der Beschwerdeführer subjektiv-öffentliche Rechte geltend machen könnte. An der Bewilligungs- bzw. Anzeigefreiheit einer solchen Bauführung vermag der Umstand, dass im angefochtenen Bescheid im Wege der Bestätigung des Erstbescheides (vgl. die Punkte 12 und 13 der Vorschreibungen, die u.a. den Kanal betreffen) auf den Hauskanal Bezug genommen wird, nichts zu ändern. Auf dem Boden des Gesagten konnte der Beschwerdeführer dadurch in keinem subjektivöffentlichen Recht iSd § 134a BO verletzt werden. Diese Vorschreibung richtet sich zudem ausschließlich an die mitbeteiligte Partei, der im Punkt 12 die "Ersichtlichmachung" im Grundbuch aufgetragen wird. Dies belastet den Beschwerdeführer nicht und verpflichtet ihn nicht, dies zu dulden. Zivilrechtliche Ansprüche des Beschwerdeführers bleiben im Übrigen unbeachtet.

6. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Zu der vom Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung am in Ablichtung vorgelegten Bekanntgabe des Vertreters der mitbeteiligten Partei ist festzuhalten, dass diese Eingabe nicht an den Verwaltungsgerichtshof gerichtet wurde und insbesondere die mitbeteiligte Partei bei der Verhandlung weder anwesend noch vertreten war. Dieser Bekanntgabe kommt daher für das verwaltungsgerichtliche Verfahren keine Relevanz zu.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §13 Abs8;
AVG §42;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §134a Abs1;
BauO Wr §136 Abs1;
BauO Wr §62a Abs1 Z15;
BauO Wr §69;
BauO Wr §70;
BauRallg;
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die
Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen
im Berufungsverfahren
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die
Sache Besondere Rechtsprobleme Auswechslung behördlicher Aufträge
und Maßnahmen
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche
Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte
begründen BauRallg5/1/9
Baurecht Nachbar
Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht
Diverses) Berufungsverfahren BauRallg11/2
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche
Rechte BauRallg5/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2010:2007050157.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAE-89911