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VwGH vom 09.11.2011, 2011/16/0064

VwGH vom 09.11.2011, 2011/16/0064

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des S in P, vertreten durch Dr. Josef Lagler, Rechtsanwalt in 7132 Frauenkirchen, Franziskanerstraße 62, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/0851- W/06, betreffend Haftung nach §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid zog die belangte Behörde den Beschwerdeführer als Erben nach seinem am verstorbenen Vater im Instanzenzug zur Haftung für Abgabenschulden der B. GesmbH heran, über deren Vermögen mit Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom der Konkurs eröffnet worden war. Diese Haftung erfasste Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträge samt Zuschlägen für den Zeitraum Februar bis September 2002, Körperschaftsteuer für April bis September 2002, Kammerumlage für Jänner bis Juni 2002 sowie Stundungszinsen, Verspätungszuschläge und Säumniszuschläge zu diesen Abgaben.

Der Vater des Beschwerdeführers sei vom bis zur Konkurseröffnung Geschäftsführer der B. GesmbH gewesen. Sämtliche Lohnabgaben für den Zeitraum Februar bis September 2002 seien lediglich gemeldet aber nicht entrichtet worden. Im Verwaltungsverfahren sei nicht behauptet worden, dass auch die Löhne entsprechend den vorhandenen Mitteln verringert ausbezahlt worden wären. Forderungsanmeldungen von Dienstnehmern würden im Konkursverfahren nicht aufscheinen. Die haftungsgegenständlichen Körperschaftsteuervorauszahlungen für April bis Juni 2002 seien am fällig gewesen, die Kammerumlage für die Monate Jänner bis Juni 2002 sei am 15. Tag des nach Ende des dem Kalendervierteljahr zweitfolgenden Kalendermonats zu entrichten gewesen. Die der Haftung zugrunde liegenden Stundungszinsen seien am , die Verspätungszuschläge am und die Säumniszuschläge am vorgeschrieben worden. Ein Liquiditätsstatus im Sinne einer Gegenüberstellung der jeweils liquiden Mittel zum Fälligkeitstag der Abgabenschulden sei trotz Vorhalt nicht eingebracht worden. Eine Buchhaltung liege nach mehrmaligem Vorbringen nicht vor, weshalb ein Nachweis der Gleichbehandlung nicht zu erbringen sei. Dass im Zeitpunkt der Fälligkeit der verfahrensgegenständlichen Abgaben grundsätzlich noch Mittel vorhanden gewesen seien, sei durch eine Einzahlung von

2.950 EUR am Abgabenkonto am , die Bezahlung der Löhne und dem Einbekennen belegt, dass Betriebsmittel angeschafft worden seien. Von den haftungsrelevant angesehenen Beträgen sei die Konkursquote von 21,1207 % abzuziehen gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer gerade noch ersichtlich im Recht verletzt erachtet, nicht zur Haftung herangezogen zu werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen haben gemäß § 80 Abs. 1 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln des Vertretenen zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war. Der Vertreter haftet für nicht entrichtete Abgaben des Vertretenen auch dann, wenn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/16/0084). Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auch auf Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind. Der vom Vertreter zu erbringende Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger hat somit auch diese von der Gesellschaft getätigten Zahlungen (etwa sog. Zug-um-Zug-Geschäfte) zu erfassen (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom mwN).

Der Beschwerdeführer trägt vor, er habe das Anmeldungsverzeichnis und die Auszahlungsunterlagen aus dem nachfolgenden Konkurs der B. GesmbH vorgelegt, womit nachgewiesen worden sei, dass alle Gläubiger, somit auch das Finanzamt mit einer gleichen Konkursquote befriedigt worden seien. Dieses Vorbringen vernachlässigt, dass die Pflichtverletzung zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten der in Rede stehenden Abgabenschuldigkeiten zu prüfen ist und sich auch die von der belangten Behörde geforderte Liquiditätsaufstellung und der Nachweis der Gläubigergleichbehandlung auf diese Zeitpunkte beziehen müssen. Dass der Vater des Beschwerdeführers und der Beschwerdeführer für die einzelnen Fälligkeitszeitpunkte diesen (berechtigten) Forderungen der belangten Behörde nicht nachgekommen sind, wird in der Beschwerde nicht bestritten.

Der Beschwerdeführer führt ins Treffen, durch die Zahlung der Löhne sei erst die Fertigstellung der Arbeiten ermöglicht worden und dadurch sei ein Werklohn von rund 24.000 EUR auf das Massekonto eingegangen. Deshalb wären die erfolgten Lohnzahlungen nicht kausal für den Abgabenausfall. Der genannte Zahlungseingang auf das Massekonto habe nämlich die Ausschüttung einer Quote in Höhe von 21,1207 % erst ermöglicht.

Dem ist entgegenzuhalten, dass für die Beantwortung der Frage nach der Haftung nach § 9 BAO nicht eine saldierte Betrachtungsweise der über einen längeren Zeitraum einschließlich der Ausschüttung des Massevermögens anzustellen ist, sondern dass die Kausalität der Pflichtverletzung, aus den vorhandenen Mitteln die fälligen Abgaben nicht zumindest anteilig entrichtet oder abgeführt zu haben, für den Zeitpunkt der Fälligkeit der jeweiligen Abgabe zu prüfen ist. Da der Beschwerdeführer sohin nicht einmal behauptet, sein Vater oder er habe die von der belangten Behörde geforderten Liquiditätsnachweise zu den einzelnen Fälligkeitszeitpunkten bekannt gegeben und die im Falle einer Gläubigergleichbehandlung auf die Abgabenschulden entfallende Quote mitgeteilt, zeigt er keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Wien, am