VwGH vom 24.05.2016, Ro 2014/05/0005
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision des Dr. G T in W, vertreten durch Dr. Peter Bock, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Capistrangasse 2/19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-WBF/62/3868/2013, betreffend Gewährung von Wohnbeihilfe (weitere Partei: Wiener Landesregierung, Rathaus 1082 Wien), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist Nutzungsberechtigter und Bestandnehmer einer näher bezeichneten Wohnung in Wien. Als solchem wurde ihm vom bis Wohnbeihilfe von monatlich EUR 34,53 gewährt. Mit Schreiben vom hat der Revisionswerber beantragt, die gewährte Wohnbeihilfe zu verlängern. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 50, Gruppe Wohnbeihilfe, vom wurde dem Revisionswerber Wohnbeihilfe im Ausmaß von EUR 15,32 gewährt.
2 Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (im Folgenden: UVS) stellte im Wesentlichen fest, dass das monatliche Gesamteinkommen des Revisionswerbers unstrittig EUR 923,95 betrage. Auf Basis dieses Einkommens ergebe sich gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung über die Gewährung von Wohnbeihilfe ein zumutbarer Wohnungsaufwand von EUR 87,03. Die belangte Behörde habe rechtens eine Wohnbeihilfe in der Höhe von EUR 15,32 monatlich zugesprochen, da sich dieser Betrag aus der Differenz zwischen der zumutbaren Wohnungsaufwandsbelastung in der Höhe von EUR 87,03 und dem für Zwecke der Wohnbeihilfe anrechenbaren Wohnungsaufwand von EUR 102,35 errechne.
Der UVS führte weiters aus, dass die Reduktion der Wohnbeihilfe im Vergleich zum früheren Bescheid vom daraus resultiere, dass aufgrund des nunmehr höheren Pensionsbezuges und der dadurch erzielten Steigerung des Nettohaushaltseinkommens im Ausmaß von etwa EUR 48,00 monatlich auch die zumutbare Wohnungsaufwandsbelastung etwas höher ausfiele, was bei einem annähernd gleich gebliebenen anrechenbaren Wohnungsaufwand zu einer Verringerung der Höhe der Wohnbeihilfe führen müsse. Da die Erstbehörde die Höhe der Wohnbeihilfe im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben ermittelt habe, sei der Berufung der Erfolg zu versagen.
3 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom , B 967/2013-9, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Die als Revision geltende Beschwerde (siehe dazu im Folgenden) wurde vom Revisionswerber ergänzt.
Das Verwaltungsgericht Wien legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
4 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Hat der Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG nach dem Ablauf des an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten, ist in sinngemäßer Anwendung des § 4 VwGbk-ÜG vorzugehen. Für die Behandlung der als Revision geltenden Beschwerde sind in sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/06/0058 u.a., mwN).
5 Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über die Förderung des Wohnungsneubaus und der Wohnhaussanierung und die Gewährung von Wohnbeihilfe (WWFSG 1989) idF LGBl. Nr. 23/2011 lauten auszugsweise:
" Wohnbeihilfe
§ 20. (1) Wird der Mieter einer Wohnung, deren Errichtung im Sinne des I. Hauptstückes gefördert wurde, durch den Wohnungsaufwand unzumutbar belastet, ist ihm auf Antrag mit Bescheid Wohnbeihilfe zu gewähren, sofern er und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ausschließlich diese Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwenden.
(2) Die Wohnbeihilfe ist in der Höhe zu gewähren, die sich aus dem Unterschied zwischen zumutbarer und der in Abs. 4 und 5 näher bezeichneten Wohnungsaufwandbelastung je Monat ergibt; bei Wohnungen, deren Nutzfläche die im § 17 Abs. 3 genannten Grenzwerte für die angemessene Wohnnutzfläche übersteigt, ist der Berechnung der Wohnbeihilfe nur jener Teil der Wohnungsaufwandbelastung zugrunde zu legen, der dem Verhältnis der angemessenen zur tatsächlichen Wohnnutzfläche entspricht. Die näheren Bestimmungen über die zumutbare Wohnungsaufwandsbelastung hat die Landesregierung durch Verordnung zu treffen.
...
III. HAUPTSTÜCK
Allgemeine Wohnbeihilfe
§ 60. (1) Wird der Mieter einer nicht nach §§ 20 ff geförderten Wohnung durch den Wohnungsaufwand unzumutbar belastet, ist ihm auf Antrag mit Bescheid Wohnbeihilfe zu gewähren, sofern der Mieter und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ausschließlich diese Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwenden. Die Nutzflächeneinschränkung im Sinne des § 2 Z 1 ist nicht anzuwenden.
...
(3) Die Wohnbeihilfe ist in der Höhe zu gewähren, die sich aus dem Unterschied zwischen der nach Abs. 4 bzw. § 20 Abs. 2 ermittelten zumutbaren und der in Abs. 5 näher bezeichneten Wohnungsaufwandsbelastung je Monat ergibt. Bei Wohnungen, deren Nutzfläche die im § 17 Abs. 3 genannten Grenzwerte für die angemessene Wohnnutzfläche übersteigt, ist der Berechnung der Wohnbeihilfe jener Teil der Wohnungsaufwandsbelastung zu Grunde zulegen, der dem Verhältnis der angemessenen zur tatsächlichen Wohnnutzfläche entspricht.
(4) Der Betrag gemäß § 15a Abs. 3 Z 3 (in Verbindung mit § 16 Abs. 6) Mietrechtsgesetz je Quadratmeter Nutzfläche und Monat ist jedenfalls zumutbar.
(5) Als Wohnungsaufwand gilt der vereinbarte oder gesetzlich zulässig erhöhte (Haupt)Mietzins (einschließlich des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages) gemäß Mietrechtsgesetz bzw. das Entgelt gemäß § 13 Abs. 4 und 6, § 14 Abs. 1 Z 1 bis 5 und 8, Abs. 2 bis 5 sowie Abs. 7a und § 39 Abs. 18 Z 1 bis 4 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, jedoch höchstens bis zu dem für das Bundesland Wien kundgemachten Richtwert ohne Zuschläge gemäß Richtwertgesetz. Ansonsten ist für Kategorie B-Wohnungen oder bei allen befristeten Mietverträgen von diesem Richtwert ein Abschlag von 25 vH, für Kategorie C- und D-Wohnungen ein Abschlag von 50 vH vorzunehmen.
..."
6 Die maßgebliche Bestimmung der Verordnung der Wiener Landesregierung über die Gewährung von Wohnbeihilfe, LGBl. Nr. 32/1989, idF LGBl. Nr. 20/2000 lautet auszugsweise:
"§ 2. (1) Als zumutbare Wohnungsaufwandsbelastung gemäß § 20 Abs. 2 und § 47 Abs. 2 des Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetzes - WWFSG 1989 ist jener Teil des monatlichen Familieneinkommens (§ 2 Z 15 des Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetzes - WWFSG 1989) anzusehen, der wie folgt zu ermitteln ist:
Bei einer Haushaltsgröße von einer Person bleiben
733,99 Euro, bei einer Haushaltsgröße von zwei Personen 901,14
Euro anrechnungsfrei; für jede weitere Person erhöht sich der
Freibetrag um jeweils 98,11 Euro. Das diese Grenze übersteigende
Einkommen wird in Einkommensstufen unterteilt, wobei in der
1. Einkommensstufe 2,91 Euro
2. Einkommensstufe 3,27 Euro
3. Einkommensstufe 3,63 Euro
4. Einkommensstufe 4,00 Euro
5. Einkommensstufe 4,36 Euro
6. Einkommensstufe 4,72 Euro
7. Einkommensstufe 5,09 Euro
8. Einkommensstufe 5,45 Euro
9. Einkommensstufe 5,81 Euro
10. Einkommensstufe 6,18 Euro
11. Einkommensstufe 6,54 Euro
12. Einkommensstufe 6,90 Euro
13. Einkommensstufe 7,27 Euro
je 7,27 Euro des Monatseinkommens in der jeweiligen Einkommensstufe zur Bestreitung des Wohnungsaufwandes zumutbar sind. Eine Einkommensstufe beträgt bei einer Haushaltsgröße von einer Person 58,14 Euro; für jede weitere Person erhöht sich die Einkommensstufe um 3,63 Euro.
..."
7 Der Revisionswerber führt in seinen an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Darlegungen im Wesentlichen aus, der zumutbare Wohnungsaufwand iSd § 2 Abs. 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung über die Gewährung von Wohnbeihilfe sei vom UVS falsch berechnet worden.
Bei Anwendung der vorgegebenen Einkommensstufen in Verbindung mit der Berechnung des als zumutbar geltenden Wohnungsaufwandes zeige sich, dass bei dem für eine Einkommensstufe vorgegebenen Betrag von EUR 58,14 der Divisor von EUR 7,27 keinen Quotienten ohne Prozentpunkte bringe. Es stelle sich daher die Auslegungsfrage, ob das Ergebnis der Division von EUR 58,14 durch EUR 7,27, nämlich 7,997245 auf 8 aufzurunden sei. Dies könne vom Gesetzgeber nicht so gewollt sein.
Im konkreten Fall ergebe sich für den Beschwerdeführer ein zumutbarer Wohnungsaufwand von EUR 76,67. Dieser folge aus dem zumutbaren Wohnungsaufwand laut
erster Einkommensstufe von 7 x EUR 2,91 = EUR 20,37 zweiter Einkommensstufe von 7 x EUR 3,27 = EUR 22,89 dritter Einkommensstufe von 7 x EUR 3,63 = EUR 25,41 vierter Einkommensstufe von 2 x EUR 4 = EUR 8,--.
Der UVS habe fälschlicherweise den zumutbaren Wohnungsaufwand mit EUR 87,03 festgestellt, ohne zu begründen, wie er zu diesem Ergebnis gelangt sei. Aus dem angefochtenen Bescheid lasse sich nicht entnehmen, welche Berechnung die belangte Behörde angestellt habe, wie sie das in der Verordnung der Wiener Landesregierung über die Gewährung von Wohnbeihilfe vorgegebene System der Einkommensstufen gehandhabt habe und in welchem Umfang diese Einkommensstufen ausgeschöpft worden seien.
8 Gemäß § 60 Abs. 3 WWFSG 1989 ist die Wohnbeihilfe in der Höhe zu gewähren, die sich aus dem Unterschied zwischen der nach § 60 Abs. 4 bzw. § 20 Abs. 2 WWFSG 1989 ermittelten zumutbaren und der in Abs. 5 näher bezeichneten Wohnungsaufwandsbelastung je Monat ergibt. Die zumutbare Wohnungsaufwandsbelastung ergibt sich aus der angeführten Verordnung der Wiener Landesregierung über die Gewährung von Wohnbeihilfe. Der die zumutbare Wohnungsaufwandsbelastung übersteigende, in § 20 Abs. 5 und § 60 Abs. 5 WWFSG 1989 detailliert geregelte Wohnungsaufwand ist der unzumutbare Wohnungsaufwand, für welchen Wohnbeihilfe gewährt wird.
9 Die Ermittlung der zumutbaren Wohnungsaufwandsbelastung ist in § 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung über die Gewährung von Wohnbeihilfe geregelt und eine rechnerische Überprüfbarkeit ist anhand dieser Bestimmungen möglich. Durch Nachrechnen ist erkennbar, dass der zumutbare Wohnungsaufwand gegenständlich EUR 87,23 beträgt. Der von der Behörde angenommene Betrag von EUR 87,03 ist sogar geringer als der, den eine entsprechende Nachrechnung ergibt, weshalb eine Beeinträchtigung in subjektiven Rechten des Revisionswerbers nicht ersichtlich ist. Der vom Revisionswerber aufgezeigte Rechenvorgang entspricht nicht § 2 Abs. 1 der angeführten Verordnung. Auch lässt sich nicht erkennen, woraus er schließt, der UVS habe auf EUR 8,-- aufgerundet. Dies hätte einen zumutbaren Wohnungsaufwand von EUR 87,26 ergeben. Der vom UVS angenommene Betrag liegt aber darunter.
Weiters ist das vom Revisionswerber offenbar angenommene Abrunden der Beträge abzulehnen, da es nicht der Bestimmung in der Verordnung entspräche. Der in dieser vorgegebene Betrag, unabhängig davon, ob dieser Nachkommastellen ergibt oder nicht, ist für die Rechnung zu verwenden (konkret also 7,99724897 als Ergebnis der Division von EUR 58,14 und EUR 7,27).
10 Soweit der Revisionswerber rechtspolitische Wertungswidersprüche des Gesetzes aufzeigt, ist einerseits darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof im oben angeführten Ablehnungsbeschluss auf den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers verwiesen hat, und andererseits darauf zu verweisen, dass rechtspolitische Ausführungen nichts an der dargestellten nachvollziehbaren Anordnung in § 2 der angeführten Verordnung zu ändern vermögen.
11 Die Revision erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
12 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der gemäß § 4 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 weiter anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am