VwGH vom 09.11.2011, 2011/16/0061

VwGH vom 09.11.2011, 2011/16/0061

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des Ö in S, vertreten durch Dr. Gerald Albrecht, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Untere Viaduktgasse 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/0256- W/08, betreffend Haftung nach § 14 BAO für Umsatzsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.326,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom zog das Finanzamt den Beschwerdeführer nach § 14 BAO zur Haftung für Umsatzsteuer des Zeitraumes 2005 in Höhe von 20.000 EUR und des Zeitraumes 2006 in Höhe von 10.000 EUR heran. Der Beschwerdeführer hafte durch Übereignung des im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführten Betriebes des S.D. als Erwerber für diese Abgaben.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom . Er bestritt einen Erwerb im Sinn des § 14 BAO, weil bei einem Gastronomiebetrieb das Warenlager keine wesentliche Grundlage des Betriebes sei. Da es sich um eine Verpachtung handle, sei auch keine Übereignung gegeben.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Es sei nicht nur das Warenlager verkauft worden, sondern es sei laut Aktennotiz vom die Betriebs- Geschäftsausstattung vom Vorbesitzer S.D. übergeben worden. Der Vorbesitzer sei vom Pachtvertrag ausgekauft worden; als Inventarablöse sei ein Betrag in Höhe von 45.000 EUR bezahlt worden. Aus der Summe dieser Vereinbarungen ergebe sich die nahtlose Weiterführung des Unternehmens durch den Beschwerdeführer, wobei der Abschluss eines neuen Pachtvertrages mit der C. GmbH einer Haftung nicht entgegenstehe.

Im dagegen mit Schriftsatz vom erhobenen Vorlageantrag führte der Beschwerdeführer aus, er habe kein Unternehmen von S.D. erworben. Er habe sich für die Anmietung des Geschäftslokales in W, F., bestehend aus Küche und Schank, Büro im Erdgeschoss sowie Mitbenützung des Gastraumes und der WC, interessiert. Pächter des Unternehmens sei laut Aktennotiz vom (nicht: ) seines Wissens nicht S.D., sondern die D. KEG gewesen. In der Folge habe es Gespräche mit S.D. gegeben, von welchem er nicht gewusst habe, in welcher Eigenschaft dieser Verhandlungen mit ihm führe. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass ein Räumungsverfahren laufe, welches er noch mit Sicherheit ein Jahr hinauszögern können werde. Er sei bereit, das Lokal früher zu räumen, damit die Pachtrechte auf den Beschwerdeführer übertragen werden könnten, wenn der Beschwerdeführer ihm 15.000 EUR Provision und weitere 45.000 EUR bezahle. Von einer Unternehmensübertragung sei nicht die Rede gewesen. Zusätzlich habe der Verpächter und Eigentümer, die C. GmbH, die Bezahlung eines Baukostenzuschusses in Höhe von 45.000 EUR sowie die Berichtigung der noch offenen Pachtzinse der D. KEG per Ende Jänner 2006 in Höhe von pauschal 15.000 EUR verlangt. Da sich der Beschwerdeführer für die Betreibung des Lokals im Fitnesscenter der C. GmbH an der Adresse F., interessiert habe, sei er bereit gewesen, die von ihm geforderten Ablösesummen von je 60.000 EUR zu bezahlen, für welche er neben zwei ordnungsmäßigen Rechnungen der C. GmbH über 15.000 EUR und 45.000 EUR noch weiters eine Rechnung über "Vermittlungsprovision" von 15.000 EUR netto von S.D. und eine Rechnung vom über einen Betrag von 1.000 EUR für diverse Getränke und Speisen erhalten habe. Zusätzlich sei ihm eine nicht gewidmete Bestätigung des S.D. über den Erhalt von 45.000 EUR übergeben worden. Der Beschwerdeführer habe weder ein lebendes noch ein lebensfähiges Unternehmen erworben, sondern lediglich ein Geschäftslokal übernommen, für welches er letztlich 120.000 EUR habe bezahlen müssen, dass S.D. oder die D. KEG per auf die Bestandrechte zu seinen Gunsten verzichtet habe. Der Passus über die Übergabe der Geschäftsausstattung habe sich nicht auf einen Eigentumserwerb, sondern lediglich auf die Übergabe bezogen und habe sicherstellen sollen, dass die Geschäftsausstattung im Lokal bleibe. Er weise nochmals darauf hin, dass er an den Eigentümer, die C. GmbH, einen Betrag von 45.000 EUR netto habe bezahlen müssen, der laut Rechnung vom einen "verlorenen Baukostenzuschuss" betroffen habe. Sofern überhaupt ein Eigentumserwerb habe stattfinden sollen, habe dieser den Erwerb einzelner Einrichtungsgegenstände nicht vom Vorpächter oder Vorunternehmer, sondern vom Eigentümer, der C. GmbH, betroffen, der nachweislich ein Gastronomielokal, wie es in der Folge von ihm übernommen worden sei, nicht betrieben habe. Er sei sowohl von der C. GmbH als auch von S.D. über die näheren Umstände einer "offenen rechtlichen Angelegenheit mit der D. KEG" völlig im Unklaren gelassen worden. Das Einzige, was ihm mitgeteilt worden sei, sei das Faktum, dass ein Räumungsverfahren anhängig sei, welches noch länger dauern könnte. Da er an der erwähnten Anschrift das Gastronomielokal habe betreiben wollen, sei er bereit gewesen, je 60.000 EUR an die C. GmbH und an S.D. zu bezahlen. Der Betrag von 45.000 EUR an die C. GmbH für einen "verlorenen Baukostenzuschuss" stelle keine Inventarablöse im Rahmen eines Unternehmenserwerbs vom Vorpächter dar. Des Weiteren sei dieser Betrag an den Eigentümer und nicht an den vormaligen Pächter bezahlt worden. Aus der in Ablichtung beiliegenden Pachtvereinbarung sei zu entnehmen, dass Gegenstand dieser Vereinbarung nicht ein lebendes Unternehmen, sondern die Verpachtung von Küche und Schank, Büro im Erdgeschoss sowie die Mitbenützung des Gastraumes und der WC sei. Der Beschwerdeführer habe weder vom Eigentümer C. GmbH ein Unternehmen gekauft noch vom scheidenden Pächter D. KEG oder S.D. (ihm sei nicht bekannt wer vor ihm zuletzt als Pächter fungiert habe). Der Kauf eines Warenlagers um 1.000 EUR indiziere keinen Unternehmenskauf.

Auf Anfrage der belangten Behörde teilte die C. GmbH mit Schriftsatz vom mit, das Mobiliar des Gastronomiebetriebes sei immer im Eigentum der C. GmbH gestanden und auch von dieser mit an den Beschwerdeführer übergeben worden. Gleichzeitig würden die Pachtverträge mit der D. KEG und mit dem Beschwerdeführer vorgelegt.

Mit Schreiben vom ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer, bekannt zu geben, wofür er den Betrag von insgesamt 120.000 EUR an den früheren Betreiber des Gastronomieunternehmens am Standort der C. GmbH bezahlt habe, weil sowohl das Gebäude als auch die Betriebseinrichtung im Eigentum der C. GmbH stünden.

Mit Schriftsatz vom teilte der Beschwerdeführer mit, er habe vor Unterfertigung der Pachtvereinbarung mit der C. GmbH einen Betrag von 15.000 EUR an deren Geschäftsführer J.K. zur Abdeckung der noch offenen Pacht von 15.000 EUR der D. KEG bezahlen müssen. Dieser Betrag sei an die C. GmbH gegangen. Er habe an die C. GmbH weitere 45.000 EUR netto für einen "verlorenen Baukostenzuschuss" bezahlen müssen. Zu diesem Betrag sei mit J.K. dann vereinbart worden, dass der Beschwerdeführer einige Monate keine Miete habe zahlen müssen, was einer Gegenleistung von etwa 9.000 EUR entspreche. Ein weiterer Betrag von drei Monatsmieten im Gegenwert von ca. 5.400 EUR netto sei als Kaution umgewidmet und vom Eigentümer einbehalten worden. Der Restbetrag von etwa 31.000 EUR sei an den Beschwerdeführer zurücküberwiesen worden. Zu dem Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer Interesse am Lokal gezeigt habe, sei S.D. als Lokalbetreiber anwesend gewesen. S.D. habe ihm dargelegt, dass sein Pachtvertrag zwar schon ausgelaufen sei, es jedoch im Fall eines Räumungsverfahrens mindestens noch ein Jahr dauern würde, bis das Lokal tatsächlich geräumt sei. Sofern er gleich räumen sollte, müsste der Beschwerdeführer ihm 45.000 EUR bezahlen. Dieser Betrag sei sohin an S.D. allein für die Aufgabe dessen Pacht- oder Mietrechte am gegenständlichen Lokal bezahlt worden. Weiters habe S.D. einen Betrag von netto 15.000 EUR dafür verlangt, dass er das Lokal vermittelt hätte. Dieser Betrag zuzüglich 20 % Umsatzsteuer sei ebenfalls an S.D. bezahlt worden, obwohl dieser tatsächlich keine Vermittlungstätigkeit ausgeübt habe. Die Rechnung über eine Warenübernahme vom sei nicht bezahlt worden, weil es keine Ware zu übernehmen gegeben habe.

Bei den im Verwaltungsverfahren erwähnten und in den vorgelegten Verwaltungsakten einliegenden Unterlagen handelt es sich um eine "Aktennotiz" vom , wonach in Anwesenheit des Beschwerdeführers, des S.D. und des J.K. (von der C. GmbH) folgende Vereinbarung getroffen wurde:

"Herr (Beschwerdeführer) erhält ab einen direkten Pachtvertrag mit einem einseitigen Kündigungsverzicht seitens des Verpächters von 60 Monaten.

Die Warenablöse, die sich Ende April noch im Lokal befindet wird direkt mit Herrn D. durchgeführt.

Die Ausstattung, die sich derzeit im Lokal befindet bleibt unverändert und wird Herrn (Beschwerdeführer) am von Herrn D. übergeben.

Über kaputte Einrichtungsgegenstände wird ein Protokoll angefertigt und diese werden von M.K. umgehendst in Ordnung gebracht.

Herr (Beschwerdeführer) wird als Gegenleistung zwei Zahlungen durchführen:

1. die offene Pachtsumme der D. KEG mit einem Saldo per Ende Jänner 06 von pauschal EUR 15.000,--

2. einen Baukostenzuschuss in der Höhe von EUR 45.000,--

Die offene rechtliche Angelegenheit mit der D. KEG wird ab sofort eingestellt. Die Kosten übernimmt die C. GmbH.

Die vereinbarten Beträge sind bar mit Übernahme des Lokals fällig.

Übernahme des Lokals - voraussichtlich ". Weiters erliegen im Akt zwei Zahlungsbestätigungen der C. GmbH, wonach diese am den Betrag von 45.000 EUR vom Beschwerdeführer für die Rechnung Nr. 715/06 und den Betrag von 15.000 EUR für die offene Pachtsumme D. KEG erhalten habe.

Mit der erwähnten, in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Rechnung Nr. 715/06 vom verrechnete die C. GmbH dem Beschwerdeführer für "das Gastronomielokal im Club …" einen "verlorenen Baukostenzuschuss" in Höhe von 45.000 EUR zuzüglich 20% Mehrwertsteuer.

Weiters erliegen in den vorgelegten Verwaltungsakten eine "Rechnung Vermittlungsprovision" vom , in der S.D. ohne Angabe eines Adressaten bestätigt, 15.000 EUR dankend erhalten zu haben, und wonach 3.000 EUR Umsatzsteuer innerhalb von sechs Wochen nachbezahlt würden, und eine "Rechnung Warenübernahme" vom , in welcher S.D. ohne Adressaten bestätigt, 600 EUR für diverse Getränke und 400 EUR für Speisen und Getränke erhalten zu haben, und wonach 160 EUR Umsatzsteuer innerhalb von sechs Wochen nachbezahlt würden.

Schließlich erliegt in den Verwaltungsakten eine Rechnung ohne Adressat und Datum, in welcher S.D. bestätigt, 45.000 EUR erhalten zu haben.

Nach der vom Beschwerdeführer vorgelegten, in den Verwaltungskaten enthaltenen Pachtvereinbarung zwischen der C. GmbH und einer D. KEG vom betreibe die C. GmbH als Verpächter in W F. die Sport- und Freizeitanlage C. und sei nach Punkt 1 Gegenstand der Vereinbarung die Verpachtung von Küche und Schank und die Mitbenützung des Gastraumes und der WC wie besichtigt. Der Verpächter verpachte nach Punkt 2 dieser Vereinbarung die in 1. bezeichneten Räumlichkeiten mit allen Bestandteilen insbesondere mit der angegebenen Fläche und den im Inventarverzeichnis angeführten Betriebseinrichtungen und des Kleininventars. Der Pachtzins betrage 15.000 EUR monatlich. Weiters seien 365 EUR zuzüglich USt an monatlichen Betriebskosten pauschal zu entrichten. Das Pachtverhältnis beginne nach Punkt 5 der Vereinbarung am und werde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Nach Punkt 6 "Instandhaltung" verpflichtete sich der Pächter zur pfleglichen Behandlung der Räumlichkeiten und des zur Verfügung gestellten Inventars. Die Reinigung von Küche und Schank sowie des Mobiliars (Tische, Sessel usw.) liege beim Pächter. Unbrauchbar gewordenes Inventar sei vom Pächter nachzuschaffen und gehe in das Eigentum des Verpächters über. Nach Punkt 13 der Vereinbarung war es dem Pächter ohne ausdrückliche Zustimmung des Verpächters untersagt, die gepachteten Räumlichkeiten dritten Personen gänzlich oder teilweise entgeltlich oder unentgeltlich zu überlassen.

Die in den Verwaltungsakten enthaltene, vom Beschwerdeführer vorgelegte Pachtvereinbarung zwischen der C. GmbH und dem Beschwerdeführer vom unterscheidet sich vom vorher genannten Vertrag nur insoweit, als der Pachtzins mit monatlich

1.800 EUR plus Umsatzsteuer vereinbart werde und das Pachtverhältnis am beginne.

Mit dem angefochtenen Bescheid schränkte die belangte Behörde die Haftung auf den Betrag von 26.666,67 EUR ein und wies die Berufung im Übrigen als unbegründet ab.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und rechtlichen Ausführungen zu § 14 BAO führte die belangte Behörde aus, im Beschwerdefall sei die wirtschaftliche Verfügungsmacht über den Gastronomiebetrieb am Standort der C. GmbH in F. vom bis bei S.D. gelegen, der den Betrieb während dieser Zeit geführt habe. Dabei sei es unbeachtlich, dass dieser als Verantwortlicher einer angeblichen S.D. KEG, auf welche auch die mit der C. GmbH abgeschlossene Pachtvereinbarung gelautet habe, aufgetreten sei, weil diese Gesellschaft laut Firmenbuch nie bestanden habe und die im Firmenbuch eingetragene D. KEG nachweislich nicht mit S.D. oder dem gegenständlichen Lokal in Verbindung gebracht werden könne. In Wahrheit sei daher S.D. als Unternehmer und ehemaliger Betriebsinhaber des gegenständlichen Lokales anzusehen. Diese wirtschaftliche Verfügungsmacht sei am auf den Beschwerdeführer übergegangen, nachdem dieser mit der C. GmbH, der Eigentümerin sowohl des Lokals als auch der Geschäftsausstattung, eine Pachtvereinbarung geschlossen hätte. Dem Einwand des Beschwerdeführers, dass es zwischen ihm und S.D. kein Vertragsverhältnis gegeben habe, sei entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unmittelbare Rechtsbeziehung mit dem Primärschuldner nicht Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme sei. Die Haftungsinanspruchnahme setze auch nicht voraus, dass der Beschwerdeführer zivilrechtlicher Eigentümer der Geschäftseinrichtung geworden sei. Der Umstand, dass die Geschäfts- und Nebenräume samt Einrichtung von der Eigentümerin gepachtet worden seien, stehe der Geltendmachung der Betriebsnachfolgerhaftung nicht entgegen, weil von einer Übereignung des Unternehmens auch dann ausgegangen werden könne, wenn der zur Haftung Herangezogene die Einrichtungsgegenstände und die Mietrechte (hier Pachtrechte) nicht vom Primärschuldner, sondern von der Eigentümerin erhalte. Für die Betriebsnachfolgerhaftung komme es jedoch nur darauf an, ob ohne wesentliche Unterbrechung und ohne bedeutende Investitionen ein dem übernommenen Betrieb gleichartiger Betrieb fortgeführt werden könne. Da die Übergabe eines ordnungsgemäßen und funktionstüchtigen Lokals (laut Vereinbarung vom seien schadhafte Einrichtungsgegenstände seitens der Geschäftsführung der C. GmbH vor Übergabe repariert worden) bedungen gewesen sei, sei der Beschwerdeführer in der Lage gewesen, den Gastronomiebetrieb ohne wesentliche Unterbrechung und ohne bedeutsame Investitionen fortzuführen.

In weiterer Folge begründete die belangte Behörde, weshalb der Beschwerdeführer die in Betracht kommenden Abgabenschulden hätte kennen müssen, weshalb die belangte Behörde die Haftung hinsichtlich der Umsatzsteuer für 2006 einschränkte und wie sie zu ihrer Ermessensentscheidung gelange.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer ersichtlich im Recht verletzt erachtet, nicht zur Haftung für Umsatzsteuer des S.D. herangezogen zu werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 14 Abs. 1 BAO lautet:

"§ 14. (1) Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber

a) für Abgaben, bei denen die Abgabepflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen;

b) für Steuerabzugsbeträge, die seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres abzuführen waren.

Dies gilt nur insoweit, als der Erwerber im Zeitpunkt der Übereignung die in Betracht kommenden Schulden kannte oder kennen musste und insoweit, als er an solchen Abgabenschuldigkeiten nicht schon so viel entrichtet hat, wie der Wert der übertragenen Gegenstände und Rechte (Besitzposten) ohne Abzug übernommener Schulden beträgt."

Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass die C. GmbH den in ihren Räumlichkeiten befindlichen Gastronomiebetrieb verpachtet hatte und dass der Beschwerdeführer mit mit der C. GmbH einen neuen Pachtvertrag abgeschlossen hatte.

Die belangte Behörde sieht in der Übernahme des Betriebes durch den Beschwerdeführer eine Übereignung im Sinn des § 14 Abs. 1 BAO des Betriebes vom vorigen Pächter an den Beschwerdeführer.

Übereignung eines Unternehmens im Ganzen oder Veräußerung des ganzen Betriebes liegen vor, wenn der Erwerber ein lebendes oder ein lebensfähiges Unternehmen übernimmt; dabei müssen nicht alle zum Unternehmen gehörigen Wirtschaftsgüter übereignet werden, sondern nur jene, die die wesentliche Grundlage des Unternehmens bilden und den Erwerber in die Lage versetzen, das Unternehmen fortzuführen. Dabei ist die Frage, welche Wirtschaftsgüter die wesentliche Grundlage des Unternehmens bilden, in funktionaler Betrachtungsweise nach dem jeweiligen Betriebstypus (z.B. ortsgebundene Tätigkeit, kundengebundene Tätigkeit, Produktionsunternehmen usw.) zu beantworten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/15/0100, mwN).

Bei Gastronomieunternehmen zählen zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens das Grundstück, das Gebäude und die Einrichtung. Demgegenüber sind der Kundenstock, Lieferverträge und das Personal sowie das Warenlager nicht den wesentlichen Unternehmensgrundlagen zuzurechnen und somit für die Frage, ob ein Unternehmensübergang im Sinne des § 14 BAO stattgefunden hat, nicht von Bedeutung. Hinsichtlich der tragenden Unternehmensgrundlagen Lokal und Geschäftseinrichtung muss der Erwerber in der Lage sein, in den vorhandenen Betriebsräumen ohne wesentliche Unterbrechung einen dem vorangegangenen gleichwertigen Gewerbebetrieb fortzuführen (vgl. in ständiger Rechtsprechung die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2002/14/0114, vom , Zl. 2004/14/0046, vom , Zl. 99/15/0007, VwSlg 7.710/F, vom , Zl. 99/16/0465 und vom , Zl. 2000/16/0238).

Daraus folgt für den Beschwerdefall, dass es auf die Übereignung des Geschäftslokales (Gebäude, Liegenschaft) und der Geschäftseinrichtung ankommt, nicht jedoch auf allenfalls übertragene Warenbestände.

Unter "Übereignung" ist im hier maßgebenden Zusammenhang die Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht anzusehen. Es kommt nicht auf eine besondere zivilrechtliche Gestaltung an. Maßgebend ist somit der Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht vom Vorgänger auf den Erwerber. Ein solcher Übergang liegt auch dann vor, wenn der Erwerber des Unternehmens mit dem Bestandgeber der Geschäftsräumlichkeiten einen neuen Mietvertrag abschließt. Wurde die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Lokal verschafft und kann der Erwerber den Betrieb des Vormieters in diesen Geschäftsräumen und mit dem gekauften Inventar fortführen, dann kann von einer Übereignung des Unternehmens ausgegangen werden (vgl. die erwähnten hg. Erkenntnisse vom , vom , vom und vom ).

Die Rechtsprechung stellt daher darauf ab, dass ein Erwerb etwa durch Kauf der Geschäftseinrichtung als einer der wesentlichen Geschäftsgrundlagen dann ausreicht, wenn die andere wesentliche Geschäftsgrundlage, das Lokal, lediglich in Bestand genommen wird, sohin der Eigentümer anstatt mit dem vorigen Betreiber des Unternehmens nunmehr mit dem Erwerber der Geschäftseinrichtung einen Bestandvertrag abschließt. Sonderkonstellationen wie etwa im Fall, dass der Vorgänger ein Bestandrecht am Lokal hat, der Erwerber aber selbst Eigentümer wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/15/0100), haben auf den vorliegenden Beschwerdefall dabei keinen Einfluss.

Wenn jedoch sowohl das Lokal als auch die Geschäftseinrichtung in Bestand gegeben waren, es sich um einen Pachtvertrag handelt, und nach dessen Auflösung ein neuer Pachtvertrag mit einem anderen Pächter abgeschlossen wird, erwirbt der neue Pächter das Unternehmen oder den Betrieb nicht vom Vorpächter. Durch bloße Pacht wird der Pächter noch nicht wirtschaftlicher Eigentümer des gepachteten Betriebes (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/14/0142, und Ritz, BAO3, Tz 9 zu § 24, und Stoll, BAO Band 1, 293). Daher liegt in einem solchen Fall des Auseinanderfallens von Primärschuldner (Vorpächter) und wirtschaftlichem Eigentümer (Verpächter) kein Erwerb des Betriebs iSd § 14 BAO durch den neuen Pächter vom Vorpächter vor (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom ).

Geht daher wie im Beschwerdefall der Betrieb vom vormaligen Pächter nach Kündigung des Pachtvertrages auf den Verpächter und dann auf Grund eines neuen Pachtvertrages an den Beschwerdeführer über, so ist nicht von einer Übereignung eines Betriebes im Sinn des § 14 Abs. 1 BAO zu sprechen. Die Verpachtung des Betriebes durch den Verpächter ist keine Übereignung (vgl. auch Ritz, BAO3, Tz 8 zu § 14 und Stoll, BAO Band 1, 165).

Soweit die belangte Behörde das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/16/0465, zitiert und im angefochtenen Bescheid wiedergibt, und meint, von einer Übereignung des Unternehmens könne auch dann ausgegangen werden, wenn die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Lokal verschafft werde und der Erwerber den Betrieb des Vorgängers in diesen Geschäftsräumen und mit dem " ebenfalls angemieteten " Inventar fortführen könne, entfernt sie sich vom Text des zitierten Erkenntnisses. Der Verwaltungsgerichtshof hat in jenem Erkenntnis ausdrücklich nicht von einem ebenfalls angemieteten Inventar, sondern vom gekauften Inventar gesprochen; dem Erkenntnis lag auch ein Sachverhalt zugrunde, bei welchem die damalige Beschwerdeführerin das Geschäftsinventar gekauft habe.

Zutreffend verweist der Beschwerdeführer auf diese Diskrepanz.

Die belangte Behörde zitiert in der Gegenschrift das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/16/0057, wonach ein Betriebsübergang auch dann anzunehmen sei, wenn neben den Geschäftsräumlichkeiten auch die Einrichtungsgegenstände des in Rede stehenden Unternehmens in Bestand gegeben würden und es mit diesem Bestandgegenstand dem Bestandnehmer ermöglicht worden sei, den vom bisherigen Bestandnehmer geführten Betrieb unverändert fortzusetzen. Dabei übersieht die belangte Behörde, dass der Verwaltungsgerichtshof mit dem zitierten Erkenntnis vom eben über die Haftung des Verpächters nach § 4a des Wiener Getränkesteuergesetzes abgesprochen hat, welche mit der Haftung nach § 14 BAO nichts zu tun hat.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Wien, am