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VwGH vom 21.09.2007, 2007/05/0123

VwGH vom 21.09.2007, 2007/05/0123

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. Konrad Lichtenecker in Wien, vertreten durch Dr. Dieter Ortner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Platz 5, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB - 637/06, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 330,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom wurde dem Eigentümer des Grundstückes Nr. 1274, Millergasse 22, KG Mariahilf, gemäß § 129 Abs. 4 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, binnen sechs Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides den dreistöckigen teilunterkellerten Gassentrakt zu räumen und nach erfolgter Räumung abtragen zu lassen. Gleichzeitig wurde das aus der Bau- und Benützungsbewilligung erfließende Recht auf konsensmäßige Benützung gemäß § 68 Abs. 3 AVG aufgehoben. Dem Eigentümer dieses Grundstückes wurde weiters aufgetragen, bis zur erfolgten Räumung und Abtragung all jene Vorkehrungen zu treffen, die zur Hintanhaltung einer unmittelbaren Gefahr für die Benützer des Hauses sowie der Anrainer und der Straßenpassanten erforderlich sind. Der Auftrag gelte auch dann als erfüllt, wenn in derselben Frist an Stelle der Räumung und Abtragung die gegenständliche Baulichkeit entsprechend der Bauordnung für Wien in Stand gesetzt werde.

Der Beschwerdeführer ist Mieter der Wohnung Top Nr. 10 des vom Bauauftrag betroffenen Hauses in Wien 6., Millergasse 22. Er wurde dem Bauauftragsverfahren nicht beigezogen. Der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom , mit welchem der Bauauftrag erteilt wurde, wurde dem Beschwerdeführer nicht zugestellt.

Der Beschwerdeführer erhob gegen den eingangs zitierten Bauauftragsbescheid Berufung, in welcher er ausführte, dass ihm in dem von Amts wegen eingeleiteten Bauauftragsverfahren Parteistellung gemäß § 134 Abs. 7 Bauordnung für Wien zukomme. Er sei Hauptmieter einer Wohnung des gegenständlichen Hauses. Dieses Haus sei für den Eigentümer des Grundstückes ein Spekulationsobjekt, welches auf Betreiben des Eigentümers und unter Vorlage privater "Gefälligkeitsgutachten" durch denselben auf Grund eines von Amts wegen erlassenen Bauauftrages abgebrochen werden solle. Durch die Erlassung eines Räumungs- und Abtragungsauftrages für ein Gebäude mit aufrechten Mietverhältnissen werde konkret in seine Rechtssphäre eingegriffen, da ein Räumungs- und Abtragungsauftrag einen Untergang der Bestandssache bewirken könnte und die Mieter daher ihrer Mietrechte verlustig gehen könnten, ohne dass ihnen die Möglichkeit gegeben worden sei, die Entscheidungsgrundlage des Verfahrens, das zu einem solchen Räumungs- und Abtragungsauftrag führen könne, entsprechend zu verbreitern. Es liege im dringenden rechtlichen Interesse eines Mieters, sich durch Beiziehung zum Verfahren gegen einen zu befürchtenden Räumungs- und Abtragungsauftrag wirkungsvoll wehren zu können. Die technische Abbruchreife des Gebäudes liege überhaupt nicht vor.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen. Aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer als Mieter von der Räumung des Gebäudes und der Aufhebung der Benützungsbewilligung betroffen sei, lasse sich keine Parteistellung des Beschwerdeführers im Bauauftragsverfahren ableiten, da der bekämpfte Bescheid allenfalls seine zivilen Ansprüche aus einem Bestandvertrag, nicht jedoch aus der Bauordnung für Wien ableitbare subjektivöffentliche Rechte berühre. Die Parteistellung sei Grundvoraussetzung für die Einbringung einer Berufung. Da dem Beschwerdeführer jedoch Parteistellung nicht zukomme, sei die Berufung mangels Rechtsmittellegitimation des Beschwerdeführers als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. Gemäß § 129 Abs. 1 Bauordnung für Wien sei grundsätzlich der Eigentümer des Gebäudes für die bewilligungsgemäße Benützung desselben verantwortlich. Im Fall der Benützung der Räume durch einen anderen gehe die Haftung auf diesen über, wenn er vom Eigentümer über die bewilligte Benützungsart in Kenntnis gesetzt worden sei. Im Zeitpunkt des Erlassung des Bauauftragsbescheides habe der Beschwerdeführer das betroffene Gebäude ordnungsgemäß benützt. Die Benützungsbewilligung sei mit dem Bauauftrag aufgehoben worden, weshalb der Beschwerdeführer als Nutzer der angeführten Räume durch die Aufhebung der Benützungsbewilligung direkt betroffen sei. Ab diesem Zeitpunkt sei er nicht mehr berechtigt, die Räume zu nutzen, sodass der Bescheid auch unmittelbare Wirkung ihm gegenüber entfalte. Durch eine weitere Benutzung der Räume ohne entsprechende Bewilligung gehe gemäß § 129 Abs. 1 Bauordnung für Wien die Haftung vom Eigentümer auf den Beschwerdeführer über; das bedeute wiederum, dass ihm im Auftragsverfahren auf Grund der ihm gegenüber unmittelbar wirkenden und ihn insofern zu einer Leistung (nämlich der Räumung) verpflichtenden Aufhebung der Benützungsbewilligung Parteistellung zukomme.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens nicht vor, sie erstattete aber eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen. Die belangte Behörde ging davon aus, dass dem Beschwerdeführer das Recht der Berufungserhebung fehlt, weil er nicht Partei des von Amts wegen gemäß § 129 Abs. 4 Bauordnung für Wien durchgeführten Bauauftragsverfahrens ist.

Im Beschwerdefall ist daher zu prüfen, ob die belangte Behörde zutreffend davon ausgehen konnte, dass dem Beschwerdeführer mangels Parteistellung die Rechtsmittellegitimation fehlt.

Das mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom gemäß § 129 Abs. 4 Bauordnung für Wien durch Erteilung eines Räumungs- und Abtragungsauftrages abgeschlossene Bauauftragsverfahren ist von Amts wegen durchgeführt worden.

Die Parteistellung im Bauverfahren wird im Geltungsbereich der Bauordnung für Wien im § 134 Bauordnung für Wien näher geregelt. Gemäß § 134 Abs. 1 Bauordnung für Wien ist Partei im Sinne des § 8 AVG in allen Fällen, in denen dieses Gesetz ein Ansuchen oder eine Einreichung vorsieht, der Antragsteller oder ein Einreicher. Sofern es sich jedoch um einen von Amts wegen erlassenen Bescheid handelt, ist gemäß § 134 Abs. 7 Bauordnung für Wien die Person Partei, die hiedurch zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet wird. Alle sonstigen Personen, die hiedurch in ihren Privatrechten oder Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG).

Gemäß § 129 Abs. 4 Bauordnung für Wien sind Abtragungs- und Räumungsaufträge an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Gebäudes oder der baulichen Anlage zu richten. Nach § 129 Abs. 2 Bauordnung für Wien trifft auch nur den Eigentümer (Miteigentümer) die öffentlich-rechtliche Pflicht, die Baulichkeit im konsensgemäßen Zustand zu erhalten.

Ausgehend von dieser Rechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass der Bestandnehmer in diesen Verfahren gemäß § 134 Abs. 7 zweiter Satz Bauordnung für Wien nur als Beteiligter anzusehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/05/0060, mit weiteren Nachweisen; vgl. auch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 396/07, mit dem Hinweis auf die ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere dessen Erkenntnis vom , B 49/65, VfSlg. 5.358).

Durch die auf § 129 Abs. 2 und Abs. 4 und 5 Bauordnung für Wien gestützten Bauauftragsbescheide können allein Rechte des Eigentümers (der Miteigentümer) des Gebäudes oder der baulichen Anlage unmittelbar gestaltet oder festgestellt werden. In zivile Rechte des Bestandnehmers wird dadurch nicht unmittelbar eingegriffen. Da der Beschwerdeführer als Mieter gemäß § 134 Abs. 7 Bauordnung für Wien im Bauauftragsverfahren sohin nicht als Partei sondern nur als Beteiligter zu gelten hatte, war die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers als Mieter durch den angefochtenen Bescheid zu Recht erfolgt (vgl. hiezu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 5.358).

Auch der Versuch des Beschwerdeführers, eine Parteistellung des Bestandnehmers in Ansehung der Aufhebung des Rechtes auf bewilligungsmäßige Benützung der in Bestand genommenen Räume zu behaupten, vermag daran nichts zu ändern.

Nach § 128 Abs. 1 Bauordnung für Wien in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 42/1996 durften u.a. Neu-, Zu- und Umbauten grundsätzlich vor Erteilung der Benützungsbewilligung nicht benützt werden; für die Einhaltung dieser Verpflichtung waren der Bauwerber und der Eigentümer (alle Miteigentümer) der Baulichkeit verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Die Benützungsbewilligung, aus der das Recht der Benützung der Baulichkeit erwachsen ist, war also ein hoheitlicher Verwaltungsakt der Baubehörde, der gegenüber dem Eigentümer (den Miteigentümern) der Baulichkeit gesetzt wurde und der ihn (sie) erst in die Lage versetzte, die Räume entweder selbst zu benützen oder einem Dritten im Wege einer zivilrechtlichen Vereinbarung zur Benützung zu überlassen. Im Erkenntnis vom , VwSlg. 1608/A, hat hiezu der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass auf der Grundlage der Benützungsbewilligung nur der Hauseigentümer berechtigt ist. Im Falle der Beseitigung dieses Rechtes kann nur die Rechtsstellung des Hauseigentümers gegenüber der Baubehörde berührt werden, weshalb in einem solchen Verfahren nur der Hauseigentümer Parteistellung besitzt, niemals aber der Mieter.

Auf Grund der Novelle Nr. 42/1996 der Bauordnung für Wien erwächst nunmehr das Recht der Benützung auf Grund der vom Eigentümer (einem Miteigentümer) der Baulichkeit oder vom Grundeigentümer (einem Grundmiteigentümer) gemäß § 128 Abs. 1 Bauordnung für Wien zu erstattenden Fertigstellungsanzeige; erst die vollständig belegte Fertigstellungsanzeige versetzt ihn in die Lage, die Räume der baubehördlichen Bewilligung entsprechend entweder selbst zu benützen oder einem Dritten im Weg einer zivilrechtlichen Vereinbarung zur Benützung zu überlassen (vgl. in diesem Zusammenhang auch die diesbezügliche in § 128 Abs. 4 Bauordnung für Wien normierte strafrechtliche Verantwortlichkeit des Bauwerbers und des Eigentümers bzw. der Miteigentümer für die Einhaltung dieser Verpflichtung). Gegenstand des Bauauftragsverfahrens ist daher nicht ein aus der Miete abgeleitetes Benützungsrecht, sondern die Frage, ob aus öffentlichen Interessen die Behebung eines Baugebrechens, allenfalls die Abtragung und Räumung einer Baulichkeit anzuordnen ist. Im Falle der Beseitigung des Rechtes auf Benützung durch die Baubehörde kann daher nur die Rechtsstellung des Haus- bzw. Grundeigentümers gegenüber der Baubehörde berührt werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , VwSlg. 1.608/A). Auch aus dem vom Beschwerdeführer zitierten hg. Erkenntnis vom , VwSlg. 1.547/A, ergibt sich nichts Gegenteiles, vielmehr wurde in diesem Erkenntnis ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das tatsächliche Interesse eines Bestandnehmers auf Benützung der ihm in Bestand gegebenen Räume keine Parteistellung zu vermitteln vermag, "weil die sogenannten faktischen Interessenten weder verfahrensrechtliche Ansprüche noch Ansprüche auf eine Sachentscheidung im Verwaltungsverfahren besitzen". § 129 Abs. 1 Bauordnung für Wien normiert die primäre Verantwortlichkeit des Eigentümers. Die Haftung des Bestandnehmers für die bewilligungsgemäße Benützung ist keine unbedingte und besteht nur, soweit der Bestandgeber ihn von der bewilligten Benützungsart in Kenntnis gesetzt hat und zu einer bewilligungswidrigen Benützung nicht beigetragen hat. Ansonsten haftet der Hauseigentümer für die bewilligungsgemäße Benützung der vermieteten Räume durch den Mieter. Nur wenn der Mieter entsprechend informiert ist, tritt die subsidiäre Haftung des Mieters ein (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/05/0087). Im Beschwerdefall geht es nicht um die Benützungsart.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Vorlageaufwand war nicht zuzuerkennen, da im gegenständlichen Beschwerdefall Verwaltungsakten nicht vorgelegt worden sind.

Wien, am