VwGH vom 11.09.2014, 2011/16/0036

VwGH vom 11.09.2014, 2011/16/0036

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde der M GmbH Co. KG in U (Deutschland), vertreten durch Dr. Heinrich Oppitz, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Karl-Loy-Straße 17, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Wels vom , Zl. Jv 4307/10x-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Beschluss des Landesgerichts Wels vom wurde über das Vermögen eines Einzelunternehmers das Konkursverfahren eröffnet. Bei der am beim Landesgericht Wels abgehaltenen besonderen Prüfungstagsatzung, Rechnungslegungstagsatzung und Sanierungsplantagsatzung wurde der Sanierungsplan mit den erforderlichen Mehrheiten angenommen. Das Gericht bestimmte die Ansprüche des Insolvenzverwalters ohne Barauslagen und Umsatzsteuer mit EUR 26.978,-- und trug ihm auf, die daraus mit EUR 4.047,-- ermittelte Pauschalgebühr umgehend aus der Masse zu begleichen.

Mit Beschluss vom bestätigte das Landesgericht Wels den Sanierungsplan und hielt fest, dass mit Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses das Insolvenzverfahren aufgehoben sei. Gegen diesen Beschluss erhob die Beschwerdeführerin als Konkursgläubigerin Rekurs im Wesentlichen mit der Begründung, dass es das Gericht unterlassen habe, die Voraussetzungen der §§ 152 ff IO für die Bestätigung des Sanierungsplans vollständig zu überprüfen. Das Rechtsmittel enthielt einen Abänderungsantrag dahingehend, dass dem von den Gläubigern mit Mehrheit angenommenen Sanierungsplan die Bestätigung verweigert werde.

Die Kostenbeamtin des Landesgerichts Wels erließ am einen Zahlungsauftrag, mit welchem sie der Beschwerdeführerin Pauschalgebühren für das Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz gemäß TP 12a lit. a) GGG im Betrag von EUR 8.094,--

(das Doppelte der für das Verfahren erster Instanz vorgesehenen Pauschalgebühren) sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6 GEG im Betrag von EUR 8,-- zur Zahlung vorschrieb.

In ihrem gegen die Gebührenvorschreibung erhobenen Berichtigungsantrag machte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen geltend, dass zwar der Beschluss über die Bestätigung des Sanierungsplanes mit dem Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens verbunden worden sei, im Rekurs jedoch schon bei der Anfechtungserklärung ausdrücklich lediglich die Bestätigung des Sanierungsplans angefochten worden sei und auch im Rekursantrag nur die Abänderung dahingehend beantragt worden sei, dass dem Sanierungsplan die gerichtliche Bestätigung verweigert werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag nicht statt. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass sich sowohl aus dem Erlass der Bundesministerin für Justiz, BMJ-B18.007/005-1 7/2009, als auch aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Budgetbegleitgesetzes 2009 ergebe, dass von der Tarifpost 12a Rechtsmittel gegen alle Entscheidungen über den Verfahrensgegenstand, die mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens im Zusammenhang stünden, gemeint seien. Ein Rekurs gegen Entscheidungen über die Bestätigung des Zwangsausgleiches oder Zahlungsplans sei daher gebührenpflichtig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend macht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, einen Rekurs gegen einen Beschluss über die Bestätigung eines Zwangsausgleichs (Sanierungsplans) einzubringen, ohne dabei mit überhöhten Gebühren belastet zu werden, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Gemäß § 147 Abs. 1 IO ist zur Annahme des Sanierungsplans die Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit stimmberechtigter Insolvenzgläubiger erforderlich. Darüber hinaus bedarf der Sanierungsplan der Bestätigung durch das Insolvenzgericht (§ 152 Abs. 1 IO). Wird der Sanierungsplan bestätigt, so ist nach § 152b Abs. 2 IO das Insolvenzverfahren mit Eintritt der Rechtskraft der Bestätigung aufgehoben.

Gemäß der Bestimmung der im Abschnitt III. (Pauschalgebühren für Insolvenz- und Reorganisationsverfahren) des Tarifs des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) angeführten TP 6 lit. a) in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des IRÄG 2010, BGBl. I Nr. 29, beträgt die Pauschalgebühr für das Insolvenzverfahren im Falle der Beendigung (u.a.) durch gerichtliche Bestätigung des Sanierungsplans 15 vH der Entlohnung des Insolvenzverwalters nach §§ 82 bis 82c IO, mindestens jedoch EUR 384,--. Nach Anmerkung 5 zu dieser TP hat für die Bemessung der Pauschalgebühr die von der jeweiligen Entlohnung zu entrichtende Umsatzsteuer außer Betracht zu bleiben. Die Anmerkung 7 zu TP 6 GGG ordnet an, dass die Rechtsmittelgebühren nach TP 12a GGG nur für Rechtsmittel gegen Entscheidungen über die Eröffnung oder Beendigung eines Insolvenzverfahrens zu entrichten sind.

Abschnitt IVa des Tarifs enthält Regelungen über Rechtsmittelgebühren unter anderem in den unter Abschnitt III angeführten Verfahren. Er bestimmt in seiner TP 12a die Höhe der Gebühr für das Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz (Rekursverfahren) mit dem Doppelten der für das Verfahren erster Instanz vorgesehenen Pauschalgebühren.

TP 12a GGG wurde mit dem Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr. 52/2009, eingefügt. Nach der Übergangsbestimmung des Art. VI Z 35 GGG ist TP 12a GGG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 52/2009 auf Verfahren zweiter Instanz anzuwenden, sofern das Datum der angefochtenen Entscheidung nach dem liegt. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrem Rekurs die Entscheidung des Landesgerichtes Wels vom angefochten. Es ist daher für die Gebührenbemessung dieses Rechtsmittels gemäß Art. VI Z 35 GGG bereits die TP 12a GGG anzuwenden.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (113 BlgNr 24. GP, 25) zur Einführung der TP 12a GGG und der Änderungen der TP 6 GGG wird deren Zweck wie folgt dargestellt:

"Mit dieser zentralen Neuregelung der Gerichtsgebührennovelle sollen in der Tarifpost 12a zwecks Annäherung an die Kostenwahrheit erstmals auch Rechtsmittelgebühren für alle Außerstreitverfahren (einschließlich der Exekutions- und Insolvenzverfahren) und der vom GGG erfassten Strafverfahren vorgesehen werden. In Anlehnung an die Grundsätze der Gebührengestaltung in den Tarifposten 1 bis 3 für das zivilgerichtliche Verfahren sollen die Rechtsmittelgebühren auch im Außerstreitverfahren jeweils höher sein als die Gebühren, welche für jene Instanz zu entrichten waren, in der die angefochtene Entscheidung ergangen ist. Ausgehend davon, dass die Gebühren für außerstreitige Verfahren und Strafverfahren - meist aus sozialen Erwägungen - üblicherweise um Vieles geringer sind als die vergleichbaren Gebühren für zivilgerichtliche Verfahren, scheint es angemessen, für die Anrufung der zweiten Instanz das Doppelte (TP 12a lit. a) und für die Anrufung der dritten Instanz das Dreifache (TP 12a lit. b) jener Gebühren (Entscheidungs-, Antrags-, Eingaben- und/oder Verfahrensgebühren, nicht aber Eintragungsgebühren) als Pauschalgebühr vorzusehen, die für die erste Instanz zu entrichten waren. ...

In der Tarifpost 6 soll in Ansehung der Rechtmittelgebühren für Insolvenzverfahren klargestellt werden, dass solche nur für Rechtsmittelschriften anfallen sollen, die sich gegen Entscheidungen über die Konkurseröffnung (bzw. deren Verweigerung im Falle der Ab- oder Zurückweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens) richten oder welche über die Beendigung des Insolvenzverfahrens (einschließlich aller damit im Zusammenhang stehenden Anordnungen, wie etwa der Verteilung oder der Entlohnung des Masseverwalters, sowie der Verweigerung der Beendigung des Insolvenzverfahrens) ergehen (Anm. 7), nicht aber für Rechtsmittel gegen Entscheidungen über Fortführungsanträge, Genehmigungsanträge, oder sonstige Anträge, die bloß eine Prüfpflicht des Gerichts auslösen.

..."

Unstrittig ist die Höhe der Pauschalgebühr für das Insolvenzverfahren erster Instanz wegen Beendigung durch gerichtliche Bestätigung des Sanierungsplans in der Höhe von 15 % der Entlohnung des Insolvenzverwalters, welche EUR 26.978,-- netto betrug und eine Pauschalgebühr von EUR 4.047,-- ergab.

Die Beschwerde vertritt nun die Auffassung, für den gegen die gerichtliche Bestätigung des Sanierungsplans erhobenen Rekurs seien entsprechend der Anmerkung 7 zu TP 6 GGG die Rechtsmittelgebühren nach TP 12a GGG nicht vorzuschreiben gewesen, weil solche nur für Rechtsmittel gegen Entscheidungen über die Eröffnung oder die Beendigung des Insolvenzverfahrens zu entrichten seien, und sich sowohl die Anfechtungserklärung als auch der Rekursantrag nicht gegen die Aufhebung des Insolvenzverfahrens gerichtet hätten.

Dem ist entgegenzuhalten, dass gemäß § 152b Abs. 2 IO das Insolvenzverfahren mit Eintritt der Rechtskraft der Bestätigung des Sanierungsplans aufgehoben ist. Nach dieser gesetzlichen Anordnung enden die Wirkungen des Insolvenzverfahrens mit der Rechtskraft der Bestätigung des Sanierungsplans, sofern und sobald dieser Beschluss in Rechtskraft erwächst. Einen Konkursaufhebungsbeschluss gibt es in diesem Fall nicht mehr (vgl. Mohr in Konecny/Schubert , Insolvenzgesetze, Rz 4 zur insoweit inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung § 152b KO).

Nach dem Wortlaut der TP 6a GGG fällt eine Pauschalgebühr für das Insolvenzverfahren im Falle der "Beendigung durch gerichtliche Bestätigung des Sanierungsplans" an. Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber der IO und des GGG einen gerichtlichen Beschluss, mit dem einem Sanierungsplan die Bestätigung erteilt wird, als eine Form der Beendigung des Insolvenzverfahrens ansieht. Die Rechtsmittelgebühr nach TP 12a lit. a GGG ist daher für den Fall des Rekurses gegen die Entscheidung über die Bestätigung des Sanierungsplans zu entrichten (vgl. bereits Mohr , Neuerungen bei den Gerichtsgebühren im Insolvenzverfahren, ZIK 2009, 117; wiederum zur entsprechenden Rechtslage nach der KO).

Zutreffend ging daher die belangte Behörde von der Verwirklichung des Tatbestandes der TP 12a lit. a GGG aus und schrieb auch Pauschalgebühren für das Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz vor.

Die Beschwerdeführerin wendet sich auch gegen die Höhe der ihr für den Rekurs vorgeschriebenen Pauschalgebühr mit dem Argument, dass es für Insolvenzverfahren die Tarifposten 5 und 6 gäbe, der Gesetzgeber regelmäßig nicht sauber zwischen Eingaben- und Pauschalgebühren trenne und die TP 12a lit. a GGG mit dem Verweis auf die für das Verfahren erster Instanz vorgesehenen Pauschalgebühren die TP 5 GGG meine, weil das Rekursgericht lediglich darüber abzusprechen habe, ob die relativ eng gefassten Voraussetzungen für die Bestätigung eines Zwangsausgleichs (bzw. Sanierungsplans) tatsächlich gegeben seien, sodass im Sinn der Kostenwahrheit nicht von der am Honorar des Insolvenzverwalters anknüpfenden TP 6 GGG auszugehen sei. Gegen das Heranziehen der TP 6 GGG spreche auch, dass die dieser zugrunde liegende Entlohnung des Insolvenzverwalters nicht allen Insolvenzgläubigern bekannt zu machen sei, was die mit einem Rechtsmittel verbundenen Gebühren unkalkulierbar mache. Schließlich führe dies zu einem praktischen Rechtsmittelausschluss wegen der unwirtschaftlichen Höhe der Pauschalgebühr, weil sie im konkreten Fall etwa im Vergleich zu einer Berufung im Zivilverfahren erst bei einem Streitwert von mehr als EUR 290.690,-- zu bezahlen wäre.

Einer Anknüpfung der Pauschalgebühren nach TP 12a GGG für das Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz gegen die Bestätigung eines Sanierungsplans an TP 5 GGG steht entgegen, dass letztere bloß Eingabengebühren für Anträge eines Gläubigers auf Eröffnung eines Konkurses (lit. a) und Forderungsanmeldungen (lit. b) umfasst, während TP 6 GGG unter anderem ausdrücklich auf die Beendigung des Insolvenzverfahrens durch gerichtliche Bestätigung des Sanierungsplans abstellt. Ebenso wenig kann den Zweifeln der Beschwerdeführerin am gesetzlichen Wortlaut gefolgt werden, bestimmt doch TP 12a GGG die Höhe der Gebühren nach den für das Verfahren erster Instanz vorgesehenen Pauschalgebühren. Während TP 6 GGG ausdrücklich eine Pauschalgebühr zum Inhalt hat, regelt TP 5 GGG eine Eingabengebühr.

Bereits der Versagungsgrund des § 153 Abs. 2 IO, wonach eine Verletzung der für das Verfahren und den Abschluss des Sanierungsplans geltenden Vorschriften einer Bestätigung des Sanierungsplans entgegensteht, zeigt, dass der Prüfungsumfang des Rekursgerichts durchaus umfangreich sein kann. Da nach § 152a Abs. 1 Z 1 IO die Bestätigung des Sanierungsplans erst dann zu erteilen ist, wenn die Entlohnung des Insolvenzverwalters vom Gericht bestimmt ist, vermag das von der Beschwerdeführerin aufgezeigte Argument mangelnder Kalkulierbarkeit der mit dem Rekurs verbundenen Gebühren nicht zu überzeugen.

Zur Höhe der Pauschalgebühren nach TP 12a GGG, auch im Vergleich zu streitigen zivilgerichtlichen Verfahren hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , Zl. 2010/16/0271, auseinandergesetzt und keine Bedenken dagegen gefunden. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird insoweit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergeben sich keine ausreichenden Hinweise auf den Inhalt und Verlauf des Insolvenzverfahrens, sowie darauf, welche konkreten Rekursgründe die Beschwerdeführerin geltend machte. Da auch die Beschwerdeführerin dazu kein weiteres Vorbringen erstattete, können deren Bedenken gegen die Sachlichkeit der Höhe der Rechtsmittelgebühren nach TP 12a GGG zur Abgeltung für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , B 301/06, vom , B 633/87, und vom , B 675/85, B 696/85, B 61/86, B 170/86) schon deshalb nicht geteilt werden.

Da es der Beschwerde nicht gelungen ist, eine Unsachlichkeit der Regelung der TP 12a GGG aufzuzeigen, war auch der Anregung, einen diesbezüglichen Normenprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof stellen, nicht zu entsprechen.

Da die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit aufzeigt, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der im Beschwerdefall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am