TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 08.04.2014, Ro 2014/05/0004

VwGH vom 08.04.2014, Ro 2014/05/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerde der Dipl. Ing. B B in W, vertreten durch Mag. Wolfgang Ruckenbauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, An der Hülben 1/top 15, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB - 27423/2013, betreffend Parteistellung in einem Bauanzeigeverfahren (mitbeteiligte Partei: L GmbH, weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich Folgendes:

Mit Eingabe vom erstattete die "Wohnungseigentümergemeinschaft 1090 Wien, (H.)" an den Magistrat der Stadt Wien gemäß § 62 der Bauordnung für Wien (BO) eine Bauanzeige in Bezug auf die Herstellung einer Schachtumhausung in Stahl-Glaskonstruktion für den auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft in Wien bestehenden Aufzug.

Die Beschwerdeführerin ist Miteigentümerin dieser Liegenschaft und brachte mit Schreiben vom gegenüber der erstinstanzlichen Baubehörde vor, dass sie sich gegen die Kenntnisnahme der Bauanzeige ausspreche, weil kein gültiger Mehrheitsbeschluss (der Miteigentümer) für das gegenständliche Bauvorhaben vorliege und die geplante Maßnahme weit über Erhaltungsmaßnahmen hinausgehe, weshalb das Bauvorhaben von der Hausverwaltung im Rahmen der ordentlichen Verwaltung nicht umgesetzt werden könne. Mit diesem Schreiben beantragte sie, ihr Parteistellung in Bezug auf das Bauanzeigeverfahren einzuräumen.

Mit Eingabe vom gab die mitbeteiligte Partei als neue Bauwerberin den Bauwerberwechsel bekannt.

Die Beschwerdeführerin brachte mit Schreiben vom vor, dass die mitbeteiligte Partei mangels Kostentragung nicht Bauwerberin sein könne, sie selbst dieser keine Vollmacht erteilt habe und die Darstellungen in den Einreichplänen fehlerhaft seien.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 - Gebietsgruppe Ost, vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin "auf Parteienstellung" gemäß § 8 AVG iVm § 62 Abs. 2 und § 134 Abs. 5 BO als unbegründet abgewiesen.

Die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien (im Folgenden: Bauoberbehörde) als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass sein Spruch wie folgt lautet:

"Gemäß § 8 (AVG) in Verbindung mit §§ 62 und 134 Abs. 5 (BO) wird auf Antrag (der Beschwerdeführerin) vom festgestellt, dass dieser hinsichtlich der mittels Bauanzeige eingereichten und zur Zahl (...) protokollierten Bauführung betreffend die Herstellung einer Schachtumhausung in Stahl-Glaskonstruktion für den bestehenden Aufzug in 1090 Wien, (H.), Parteistellung nicht zukommt."

Dazu führte die Bauoberbehörde nach Hinweis auf § 8 AVG sowie § 60 Abs. 1 lit. c, § 62 Abs. 1 und § 134 Abs. 3 und 5 BO aus, dass die Bauanzeige hinsichtlich der Herstellung einer Schachtumhausung in Stahl-Glaskonstruktion für den in der Stiegenspindel des verfahrensgegenständlichen Gebäudes bestehenden Aufzug rechtswirksam erstattet worden sei und diese bauliche Änderung weder eine Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerkes bewirke noch eine Umwidmung von Wohnungen betreffe oder eine Stellplatzverpflichtung auslöse. Wie aus den Plänen hervorgehe, seien keine Bauführungen angezeigt worden, die über den Rahmen des § 62 BO hinausgingen. Zum Berufungsvorbringen, dass auf alle Verfahren, die mit dem Wiener Aufzugsgesetz in Verbindung stünden, § 62 BO keine Anwendung finden könne, weil nicht der Bauwerber, sondern die Eigentümer (des Aufzuges) bei Schäden zur Haftung herangezogen würden und diese auch die Erhaltungspflicht treffe, sei festzuhalten, dass diese Ansicht im Gesetzeswortlaut keine Deckung finde.

Da somit die Voraussetzungen für eine Bauanzeige im Sinne des § 62 Abs. 1 Z. 4 BO vorlägen und die beabsichtigte Baumaßnahme keiner Baubewilligung gemäß § 60 Abs. 1 lit. c leg. cit. bedürfe, komme nur dem Bauwerber Parteistellung zu. Der erstinstanzliche Bescheid sei daher mit der im Spruch vorgenommenen Abänderung zu bestätigen gewesen. Anzumerken sei, dass sich aus der als bewilligt geltenden angezeigten Bauführung nur deren Zulässigkeit nach der BO ergebe, damit jedoch über die zivilrechtliche Befugnis zur Durchführung der baulichen Abänderung nichts ausgesagt werde und das allfällige zivilrechtliche Erfordernis der Zustimmung der Liegenschaftsmiteigentümerin unberührt bleibe.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , B 880/2013-6, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren stellte die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeergänzung vom den Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Beschwerdeverfahren gemäß § 8 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des B-VG und des VwGG jeweils in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung weiterhin anzuwenden sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerde bringt vor, dass gemäß § 2 Abs. 5 Wiener Aufzugsgesetz 2006 der Eigentümer des Aufzuges sowie der sonst darüber Verfügungsberechtigte Betreiber und somit gemäß § 12 Abs. 1 und 10 leg. cit. voll Verantwortlicher für den errichteten Aufzug sei und es sich dabei um eine kumulative Haftung der Eigentümer mit den Verfügungsberechtigen handle. Da der Aufzug zur Liegenschaft gehöre, sei die Beschwerdeführerin als Liegenschaftseigentümerin auch Eigentümerin des Aufzuges und entsprechend verpflichtete Betreiberin. Auch im Privatrecht begründete Interessen seien rechtliche Interessen und daher für die Anwendung des § 8 AVG in Betracht zu ziehen, wobei die Möglichkeit der Verletzung subjektiver Rechte genüge. Die Parteistellung der Beschwerdeführerin rühre daher aus ihrem Eigentumsrecht und ihren beeinträchtigen Interessen als verantwortliche Betreiberin des Aufzuges. Unschädlich sei, dass "sie" in § 134 Abs. 5 BO in Bezug auf § 62 leg. cit. nicht explizit genannt sei, weil die privatrechtlichen Rechtsverletzungen und Interessenbeeinträchtigungen gleichwertig für die Parteistellung seien. Weiters gründe sich die Parteistellung der Beschwerdeführerin auch darauf, dass sie Miteigentümerin und somit Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft sei, die selbst keine Rechtsfähigkeit habe, um Bauanzeigen im gegenständlichen Ausmaß zu erstatten. Entsprechend seien die dahinter stehenden Einzelpersonen direkt Partei, die antrags- bzw. anzeigebefugt wären.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Für die Beurteilung des Beschwerdefalls sind die Bestimmungen der BO in der bei Beschlussfassung der Bauoberbehörde über den in Beschwerde gezogenen Bescheid geltenden Fassung des LGBl. Nr. 64/2012 anzuwenden.

§ 62 Abs. 1 BO lautet:

"Bauanzeige

§ 62. (1) Eine Bauanzeige genügt für

1. den Einbau oder die Abänderung von Badezimmern und Sanitäranlagen, auch unter Inanspruchnahme gemeinsamer Teile des Bauwerkes, soweit dies für eine ausreichende Be- und Entlüftung des Raumes und für die Herstellung einer Feuchtigkeitsisolierung erforderlich ist;


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2.
Loggienverglasungen;
3.
den Austausch von Fenstern gegen solche anderen Erscheinungsbildes (Konstruktion, Teilung, Profilstärke, Farbe und dergleichen) sowie den Austausch von Fenstern in Schutzzonen;
4.
alle sonstigen Bauführungen, die keine Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerkes bewirken, nicht die Umwidmung von Wohnungen betreffen und keine Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen auslösen.
(...)".
§ 134 BO lautet auszugsweise:
"Parteien

§ 134. (1) Partei im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes ist in allen Fällen, in denen dieses Gesetz ein Ansuchen oder eine Einreichung vorsieht, der Antragsteller oder Einreicher.

(...)

(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134 a erschöpfend festgelegten subjektivöffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134 a gegen die geplante Bauführung erheben; das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) steht Nachbarn bereits ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde zu. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder bis zu einer Breite von 6 m durch Fahnen oder diesen gleichzuhaltende Grundstreifen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. In allen übrigen Widmungsgebieten sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes sind jene Liegenschaften benachbart, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Bauwerk liegen.

(...)

(5) Im Verfahren gemäß § 62 ist der Bauwerber Partei.

(...)"

Gemäß § 1 Abs. 1 des Wiener Aufzugsgesetzes 2006 - WAZG 2006, LGBl. Nr. 68/2006, in der bei Beschlussfassung über den in Beschwerde gezogenen Bescheid geltenden Fassung des LGBl. Nr. 34/2009 fallen unter die Bestimmungen dieses Gesetzes u. a. Aufzüge, sofern sie mit dem Gebäude oder der baulichen Anlage in kraftschlüssiger Verbindung stehen und deren Errichtung, Änderung und Betrieb nicht bundesgesetzlichen oder anderen landesgesetzlichen Regelungen unterliegen.

Gemäß § 2 Abs. 5 WAZG 2006 sind Betreiber der Eigentümer oder die Eigentümerin des Aufzuges sowie der oder die sonst darüber Verfügungsberechtigte.

Gemäß § 12 WAZG 2006 (Abs. 1) hat der Betreiber oder die Betreiberin für die Durchführung von regelmäßigen Betriebskontrollen und bei Aufzügen zur Personenbeförderung zusätzlich für die Notbefreiung von Personen Aufzugswärter oder Aufzugswärterinnen oder Betreuungsunternehmen zu beauftragen sowie (Abs. 10) dafür Sorge zu tragen, dass im Fahrkorb eingeschlossene Personen möglichst innerhalb von 30 Minuten nach der Notrufabgabe befreit werden.

Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Beurteilung der Baubehörde, dass die gegenständliche Baumaßnahme, nämlich die Herstellung einer Schachtumhausung in Stahl-Glaskonstruktion für einen in der Stiegenspindel des verfahrensgegenständlichen Gebäudes bestehenden Aufzug, den Tatbestand des § 62 Abs. 1 Z. 4 BO erfüllt und somit lediglich eine Bauanzeige erfordert. Weder die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen noch die sonstigen Beschwerdeausführungen geben Anlass für Bedenken gegen diese Beurteilung.

Nach dem klaren Wortlaut des § 134 Abs. 5 BO ist im Verfahren gemäß § 62 leg. cit. nur der Bauwerber Partei. Anderen Personen, wie etwa dem Eigentümer oder Miteigentümer der Liegenschaft oder des Gebäudes, an oder in dem die Baumaßnahme gesetzt werden soll, kommt hingegen keine Parteistellung zu (vgl. dazu etwa Moritz , BauO Wien4, zu § 134 Abs. 5 BO, S. 345).

Demzufolge kann weder der Umstand, dass die Beschwerdeführerin Miteigentümerin des Gebäudes und somit, wie in der Beschwerde vorgebracht, Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ist, noch der Umstand, dass sie nach dem WAZG 2006 als Miteigentümerin des mit dem Gebäude verbundenen Aufzuges und im Hinblick darauf Betreiberin des Aufzuges Pflichten treffen, ihre Parteistellung im baubehördlichen Anzeigeverfahren begründen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0180, auf das die Bauoberbehörde zutreffend hingewiesen hat, ausgeführt hat, bietet nämlich § 62 BO keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Rechte oder rechtliche Interessen des Eigentümers der betroffenen Liegenschaft - und somit auch eines damit verbundenen Gebäudeteiles - im Rahmen eines zu Recht auf § 62 BO gestützten Verfahrens geschützt werden sollen. In diesem Zusammenhang ist auf das im oben genannten Abtretungsbeschluss vom zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichthofes vom , B 3509/96, VfSlg. Nr. 14.783, hinzuweisen, worin dargelegt ist, dass ein verfassungsrechtliches Gebot der Zustimmung des Grundeigentümers im baubehördlichen Bewilligungsverfahren nicht besteht, wobei es dem Grundeigentümer im Falle einer nach dem Privatrecht unzulässigen Bauführung unbenommen bleibt, eine derartige Bauführung mit den Mitteln des Privatrechtes zu bekämpfen. Es erscheint daher angesichts der zivilrechtlichen Stellung des Grundeigentümers auch nicht unsachlich, wenn der Landesgesetzgeber in § 134 Abs. 5 BO aus Gründen der Verfahrensvereinfachung auf eine Grundeigentümerzustimmung verzichtet hat (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/05/0016).

Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am