VwGH 29.10.2014, Ro 2014/04/0069
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | EURallg VwGG §30 VwGG §30a VwRallg |
RS 1 | Entgegen einer entsprechenden Regelung im Begutachtungsentwurf (vgl. § 30a VwGG in der Fassung des Ministerialentwurfes 420/ME XXIV. GP, 28f) lässt sich dem VwGG auch nach der Einführung der mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, insbesondere nach der Änderung durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33, keine Regelung entnehmen, die eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtes zur Erlassung einstweiliger Anordnungen vorsähe. Vielmehr erfolgt nach dem Gesetz der einstweilige Rechtsschutz im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof weiterhin durch die Gewährung aufschiebender Wirkung nach § 30 VwGG durch das Verwaltungsgericht bzw. den Verwaltungsgerichtshof. Die Erlassung einstweiliger Anordnungen kann daher nur in unmittelbarer Anwendung von Unionsrecht erfolgen. |
Normen | EURallg VwGG §30 VwGG §30a |
RS 2 | Der Verwaltungsgerichtshof hat - der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) folgend - bereits mehrmals ausgesprochen, es sei nicht ausgeschlossen, auf Grundlage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht - über die im kassatorischen System der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgegebene Möglichkeit, der gegen einen Bescheid erhobenen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und den angefochtenen Bescheid im Falle seiner Rechtswidrigkeit aufzuheben, hinaus - einstweilige Anordnungen mit der Wirkung zu treffen, dem Antragsteller eine Rechtsposition vorläufig einzuräumen, deren Einräumung mit dem angefochtenen Bescheid auf der Grundlage einer (möglicherweise dem Unionsrecht widersprechenden) nationalen Rechtsvorschrift verweigert wurde (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom , 2010/12/0169, sowie vom , 2013/10/0171, jeweils mwN u.a. auf Rechtsprechung des EuGH). Diese Rechtsprechung ist auch auf die ab geschaffene neue Rechtslage des VwGG weiterhin sinngemäß anzuwenden. Zur Rechtslage des VwGG vor der Einführung der mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit hat der Verwaltungsgerichtshof nach der vorzitierten Rechtsprechung seine eigene Zuständigkeit zur Erlassung einstweiliger Anordnungen angenommen. Nach der Einführung der mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit ist nunmehr das Verwaltungsgericht in unmittelbarer Anwendung von Unionsrecht zur Entscheidung über Anträge auf Erlassung einstweiliger Anordnungen im Revisionsverfahren zuständig. |
Normen | EURallg 12010E004 AEUV Art4 62006CJ0409 Winner Wetten VORAB 62010CJ0606 ANAFE VORAB 62010CO0476 projektart VORAB |
RS 3 | Die unmittelbare Anwendung und den Vorrang von unionsrechtlichen Bestimmungen haben sowohl die Gerichte als auch die Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten zu beachten. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist jedes im Rahmen seiner Zuständigkeit angerufene nationale Gericht als Organ eines Mitgliedstaats verpflichtet, in Anwendung des in Art 4 Abs 3 AEUV niedergelegten Grundsatzes der Zusammenarbeit das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden und die Rechte, die es dem Einzelnen verleiht, zu schützen, indem es jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts, gleichgültig ob sie früher oder später als das Unionsrecht ergangen ist, aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt (Hinweis Winner Wetten, Rs C-409/06, Rz 55; projektart, Rs C-476/10, Slg 2011, I-5615, Rz 48; , ANAFE, Rz 73). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2012/03/0102 E RS 6 |
Normen | VwGG §30 VwGG §30a 61993CJ0430 Jeroen van Schijndel VORAB 61995CJ0072 Aannemersbedrijf Kraaijeveld / Gedeputeerde VORAB 62012CJ0413 Asociacion de Consumidores Independientes de Castilla Leon VORAB |
RS 4 | Die unmittelbare Anwendung von Unionsrecht hat vom Gericht "im Rahmen seiner Zuständigkeiten" zu erfolgen (vgl. das , Kraaijeveld, Randnrn. 57 bis 60). Enthält das Unionsrecht keine Bestimmungen, anhand deren das zuständige Gericht bestimmt werden kann, so "ist es nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, entsprechende Regeln festzulegen, vorausgesetzt allerdings, dass sie nicht ungünstiger sind als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte regeln, die dem innerstaatlichen Recht unterliegen (Äquivalenzgrundsatz), und dass sie die Ausübung der (...) durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz)" (so das , Asociacion de Consumidores Independientes de Castilla y Leon, Randnr. 28 und 30, mwN auf Rechtsprechung des EuGH; vgl. zur Bestimmung der zuständigen Gerichte auch das in den verbundenen Rechtssachen C-430/93 und C- 431/93, van Schijndel, Randnr. 17). |
Normen | VwGG §30 VwGG §30a |
RS 5 | Es lässt sich dem VwGG (auch) nach der Einführung der mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit keine Regelung entnehmen, die eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtes zur Erlassung einstweiliger Anordnungen vorsähe. Mangels entsprechender Zuständigkeitsregeln ist daher zur Bestimmung der Zuständigkeit zur Erlassung einstweiliger Anordnungen im Revisionsverfahren von der "sachnächsten" Zuständigkeit auszugehen (vgl. zur sog. "sachnächsten" Behörde etwa den B vom , 2007/04/0034, mwN). "Sachnächstes" Gericht für die Prüfung der Erlassung einstweiliger Anordnungen ist das Verwaltungsgericht. |
Normen | VwGG §30 62014CO007801 Kommission / ANKO |
RS 6 | Nach der Rechtsprechung des EuGH können die nationalen Gerichte einstweilige Anordnungen nur unter den Voraussetzungen treffen, die für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Gerichtshof gelten. Zu diesen Voraussetzungen gehören die Glaubhaftmachung der Notwendigkeit der Erlassung der einstweiligen Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (fumus boni iuris), das Feststehen der Dringlichkeit im Sinne der Verhinderung des Eintritts eines schweren und nicht wieder gutzumachenden Schadens beim Antragsteller und gegebenenfalls die Abwägung aller bestehenden Interessen. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, sodass der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen ist, wenn eine von ihnen fehlt. Im Rahmen der Gesamtprüfung, die im Verfahren der einstweiligen Anordnung vorzunehmen ist, verfügt der zuständige Richter über ein weites Ermessen, und er kann im Hinblick auf die Besonderheiten des Einzelfalls die Art und Weise, in der die verschiedenen Voraussetzungen für die Gewährung der genannten einstweiligen Anordnungen zu prüfen sind, sowie die Reihenfolge dieser Prüfung frei bestimmen, da keine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts ihm ein feststehendes Prüfungsschema für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer vorläufigen Entscheidung vorschreibt (Hinweis B vom , 2010/12/0169, mwN, unter anderem auf Rechtsprechung des EuGH; vgl. zwischenzeitlich etwa den Beschluss des Vizepräsidenten des P-R, Kommission gegen ANKO AE, Randnr. 14, mwN auf die Rechtsprechung des EuGH). Wesentliche Voraussetzung ist somit u.a. das Feststehen der Dringlichkeit im Sinne der Verhinderung des Eintritts eines schweren und nicht wieder gutzumachenden Schadens beim Antragsteller. |
Normen | |
RS 7 | Mit der Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit wurden den Verwaltungsgerichten auch Aufgaben im Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof übertragen. So hat das Verwaltungsgericht zunächst zu prüfen, ob die Revision von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, und in seinem Erkenntnis oder Beschluss auszusprechen, ob die Revision gemäß dieser Bestimmung zulässig ist (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Verwaltungsgerichte wurden auch als Einbringungsgerichte eingerichtet, indem als Grundsatz (arg.: "soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist") normiert wurde, dass die Schriftsätze beim Verwaltungsgericht einzubringen sind (vgl. § 24 Abs. 1 VwGG). Weiters wurde den Verwaltungsgerichten im Vorentscheidungsverfahren nach § 30a VwGG eine Erstprüfung der eingebrachten Revision und die Kompetenz zur Vorentscheidung über die Revision übertragen (§ 30a VwGG). Auch der einstweilige Rechtsschutz im Revisionsverfahren durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde zunächst, d.h. zeitlich noch vor dem Verwaltungsgerichtshof, den Verwaltungsgerichten übertragen (§ 30 Abs. 2 VwGG). Die Bedeutung dieser Aufgaben für den Bundesgesetzgeber ist auch an deren Aufzählung in den Materialien zu den Ausführungsregelungen zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 erkennbar (vgl. RV 2009 BlgNR XXIV. GP, 10f zur Änderung des VwGG durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33). In diesem Zusammenhang zeigt § 30a Abs. 3 VwGG, wonach das Verwaltungsgericht (jedenfalls im Vorentscheidungsverfahren betreffend eine ordentliche Revision; vgl. § 30a Abs. 7 VwGG) über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung "unverzüglich" mit Beschluss zu entscheiden hat, dass der Bundesgesetzgeber den einstweiligen Rechtsschutz im Revisionsverfahren zunächst den Verwaltungsgerichten zuweist. |
Normen | VwGG §24 Abs1 VwGG §25a Abs1 VwGG §30 VwGG §30a Abs3 VwRallg |
RS 8 | Die Pflicht zur "unverzüglichen" Entscheidung iSd § 30a Abs. 3 VwGG korreliert mit dem Umstand, dass die Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen ist (dieses hat daher als erstes Kenntnis von der Revision und dem Antrag auf einstweiligen Rechtschutz), also bei jenem Gericht, welches zu diesem Zeitpunkt die genaueste Kenntnis über die der Revision zugrunde liegende Fallkonstellation besitzt und daher am raschesten die erforderliche Interessenabwägung im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes vornehmen kann. Nicht ohne Grund überträgt der Bundesgesetzgeber dem Verwaltungsgericht in § 25a Abs. 1 VwGG zunächst die Prüfung, ob die Revision von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. die Materialien RV 2009 BlgNR XXIV. GP, 10f zur Änderung des VwGG durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013). Aus genau diesen Gründen kann das Verwaltungsgericht daher auch schneller und effektiver über die Notwendigkeit eines unionsrechtlich gebotenen einstweiligen Rechtsschutzes in Form einer einstweiligen Anordnung entscheiden, zumal eine solche neben dem Umstand der Dringlichkeit die Prüfung der Notwendigkeit der Erlassung der einstweiligen Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (fumus boni iuris) sowie gegebenenfalls die Abwägung aller bestehenden Interessen voraussetzt. Damit wird auch den nach der Rechtsprechung des EuGH gebotenen Grundsätzen der Äquivalenz und Effektivität entsprochen. |
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RS 9 | Es ist, zumal sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren soll (Hinweis B vom , Ra 2014/19/0039), darauf hinzuweisen, dass die Erlassung vergleichbarer einstweiliger Verfügungen im zivilgerichtlichen System ausschließlich den Erstgerichten zukommt (vgl. zu § 387 Abs. 1 EO den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , 7 Ob 287/00g, wonach zur Entscheidung über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung grundsätzlich das Gericht erster Instanz zuständig ist, auch wenn Entscheidungen des Erstgerichtes auf ihre Richtigkeit im Instanzenzug überprüft werden). An der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes als "sachnächstes" Gericht zur Entscheidung über einen Antrag auf einstweilige Verfügung kann selbst die Vorlage der Revision durch das Verwaltungsgericht an den Verwaltungsgerichtshof nichts ändern. Auch eine verfassungskonforme Betrachtung legt dies nahe (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichthofes vom , G 84/08 = VfSlg. 18.639, wonach eine Zuständigkeitsregelung in einer Weise determiniert sein muss, dass die Behördenzuständigkeit in jedem Fall von vornherein unmissverständlich und klar geregelt ist). |
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RS 10 | Die revisionswerbende Bietergemeinschaft hat den vorliegenden Antrag auf Erlassung einer "einstweiligen Vorkehrung" ausdrücklich an den Verwaltungsgerichtshof gerichtet und damit die Erlassung der einstweiligen Vorkehrung durch den Verwaltungsgerichtshof begehrt. Für deren Erlassung ist der Verwaltungsgerichtshof jedoch unzuständig. Diese Unzuständigkeit führt zur Zurückweisung des vorliegenden Antrages, weil mangels Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage - wie auch die Auffassung des Verwaltungsgerichtes bei der Vorlage des vorliegenden Antrages an den Verwaltungsgerichtshof zeigt - die Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zweifelhaft und nicht offenkundig ist (vgl. zu § 6 AVG den B vom , Zl. 93/04/0216). Der auf die Erlassung einer einstweiligen Vorkehrung durch den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Antrag war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen (vgl. zur Zuständigkeit des Senates und nicht des Berichters den B vom , 2010/12/0169). |
Normen | 12010E267 AEUV Art267; 31989L0665 Rechtsmittel-RL Art1 Abs3; 31989L0665 Rechtsmittel-RL Art2 Abs7; 31989L0665 Rechtsmittel-RL Art2a; 31989L0665 Rechtsmittel-RL Art2b; 62012CJ0100 Fastweb VORAB; BVergG 2006 §312; BVergG 2006 §331 Abs1; |
RS 1 | Dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) werden nach Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Ist Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge, ABl. L 395 vom , S. 33, in der durch die Richtlinie 2007/66/EG zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge, ABl. L 335 vom , S. 31, geänderten Fassung (Richtlinie 89/665) vor dem Hintergrund der Grundsätze des , Fastweb SpA, dahin auszulegen, dass einem Bieter, dessen Angebot rechtskräftig vom Auftraggeber ausgeschieden wurde und der daher nicht betroffener Bieter nach Art. 2a der Richtlinie 89/665 ist, der Zugang zu einer Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung (Entscheidung über den Abschluss einer Rahmenvereinbarung) und des Vertragsschlusses (einschließlich der nach Art. 2 Abs. 7 der Richtlinie geforderten Zuerkennung von Schadenersatz) verwehrt werden kann, auch wenn nur zwei Bieter Angebote abgegeben haben und das Angebot des erfolgreichen Bieters, dem der Auftrag erteilt wurde, nach dem Vorbringen des nicht betroffenen Bieters ebenso auszuscheiden gewesen wäre? Bei Verneinung der Frage 1: 2. Ist Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665 vor dem Hintergrund der Grundsätze des , Fastweb SpA, dahin auszulegen, dass dem nicht betroffenen Bieter (nach Art. 2a der Richtlinie) der Zugang zu einer Nachprüfung nur dann gewährt werden muss, a) wenn sich offenkundig aus den Akten des Nachprüfungsverfahrens entnehmen lässt, dass die Ordnungsmäßigkeit des Angebotes des erfolgreichen Bieters nicht gegeben ist? b) wenn die Ordnungsmäßigkeit des Angebotes des erfolgreichen Bieters aus gleichartigen Gründen nicht gegeben ist? |
Normen | 31989L0665 Rechtsmittel-RL Art1 Abs3; 31989L0665 Rechtsmittel-RL Art2a Abs2; 62012CJ0100 Fastweb VORAB; 62015CJ0355 Technische Gebäudebetreuung und Caverion Österreich VORAB; BVergG 2006 §320; BVergG 2006 §331 Abs1; EURallg; |
RS 1 | Nach dem , "VAMED" kann einem Bieter, der durch eine rechtskräftig gewordene Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossen wurde, der Zugang zu einer Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung für den betreffenden öffentlichen Auftrag und des Vertragsschlusses verwehrt werden, auch wenn nur er und der Zuschlagsempfänger Angebote abgegeben haben und der ausgeschlossene Bieter vorbringt, dass auch das Angebot des Zuschlagsempfängers hätte ausgeschlossen werden müssen. Im vorliegenden Fall wurde das Angebot der Revisionswerberin durch die Auftraggeberin aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden. Der gegen diese Ausscheidensentscheidung gerichtete Nachprüfungsantrag wurde vom VwG abgewiesen. Die Revisionswerberin hatte somit die Möglichkeit der Anfechtung dieser Entscheidung nach Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665/EWG (im Sinne der Rn. 26 des Urteiles "Fastweb") und die Ausscheidensentscheidung wurde nach Art. 2a Abs. 2 der RechtsmittelRL von einer unabhängigen Nachprüfungsstelle als rechtmäßig anerkannt. Da das Angebot der Revisionswerberin somit rechtkräftig aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden worden war, sie also durch eine rechtskräftig gewordene Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossen wurde, kam ihr keine Antragslegitimation hinsichtlich der nachfolgenden Zuschlagserteilung zu. |
Normen | |
RS 2 | Dass für einen nachträglichen Antrag, mit dem weitere Feststellungen begehrt werden, die Pauschalgebühr zu entrichten ist, ergibt sich bereits aus dem Gesetz. Gemäß § 318 Abs. 1 Z 5 BVergG 2006 ist vom Antragsteller für jeden weiteren Antrag gemäß § § 331 Abs. 1 leg. cit. eine Gebühr in der Höhe von 80 vH der festgesetzten Gebühr zu entrichten. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Dr. Mayr sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Vorkehrung in der Revisionssache der Bietergemeinschaft bestehend aus 1. T GesmbH und 2. C GmbH, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte in 1010 Wien, Bartensteingasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zlen. W139 2006041- 2/37E und W139 2008320-1/34E, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Parteien: 1. U, 2. V; weitere Partei:
Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft), den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Angefochtenes Erkenntnis:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom wurde gemäß § 6 BVwGG iVm § 292 Abs. 1 BVergG 2006 über die Anträge der revisionswerbenden Bietergemeinschaft wie folgt erkannt:
Mit Spruchpunkt A I. wurden die für den Fall, dass die Rahmenvereinbarung noch nicht abgeschlossen wurde, gestellten Anträge (vom ) auf Nichtigerklärung
der Entscheidung der mitbeteiligten Auftraggeberin, mit welchem Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden solle,
in eventu auf Nichtigerklärung des Vergabeverfahrens,
in eventu auf Nichtigerklärung der unzulässigen Wahl des Verfahrens der Direktvergabe sowie
in eventu auf Nichtigerklärung der Aufforderung zur Angebotsabgabe im Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb
gemäß den § 2 Z 16 lit. a sublit. ii und § 312 Abs. 2 BVergG 2006 zurückgewiesen.
Mit Spruchpunkt A II. wurden die in eventu für den Fall, dass die Rahmenvereinbarung bereits abgeschlossen wurde, gestellten Anträge (vom )
auf Feststellung dass der Zuschlag bzw. der Abschluss der Rahmenvereinbarung wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde,
auf Feststellung dass die Zuschlagserteilung bzw. der Abschluss der Rahmenvereinbarung ohne Mitteilung der Entscheidung, mit wem die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, gemäß § 151 BVergG 2006 wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war,
in eventu für den Fall, dass der Abschluss der Rahmenvereinbarung als Direktvergabe zu qualifizieren sein sollte, auf Feststellung dass die Direktvergabe rechtswidrig war sowie
(vom ) in eventu für den Fall, dass der Abschluss der Rahmenvereinbarung als Direktvergabe zu qualifizieren sein sollte, auf Feststellung, dass die Direktvergabe bzw. die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hiezu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war, gemäß den §§ 312 Abs. 3 und 331 Abs. 1 BVergG 2006 zurückgewiesen.
Mit Spruchpunkt A III. wurden die Anträge (vom )
auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Zuschlages bei der Vergabe einer Leistung auf Grund einer Rahmenvereinbarung sowie
auf Feststellung, dass das Unterlassen der Erklärung des Widerrufs des Vergabeverfahrens wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hiezu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war,
gemäß den §§ 312 Abs. 3, 331 Abs. 1 und 332 Abs. 6 BVergG 2006 zurückgewiesen.
Mit Spruchpunkt A IV. wurde der Antrag (vom ) auf Nichtigerklärung der unzulässigen Wahl des Verfahrens der Direktvergabe (von Leistungen näher bezeichneter Positionen) gemäß § 312 Abs. 2 BVergG 2006 zurückgewiesen.
Mit Spruchpunkt A V. wurde der in eventu für den Fall, dass die Leistungen bereits direkt vergeben wurden, gestellte Antrag (vom ) auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Direktvergabe (von Leistungen näher bezeichneter Positionen) gemäß § 312 Abs. 2 BVergG 2006 abgewiesen.
Gemäß Spruchpunkt A VI. wurden die Anträge der revisionswerbenden Bietergemeinschaft auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren gemäß § 319 BVergG 2006 abgewiesen.
Mit Spruchpunkt A VII. wurde der revisionswerbenden Bietergemeinschaft gemäß § 318 Abs. 1 BVergG 2006 eine Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 9.850,-- auferlegt.
Mit Spruchpunkt B wurde ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Die Zulassung der ordentlichen Revision in Spruchpunkt B begründete das Verwaltungsgericht damit, dass sich der Verwaltungsgerichtshof, wenngleich sich der konkrete Sachverhalt und die betreffende Ausgangslage in der Rechtssache "Fastweb" (Urteil des EuGH in der Rechtssache C-100/12) erheblich unterschieden, mit den konkreten Ausführungen des EuGH zur Antragslegitimation noch nicht auseinandergesetzt habe. Angesichts der (tatsächlich und historisch) beträchtlichen Bedeutung der Antragslegitimation im Vergabekontrollverfahren solle der revisionswerbenden Bietergemeinschaft der Weg einer ordentlichen Revision nicht "abgeschnitten" werden.
2. Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Vorkehrung:
Mit Schriftsatz vom , beim Verwaltungsgericht eingelangt am , stellte die revisionswerbende Bietergemeinschaft einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Vorkehrung, mit dem Begehren, der Verwaltungsgerichtshof möge
"1. der U bis zur rechtskräftigen Entscheidung des BVwG im gegenständlichen Hauptverfahren bei sonstiger Exekution untersagen, das gesamte Vergabeverfahren fortzusetzen (mit den Ausnahmen: die Widerrufsentscheidung zu treffen und/oder das Vergabeverfahren zu widerrufen).
2. in eventu, der U bis zur rechtskräftigen Entscheidung des BVwG im gegenständlichen Hauptverfahren bei sonstiger Exekution untersagen
die Rahmenvereinbarung abzuschließen;
in eventu, Verhandlungen mit den verbliebenen Bietern zu führen;
in eventu, den Zuschlag zu erteilen;
in eventu, die ausgeschriebenen Leistungen direkt zu vergeben;
in eventu, Leistungen aus der Rahmenvereinbarung abzurufen;
in eventu, Leistungen aus der Rahmenvereinbarung entgegen zu nehmen."
In der - mit demselben Schriftsatz beim Verwaltungsgericht eingebrachten - ordentlichen Revision, auf deren Vorbringen die revisionswerbende Bietergemeinschaft im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Vorkehrung verweist, wird - auf das Wesentliche zusammengefasst - ausgeführt, vorliegend stelle sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG, weil - soweit ersichtlich - keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Antragslegitimation im Sinne der Entscheidung "Fastweb" (gemeint das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom in der Rechtssache C-100/12) vorliege.
Zur Begründung ihres Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Vorkehrung führt die revisionswerbende Bietergemeinschaft sodann aus, das "strategisch-kalkulierte Vorgehen" der erstmitbeteiligten Auftraggeberin beabsichtige schlicht, der revisionswerbenden Bietergemeinschaft den Zugang zur Nachprüfung der Auswahlentscheidung abzuschneiden bzw. sie dadurch wesentlich zu benachteiligen. Dies deshalb, da entweder das Angebot der zweitmitbeteiligten Partei bei Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes auszuscheiden und das Vergabeverfahren zwingend zu widerrufen gewesen wäre oder das Angebot der revisionswerbenden Bietergemeinschaft nicht auszuscheiden gewesen wäre.
Ein effektiver Rechtsschutz sei nur gegeben, wenn die erstmitbeteiligte Auftraggeberin den ausgeschiedenen Bietern die Auswahlentscheidung mitteilen müsse und mangels Einhaltung der Stillhaltefrist der Abschluss der Rahmenvereinbarung absolut nichtig sei, weshalb auch der beim Verwaltungsgericht beantragten einstweiligen Verfügung stattzugeben gewesen wäre oder eine einstweilige Vorkehrung bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die in eventu beantragten Feststellungen zu treffen sei.
Andernfalls bestünden massive Rechtsschutzdefizite, weil der revisionswerbenden Bietergemeinschaft zwar die Antragslegitimation zukomme, sie aber ihr Recht kaum wahrnehmen könne, weil ihr die erstmitbeteiligte Auftraggeberin die Auswahlentscheidung nicht mitteilen müsse oder sogar die Rahmenvereinbarung direkt abschließen könne, was sie mit ihrem strategischen und kalkulierten Vorgehen auch bezwecke.
Wenn keine einstweilige Vorkehrung getroffen werde, könne die revisionswerbende Bietergemeinschaft ihren Schaden mangels Beweisbarkeit bzw. auf Grund des intransparent durchgeführten Vergabeverfahrens nicht geltend machen. Die erstmitbeteiligte Auftraggeberin hätte dagegen keinerlei Sanktionen zu befürchten.
Der befürchtete Schaden der revisionswerbenden Bietergemeinschaft bestehe im Verlust einer Chance auf Abschluss eines Vertrages in einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren und Beteiligung an einem fairen und lauteren Wettbewerb zur Vergabe der ausgeschriebenen Leistungen sowie im Verlust eines Referenzprojektes. Werde eine einstweilige Vorkehrung getroffen, könne der genannte unwiederbringliche Schaden hintangehalten werden.
Dem stünde auch kein besonderes Interesse der erstmitbeteiligten Auftraggeberin oder der Öffentlichkeit entgegen. Im Gegenteil: Würde die "aufschiebende Wirkung" nicht gewährt werden, könnte die erstmitbeteiligte Auftraggeberin unbekämpfbare Tatsachen schaffen und würde der unionsrechtlich gebotene effektive Rechtsschutz erst recht ausgehöhlt werden. Die Interessenabwägung falle daher zugunsten der revisionswerbenden Bietergemeinschaft aus. Sämtliche Voraussetzungen für die Zuerkennung einer einstweiligen Vorkehrung seien gegeben.
Auf Grund dieses Vorbringens stellte die revisionswerbende Bietergemeinschaft den unter 2. zitierten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Vorkehrung.
3. Zur Zuständigkeit zur Erlassung einer einstweiligen Anordnung bzw. Verfügung:
3.1. Vorlage durch das Verwaltungsgericht:
Das Verwaltungsgericht legte den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Vorkehrung dem Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom vor und teilte mit, die revisionswerbende Bietergemeinschaft habe gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom eine ordentliche Revision erhoben und einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Vorkehrung gestellt. Die revisionswerbende Bietergemeinschaft habe nicht beantragt, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wenngleich nicht übersehen werde, dass es unionsrechtlich geboten sein könne, eine einstweilige Anordnung zu treffen, so sei eine diesbezügliche Befugnis zur Erlassung einstweiliger Anordnungen/Verfügungen für das Verwaltungsgericht - entgegen dem Entwurf eines Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2012 - im VwGG nicht vorgesehen. Dem Verwaltungsgericht würden gemäß § 30a VwGG im Rahmen des Vorverfahrens bei einer ordentlichen Revision nur bestimmte Verfahrensschritte und Entscheidungen übertragen.
Weil das VwGG keine Rechtsgrundlage für das Verwaltungsgericht beinhalte, über einen derartigen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung (mit den Worten der revisionswerbenden Bietergemeinschaft: Vorkehrung) zu entscheiden, lege das Verwaltungsgericht dem Verwaltungsgerichtshof den gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Vorkehrung vor.
Die Revision werde nach Einlangen allfälliger Revisionsbeantwortungen und Übermittlung derselben an die Verfahrensparteien gemäß § 30a Abs. 6 VwGG dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt werden.
3.2. Unmittelbare Anwendung von Unionsrecht mangels Regelung im VwGG:
Entgegen einer entsprechenden Regelung im Begutachtungsentwurf (vgl. § 30a VwGG in der Fassung des Ministerialentwurfes 420/ME XXIV. GP, 28f) lässt sich dem VwGG auch nach der Einführung der mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkei t, insbesondere nach der Änderung durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33, keine Regelung entnehmen, die eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtes zur Erlassung einstweiliger Anordnungen vorsähe. Vielmehr erfolgt nach dem Gesetz der einstweilige Rechtsschutz im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof weiterhin durch die Gewährung aufschiebender Wirkung nach § 30 VwGG durch das Verwaltungsgericht bzw. den Verwaltungsgerichtshof.
Die Erlassung einstweiliger Anordnungen kann daher nur in unmittelbarer Anwendung von Unionsrecht erfolgen.
So hat der Verwaltungsgerichtshof - der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) folgend - bereits mehrmals ausgesprochen, es sei nicht ausgeschlossen, auf Grundlage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht - über die im kassatorischen System der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgegebene Möglichkeit, der gegen einen Bescheid erhobenen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und den angefochtenen Bescheid im Falle seiner Rechtswidrigkeit aufzuheben, hinaus - einstweilige Anordnungen mit der Wirkung zu treffen, dem Antragsteller eine Rechtsposition vorläufig einzuräumen, deren Einräumung mit dem angefochtenen Bescheid auf der Grundlage einer (möglicherweise dem Unionsrecht widersprechenden) nationalen Rechtsvorschrift verweigert wurde (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom , Zl. 2010/12/0169, sowie vom , Zl. 2013/10/0171, jeweils mwN u.a. auf Rechtsprechung des EuGH). Diese Rechtsprechung ist auch auf die ab geschaffene neue Rechtslage des VwGG weiterhin sinngemäß anzuwenden.
3.3. Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes:
Zur Rechtslage des VwGG vor der Einführung der mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit hat der Verwaltungsgerichtshof nach der vorzitierten Rechtsprechung seine eigene Zuständigkeit zur Erlassung einstweiliger Anordnungen angenommen.
Nach der Einführung der mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkei t ist nunmehr - wie noch näher dargelegt wird - das Verwaltungsgericht in unmittelbarer Anwendung von Unionsrecht zur Entscheidung über Anträge auf Erlassung einstweiliger Anordnungen im Revisionsverfahren zuständig.
Dies aus folgenden Überlegungen:
Die unmittelbare Anwendung und den Vorrang von unionsrechtlichen Bestimmungen haben sowohl die Gerichte als auch die Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten zu beachten. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist jedes im Rahmen seiner Zuständigkeit angerufene nationale Gericht als Organ eines Mitgliedstaats verpflichtet, in Anwendung des in Art. 4 Abs. 3 EUV niedergelegten Grundsatzes der Zusammenarbeit das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden und die Rechte, die es dem Einzelnen verleiht, zu schützen (vgl. aus der hg. Rechtsprechung die Erkenntnisse vom , Zlen. 2012/03/0102 und 0103, sowie vom , Zl. 2013/10/0209, mit ausführlichen Nachweisen auf Rechtsprechung des EuGH).
Die unmittelbare Anwendung von Unionsrecht hat vom Gericht "im Rahmen seiner Zuständigkeiten" zu erfolgen (vgl. das , Kraaijeveld, Randnrn. 57 bis 60; vgl. etwa auch Ranacher/Frischhut, Handbuch Anwendung des EU-Rechts (2009), 341 ff).
Enthält das Unionsrecht keine Bestimmungen, anhand deren das zuständige Gericht bestimmt werden kann, so "ist es nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, entsprechende Regeln festzulegen, vorausgesetzt allerdings, dass sie nicht ungünstiger sind als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte regeln, die dem innerstaatlichen Recht unterliegen (Äquivalenzgrundsatz), und dass sie die Ausübung der (...) durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz)" (so das , Asociacion de Consumidores Independientes de Castilla y Leon, Randnr. 28 und 30, mwN auf Rechtsprechung des EuGH; vgl. zur Bestimmung der zuständigen Gerichte auch das in den verbundenen Rechtssachen C-430/93 und C- 431/93, van Schijndel, Randnr. 17).
Wie ausgeführt lässt sich dem VwGG (auch) nach der Einführung der mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit keine Regelung entnehmen, die eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtes zur Erlassung einstweiliger Anordnungen vorsähe.
Mangels entsprechender Zuständigkeitsregeln ist daher zur Bestimmung der Zuständigkeit zur Erlassung einstweiliger Anordnungen im Revisionsverfahren von der "sachnächsten" Zuständigkeit auszugehen (vgl. zur sog. "sachnächsten" Behörde etwa den hg. Beschluss vom , Zl. 2007/04/0034, mwN; vgl. zur "sachnächsten" Zuständigkeit zur unmittelbaren Anwendung von Gemeinschaftsrecht Ranacher/Frischhut. aaO, 345 ff und die dort angeführten Hinweise auf hg. Rechtsprechung).
"Sachnächstes" Gericht für die Prüfung der Erlassung einstweiliger Anordnungen ist das Verwaltungsgericht:
Nach der Rechtsprechung des EuGH können die nationalen Gerichte einstweilige Anordnungen nur unter den Voraussetzungen treffen, die für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Gerichtshof gelten. Zu diesen Voraussetzungen gehören die Glaubhaftmachung der Notwendigkeit der Erlassung der einstweiligen Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (fumus boni iuris), das Feststehen der Dringlichkeit im Sinne der Verhinderung des Eintritts eines schweren und nicht wieder gutzumachenden Schadens beim Antragsteller und gegebenenfalls die Abwägung aller bestehenden Interessen. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, sodass der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen ist, wenn eine von ihnen fehlt. Im Rahmen der Gesamtprüfung, die im Verfahren der einstweiligen Anordnung vorzunehmen ist, verfügt der zuständige Richter über ein weites Ermessen, und er kann im Hinblick auf die Besonderheiten des Einzelfalls die Art und Weise, in der die verschiedenen Voraussetzungen für die Gewährung der genannten einstweiligen Anordnungen zu prüfen sind, sowie die Reihenfolge dieser Prüfung frei bestimmen, da keine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts ihm ein feststehendes Prüfungsschema für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer vorläufigen Entscheidung vorschreibt (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 2010/12/0169, mwN, unter anderem auf Rechtsprechung des EuGH; vgl. zwischenzeitlich etwa den Beschluss des Vizepräsidenten des P-R, Kommission gegen ANKO AE, Randnr. 14, mwN auf die Rechtsprechung des EuGH).
Wesentliche Voraussetzung ist somit u.a. das Feststehen der Dringlichkeit im Sinne der Verhinderung des Eintritts eines schweren und nicht wieder gutzumachenden Schadens beim Antragsteller.
Mit der Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit
wurden den Verwaltungsgerichten auch Aufgaben im Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof übertragen.
So hat das Verwaltungsgericht zunächst zu prüfen, ob die Revision von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, und in seinem Erkenntnis oder Beschluss auszusprechen, ob die Revision gemäß dieser Bestimmung zulässig ist (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Verwaltungsgerichte wurden auch als Einbringungsgerichte eingerichtet, indem als Grundsatz (arg.: "soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist") normiert wurde, dass die Schriftsätze beim Verwaltungsgericht einzubringen sind (vgl. § 24 Abs. 1 VwGG). Weiters wurde den Verwaltungsgerichten im Vorentscheidungsverfahren nach § 30a VwGG eine Erstprüfung der eingebrachten Revision und die Kompetenz zur Vorentscheidung über die Revision übertragen (§ 30a VwGG). Auch der einstweilige Rechtsschutz im Revisionsverfahren durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde zunächst, d.h. zeitlich noch vor dem Verwaltungsgerichtshof, den Verwaltungsgerichten übertragen (§ 30 Abs. 2 VwGG). Die Bedeutung dieser Aufgaben für den Bundesgesetzgeber ist auch an deren Aufzählung in den Materialien zu den Ausführungsregelungen zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 erkennbar (vgl. RV 2009 BlgNR XXIV. GP, 10f zur Änderung des VwGG durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33).
In diesem Zusammenhang zeigt § 30a Abs. 3 VwGG, wonach das Verwaltungsgericht (jedenfalls im Vorentscheidungsverfahren betreffend eine ordentliche Revision; vgl. § 30a Abs. 7 VwGG) über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung "unverzüglich" mit Beschluss zu entscheiden hat, dass der Bundesgesetzgeber den einstweiligen Rechtsschutz im Revisionsverfahren zunächst den Verwaltungsgerichten zuweist.
Die Pflicht zur "unverzüglichen" Entscheidung iSd § 30a Abs. 3 VwGG korreliert mit dem genannten Umstand, dass die Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen ist (dieses hat daher als erstes Kenntnis von der Revision und dem Antrag auf einstweiligen Rechtschutz), also bei jenem Gericht, welches zu diesem Zeitpunkt die genaueste Kenntnis über die der Revision zugrunde liegende Fallkonstellation besitzt und daher am raschesten die erforderliche Interessenabwägung im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes vornehmen kann.
Nicht ohne Grund überträgt der Bundesgesetzgeber dem Verwaltungsgericht in § 25a Abs. 1 VwGG zunächst die Prüfung, ob die Revision von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. wiederum die obzitierten Materialien RV 2009 BlgNR XXIV. GP, 10f zur Änderung des VwGG durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013).
Aus genau diesen Gründen kann das Verwaltungsgericht daher auch schneller und effektiver über die Notwendigkeit eines unionsrechtlich gebotenen einstweiligen Rechtsschutzes in Form einer einstweiligen Anordnung entscheiden, zumal eine solche - wie oben ausgeführt - neben dem Umstand der Dringlichkeit die Prüfung der Notwendigkeit der Erlassung der einstweiligen Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (fumus boni iuris) sowie gegebenenfalls die Abwägung aller bestehenden Interessen voraussetzt.
Damit wird auch den nach der Rechtsprechung des EuGH gebotenen Grundsätzen der Äquivalenz und Effektivität entsprochen.
Schließlich ist, zumal sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren soll (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa den Beschluss vom , Zl. Ra 2014/19/0039), darauf hinzuweisen, dass die Erlassung vergleichbarer einstweiliger Verfügungen im zivilgerichtlichen System ausschließlich den Erstgerichten zukommt (vgl. zu § 387 Abs. 1 EO den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , 7 Ob 287/00g, wonach zur Entscheidung über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung grundsätzlich das Gericht erster Instanz zuständig ist, auch wenn Entscheidungen des Erstgerichtes auf ihre Richtigkeit im Instanzenzug überprüft werden).
An der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes als - wie dargelegt - "sachnächstes" Gericht zur Entscheidung über einen Antrag auf einstweilige Verfügung kann selbst die Vorlage der Revision durch das Verwaltungsgericht an den Verwaltungsgerichtshof nichts ändern. Auch eine verfassungskonforme Betrachtung legt dies nahe (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichthofes vom , G 84/08 = VfSlg. 18.639, wonach eine Zuständigkeitsregelung in einer Weise determiniert sein muss, dass die Behördenzuständigkeit in jedem Fall von vornherein unmissverständlich und klar geregelt ist; vgl. zum Recht auf den gesetzlichen Richter auch Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte (2013), 215, K 2 zu § 30 VwGG).
4. Fallbezogen bedeutet dies Folgendes:
Die revisionswerbende Bietergemeinschaft hat den vorliegenden Antrag ausdrücklich an den Verwaltungsgerichtshof gerichtet und damit die Erlassung der einstweiligen Vorkehrung durch den Verwaltungsgerichtshof begehrt.
Für deren Erlassung ist der Verwaltungsgerichtshof aus den obigen Erwägungen jedoch unzuständig.
Diese Unzuständigkeit führt zur Zurückweisung des vorliegenden Antrages, weil mangels Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage - wie auch die Auffassung des Verwaltungsgerichtes bei der Vorlage des vorliegenden Antrages an den Verwaltungsgerichtshof zeigt - die Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zweifelhaft und nicht offenkundig ist (vgl. zu § 6 AVG den hg. Beschluss vom , Zl. 93/04/0216; vgl. auch Hengstschläger/Leeb, AVG I2 (2014), Rz. 14 zu § 6 AVG, sowie Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 (2009), 78, mit Verweis auf den zitierten hg. Beschluss).
5. Der auf die Erlassung einer einstweiligen Vorkehrung durch den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Antrag war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen (vgl. zur Zuständigkeit des Senates und nicht des Berichters den hg. Beschluss vom , Zl. 2010/12/0169).
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Beachte
Vorabentscheidungsverfahren:
* EU-Register: EU 2015/0003
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Revision der Bietergemeinschaft 1. T GesmbH und 2. C GmbH, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte in 1010 Wien, Bartensteingasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W139 2006041- 2/37E; W139 2008320-1/34E, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Parteien: 1. U, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtanwalts-Partnerschaft in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, 2. VGmbH & Co KG in W, vertreten durch Weixelbaumer Rechtsanwälte in 1030 Wien, Reisnerstraße 61), den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) werden nach Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge, ABl. L 395 vom ,
S. 33, in der durch die Richtlinie 2007/66/EG zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge, ABl. L 335 vom ,
S. 31, geänderten Fassung (Richtlinie 89/665) vor dem Hintergrund der Grundsätze des , Fastweb SpA, dahin auszulegen, dass einem Bieter, dessen Angebot rechtskräftig vom Auftraggeber ausgeschieden wurde und der daher nicht betroffener Bieter nach Art. 2a der Richtlinie 89/665 ist, der Zugang zu einer Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung (Entscheidung über den Abschluss einer Rahmenvereinbarung) und des Vertragsschlusses (einschließlich der nach Art. 2 Abs. 7 der Richtlinie geforderten Zuerkennung von Schadenersatz) verwehrt werden kann, auch wenn nur zwei Bieter Angebote abgegeben haben und das Angebot des erfolgreichen Bieters, dem der Auftrag erteilt wurde, nach dem Vorbringen des nicht betroffenen Bieters ebenso auszuscheiden gewesen wäre?
Bei Verneinung der Frage 1:
2. Ist Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665 vor dem Hintergrund der Grundsätze des , Fastweb SpA, dahin auszulegen, dass dem nicht betroffenen Bieter (nach Art. 2a der Richtlinie) der Zugang zu einer Nachprüfung nur dann gewährt werden muss,
a) wenn sich offenkundig aus den Akten des Nachprüfungsverfahrens entnehmen lässt, dass die Ordnungsmäßigkeit des Angebotes des erfolgreichen Bieters nicht gegeben ist?
b) wenn die Ordnungsmäßigkeit des Angebotes des erfolgreichen Bieters aus gleichartigen Gründen nicht gegeben ist?
Begründung
I. Sachverhalt und Ausgangsverfahren:
Vorgeschichte
Die U (Auftraggeberin und erstmitbeteiligte Partei) schrieb im Oktober 2012 als öffentliche Auftraggeberin die Technische Betriebsführung, Instandhaltung, Instandsetzung und Wartung der technischen Gebäudeausrüstung und Laborausstattung mit dem Ziel des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmen aus (in Form eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung).
Die Revisionswerberin und ein weiteres Unternehmen (zweitmitbeteiligte Partei) legten rechtzeitig ein Angebot.
Mit Entscheidung vom wurde der Revisionswerberin durch die Auftraggeberin das Ausscheiden ihres Angebotes bekannt gegeben, weil der Nachweis des Vadiums im Original nicht rechtzeitig vorgelegt worden sei.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes als Nachprüfungsstelle (Verwaltungsgericht) vom wurde der Antrag der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung dieser Ausscheidungsentscheidung abgewiesen.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2014/04/0001, wurde die gegen dieses Erkenntnis gerichtete außerordentliche Revision zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom nahm die Auftraggeberin das Angebot der zweitmitbeteiligten Partei an und schloss mit dieser die Rahmenvereinbarung ab. Mit dem Vertragsabschluss erfolgte mit Ausnahme einer näher bezeichneten Leistung auch der Abruf der ausgeschriebenen Leistungen.
Angefochtenes Erkenntnis
Die Revisionswerberin stellte eine Reihe von Nachprüfungsanträgen an das Verwaltungsgericht: Den Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung der mitbeteiligten Auftraggeberin, mit welchem Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden solle, und weitere Eventualanträge auf Nichtigerklärung; für den Fall, dass die Rahmenvereinbarung bereits abgeschlossen wurde, mehrere Anträge auf Feststellung, dass der Zuschlag (bei der Vergabe einer Leistung aufgrund der Rahmenvereinbarung) bzw. der Abschluss der Rahmenvereinbarung aus verschiedenen Gründen (auch) gegen Unionsrecht verstoßen habe und daher rechtswidrig war, sowie weitere Feststellungsanträge.
Mit dem beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnis vom wies das Verwaltungsgericht diese Anträge zurück.
Diese Entscheidung begründete das Verwaltungsgericht - soweit für das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen relevant - im Wesentlichen damit, mit dem Abschluss der Rahmenvereinbarung und dem Abruf der ausgeschriebenen Leistungen sei das Vergabeverfahren beendet. Daher komme dem Verwaltungsgericht nur mehr die Zuständigkeit zur Feststellung der Rechtswidrigkeit (gemäß § 312 Abs. 2 österreichisches Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006) zu. Für Feststellungsanträge seien das Vorliegen eines Interesses am Vertragsabschluss sowie eines Schadens Antragsvoraussetzung.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne ein Bieter, dessen Angebot zu Recht ausgeschieden worden sei, durch Rechtswidrigkeiten, die das Verfahren zur Wahl eines Angebotes für den Zuschlag betreffen, nicht in Rechten verletzt werden.
Der Sachverhalt im Verfahren, das zum , Fastweb SpA, geführt habe, unterscheide sich von dem im vorliegenden Verfahren. Im vorliegenden Vergabeverfahren habe die Auftraggeberin das Angebot der Revisionswerberin förmlich ausgeschieden, während in der Rechtssache "Fastweb" die Prüfung durch das vorlegende Gericht - und nicht durch den Auftraggeber - das Vorliegen eines Ausscheidenstatbestandes ergeben habe.
Die Auftraggeberin sei nicht verpflichtet gewesen, der rechtskräftig ausgeschiedenen Revisionswerberin die Entscheidung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung mitzuteilen.
Die Zulassung der ordentlichen Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass sich der Verwaltungsgerichtshof mit den Ausführungen des EuGH im Urteil "Fastweb" noch nicht auseinandergesetzt habe.
Revision
Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin Revision
an den Verwaltungsgerichtshof.
Darin bringt die Revisionswerberin zusammengefasst vor, ihr stehe, auch wenn ihr Angebot vom Vergabeverfahren bereits ausgeschieden worden sei, auf Grund des Urteils des EuGH "Fastweb" die Antragslegitimation im vorliegenden Nachprüfungsverfahren zu. Der vorliegende Fall sei mit der Konstellation in der Rechtssache "Fastweb" vergleichbar. Im gegenständlichen Vergabeverfahren seien zwei Angebote gelegt worden. Das Angebot der Revisionswerberin sei ausgeschieden worden, aber auch das Angebot der zweitmitbeteiligten Partei wäre auszuscheiden gewesen, weil die Kalkulation der mitbeteiligten Partei in wesentlichen Positionen ihres Angebotes betriebswirtschaftlich nicht erklär- und nachvollziehbar sei.
Nach der Rechtsprechung des EuGH in "Fastweb" hätten die Bieter ein berechtigtes Interesse am Ausschluss des Angebots der jeweils anderen. Dieses Interesse könne auch dann geltend gemacht werden, wenn das eigene Angebot auszuscheiden sei. Ein anderes Ergebnis würde den Zielsetzungen eines effektiven Rechtsschutzes zuwiderlaufen. Auch der deutsche BGH gehe davon aus, dass den Bietern ein Schaden entstehe, wenn alle Bieter auszuscheiden seien.
Das Verwaltungsgericht hätte die Ausscheidensgründe beim Angebot der zweitmitbeteiligten Partei von Amts wegen zu prüfen gehabt; es sei zu Unrecht der Auffassung, dass es nur verpflichtet sei, offenkundig aus den Akten zu entnehmende Ausscheidensgründe aufzugreifen.
Revisionsbeantwortungen
Die Auftraggeberin und die zweitmitbeteiligte Partei sprachen sich in ihren Revisionsbeantwortungen gegen diese Auffassung aus. II. Die maßgeblichen Bestimmungen des Unionsrechts:
Die maßgeblichen Bestimmungen der Richtlinie 89/665 lauten:
"Artikel 1
Anwendungsbereich und Zugang zu Nachprüfungsverfahren
...
(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Nachprüfungsverfahren entsprechend den gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten festzulegenden Bedingungen zumindest jeder Person zur Verfügung stehen, die ein Interesse an einem bestimmten Auftrag hat oder hatte und der durch einen behaupteten Verstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht.
...
Artikel 2
Anforderungen an die Nachprüfungsverfahren
...
(7) ...
Abgesehen von dem Fall, in dem eine Entscheidung vor Zuerkennung von Schadensersatz aufgehoben werden muss, kann ein Mitgliedstaat ferner vorsehen, dass nach dem Vertragsschluss in Übereinstimmung mit Artikel 1 Absatz 5, Absatz 3 des vorliegenden Artikels oder den Artikeln 2a bis 2f die Befugnisse der Nachprüfungsstelle darauf beschränkt werden, einer durch einen Verstoß geschädigten Person Schadensersatz zuzuerkennen.
...
Artikel 2a
Stillhaltefrist
(1) Die Mitgliedstaaten legen nach Maßgabe der Mindestbedingungen in Absatz 2 und in Artikel 2c Fristen fest, die sicherstellen, dass die in Artikel 1 Absatz 3 genannten Personen gegen Zuschlagsentscheidungen der öffentlichen Auftraggeber wirksame Nachprüfungsverfahren anstrengen können.
(2) Der Vertragsabschluss im Anschluss an die Zuschlagsentscheidung für einen Auftrag, der in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18/EG fällt, darf nicht vor Ablauf einer Frist von mindestens zehn Kalendertagen erfolgen, gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter und Bewerber abgesendet wurde, falls sie per Fax oder auf elektronischem Weg abgesendet wird, oder, falls andere Kommunikationsmittel verwendet werden, nicht vor Ablauf einer Frist von entweder mindestens 15 Kalendertagen, gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter und Bewerber abgesendet wurde, oder mindestens zehn Kalendertagen, gerechnet ab dem Tag nach dem Eingang der Zuschlagsentscheidung.
Bieter gelten als betroffen, wenn sie noch nicht endgültig ausgeschlossen wurden. Ein Ausschluss ist endgültig, wenn er den betroffenen Bietern mitgeteilt wurde und entweder von einer unabhängigen Nachprüfungsstelle als rechtmäßig anerkannt wurde oder keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann.
Bewerber gelten als betroffen, wenn der öffentliche Auftraggeber ihnen keine Informationen über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt hat, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.
...
Artikel 2b
Ausnahmen von der Stillhaltefrist
Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die in Artikel 2a
Absatz 2 genannten Fristen in folgenden Fällen nicht angewendet
werden:
...
b) wenn der einzige betroffene Bieter im Sinne des Artikels 2a Absatz 2 der Bieter ist, dem der Zuschlag erteilt wird, und wenn es keine betroffenen Bewerber gibt;"
Die Erwägungsgründe zur Richtlinie 2007/66 lauten auszugsweise wie folgt:
"(3) Die Anhörung der Beteiligten wie auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs haben bei den gegenwärtigen Nachprüfungsverfahren in den Mitgliedstaaten einige Schwachstellen aufgedeckt. Aufgrund dieser Schwachstellen können die Verfahren der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG die Beachtung der Gemeinschaftsvorschriften nicht immer gewährleisten und insbesondere nicht in einem Stadium, in dem Verstöße noch beseitigt werden könnten. So sollten die mit diesen Richtlinien angestrebten Garantien im Hinblick auf Transparenz und Nichtdiskriminierung verstärkt werden, um zu gewährleisten, dass die positiven Effekte der Modernisierung und Vereinfachung der Vorschriften über das öffentliche Auftragswesen im Rahmen der Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG für die Gemeinschaft insgesamt voll zum Tragen kommen. Es ist daher angezeigt, die Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG so zu präzisieren und zu ergänzen, dass die vom Gemeinschaftsgesetzgeber angestrebten Ziele erreicht werden können.
(4) Zu den ermittelten Schwächen zählt insbesondere das Fehlen einer Frist, die eine wirksame Nachprüfung zwischen der Zuschlagsentscheidung und dem Abschluss des betreffenden Vertrags ermöglicht. Das führt zuweilen dazu, dass öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber sehr rasch die Vertragsunterzeichnung vornehmen, um die Folgen einer strittigen Zuschlagsentscheidung unumkehrbar zu machen. Um diese Schwachstelle zu beseitigen, die einen wirksamen Rechtsschutz der betroffenen Bieter, nämlich derjenigen Bieter, die noch nicht endgültig ausgeschlossen wurden, ernstlich behindert, ist es erforderlich, eine Mindest-Stillhaltefrist vorzusehen, während der der Abschluss des betreffenden Vertrags ausgesetzt wird, und zwar unabhängig davon, ob der Vertragsschluss zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung erfolgt oder nicht.
...
(8) Diese Art der Mindest-Stillhaltefrist soll nicht gelten, wenn die Richtlinie 2004/18/EG oder 2004/17/EG nicht die vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union vorschreibt, insbesondere in Fällen äußerster Dringlichkeit gemäß Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2004/18/EG bzw. Artikel 40 Absatz 3 Buchstabe d der Richtlinie 2004/17/EG. In diesen Fällen genügt es, wirksame Nachprüfungsverfahren nach dem Vertragsschluss vorzusehen. Ebenso ist eine Stillhaltefrist nicht erforderlich, wenn dem einzigen betroffenen Bieter auch der Zuschlag erteilt wird und wenn es keine betroffenen Bewerber gibt. In diesem Fall gibt es in dem Vergabeverfahren keine weitere Person mit einem Interesse daran, unterrichtet zu werden und eine Stillhaltefrist zu nutzen, die eine wirksame Nachprüfung ermöglicht."
III. Die maßgeblichen Bestimmungen des nationalen Rechts:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006, BGBl. I Nr. 17 in der Fassung BGBl. II Nr. 513/2013 (BVergG 2006), lauten:
"Zuständigkeit
§ 312. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.
...
(3) Nach Zuschlagserteilung ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig
1. im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte zur Feststellung, ob wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde;
...
zur Feststellung, ob ein Vergabeverfahren rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurde;
4. zur Feststellung, ob der Zuschlag rechtswidriger Weise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß den §§ 131 bzw. 272 erteilt wurde;
5. zur Feststellung, ob der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung auf Grund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wegen eines Verstoßes gegen § 152 Abs. 4 bis 6, § 158 Abs. 2 bis 5 oder § 290 Abs. 2 bis 5 rechtswidrig war;
6. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages;
7. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Verhängung von Sanktionen gemäß § 334 Abs. 7.
...
Feststellungsverfahren
Einleitung des Verfahrens
§ 331. (1) Ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages hatte, kann, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, ..."
IV. Zur Vorlageberechtigung:
Der Verwaltungsgerichtshof ist ein Gericht im Sinne des Art. 267 AEUV, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechtes angefochten werden können.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Auffassung, dass sich bei der Entscheidung der von ihm zu beurteilenden Revisionssache die im gegenständlichen Ersuchen um Vorabentscheidung angeführten und im Folgenden näher erörterten Fragen der Auslegung des Unionsrechts stellen.
V. Erläuterungen zu den Vorlagefragen:
1. Zur ersten Vorlagefrage:
Die Revision wirft die Rechtsfrage auf, welche Auswirkungen die Rechtsprechung des , Fastweb SpA, auf die Möglichkeit der Nachprüfung durch einen im Vergabeverfahren bereits ausgeschiedenen Bieter hat.
Aufbauend auf das in der Rechtsache C-249/01, Hackermüller, erkennt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass die Vergabekontrollbehörde (bei der Prüfung der Antragslegitimation im Nachprüfungsverfahren) befugt ist, auf solche Gründe für das Ausscheiden eines Angebotes Bedacht zu nehmen, die vom Auftraggeber nicht herangezogen wurden. Bei hinreichend konkreten Einwänden einer Verfahrenspartei ist die Vergabekontrollbehörde sogar verpflichtet, diese eingewendeten Gründe dahin zu prüfen, ob das Angebot des Antragstellers auszuscheiden gewesen wäre, wobei sie bei dieser Prüfung nur die aus den Akten des Vergabeverfahrens ersichtlichen Umstände zu berücksichtigen hat und in einem solchen Fall nicht etwa ein Sachverständigengutachten zur Beurteilung des Vorliegens eines Ausscheidungsgrundes einholen muss (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom , 2011/04/0133, mwN). Unter Verweis auf die Schlussanträge des Generalanwalts Mischo vom in der Rechtssache C-249/01, Hackermüller, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass ein Bieter, dem es nicht gelingt, auf Grund einer ordnungsgemäß zustande gekommenen Ausschreibung ein für den Zuschlag geeignetes Angebot zu legen, nicht schutzwürdig ist und daher nicht geltend machen kann, dass auch andere bzw. alle anderen Bieter auszuscheiden gewesen wären (vgl. hg. Erkenntnis vom , 2005/04/0200, mwN). Der Generalanwalt hatte in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache C- 249/01, Hackermüller, auf den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter verwiesen und dann Folgendes ausgeführt:
"Daraus ergibt sich, dass ein Bieter nicht den Zuschlag erhalten kann, wenn er selbst gegen die Ausschreibungsbedingungen oder gegen die Bestimmungen über öffentliche Aufträge verstoßen hat. Der Umstand, dass, wie der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, andere Bieter möglicherweise ebenfalls Verstöße begangen haben, ändert daran nichts, da ein Bieter sich nicht darauf berufen kann, dass anderen Bietern ein Rechtsverstoß zugute kommt, um geltend zu machen, dass er Opfer einer Diskriminierung sei." (Rn. 62)
Mit Urteil vom in der Rechtssache C-100/12, Fastweb SpA gegen Azienda Sanitaria Locale di Alessandria, hat der EuGH festgehalten, dass Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665 dahin auszulegen ist,
"dass er, wenn im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens der erfolgreiche Bieter, dem der Auftrag erteilt wurde und der Widerklage erhoben hat, eine auf die fehlende Klagebefugnis des klagenden Bieters gestützte Einrede der Unzulässigkeit geltend macht, weil dessen Angebot wegen seiner Nichtübereinstimmung mit den in den Verdingungsunterlagen festgelegten technischen Anforderungen vom öffentlichen Auftraggeber hätte zurückgewiesen werden müssen, dem entgegensteht, dass die Klage nach der Vorabprüfung dieser Unzulässigkeitseinrede für unzulässig erklärt wird, ohne dass darüber entschieden wird, ob das Angebot des erfolgreichen Bieters, dem der Auftrag erteilt wurde, und dasjenige des Bieters, der Klage erhoben hat, den technischen Anforderungen entsprechen." (Tenor)
In den Entscheidungsgründen dieses Urteils hielt der EuGH Folgendes fest:
"31 Im Ausgangsverfahren hat das vorlegende Gericht, nachdem es geprüft hatte, ob die Angebote der beiden betroffenen Gesellschaften den Verdingungsunterlagen entsprechen, festgestellt, dass das von Fastweb eingereichte Angebot nicht alle dort festgelegten technischen Anforderungen erfülle. Bezüglich des vom anderen Bieter, Telecom Italia, eingereichten Angebots ist es jedoch zum gleichen Ergebnis gelangt.
32 Eine solche Konstellation unterscheidet sich von der dem Urteil Hackermüller zugrunde liegenden insbesondere dadurch, dass festgestellt worden ist, dass das ausgewählte Angebot bei der Überprüfung der Angebote zu Unrecht nicht ausgeschlossen wurde, obwohl es nicht den technischen Anforderungen der Verdingungsunterlagen entsprach.
33 Wurde eine solche Feststellung getroffen, kann die Widerklage des erfolgreichen Bieters jedoch dann nicht zur Abweisung der Klage eines Bieters führen, wenn die Ordnungsmäßigkeit des Angebots jedes dieser Wirtschaftsteilnehmer im Rahmen desselben Verfahrens und aus gleichartigen Gründen in Frage gestellt wird. Denn in einem solchen Fall kann sich jeder Wettbewerber auf ein berechtigtes Interesse am Ausschluss des Angebots der jeweils anderen berufen, was zu der Feststellung führen kann, dass es dem öffentlichen Auftraggeber unmöglich ist, ein ordnungsgemäßes Angebot auszuwählen."
Der EuGH hat in dieser Rechtsprechung - wie dargestellt - die Aussage getroffen, dass sich jeder Bieter in einem Fall wie dem dort vorliegenden "auf ein berechtigtes Interesse am Ausschluss des Angebots der jeweils anderen berufen" kann (siehe die oben genannte Rn. 33). Damit nimmt der EuGH in dieser Konstellation eine Schutzwürdigkeit des Bieters, dessen Angebot nicht den in der Ausschreibung festgelegten Anforderungen entspricht, an.
Das dortige Ausgangsverfahren war dadurch gekennzeichnet - wie der EuGH im Tenor dieses Urteils ausdrücklich festhält -, dass "im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens" eine "auf die fehlende Klagebefugnis des klagenden Bieters gestützte Einrede der Unzulässigkeit" erhoben wurde (dort nach italienischem Recht in Form einer Widerklage). Die Entscheidung, das Angebot auszuscheiden, wurde nicht vom Auftraggeber getroffen, sondern ein Ausscheidensgrund wurde erst im Nachprüfungsverfahren für beide Angebote "im Rahmen desselben Verfahrens" festgestellt (Rn. 33 des Urteils "Fastweb").
Das vorliegende Verfahren wirft die Frage auf, ob diese Grundsätze der Rechtsprechung im Urteil "Fastweb" auch für die Konstellation des vorliegenden Ausgangsverfahrens gelten, in der zwei Bieter Angebote abgegeben haben, das Angebot eines Bieters rechtskräftig vom Aufraggeber ausgeschieden wurde und dem anderen Bieter der Auftrag erteilt wurde.
Vorauszuschicken ist, dass die Tragweite der Rechtsprechung des EuGH im Urteil "Fastweb" sowohl in der Rechtsprechung der österreichischen Vergabekontrollbehörden in Diskussion steht (vgl. zusammenfassend Schramm/Pesendorfer, Antragslegitimation oder effektiver Rechtsschutz. Eine Bestandsaufnahme, ZVB 2015/3) als auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten nicht offenkundig ist, wie das Vorabentscheidungsersuchen des Consiglio di Giustizia Amminstrativa per la Regione siciliana (Italien) an den EuGH in der Rechtssache C-689/13, PFE, zeigt.
Dass vorliegend das Angebot der Revisionswerberin bereits vom Auftraggeber rechtskräftig aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden wurde, ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ein entscheidender Unterschied zwischen der Konstellation in der Rechtssache "Fastweb" und in der vorliegenden Rechtssache. Auf die Bedeutung des Umstandes des Nichtausscheidens durch die Auftraggeberin in der Rechtssache "Fastweb" weist auch Generalanwalt Wathelet in seinen Schlussanträgen vom in der Rechtssache C-689/13 hin (Rn. 32).
Art. 1 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 89/665 verlangt nach der Rechtsprechung des EuGH "entsprechend den gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten festzulegenden Bedingungen" eine wirksame und vor allem möglichst rasche Nachprüfung nach Maßgabe der Art. 2 bis 2f dieser Richtlinie (vgl. das , eVigilo Ltd, Rn. 50).
Nach Art. 2a zweiter Unterabsatz der RechtsmittelRL gelten Bieter als betroffen (und ist ihnen gemäß Art. 2a Abs. 2 erster Unterabsatz der RechtsmittelRL die Zuschlagsentscheidung mitzuteilen), wenn sie noch nicht endgültig ausgeschlossen wurden. Ein Ausschluss ist nach dieser Bestimmung endgültig, wenn er den betroffenen Bietern mitgeteilt wurde und entweder von einer unabhängigen Nachprüfungsstelle als rechtmäßig anerkannt wurde oder keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann.
Nach dem Sachverhalt des Ausgangsverfahrens wurde das Angebot der Revisionswerberin durch die Auftraggeberin aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden. Der gegen diese Ausscheidensentscheidung gerichtete Nachprüfungsantrag wurde vom Verwaltungsgericht abgewiesen. Die Revisionswerberin hatte nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes somit die Möglichkeit der Anfechtung dieser Entscheidung nach Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665/EWG (im Sinne der Rn. 26 des Urteiles "Fastweb") und die Ausscheidensentscheidung wurde nach Art. 2a Abs. 2 der RechtsmittelRL von einer unabhängigen Nachprüfungsstelle als rechtmäßig anerkannt. Damit ist die Revisionswerberin nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht betroffener Bieter nach Art. 2a der Richtlinie 89/665.
Als nicht betroffenem Bieter könnte der Revisionswerberin aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nach Art. 2a der Richtlinie 89/665 der Zugang zu einer Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung und des daran anschließenden Vertragsabschlusses verwehrt werden. So spricht der vierte Erwägungsgrund zur Richtlinie 2007/66/EG dafür, dass der Unionsgesetzgeber mit der Einführung der Stillhaltepflicht und der verpflichtenden Mitteilung der Zuschlagsentscheidung in Art. 2a der Richtlinie 89/665 den effektiven Rechtsschutz sicherstellen wollte. Die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung und damit der wirksame Rechtsschutz gegen diese Entscheidung des Auftraggebers soll lediglich den betroffenen Bietern, nämlich denjenigen Bietern, "die noch nicht endgültig ausgeschlossen wurden", zur Verfügung stehen. Nichts anderes kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes für den an die Zuschlagsentscheidung anschließenden Vertragsabschluss angenommen werden.
Dafür spricht auch Art. 2b der Richtlinie 89/665, wonach die Stillhaltefrist nicht angewendet werden muss, "wenn der einzige betroffene Bieter im Sinne des Artikels 2a Absatz 2 der Bieter ist, dem der Zuschlag erteilt wird, und wenn es keine betroffenen Bewerber gibt", was die Konstellation des vorliegenden Ausgangsverfahrens ist.
Das würde bedeuten, dass wirksamer Rechtsschutz gegen die Zuschlagsentscheidung und den daran anschließenden Vertragsabschluss nach Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665 unionsrechtlich alleine dem betroffenen Bieter gewährt werden müsste.
Nach der Rechtsprechung des EuGH sollen die Vorschriften der Richtlinie 89/665 die Bieter vor der Willkür des öffentlichen Auftraggebers schützen (vgl. das , eVigilo Ltd, Rn. 50). Im vorliegenden Ausgangsverfahren behauptet die Revisionswerberin, die Auftraggeberin hätte willkürlich nur sie, nicht hingegen die erfolgreiche Bieterin, mit welcher der Vertrag geschlossen wurde, ausgeschieden. Würde der rechtskräftig ausgeschiedene Bieter keinen Zugang zum Nachprüfungsverfahren gegen den Vertragsschluss haben, wäre er vor der Willkür des Auftraggebers nicht geschützt. Dies scheint aber die Richtlinie 89/665, insbesondere deren Art. 2a, in Kauf zu nehmen. Andererseits könnte aber der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter fordern, in einer Konstellation wie der vorliegenden einem rechtskräftig ausgeschiedenen Bieter den Zugang zu einer Nachprüfung des Vertragsschlusses mit einem einzigen anderen Bieter einzuräumen, wenn die Ordnungsmäßigkeit des Angebotes des erfolgreichen Bieters vom Antragsteller bestritten wird.
2. Zur zweiten Vorlagefrage:
Wird die erste Vorlagefrage verneint und ist daher davon auszugehen, dass die Grundsätze des , Fastweb SpA, auch in dieser Konstellation maßgeblich sind, so stellt sich die Frage nach der konkreten Bedeutung dieser Grundsätze für das Ausgangsverfahren.
Der EuGH ist im Urteil "Fastweb" davon ausgegangen, dass von der dortigen Nachprüfungsstelle bereits im Nachprüfungsverfahren "festgestellt worden ist, dass das ausgewählte Angebot bei der Überprüfung der Angebote zu Unrecht nicht ausgeschlossen wurde, obwohl es nicht den technischen Anforderungen der Verdingungsunterlagen entsprach" (Rn. 32) und er hielt fest, dass die Ordnungsmäßigkeit des Angebots jedes Bieters "aus gleichartigen Gründen in Frage gestellt" wurde (Rn. 33).
Zu a):
Im vorliegenden Ausgangsverfahren hat jedoch das Verwaltungsgericht als Nachprüfungsstelle die nähere Prüfung und damit die Feststellung des von der Revisionswerberin behaupteten Ausscheidensgrundes verweigert, weil dieser nach Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Antragslegitimation zukam und ihr damit kein Zugang zum Nachprüfungsverfahren zu gewähren war. Auch hat das Verwaltungsgericht gestützt auf die oben dargestellte Rechtsprechung (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom , 2011/04/0133, mwN) des Verwaltungsgerichtshofes die Auffassung vertreten, es habe bei der Prüfung der Antragslegitimation nur jene Ausscheidensgründe aufzugreifen, die sich offenkundig aus den Akten des Nachprüfungsverfahrens entnehmen ließen. Diese Einschränkung könnte auf die Richtlinie 89/665 gestützt werden, da diese nach ihrem Art. 1 Abs. 1 und 3 eine "vor allem möglichst rasche Nachprüfung" verlangt (vgl. das Urteil des EuGH eVigilo Ltd, Rn. 50).
Zu b):
Wenn der EuGH die erste Vorlagefrage verneint, so wird in dieser Rechtssache zu beurteilen sein, ob es sich bei den Ausscheidensgründen, aus denen das Angebot der Revisionswerberin ausgeschieden wurde und aus denen das Angebot der erfolgreichen Bieterin (zweitmitbeteiligte Partei) auszuscheiden gewesen wäre, im Sinne der Rechtsprechung des EuGH im Urteil "Fastweb" um "gleichartige Gründe" handeln muss. Die Bedeutung des Begriffes der "gleichartigen Gründe" im Sinne der Rechtsprechung des EuGH im Urteil "Fastweb" wurde in den Schlussanträgen von Generalanwalt Wathelet vom in der Rechtssache C-689/13 behandelt (Rn. 43 bis 45). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes erscheint es fraglich, ob es aus Sicht eines wirksamen Rechtsschutzes nach der Richtlinie 89/665 einen Unterschied macht, aus welchem Grund beide Angebote auszuscheiden sind und das Vergabeverfahren daher zu widerrufen ist.
Daher stellt sich im Rahmen der Tragweite der Grundsätze des Urteils "Fastweb" die zweite Vorlagefrage.
3. Da die richtige Anwendung des Unionsrechts nicht als derart offenkundig erscheint, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt (vgl. hierzu das , Srl C.I.L.F.I.T. und andere, Slg. 1982, 3415) werden die eingangs formulierten Vorlagefragen gemäß Art. 267 AEUV mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung vorgelegt.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der Bietergemeinschaft 1. T GesmbH und 2. C GmbH, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte in 1010 Wien, Bartensteingasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W139 2006041- 2/37E; W139 2008320-1/34E, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Parteien: 1. U, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtanwalts-Partnerschaft in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, 2. V GmbH & Co KG in W, vertreten durch Weixelbaumer Rechtsanwälte in 1030 Wien, Reisnerstraße 61), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der erst- und der zweitmitbeteiligten Partei jeweils Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Die Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien werden abgewiesen.
Begründung
I.
Vorgeschichte
1 Den insoweit unstrittigen Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses zufolge schrieb die erstmitbeteiligte Auftraggeberin im Vergabeverfahren "Rahmenvereinbarung, technische Betriebsführung, Instandhaltung, Instandsetzung und Wartung der technischen Gebäudeausrüstung und Laborausstattung, (...), A 1190 Wien" die genannten Leistungen im Oktober 2012 in Form eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung mit dem Ziel des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmen aus.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses liegt der geschätzte Auftragswert der ausgeschriebenen Rahmenvereinbarung entsprechend den Angaben der erstmitbeteiligten Auftraggeberin über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006, sodass ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.
2 Die revisionswerbende Bietergemeinschaft und die zweitmitbeteiligte Partei legten rechtzeitig ein Angebot.
3 Am wurde der Revisionswerberin seitens der erstmitbeteiligten Auftraggeberin das Ausscheiden ihres Angebotes bekannt gegeben.
4 Mit Erkenntnis vom wurde der auf die Nichtigerklärung dieser Ausscheidungsentscheidung gerichtete Nachprüfungsantrag der Revisionswerberin durch das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: Verwaltungsgericht) abgewiesen.
5 Mit hg. Beschluss vom , Ra 2014/04/0001, wurde die gegen dieses Erkenntnis gerichtete außerordentliche Revision (der vorliegenden Revisionswerberin) durch den Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen.
6 Mit Schreiben vom nahm die erstmitbeteiligte Auftraggeberin das Angebot der zweitmitbeteiligten Partei an und schloss die Rahmenvereinbarung mit der zweitmitbeteiligten Partei ab. Dem angefochtenen Erkenntnis zufolge erfolgte mit dem Vertragsabschluss auch bereits der Abruf der ausgeschriebenen Leistungen mit Ausnahme einer näher bezeichneten Leistung ("HG04 des Teils C").
Angefochtenes Erkenntnis
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom erkannte das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 6 BVwGG iVm § 292 Abs. 1 BVergG 2006 über die Anträge der Revisionswerberin wie folgt:
Mit Spruchpunkt A I. wurden die für den Fall, dass die Rahmenvereinbarung noch nicht abgeschlossen wurde, gestellten Anträge (vom ) auf
Nichtigerklärung der Entscheidung der mitbeteiligten Auftraggeberin, mit welchem Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden solle
in eventu auf Nichtigerklärung des Vergabeverfahrens,
in eventu auf Nichtigerklärung der unzulässigen Wahl des Verfahrens der Direktvergabe sowie
in eventu auf Nichtigerklärung der Aufforderung zur Angebotsabgabe im Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb
gemäß den §§ 2 Z 16 lit. a sublit. ii und 312 Abs. 2 BVergG 2006 zurückgewiesen.
Mit Spruchpunkt A II. wurden die in eventu für den Fall, dass die Rahmenvereinbarung bereits abgeschlossen wurde, gestellten Anträge (vom )
auf Feststellung dass der Zuschlag bzw. der Abschluss der Rahmenvereinbarung wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde,
auf Feststellung dass die Zuschlagserteilung bzw. der Abschluss der Rahmenvereinbarung ohne Mitteilung der Entscheidung, mit wem die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, gemäß § 151 BVergG 2006 wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war,
in eventu für den Fall, dass der Abschluss der Rahmenvereinbarung als Direktvergabe zu qualifizieren sein sollte, auf Feststellung dass die Direktvergabe rechtswidrig war sowie
(vom ) in eventu für den Fall, dass der Abschluss der Rahmenvereinbarung als Direktvergabe zu qualifizieren sein sollte, auf Feststellung, dass die Direktvergabe bzw. die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hiezu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war,
gemäß den §§ 312 Abs. 3 und 331 Abs. 1 BVergG 2006 zurückgewiesen.
Mit Spruchpunkt A III. wurden die Anträge (vom )
auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Zuschlages bei der Vergabe einer Leistung auf Grund einer Rahmenvereinbarung sowie
auf Feststellung, dass das Unterlassen der Erklärung des Widerrufs des Vergabeverfahrens wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hiezu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war,
gemäß den §§ 312 Abs. 3, 331 Abs. 1 und 332 Abs. 6 BVergG 2006 zurückgewiesen.
Mit Spruchpunkt A IV. wurde der Antrag (vom ) auf Nichtigerklärung der unzulässigen Wahl des Verfahrens der Direktvergabe (von Leistungen näher bezeichneter Positionen) gemäß § 312 Abs. 2 BVergG 2006 zurückgewiesen.
Mit Spruchpunkt A V. wurde der in eventu für den Fall, dass die Leistungen bereits direkt vergeben wurden, gestellte Antrag (vom ) auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Direktvergabe (von Leistungen näher bezeichneter Positionen) gemäß § 312 Abs. 2 BVergG 2006 abgewiesen.
Gemäß Spruchpunkt A VI. wurden die Anträge der revisionswerbenden Bietergemeinschaft auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren gemäß § 319 BVergG 2006 abgewiesen.
Mit Spruchpunkt A VII. wurde der revisionswerbenden Bietergemeinschaft gemäß § 318 Abs. 1 BVergG 2006 eine Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 9.850,-- auferlegt.
Mit Spruchpunkt B wurde ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
8 Begründend führte das Verwaltungsgericht zu den Spruchpunkten A I. und A IV. aus, die verfahrensgegenständliche Rahmenvereinbarung sei bereits am mit der Annahme des Angebotes der zweitmitbeteiligten Partei durch die erstmitbeteiligte Auftraggeberin abgeschlossen worden. Diesbezüglich sei das Vergabeverfahren beendet. Darüber hinaus sei mit dem Vertragsabschluss bereits der Abruf der ausgeschriebenen Leistungen mit Ausnahme einer näher bezeichneten Leistung erfolgt. Das bedeute, dass in diesem Umfang bereits die Vergabe auf Grund der betreffenden Rahmenvereinbarung gemäß § 152 BVergG 2006 erfolgt und das Vergabeverfahren diesbezüglich beendet sei. Ebenso verhalte es sich mit den direkt an eine näher bezeichnete GmbH vergebenen Leistungen (der Wartung und Instandhaltung der Sterilwerkbänke - Sicherheitsüberprüfung der Sicherheitswerkbänke). Dieses Verfahren sei, selbst wenn man mit der revisionswerbenden Bietergemeinschaft davon ausgehen könnte, dass eine Direktvergabe gewählt worden sei, abgeschlossen.
Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass die Revisionswerberin ihre Nachprüfungsanträge unter der - gegenständlich nicht vorliegenden - Prämisse gestellt habe, dass die Rahmenvereinbarung noch nicht abgeschlossen worden sei, sodass diesen auch insofern kein Erfolg beschieden sei.
Daher sei eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes zur Nichtigerklärung gemäß § 312 Abs. 2 BVergG 2006 nicht mehr gegeben. Dem Verwaltungsgericht kämen nur (Feststellungs)Zuständigkeiten gemäß § 312 Abs. 3 BVergG 2006 zu.
Soweit durch die Nachprüfungsanträge die noch nicht durch die erstmitbeteiligte Auftraggeberin abgerufenen Leistungen betroffen seien, sei festzuhalten, dass nach Abschluss der Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Unternehmer die Anfechtung der von der Revisionswerberin bezeichneten Entscheidungen und deren Nichtigerklärung nicht in Frage komme (Verweis auf § 2 Z 16 lit. b sublit. ii BVergG 2006), sodass die Nachprüfungsanträge auch insofern zurückzuweisen gewesen seien.
9 Zu Spruchpunkt A II. und den beantragten Feststellungen nach § 312 Abs. 3 BVergG 2006 führte das Verwaltungsgericht aus, dass insoweit die Revisionswerberin in ihren Feststellungsanträgen auf den Abschluss der Rahmenvereinbarung Bezug nehme, eine derartige Feststellung gesetzlich aber nicht vorgesehen sei, zumal sich ein Vergabeverfahren noch nicht im Stadium nach Zuschlagserteilung befände. Ein Umdeuten dieser verfehlten Begehren komme nicht in Betracht.
Für Feststellungsanträge seien das Erfordernis des Interesses am Vertragsabschluss sowie eines Schadens Antragsvoraussetzung.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme dem ausgeschiedenen Bieter im Hinblick auf die Ausscheidensentscheidung Antragslegitimation zu. Komme die Nachprüfungsbehörde zum Ergebnis, dass der Antragsteller zu Recht ausgeschieden worden sei, so habe sie den Nachprüfungsantrag abzuweisen. Ein Bieter, dessen Angebot zu Recht ausgeschieden worden sei, könne durch Rechtswidrigkeiten, die das Verfahren zur Wahl eines Angebotes für den Zuschlag betreffen, nicht in Rechten verletzt werden.
Der Revisionswerberin sei zwar beizupflichten, dass das Bundesvergabeamt angesichts des Urteiles des EuGH "Fastweb" davon ausgegangen sei, dass sich die Beurteilung der Antragslegitimation in neuem Licht darstelle und es nicht mehr ohne weiteres möglich sei, die Antragslegitimation unter Berufung auf die Verwirklichung eines Ausscheidenstatbestandes auf Seiten des antragstellenden Bieters und damit unter Berufung auf das Fehlen eines Schadenseintritts bzw. einer Schadenseintrittsmöglichkeit abzusprechen.
Es dürfe jedoch nicht übersehen werden, dass sich der Sachverhalt in jenem Verfahren vor dem Bundesvergabeamt wie auch jener vor dem EuGH in der Rechtssache "Fastweb" von dem im vorliegenden Verfahren unterscheide. Im vorliegenden Vergabeverfahren habe die erstmitbeteiligte Auftraggeberin das Angebot der Revisionswerberin förmlich ausgeschieden, während in der Rechtssache "Fastweb" die Prüfung durch das vorlegende Gericht - und nicht durch den Auftraggeber - das Vorliegen eines Ausscheidenstatbestandes ergeben habe.
Darüber hinaus sei der vorliegenden (mangels Bekämpfung durch die revisionswerbende Bietergemeinschaft bestandfesten) Ausschreibung zu entnehmen, dass bloß die nach der Angebotsprüfung verbleibenden Angebote einer Bewertung anhand der Zuschlagskriterien unterzogen würden und sodann die verbliebenen Bieter über den beabsichtigten Abschluss der Rahmenvereinbarung bzw. die Zuschlagsentscheidung zu informieren seien.
Das Verwaltungsgericht folge nicht der Auffassung der Revisionswerberin, wonach unter "nicht berücksichtigten Bietern" gemäß § 151 Abs. 3 BVergG 2006 sämtliche Bieter des betreffenden Vergabeverfahrens - unterschiedslos ob diese rechtskräftig ausgeschieden seien oder nicht - zu subsumieren seien. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes seien jene "nicht berücksichtigte Bieter", welche auf Grund der Bewertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien nicht als Bestbzw. Billigstbieter gereiht worden seien.
Zusammenfassend sei festzuhalten, dass trotz Verbleibens bloß zweier Angebote im Vergabeverfahren der vorliegende Sachverhalt nicht mit jenem in der Rechtssache "Fastweb" verglichen werden könne. Das Angebot der Revisionswerberin sei zu Recht aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden worden. Die erstmitbeteiligte Auftraggeberin sei nicht verpflichtet gewesen, der rechtskräftig ausgeschiedenen Revisionswerberin die Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden solle, mitzuteilen.
10 Zu Spruchpunkt A III. verwies das Verwaltungsgericht auf die Begründung der Unzulässigkeit der Feststellungsanträge zu Spruchpunkt A II. Darüber hinaus seien die in diesem Spruchpunkt behandelten Feststellungsanträge auch deshalb unzulässig, da sie trotz Aufforderung nicht ordnungsgemäß vergebührt worden seien.
11 Zu Spruchpunkt A V. führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, diese Leistungen seien nicht in Umgehung der Zusammenrechnungsregel des § 13 Abs. 4 BVergG 2006 (direkt) vergeben worden, da von einer Leistung mit eigenständiger Funktion auszugehen sei. Selbst wenn man der Revisionswerberin folge, könne sich die Direktvergabe auf die Losregelung des § 16 Abs. 5 BVergG 2006 stützen.
12 Spruchpunkt A VI. wurde damit begründet, dass sämtlichen Anträgen der Revisionswerberin nicht stattgegeben worden sei.
13 Die Vorschreibung der (zusätzlichen) Pauschalgebühren in Spruchpunkt A VII. begründete das Verwaltungsgericht damit, dass die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom einen weiteren Antrag nach § 331 Abs. 1 BVergG 2006 eingebracht habe.
14 Die Zulassung der ordentlichen Revision (in Spruchpunkt B) begründete das Verwaltungsgericht damit, dass sich der Verwaltungsgerichtshof, wenngleich sich der konkrete Sachverhalt und die betreffende Ausgangslage in der Rechtssache "Fastweb" erheblich unterschieden, mit den konkreten Ausführungen des EuGH zur Antragslegitimation noch nicht auseinandergesetzt habe. Angesichts der (tatsächlich und historisch) beträchtlichen Bedeutung der Antragslegitimation im Vergabekontrollverfahren solle der Revisionswerberin der Weg einer ordentlichen Revision nicht "abgeschnitten" werden.
Revision
15 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende
Revision.
Revisionsbeantwortungen
16 Das Verwaltungsgericht legte die Revision gemäß § 30a Abs. 6 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahren und den von der erst- als auch der zweitmitbeteiligte Partei erstatteten Revisionsbeantwortungen vor.
II.
Der Verwaltungsgerichthof hat erwogen:
Grundsätzlich
17 Die Revision wirft in ihren Zulässigkeitsgründen die grundsätzliche Rechtsfrage auf, welche Auswirkungen die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) im Urteil vom in der Rechtssache C-100/12, "Fastweb" auf die Möglichkeit der Nachprüfung einer Zuschlagsentscheidung durch einen im Vergabeverfahren bereits ausgeschiedenen Bieter hat.
18 Diese Rechtsfrage wird bereits vom Verwaltungsgericht in der Begründung zur Zulassung der ordentlichen Revision nach § 25a Abs. 1 VwGG angesprochen.
19 Die Revision ist daher zulässig. Sie ist jedoch nicht
berechtigt.
Rechtslage
20 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006, BGBl. I Nr. 17 in der Fassung BGBl. II Nr. 513/2013 (BVergG 2006), lauten (Unterstreichungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:
...
16. Entscheidung ist jede Festlegung eines
Auftraggebers im Vergabeverfahren.
a) Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in
Erscheinung tretende Entscheidungen:
...
ii) bei der Rahmenvereinbarung gemäß § 25 Abs. 7:
hinsichtlich des zum Abschluss der Rahmenvereinbarung führenden Verfahrens die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß sublit. aa), bb), dd) oder ee) mit Ausnahme der Zuschlagsentscheidung; die Entscheidung, mit welchem Unternehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll; bei einer Rahmenvereinbarung, die mit mehreren Unternehmern abgeschlossen wurde, der erneute Aufruf zum Wettbewerb; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
...
4. Abschnitt
Schwellenwerte, Berechnung des geschätzten Leistungswertes
Schwellenwerte
§ 12. (1) Verfahren von Auftraggebern zur Vergabe von Aufträgen erfolgen im Oberschwellenbereich, wenn der geschätzte Auftragswert
...
2. bei allen übrigen Liefer- und Dienstleistungsaufträgen
mindestens 207 000 EUR beträgt;
...
(3) Verfahren von Auftraggebern zur Vergabe von Aufträgen erfolgen im Unterschwellenbereich, wenn der geschätzte Auftragswert die in Abs. 1 genannten Beträge nicht erreicht. ...
...
Ausscheiden von Angeboten
§ 129. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Auftraggeber auf Grund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:
...
(2) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung kann der Auftraggeber Angebote von Bietern ausscheiden, die ...
(3) Der Auftraggeber hat den Bieter vom Ausscheiden seines Angebotes unter Angabe des Grundes nachweislich elektronisch oder mittels Telefax zu verständigen.
...
Wahl des Angebotes für den Zuschlag
§ 130. (1) Von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben, ist der Zuschlag gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen.
...
Gründe für den Widerruf eines Vergabeverfahrens nach
Ablauf der Angebotsfrist
§ 139. (1) Nach Ablauf der Angebotsfrist ist ein
Vergabeverfahren zu widerrufen, wenn
1. Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor
Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, eine
Ausschreibung ausgeschlossen hätten, oder
2. Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor
Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, zu einer
inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten, oder
3. kein Angebot eingelangt ist, oder
4. nach dem Ausscheiden von Angeboten kein Angebot im
Vergabeverfahren verbleibt.
...
4. Abschnitt
Bestimmungen für den Abschluss von Rahmenvereinbarungen und die Vergabe von Aufträgen auf Grund von Rahmenvereinbarungen
...
Abschluss von Rahmenvereinbarungen
§ 151. ...
(3) Die Parteien der Rahmenvereinbarung werden nach Durchführung eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung oder eines Verhandlungsverfahrens gemäß den §§ 28 bis 30 sowie 38 Abs. 1 ermittelt. Eine Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer ist mit jenem Bieter abzuschließen, der das gemäß dem oder den bekannt gegebenen Zuschlagskriterien am besten bewertete Angebot gelegt hat. Eine Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmern ist mit jenen Bietern abzuschließen, die die gemäß dem oder den bekannt gegebenen Zuschlagskriterien am besten bewerteten Angebote gelegt haben. Soll eine Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmern abgeschlossen werden, so müssen mindestens drei Parteien daran beteiligt sein, sofern eine ausreichend große Zahl von Unternehmern die Eignungskriterien erfüllt hat und eine ausreichend große Zahl von zulässigen Angeboten abgegeben wurde. Die maßgeblichen Gründe für die Bewertung der Angebote sind in nachvollziehbarer Form festzuhalten. Der Auftraggeber hat den nicht berücksichtigten Bietern den Namen des Unternehmers bzw. die Namen der Unternehmer, mit dem bzw. denen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, nachweislich mitzuteilen. In dieser Mitteilung sind die Gründe der Nichtberücksichtigung sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bzw. der erfolgreichen Angebote bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde. Eine Verpflichtung zur Mitteilung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, besteht nicht, wenn ein Verhandlungsverfahren gemäß § 28 Abs. 2 Z 3, § 29 Abs. 2 Z 3 oder 6 oder § 30 Abs. 2 Z 3 zum Abschluss der Rahmenvereinbarung durchgeführt wurde.
(4) Der Auftraggeber darf die Rahmenvereinbarung bei sonstiger absoluter Nichtigkeit nicht innerhalb der Stillhaltefrist abschließen. Die Stillhaltefrist beginnt mit der Absendung der Mitteilung, mit welchem Unternehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll. Sie beträgt bei einer Übermittlung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax zehn Tage, bei einer Übermittlung auf brieflichem Weg 15 Tage. Bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens im Unterschwellenbereich verkürzt sich die Stillhaltefrist auf sieben Tage. Für eine freiwillige Bekanntgabe bzw. Bekanntmachung gelten die §§ 49 Abs. 2 und 55 Abs. 5 sinngemäß.
...
Vergabe von öffentlichen Aufträgen auf Grund von
Rahmenvereinbarungen
§ 152. (1) Bei der Vergabe der auf einer Rahmenvereinbarung beruhenden öffentlichen Aufträge dürfen die Parteien keinesfalls substanzielle Änderungen an den Bedingungen der Rahmenvereinbarung vornehmen.
(2) Aufträge, die auf Grund einer gemäß § 151 abgeschlossenen Rahmenvereinbarung vergeben werden sollen, werden gemäß den in Abs. 3 bis 6 beschriebenen Verfahren vergeben. Diese Verfahren sind nur zwischen dem bzw. den Auftraggebern und jenem bzw. jenen Unternehmern zulässig, die von Anfang an Parteien der Rahmenvereinbarung waren.
(3) Wird eine Rahmenvereinbarung mit einem einzigen
Unternehmer gemäß § 151 Abs. 3 abgeschlossen, so kann der Zuschlag
hinsichtlich der auf dieser Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge
1. unmittelbar dem auf Grund der Bedingungen der
Rahmenvereinbarung gelegten Angebot nach den in den
Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung genannten
Bedingungen erteilt werden, oder
2. der Auftraggeber kann den Unternehmer zuerst schriftlich
auffordern, sein Angebot
a) auf der Grundlage der ursprünglichen Bedingungen der
Rahmenvereinbarung für die Vergabe der Aufträge oder
b) sofern nicht alle Bedingungen für die Vergabe der
Aufträge in der Rahmenvereinbarung selbst festgelegt sind, auf der
Grundlage der vervollständigten Bedingungen der Rahmenvereinbarung
für die Vergabe der Aufträge oder
c) auf der Grundlage von anderen, in den
Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung genannten Bedingungen
erforderlichenfalls zu verbessern, zu vervollständigen oder
abzuändern und erst danach den Zuschlag nach den in den
Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung genannten
Bedingungen erteilen.
(4) Wird eine Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmern
gemäß § 151 Abs. 3 abgeschlossen, so ist der Zuschlag für die auf
dieser Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge
1. unmittelbar auf Grund der Bedingungen der
Rahmenvereinbarung ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb, oder
2. nach erneutem Aufruf der Parteien zum Wettbewerb
zu erteilen.
(5) Sofern nicht alle Bedingungen für die Vergabe der
Aufträge in der Rahmenvereinbarung selbst festgelegt sind, kann
der erneute Aufruf der Parteien zum Wettbewerb gemäß Abs. 4 Z 2
1. auf der Grundlage der ursprünglichen und nunmehr
vervollständigten Bedingungen der Rahmenvereinbarung für die
Vergabe der Aufträge, oder
2. auf der Grundlage von anderen, in den
Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung genannten Bedingungen
erfolgen.
(6) Bei einem erneuten Aufruf der Parteien zum Wettbewerb gemäß Abs. 4 Z 2 kann der Auftraggeber den Zuschlag entweder nach Durchführung einer elektronischen Auktion gemäß den §§ 146 bis 149 oder nach Durchführung des nachfolgenden Verfahrens erteilen:
1. Vor der Vergabe jedes Einzelauftrages konsultiert der
Auftraggeber schriftlich jene Parteien der Rahmenvereinbarung, die
in der Lage sind, die konkret nachgefragte Leistung zu erbringen.
2. Der Auftraggeber setzt eine angemessene Frist für die
Abgabe neuer Angebote für jeden Einzelauftrag fest. Bei der
Festsetzung der Frist hat der Auftraggeber insbesondere die
Komplexität des Auftragsgegenstandes und die für die Übermittlung
der Angebote und der sonstigen Unterlagen erforderliche Zeit zu
berücksichtigen.
3. Die Angebote sind schriftlich einzureichen, ihr Inhalt
ist bis zum Ablauf der Angebotsfrist geheim zu halten.
4. Der Zuschlag ist dem gemäß dem oder den auf der
Grundlage der Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung festgelegten Zuschlagskriterium bzw. Zuschlagskriterien am besten bewerteten Angebot zu erteilen. Die Gründe für die Zuschlagsentscheidung sind schriftlich festzuhalten. Hinsichtlich der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung, der Wirksamkeit des Zuschlages und der Form des Vertragsabschlusses gelten die §§ 131 bis 134.
...
2. Hauptstück
Besondere Bestimmungen über das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichtes in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens
...
Zuständigkeit
§ 312. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.
(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines
Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zwecke der
Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu
ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar
anwendbares Unionsrecht zuständig
1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie
2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer
Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller
geltend gemachten Beschwerdepunkte.
(3) Nach Zuschlagserteilung ist das Bundesverwaltungsgericht
zuständig
1. im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten
Beschwerdepunkte zur Feststellung, ob wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde;
2. in einem Verfahren gemäß Z 1, 4 und 5 auf Antrag des Auftraggebers zur Feststellung, ob der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte;
3. zur Feststellung, ob ein Vergabeverfahren rechtswidriger
Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf
zum Wettbewerb durchgeführt wurde;
4. zur Feststellung, ob der Zuschlag rechtswidriger Weise
ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß den §§ 131
bzw. 272 erteilt wurde;
5. zur Feststellung, ob der Zuschlag bei der Vergabe einer
Leistung auf Grund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wegen eines Verstoßes gegen § 152 Abs. 4 bis 6, § 158 Abs. 2 bis 5 oder § 290 Abs. 2 bis 5 rechtswidrig war;
6. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages;
7. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Verhängung von Sanktionen gemäß § 334 Abs. 7.
...
Gebühren
§ 318. (1) Für Anträge gemäß den §§ 320 Abs. 1, 328 Abs. 1 und § 331 Abs. 1 und 2 hat der Antragsteller nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten:
1. Die Pauschalgebühr ist gemäß den von der Bundesregierung durch Verordnung festzusetzenden Gebührensätzen bei Antragstellung zu entrichten. Bieter- und Arbeitsgemeinschaften haben die Pauschalgebühr nur einmal zu entrichten. ...
...
5. Hat ein Antragsteller zum selben Vergabeverfahren bereits einen Antrag gemäß § 320 Abs. 1 oder gemäß § 331 Abs. 1 oder 2 eingebracht, so ist von diesem Antragsteller für jeden weiteren Antrag gemäß § 320 Abs. 1 oder gemäß § 331 Abs. 1 oder 2 eine Gebühr in der Höhe von 80 vH der festgesetzten Gebühr zu entrichten.
...
Gebührenersatz
§ 319. (1) Der vor dem Bundesverwaltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller hat Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 318 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber. ...
...
Feststellungsverfahren
Einleitung des Verfahrens
§ 331. (1) Ein Unternehmer, der ein Interesse am
Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes
unterliegenden Vertrages hatte, kann, sofern ihm durch die
behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu
entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass
1. der Zuschlag wegen eines Verstoßes gegen dieses
Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar
anwendbares Unionsrecht nicht gemäß den Angaben in der
Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem
technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde, oder
2. die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige
Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen
eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen
Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig
war, oder
3. die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der
Zuschlagsentscheidung gemäß den §§ 131 bzw. 272 wegen eines
Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen
Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig
war, oder
4. der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung auf Grund
einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen
Beschaffungssystems wegen eines Verstoßes gegen § 152 Abs. 4 bis
6, § 158 Abs. 2 bis 5 oder § 290 Abs. 2 bis 5 rechtswidrig war, oder
5. die Erklärung des Widerrufs eines Vergabeverfahrens
wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war.
Der Antragsteller kann in einem Antrag mehrere Feststellungen
gemäß § 312 Abs. 3 Z 1 bis 4 beantragen. ...
...
Inhalt und Zulässigkeit des Feststellungsantrages
§ 332. (1) ...
...
(6) Ein Antrag auf Feststellung gemäß § 331 Abs. 1 oder 2 ist ferner unzulässig, wenn trotz Aufforderung zur Verbesserung der Antrag nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde."
Zur Antragslegitimation der Revisionswerberin im Hinblick auf das Urteil des EuGH "Fastweb"
21 Vom Verwaltungsgericht wird als Begründung für die Zulassung der Revision ausgeführt, wenngleich sich der konkrete Sachverhalt und die betreffende Ausgangslage in der Rechtssache "Fastweb" erheblich unterschieden, habe sich der Verwaltungsgerichtshof mit den konkreten Ausführungen des EuGH zur Antragslegitimation in dieser Rechtssache noch nicht auseinandergesetzt.
22 Die Revision wendet ein, das Verwaltungsgericht habe in den Spruchpunkten A II. und A IV. zu Unrecht die Antragslegitimation der Revisionswerberin verneint. Dieser stehe, auch wenn ihr Angebot vom Vergabeverfahren bereits ausgeschieden worden sei, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auf Grund des Urteils des EuGH "Fastweb" die Antragslegitimation im vorliegenden Nachprüfungsverfahren zu.
Der vorliegende Fall sei mit der Konstellation in der Rechtssache "Fastweb" vergleichbar. Im gegenständlichen Vergabeverfahren seien zwei Angebote gelegt worden, wobei das Angebot der Revisionswerberin ausgeschieden wurde und sich aus den Akten offenkundig ergebe, dass auch das Angebot der zweitmitbeteiligten Partei auszuscheiden gewesen wäre. Auch wenn dieses Angebot nicht auszuscheiden sein sollte, sei der Widerruf des Vergabeverfahrens durch die erstmitbeteiligte Auftraggeberin die einzig sinnvolle Handlungsalternative, da das Angebot des letzten verbliebenen Bieters um 37 % über jenem des zuletzt ausgeschiedenen läge.
Im angefochtenen Erkenntnis weiche das Verwaltungsgericht von der Entscheidung des Bundesvergabeamtes (N/0073/-BVA/06/2013-4 vom ) ab, in der bei zwei unterschiedlichen Ausscheidensgründen die Antragslegitimation und die Vergleichbarkeit mit der Entscheidung "Fastweb" bejaht worden sei.
Es sei darauf hinzuweisen, dass das Handelsgericht Wien (i.Z.m. mit dem von der Revisionswerberin geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach § 20 UWG) davon ausgegangen sei, dass der revisionswerbenden Bietergemeinschaft die vergaberechtlichen Rechtschutzmechanismen zu Verfügung stünden und das Handelsgericht Wien seinerseits die Antragslegitimation verneint habe.
Nach der Rechtsprechung des EuGH in "Fastweb" hätten die Bieter ein berechtigtes Interesse am Ausschluss des Angebots der jeweils anderen. Dieses Interesse könne auch dann geltend gemacht werden, wenn das eigene Angebot auszuscheiden sei. Ein anderes Ergebnis würde den Zielsetzungen eines effektiven Rechtsschutzes zuwiderlaufen. Auch der deutsche BGH gehe davon aus, dass den Bietern ein Schaden entstehe, wenn alle Bieter auszuscheiden seien.
Die Grundsätze der Entscheidung "Fastweb" auf das österreichische Recht angewendet, räumten dem Antragsteller ein Recht auf Widerruf ein.
Das Verwaltungsgericht hätte die Ausscheidensgründe beim Angebot der zweitmitbeteiligten Partei von Amts wegen zu prüfen gehabt; es sei zu Unrecht der Auffassung, dass es nur verpflichtet sei, offenkundig aus den Akten zu entnehmende Ausscheidensgründe aufzugreifen.
Auch existiere keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, zu welchem Zeitpunkt ein Unterlassen eines (zwingend) gebotenen Widerrufs nach außen in Erscheinung trete, bzw. ob eine Unterlassung des (in Fällen des § 139 Abs. 1 BVergG 2006 zwingend gebotenen) Widerrufs gemäß § 2 Z 16 lit. b BVergG 2006 gemeinsam mit der Auswahlentscheidung geltend gemacht werden könne. Ebenso fehle Rechtsprechung, ob in Analogie zu § 331 Abs. 1 Z 5 BVergG 2006 iVm der Entscheidung "Fastweb" im Sinne eines Rechts auf Widerruf festgestellt werden könne, dass die unterlassene Erklärung des Widerrufs eines Vergabeverfahrens rechtswidrig gewesen sei. Dies sei aus den vom Verwaltungsgerichtshof im Beschluss EU 2014/0002-1 angeführten Gründen unionsrechtlich gefordert.
Das Urteil des EuGH "VAMED"
23 In der vorliegenden Rechtssache hat der Verwaltungsgerichtshof am beschlossen, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 AEUV (unter anderem) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
"Ist Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge, ABl. L 395 vom , S. 33, in der durch die Richtlinie 2007/66/EG zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge, ABl. L 335 vom , S. 31, geänderten Fassung (Richtlinie 89/665) vor dem Hintergrund der Grundsätze des , Fastweb SpA, dahin auszulegen, dass einem Bieter, dessen Angebot rechtskräftig vom Auftraggeber ausgeschieden wurde und der daher nicht betroffener Bieter nach Art. 2a der Richtlinie 89/665 ist, der Zugang zu einer Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung (Entscheidung über den Abschluss einer Rahmenvereinbarung) und des Vertragsschlusses (einschließlich der nach Art. 2 Abs. 7 der Richtlinie geforderten Zuerkennung von Schadenersatz) verwehrt werden kann, auch wenn nur zwei Bieter Angebote abgegeben haben und das Angebot des erfolgreichen Bieters, dem der Auftrag erteilt wurde, nach dem Vorbringen des nicht betroffenen Bieters ebenso auszuscheiden gewesen wäre?"
24 Mit Urteil vom in der Rechtssache C- 355/15, Bietergemeinschaft Technische Gebäudebetreuung GesmbH und Caverion Österreich GmbH gegen Universität für Bodenkultur Wien und VAMED Management und Service GmbH & Co KG, ECLI:EU:C:2016:988, beantwortete der EuGH diese Frage wie folgt:
"Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass einem Bieter, der durch eine rechtskräftig gewordene Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossen wurde, in einem Fall, in dem nur er und der Zuschlagsempfänger Angebote abgegeben haben und der ausgeschlossene Bieter vorbringt, dass auch das Angebot des Zuschlagsempfängers hätte ausgeschlossen werden müssen, der Zugang zu einer Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung für den betreffenden öffentlichen Auftrag und des Vertragsschlusses verwehrt wird."
25 In den Entscheidungsgründen dieses Urteils führte der EuGH
unter anderem aus:
"Zur ersten Frage
27 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht
wissen, ob Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665 vor dem Hintergrund des Urteils vom , Fastweb (C-100/12, EU:C:2013:448), dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass einem Bieter, der durch eine rechtskräftig gewordene Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossen wurde und daher kein betroffener Bieter im Sinne von Art. 2a dieser Richtlinie ist, in einem Fall, in dem nur er und der Zuschlagsempfänger Angebote abgegeben haben und der ausgeschlossene Bieter vorbringt, dass auch das Angebot des Zuschlagsempfängers hätte ausgeschlossen werden müssen, der Zugang zu einer Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung für den betreffenden öffentlichen Auftrag und des Vertragsschlusses verwehrt wird.
28 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 3 und Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665 Verfahren zur Nachprüfung der Entscheidungen eines öffentlichen Auftraggebers, um als wirksam angesehen werden zu können, zumindest jeder Person zur Verfügung stehen müssen, die ein Interesse an einem bestimmten Auftrag hat oder hatte und der durch einen behaupteten Verstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht (Urteil vom , PFE, C-689/13, EU:C:2016:199, Rn. 23). 29 In den Rn. 26 und 27 dieses Urteils hat der Gerichtshof hervorgehoben, dass das Urteil vom , Fastweb (C- 100/12, EU:C:2013:448), eine Konkretisierung der Anforderungen der Bestimmungen von Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 3 und Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665 unter Umständen darstellte, unter denen im Anschluss an ein Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags zwei Bieter Klagen erheben, mit denen der Ausschluss des jeweils anderen begehrt wird. In einer solchen Situation hat nämlich jeder der beiden Bieter ein Interesse daran, einen bestimmten Auftrag zu erhalten.
30 Der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens unterscheidet
sich jedoch ganz erheblich von den Sachverhalten, die Gegenstand
der Urteile vom , Fastweb (C-100/12, EU:C:2013:448),
und vom , PFE (C-689/13, EU:C:2016:199), waren.
31 Zum einen waren die Angebote der betroffenen Bieter in
den Rechtssachen, in denen diese beiden Urteile ergangen sind, im Gegensatz zu dem im Ausgangsverfahren von der Bietergemeinschaft abgegebenen Angebot nicht vom öffentlichen Auftraggeber ausgeschlossen worden.
32 Zum anderen hatte in diesen beiden Rechtssachen jeder
Bieter die Ordnungsmäßigkeit des Angebots des jeweils anderen im Rahmen eines einzigen Verfahrens zur Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung in Frage gestellt, wobei jeder von ihnen ein äquivalentes berechtigtes Interesse am Ausschluss des Angebots des jeweils anderen hatte, was zu der Feststellung führen konnte, dass es dem öffentlichen Auftraggeber unmöglich war, ein ordnungsgemäßes Angebot auszuwählen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Fastweb, C-100/12, EU:C:2013:448, Rn. 33, und vom , PFE, C-689/13, EU:C:2016:199, Rn. 24). Im Ausgangsverfahren focht die Bietergemeinschaft hingegen zunächst die gegen sie ergangene Ausschlussentscheidung an und anschließend die Zuschlagsentscheidung für den Auftrag, wobei sie sich erst im zweiten Verfahren auf die Rechtswidrigkeit des Angebots der Zuschlagsempfängerin berief.
33 Daraus folgt, dass der den Urteilen vom , Fastweb (C-100/12, EU:C:2013:448), und vom , PFE (C- 689/13, EU:C:2016:199), zu entnehmende Rechtsprechungsgrundsatz nicht auf die Verfahrens- und Sachlage des Ausgangsverfahrens anwendbar ist.
34 Überdies ist festzustellen, dass die Richtlinie 89/665, wie sich aus ihrem Art. 1 Abs. 3 und ihrem Art. 2a ergibt, die Existenz wirksamer Nachprüfungsverfahren gegen rechtswidrige Entscheidungen im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags gewährleistet, indem jedem ausgeschlossenen Bieter die Möglichkeit eröffnet wird, nicht nur die Ausschlussentscheidung anzufechten, sondern auch, solange über diese Anfechtung noch nicht entschieden wurde, spätere Entscheidungen, durch die ihm im Fall der Nichtigerklärung seines Ausschlusses ein Schaden entstehen würde.
35 Unter diesen Umständen kann Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665 nicht dahin ausgelegt werden, dass er bei einem Bieter, der wie die Bietergemeinschaft als ein endgültig ausgeschlossener Bieter im Sinne von Art. 2a Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie anzusehen ist, der Versagung des Zugangs zum Nachprüfungsverfahren gegen die Zuschlagsentscheidung entgegensteht."
Fallbezogene Beurteilung
26 Was die Antragslegitimation der Revisionswerberin anlangt, ist auf Grundlage der Rechtsprechung des EuGH im Urteil "VAMED"
Folgendes festzuhalten:
27 Nach dem Urteil "VAMED" kann einem Bieter, der durch eine rechtskräftig gewordene Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossen wurde, der Zugang zu einer Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung für den betreffenden öffentlichen Auftrag und des Vertragsschlusses verwehrt werden, auch wenn nur er und der Zuschlagsempfänger Angebote abgegeben haben und der ausgeschlossene Bieter vorbringt, dass auch das Angebot des Zuschlagsempfängers hätte ausgeschlossen werden müssen.
28 Wie oben dargestellt wurde das Angebot der Revisionswerberin durch die erstmitbeteiligte Auftraggeberin aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden. Der gegen diese Ausscheidensentscheidung gerichtete Nachprüfungsantrag wurde vom Verwaltungsgericht abgewiesen. Die Revisionswerberin hatte somit die Möglichkeit der Anfechtung dieser Entscheidung nach Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665/EWG (im Sinne der Rn. 26 des Urteiles "Fastweb") und die Ausscheidensentscheidung wurde nach Art. 2a Abs. 2 der RechtsmittelRL von einer unabhängigen Nachprüfungsstelle als rechtmäßig anerkannt.
29 Da das Angebot der Revisionswerberin somit rechtkräftig aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden worden war, sie also durch eine rechtskräftig gewordene Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossen wurde, kam ihr keine Antragslegitimation hinsichtlich der nachfolgenden Zuschlagserteilung zu.
30 Das Verwaltungsgericht hat somit die Feststellungsanträge der Revisionswerberin in den Spruchpunkten A II. und A III. zu Recht zurückgewiesen.
Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung
31 Mit den Spruchpunkten A I. und A IV. wurden die für den Fall, dass die Rahmenvereinbarung noch nicht abgeschlossen wurde, gestellten Anträge der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung näher bezeichneter Entscheidungen der erstmitbeteiligten Auftraggeberin zurückgewiesen, weil die Rahmenvereinbarung bereits vor Einbringung der Anträge abgeschlossen worden sei.
32 Die Revision wendet dagegen ein, der Abschluss der Rahmenvereinbarung sei nichtig gewesen, weil unter der Prämisse, dass auch der rechtskräftig ausgeschiedene Bieter weiterhin die Möglichkeit der Anfechtung nachfolgender Entscheidungen des Auftraggebers habe, die Entscheidung, mit welchem Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, gemäß § 151 Abs. 3 BVergG 2006 auch der Revisionswerberin als "nicht berücksichtigter Bieter" nach § 151 Abs. 3 BVergG 2006 nachweislich mitzuteilen gewesen wäre.
33 Da diese Prämisse - wie oben dargestellt wird - aber nicht zutrifft, kommt dem diesbezüglichen Revisionsvorbringen schon aus diesem Grund keine Berechtigung zu. Das Verwaltungsgericht hat die Anträge auf Nichtigerklärung im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, weil das Angebot der Revisionswerberin rechtkräftig aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden worden war.
Akteneinsicht
34 Die Revisionswerberin bringt dazu vor, das Verwaltungsgericht habe über den Antrag auf Akteneinsicht nicht entschieden und auch faktisch nicht gewährt. Wäre der Revisionswerberin Akteneinsicht gewährt worden, hätte sie das Angebot der zweitmitbeteiligten Partei vertieft prüfen können und wäre zum Ergebnis gelangt, dass dieses auszuscheiden sei.
35 Dieser Verfahrensfehler wird unter der Prämisse gerügt, dass auch der rechtskräftig ausgeschiedene Bieter weiterhin die Möglichkeit der Anfechtung nachfolgender Entscheidungen des Auftraggebers habe.
36 Da diese Prämisse - wie oben dargestellt wird - aber nicht erfüllt ist, fehlt dem behaupteten Verfahrensmangel die Relevanz. Direktvergabe
37 Mit der nicht näher substantiierten Behauptung, die Direktvergabe von Leistungen näher bezeichneter Positionen stehe in einem "unselbstständigen Konnex" mit dem ausgeschriebenen Hauptauftrag, wird die Rechtswidrigkeit des Spruchpunktes A V. des angefochtenen Erkenntnisses nicht dargetan.
Pauschalgebühren
38 Gegen die mit Spruchpunkt A VII. des angefochtenen Erkenntnisses erfolgte Vorschreibung einer Pauschalgebühr für den mit Schriftsatz vom eingebrachten weiteren Feststellungsantrag bringt die Revision vor, bei den in diesem Schriftsatz gestellten Anträgen habe es sich um die Wiederholung bzw. Präzisierung der im Nachprüfungsantrag vom gestellten Anträge gehandelt, die gemäß § 13 Abs. 8 AVG zulässig gewesen sei. Selbst wenn es sich um eine Änderung bzw. Ergänzung gehandelt haben sollte, sei diese innerhalb der Antragsfrist nach § 332 Abs. 3 BVergG 2006 erfolgt. Es existierte keine Rechtsprechung, ob für einen Antrag, mit dem mehrere Feststellungen begehrt würden, je Feststellung die Pauschalgebühr zu entrichten sei.
39 Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts, bei den im Schriftsatz vom (im Vergleich zu jenem vom ) zusätzlich gestellten Anträgen handle es sich um einen weiteren Feststellungsantrag gemäß § 331 Abs. 1 BVergG 2006, nach der Aktenlage nicht zu beanstanden ist.
40 Dass für einen nachträglichen Antrag, mit dem weitere Feststellungen begehrt werden, die Pauschalgebühr zu entrichten ist, ergibt sich bereits aus dem Gesetz. Gemäß § 318 Abs. 1 Z 5 BVergG 2006 ist vom Antragsteller für jeden weiteren Antrag gemäß § § 331 Abs. 1 leg. cit. eine Gebühr in der Höhe von 80 vH der festgesetzten Gebühr zu entrichten.
41 Auch die Abweisung des Antrages auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühr (in Spruchpunkt A VI. des angefochtenen Erkenntnisses) erweist sich als nicht rechtswidrig, da die Revisionswerberin nicht obsiegt hat (vgl. § 319 Abs. 1 BVergG 2006).
Ergebnis
42 Aus diesen Erwägungen war die Revision gemäß § 42
Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
43 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß
§ 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil das Verwaltungsgericht
- ein Tribunal im Sinne des Art. 6 MRK und ein Gericht im Sinne
des Art. 47 GRC - eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat,
weshalb weder Art. 6 MRK noch Art. 47 GRC der Abstandnahme von
einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof
entgegenstehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom
, Ro 2014/03/0066, mwN).
44 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014. Die Mehrbegehren waren abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in dem in der genannten Verordnung pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/04/0014). Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | AVG §6 B-VG Art133 Abs4 EO §387 Abs1 EURallg VwGG §24 Abs1 VwGG §25a Abs1 VwGG §30 VwGG §30 Abs2 VwGG §30a VwGG §30a Abs3 VwGG §34 Abs1 VwRallg ZPO §500 12010E004 AEUV Art4 61993CJ0430 Jeroen van Schijndel VORAB 61995CJ0072 Aannemersbedrijf Kraaijeveld / Gedeputeerde VORAB 62006CJ0409 Winner Wetten VORAB 62010CJ0606 ANAFE VORAB 62010CO0476 projektart VORAB 62012CJ0413 Asociacion de Consumidores Independientes de Castilla Leon VORAB 62014CO007801 Kommission / ANKO |
Sammlungsnummer | VwSlg 18959 A/2014 |
Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Gemeinschaftsrecht Richtlinie unmittelbare Anwendung EURallg4/1 Gemeinschaftsrecht vorläufige Aussetzung der Vollziehung provisorischer Rechtsschutz EURallg6 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:RO2014040069.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAE-89821