Suchen Hilfe
VwGH vom 12.09.2012, 2009/08/0125

VwGH vom 12.09.2012, 2009/08/0125

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des E P in G, vertreten durch Dr. Monika Gillhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Herrengasse 6- 8/3/5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMSK-324653/0002- II/A/3/2009, betreffend Pflichtversicherung nach dem BSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern in 1030 Wien, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom sprach die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt aus, dass der Beschwerdeführer vom bis in der Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung der Bauern pflichtversichert gewesen sei. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe durch Vorlage der Pachtverträge vom bzw. die Verpachtung seiner Liegenschaft mit einem Ausmaß von 135,2010 Hektar angezeigt (in der Zeit vom bis an seinen Sohn MP und vom bis an seinen Sohn TP). Der Beschwerdeführer sei aber bis als AMA-Förderungswerber aufgetreten. Die AMA-Förderungen seien bis zum vom Beschwerdeführer beantragt und an ihn ausbezahlt worden. Auch die Einkommensteuererklärungen bzw. Einkommensteuerbescheide der Jahre 1994 bis 2004 wiesen den Beschwerdeführer als Betriebsführer des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes aus. Der Beschwerdeführer sei daher im Außenverhältnis aus der Betriebsführung des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes berechtigt und verpflichtet, sodass die vorgelegten Pachtverträge als Scheinverträge zu qualifizieren seien. Der land(forst)wirtschaftliche Betrieb sei in der Zeit von bis auf Rechnung und Gefahr des Beschwerdeführers geführt worden.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Einspruch. Er sei wegen schwerer Krankheit erwerbsunfähig; eine Bewirtschaftung der Liegenschaft sei ihm faktisch unmöglich, sodass die Land- und Fortwirtschaft in den 20 Jahren bis zur Betriebsübergabe 2005 von vier Pächtern geführt worden sei. Die (weiblichen) Pächter von 1986 bis 1993 würden anders behandelt als die beiden männlichen Pächter von 1993 bis 2005. Der Agrarmarkt Austria seien nur die Eigentumsverhältnisse, nicht aber die Pachtverhältnisse bekannt gewesen, sodass sie Unterlagen und Förderanträge ursprünglich an die Eigentümer, sohin auch an den Beschwerdeführer übermittelt habe. Der Beschwerdeführer sei der Aufforderung nachgekommen, ein Konto für die Überweisung der Fördermittel bekannt zu geben. Aus diesem Grunde seien die Fördermittel an den Beschwerdeführer ausbezahlt worden; die Pächter hätten aber zu jeder Zeit über die Fördermittel verfügen können. Das Finanzamt habe land- und forstwirtschaftliche Pachtverträge an nahe Angehörige zu unüblich niedrigem Pachtschilling nicht anerkannt; es sei daher der Grundstückseigentümer vom Finanzamt zur Steuerpflicht verhalten worden. Dem Beschwerdeführer sei nicht bekannt, wann das Finanzamt diese Praxis geändert habe.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom wurde dem Einspruch des Beschwerdeführers keine Folge gegeben.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die Liegenschaft von Juli 1986 bis Dezember 1986 an seine Ehefrau und von Jänner 1987 bis Dezember 1992 an Frau WB verpachtet. Mit Pachtvertrag vom sei die Liegenschaft von Jänner 1993 bis Juni 2004 an seinen Sohn MP (dieser sei in diesem Zeitraum in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung der Bauern versicherungs- und beitragspflichtig gewesen) und mit Pachtvertrag vom ab Juli 2004 an seinen Sohn TP (dieser sei von bis in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung der Bauern versicherungs- und beitragspflichtig gewesen) verpachtet worden; dieses Pachtverhältnis sei mit gekündigt worden. Mit Notariatsakt vom sei die Liegenschaft mit Übergabszeitpunkt an MP übergeben worden.

Im Anmeldeformular des MP werde am angegeben, dass der Beschwerdeführer bis zum Förderungswerber bei der AMA gewesen sei. Aus den von der Agrarmarkt Austria übermittelten Unterlagen sei zu ersehen, dass die AMA-Förderungen ab 1995 bis vom Beschwerdeführer beantragt und an diesen ausbezahlt worden seien; vor dem stünden der AMA keine Daten zur Verfügung. Die Einkommensteuerbescheide (Einkommensteuererklärungen) der Jahre 1994 bis 2004 wiesen den Beschwerdeführer als Betriebsführer des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes aus; dieser sei vom Finanzamt als Steuerpflichtiger herangezogen und zur Steuerleistungspflicht verhalten worden; vor dem Jahr 1994 seien vom Finanzamt keine Daten mehr gespeichert. Am sei bei der Landwirtschaftskammer mit Wirksamkeitsbeginn ein Bewirtschafterwechsel vom Beschwerdeführer als bisherigem Bewirtschafter auf MP als neuen Bewirtschafter der Liegenschaft angegeben worden.

Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt sei zum Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer Betriebsführer des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes gewesen sei, weil er als Antragsteller für die AMA-Förderungen aufgeschienen sei, die Fördergelder an ihn ausbezahlt worden seien und die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1994 bis 2004 ihn als Betriebsführer ausgewiesen hätten. Der Beschwerdeführer habe in seinen Einkommensteuererklärungen alljährlich als Abzugsposten die für den land(forst)wirtschaftlichen Betrieb vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge angeführt. Aus den Förderrichtlinien der Agrarmarkt Austria gehe eindeutig hervor, dass als Antragsteller nur derjenige in Betracht komme, der einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung und Gefahr bewirtschafte. Auch bei einem Förderansuchen zur Mineralölsteuer sei der Beschwerdeführer als Antragsteller aufgetreten.

Zum Einwand des Beschwerdeführers, dass seine beiden weiblichen Pächter von 1986 bis 1992 sozialversicherungsrechtlich anders behandelt worden seien, sei festzustellen, dass Gegenstand des Einspruchsverfahrens lediglich der Zeitraum bis sei; die Beurteilung der Frage des Vorliegens der Versicherungspflicht nach BSVG könne sich nur auf diesen Zeitraum erstrecken. Zur vom Beschwerdeführer eingewandten Erwerbsunfähigkeit sei anzumerken, dass die persönliche Mitarbeit für die Führung eines Betriebes auf eigene Rechnung und Gefahr nicht erforderlich sei.

Die Einspruchsbehörde gehe daher aufgrund aller vorgelegten Urkunden und Bestätigungen, insbesondere aber der vorliegenden Nachweise, dass der Beschwerdeführer bis als Förderungswerber und Förderungsempfänger bei der Agrarmarkt Austria aufscheine und die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1994 bis 2004 ebenfalls den Beschwerdeführer als Betriebsführer auswiesen, davon aus, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom Jänner 1993 bis Dezember 2005 aus der Betriebsführung des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes im Außenverhältnis berechtigt und verpflichtet gewesen sei.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Begründend führte die belangte Behörde - nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens - im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe mit MP einen Pachtvertrag mit Pachtbeginn am geschlossen; weiter habe er mit TP einen Pachtvertrag mit Pachtbeginn geschlossen. Die Förderungen der Agrarmarkt Austria habe der Beschwerdeführer ab 1995 bis beantragt; sie seien auch an ihn ausbezahlt worden. MP habe der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt mit Meldung vom die Übergabe des gesamten Betriebes ab gemeldet und gleichzeitig angegeben, dass bis der Beschwerdeführer Förderwerber der Agrarmarkt Austria gewesen sei. Am seien der Landwirtschaftskammer und der Agrarmarkt Austria der Bewirtschafterwechsel angezeigt worden. Ab sei MP als Förderwerber der Agrarmarkt Austria eingetragen worden. Im Bescheid des Landeshauptmannes sei zu Recht entschieden worden, dass der Beschwerdeführer während der strittigen Zeit jene Person gewesen sei, die aufgrund der rechtlichen Gegebenheiten das Risiko des Betriebes im Ganzen unmittelbar getroffen habe. Dazu werde auf die Begründung des Bescheides des Landeshauptmannes verwiesen.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringe, der Förderantrag sei gemeinsam erarbeitet und ausgefüllt worden, der Förderantrag des Jahres 2005 sei überdies vom damaligen Pächter unterschrieben worden, müsse dem entgegengehalten werden, dass bis der Beschwerdeführer als Förderwerber genannt worden sei und die Fördergelder an ihn ausbezahlt worden seien.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringe, Zeugen hätten bestätigt, dass die jeweiligen Pächter im eigenen Namen Geschäfte abgeschlossen hätten und somit nach außen als Betriebsführer aufgetreten seien, sei darauf zu verweisen, dass es nicht auf den nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt, sondern auf die wahren rechtlichen Verhältnisse ankomme. Der Abschluss eines Geschäftes durch eine Person lasse für sich genommen nicht erkennen, ob sie das Geschäft in fremdem oder nur im eigenen Namen abgeschlossen hätten. Angesichts der im Bescheid des Landeshauptmannes getroffenen Feststellungen über die Person des Steuerpflichtigen und des Förderungsberechtigten, komme diesen Argumenten des Beschwerdeführers keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu; dies gelte auch für die vorgelegten Kontoauszüge.

Soweit der Beschwerdeführer auf die Umsatzsteuererklärungen des MP verweise, sei dem entgegenzuhalten, dass die mit dem Einspruch vorgelegten Umsatzerklärungen erkennen ließen, dass MP ein Planungsbehörde (Berechnung, Forschung, Simulation) betreibe; die Rechtsstellung als Betriebsführer einer Landwirtschaft sei aus diesen Erklärungen nicht abzuleiten.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringe, TP habe in den Jahren 2004 und 2005 seine Einkünfte aus dem Pachtverhältnis versteuert, sei dem entgegenzuhalten, dass TP erst am , also nach Erhalt des von der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt ergangenen Bescheides über die Pflichtversicherung rückwirkend für die Jahre 2004 und 2005 Einkommensteuererklärungen abgegeben habe. Diese Einkommensteuerbescheide seien daher als nicht beweiskräftig anzusehen; es sei davon auszugehen, dass TP mit diesen Einkommensteuererklärungen den wahren Sachverhalt nachträglich unrichtig habe darstellen wollen.

Für die Zeit vor lägen zwar keine Daten der Agrarmarkt Austria vor, aus den angeforderten steuerlichen Unterlagen ergebe sich jedoch, dass der Beschwerdeführer auch im Jahr 1994 für den genannten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb steuerpflichtig gewesen sei. Für das Jahr 1993 lägen weder Daten der Agrarmarkt Austria noch des Finanzamtes vor; der Beschwerdeführer habe aber im Wesentlichen unbestritten gelassen, dass aufgrund der damaligen steuerrechtlichen Judikatur zu Pachtverträgen unter Angehörigen stets der Beschwerdeführer für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb steuerpflichtig gewesen sei; dies könne daher im vorliegenden Fall ohne weitere Ermittlungen auch für das Jahr 1993 angenommen werden. Es fänden sich im gesamten Verfahren auch keine Anhaltspunkte, die für das Jahr 1993 auf gegenteilige Feststellungen deuten würden.

Der vorgelegte Pachtvertrag sei daher zu Recht als Scheinvertrag beurteilt worden; im Übrigen werde auf die Begründung des Bescheides des Landeshauptmannes verwiesen, der zu folgen sei. Die Berufungsargumente seien nicht geeignet, eine andere rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes herbeizuführen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer macht geltend, es lägen wirksame Pachtverträge zwischen ihm und seinen Söhnen MP bzw. TP vor; es handle sich um keine Scheinverträge. Dafür, ob jemand als Betriebsführer im Außenverhältnis in Erscheinung trete, sei das Gesamtbild zu betrachten. Die belangte Behörde hätte auch die vorgelegten Rechnungen und persönlichen Bestätigungen (Bürgermeister, Amtstierärztin, Leiter der Landwirtschaftskammer, Gesundheitsreferat der Landesregierung) berücksichtigen müssen. Auch habe die belangte Behörde den Umstand der Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers nicht gewürdigt; dem Beschwerdeführer sei es nicht möglich, im landwirtschaftlichen Betrieb mitzuarbeiten. Es widerspreche auch der Lebenserfahrung, dass der Beschwerdeführer ab 1993 - nachdem der Betrieb sieben Jahre lang von seiner Frau und einer Bekannten insoweit unbestritten wirksam gepachtet gewesen sei - (wieder) aktiver Betriebsführer geworden sei. Auch habe die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Zustandekommen der Steuererklärung (er habe sich insoweit auf den Rat eines Steuerberaters verlassen) außer Acht gelassen. Schließlich habe die belangte Behörde auch das Vorbringen zu den AMA-Förderungen (das Formular sei zusammen mit den Experten der Landwirtschaftskammer ausgefüllt worden, die die Auskunft erteilt hätten, es sei egal, ob der Eigentümer oder der Pächter die Förderung beantrage) nicht berücksichtigt.

2. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach dem BSVG Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitergesetzes 1984 führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird, pflichtversichert.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 BSVG sind die im § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG bezeichneten Personen in der Unfallversicherung nach dem BSVG pflichtversichert.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass für die Beantwortung der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb geführt wird, maßgeblich ist, ob jene Person, deren Versicherungspflicht zu beurteilen ist, aus der Betriebsführung im Außenverhältnis (also im Verhältnis zu Dritten) berechtigt und verpflichtet wird. Wer aus der Betriebsführung in diesem Sinne berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die nicht nach bloß tatsächlichen Gesichtspunkten, sondern letztlich nur auf Grund rechtlicher Gegebenheiten, und zwar primär dem Eigentum bzw. dem Miteigentum am land(forst)wirtschaftlichen Betrieb, beantwortet werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0114, mwN).

Eine sozialversicherungsrechtlich relevante Änderung dieser sich primär aus den Eigentumsverhältnissen ergebenden Zurechnung setzt rechtswirksame (und rechtswirksam bleibende) dingliche (z.B. durch Einräumung eines Fruchtgenussrechtes) oder obligatorische Rechtsakte (z.B. durch Abschluss eines Pachtvertrages oder einer besonderen, einem Pachtvertrag nahekommenden Vereinbarung zwischen Miteigentümern) mit der Wirkung voraus, dass statt des Eigentümers (der Miteigentümer) ein Nichteigentümer (bzw. bei Vereinbarungen zwischen Miteigentümern einer der Miteigentümer allein) aus der Führung des Betriebes berechtigt und verpflichtet wird (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom ).

3. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist -

die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen dann, wenn sie den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, nicht widersprechen. Unter Beachtung der nämlichen Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0325, mwN).

Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass trotz der vorgelegten Pachtverträge die Berechtigung und die Verpflichtung aus der Betriebsführung im Außenverhältnis nicht übergegangen seien. Die diesbezügliche Beweiswürdigung hält den oben genannten Grundsätzen nicht stand:

Die belangte Behörde geht davon aus, dass den von MP und TP als Pächter im eigenen Namen abgeschlossenen Geschäften sowie den vorgelegten Kontoauszügen keine entscheidungswesentliche Bedeutung zukomme, da es nicht auf den nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt, sondern auf die wahren rechtlichen Verhältnisse ankomme. Dies ist insoweit zutreffend, als es auf die Anerkennung der Söhne des Beschwerdeführers als Pächter im Außenverhältnis nicht ankäme, wenn die wahren rechtlichen Verhältnisse andere wären. Ist aber - wie hier - strittig, ob vorliegende Pachtverträge als Scheingeschäfte zu beurteilen sind, so können im Rahmen der Beweiswürdigung zu dieser Frage tatsächliche Verhältnisse, die dem Pachtvertrag entsprechen, nicht als unbedeutend angesehen werden, da diese tatsächlichen Verhältnisse zumindest Indizwirkung dafür haben, ob die Vereinbarung lediglich zum Schein getroffen wurde.

Soweit die belangte Behörde auf die Umsatzsteuererklärungen des MP verweist, ist zwar zutreffend, dass als "Art des Unternehmens" Planungsbüro (Berechnung, Forschung, Simulationen) angegeben wurde; als "Sonstige Unternehmungen oder Betriebe" wurde in diesen Erklärungen aber jeweils Landwirtschaft angegeben.

Wenn die belangte Behörde ausführt, TP habe erst nach dem Erhalt des von der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt ergangenen Bescheides über die Pflichtversicherung Einkommensteuererklärungen abgegeben, damit habe dieser nachträglich den wahren Sachverhalt unrichtig darstellen wollen, so ist aber nicht ohne weitere Begründung nachvollziehbar, weshalb sich TP der Einkommensteuerpflicht entgegen den tatsächlich gegebenen Verhältnissen hätte unterwerfen wollen (vgl. in diesem Sinne bereits die Begründung des die Versicherungspflicht des TP betreffenden Erkenntnisses vom , Zl. 2007/08/0325).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der - von der beschwerdeführenden Partei beantragten - Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht (im Rahmen des Begehrens) auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren ("Gebühr") war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit gemäß § 44 BSVG abzuweisen.

Wien, am

Fundstelle(n):
LAAAE-89899