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VwGH vom 14.10.2015, Ro 2014/04/0058

VwGH vom 14.10.2015, Ro 2014/04/0058

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Pürgy als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Revision des AS in M, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 1A/VII, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom , Zl. KUVS-1666-1677/8/2013, betreffend Übertretungen des Maß- und Eichgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom wurde dem Revisionswerber angelastet, er habe es als Bürgermeister und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Gemeinde M zu verantworten, dass - näher bezeichnete - Kaltwasserzähler, die im rechtsgeschäftlichen Verkehr verwendet und in betriebsbereitem Zustand vorgefunden worden sind, nicht geeicht waren, obwohl die Messgeräte der Eichpflicht unterlagen. Zur Begründung der Eichpflicht wurde auf die Kanalgebührenverrechnung verwiesen, als Datum der Überprüfung wurden der und der angegeben. Über den Revisionswerber wurden wegen zwölf Verwaltungsübertretungen Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 100,- verhängt.

2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten wurde die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen, wobei der Spruch hinsichtlich der durch die Verwaltungsübertretungen verletzten Rechtsnormen richtig gestellt wurde.

Das Verwaltungsgericht stellte - nach Wiedergabe der wesentlichen Inhalte der durchgeführten mündlichen Verhandlung - fest, dass die fraglichen Messgeräte nicht den Bestimmungen des Maß- und Eichgesetzes (MEG) entsprechend geeicht gewesen seien. Die Wasserversorgungsanlage werde von der Wassergenossenschaft "L" betrieben, in deren Leitungsnetz sich die Kaltwasserzähler befänden. Die Kanalisation werde von der Gemeinde M betrieben. Diese erhebe einmal jährlich den Wasserverbrauch der Abgabepflichtigen, indem sie Formulare verschicke, auf denen die Adressaten Zählernummer und Zählerstand anzugeben hätten. Eine Überprüfung der gemeldeten Daten durch die Gemeinde erfolge nur bei groben Auffälligkeiten. Die so erhobenen Verbrauchsdaten würden als Verrechnungsgrundlage für die Vorschreibung der Beiträge nach dem Gemeindekanalisationsgesetz verwendet.

In seinen rechtlichen Erwägungen ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Gemeinde M die Kaltwasserzähler - ungeachtet dessen, dass diese an der Übergabestelle zum Netz der Wassergenossenschaft L eingebaut seien - im amtlichen Verkehr, nämlich beim Vollzug des Gemeindekanalisationsgesetzes, verwende. Ob die Erhebung des Zählerstandes durch Gemeindeorgane oder die Abgabenpflichtigen erfolge, sei nicht von Belang. Die Gemeinde sei ein Versorgungsunternehmen im Bereich der Abwasserbeseitigung. Die Verordnung der Gemeinde M zum Gemeindekanalisationsgesetz (§ 4 der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde M vom , Zahl: 42/00, mit der Kanalgebühren ausgeschrieben werden) stelle eine klare Relation zwischen der Kanalgebühr und dem mittels Wasserzähler ermittelten Wasserverbrauch her.

Das Verwaltungsgericht bejahte das Vorliegen leichter Fahrlässigkeit und nahm eine Abwägung der Erschwerungs- und Milderungsgründe vor. Weiters erklärte es die ordentliche Revision für zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer Konstellation fehle, in der der Betrieb der Wasserversorgung durch eine Wassergenossenschaft erfolge, die Ableseergebnisse des Wasserzählers aber auch durch die Gemeinde verwendet würden.

3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision. Der Revisionswerber verweist im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Revision darauf, dass die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - wie auch das vom Verwaltungsgericht herangezogene hg. Erkenntnis vom , 2013/04/0065 - die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung des Bürgermeisters für Kaltwasserzähler von Gemeindewasserversorgungsanlagen, nicht hingegen für Kaltwasserzähler im Versorgungsnetz einer privaten Trinkwasserversorgungsanlage betroffen habe.

Der Revisionswerber moniert, mit der vorliegenden Umschreibung des angelasteten Verhaltens sei den Formerfordernissen des § 44a Z 1 VStG nicht Genüge getan, insbesondere würden datumsmäßige Tatzeitpunkte bzw. Tatzeiträume und tatbestandserfüllende Sachverhalte fehlen. Die dem Revisionswerber angelasteten Taten seien im Spruch nicht so eindeutig umschrieben, dass kein Zweifel darüber bestehe, wofür er bestraft worden sei.

Da es sich vorliegend um eine private Trinkwasserversorgungsanlage handle, könne der Bürgermeister die Nacheichung der genossenschaftlichen Kaltwasserzähler weder faktisch noch rechtlich besorgen und sei daher dafür nicht verantwortlich. Es liege keine Verwendung der Kaltwasserzähler durch die Gemeinde vor, weil diese allenfalls durch die Abgabepflichtigen verwendet würden. Selbst wenn man von einer mittelbaren Verwendung der Messgeräte durch die Gemeinde zur Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr ausginge, wäre diese nicht am oder (an den im Spruch angeführten Tagen der Überprüfung der Messgeräte) erfolgt.

4. Das Verwaltungsgericht legte die ordentliche Revision samt den Bezug habenden Akten vor. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

5. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die als zulässig anzusehende ordentliche Revision erwogen:

5.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Maß- und Eichgesetzes (MEG), BGBl. Nr. 152/1950 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 28/2012, lauten:

" Eichpflicht

§ 7. (1) Meßgeräte, deren Richtigkeit durch ein rechtlich geschütztes Interesse gefordert wird, sind nach Maßgabe der Bestimmungen des Abschnittes A eichpflichtig.

(2) Wer ein eichpflichtiges Meßgerät verwendet oder bereit hält, ist dafür verantwortlich, daß das Meßgerät geeicht ist.

(3) Bereitgehalten im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Meßgerät, wenn die äußeren Umstände erkennen lassen, daß es ohne besondere Vorbereitung in Gebrauch genommen werden kann. Ein Meßgerät gilt nicht als bereitgehalten, wenn glaubhaft gemacht werden kann, daß es ausschließlich dekorativen oder musealen Zwecken dient.

..."

" 1. Meßgeräte im amtlichen und im rechtsgeschäftlichen Verkehr

§ 8. (1) Der Eichpflicht unterliegen die nachstehend genannten Meßgeräte, wenn sie im amtlichen oder im rechtsgeschäftlichen Verkehr verwendet oder bereitgehalten werden:

...

3. b) Mengenmessgeräte für Flüssigkeiten ohne und mit abrechnungsrelevanten Zusatzeinrichtungen

..."

" Strafbestimmungen

§ 63. (1) Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen, Entscheidungen oder Verfügungen werden, sofern sie nicht nach anderen Vorschriften mit einer strengeren Strafe bedroht sind oder ein gerichtlich zu ahndender Tatbestand vorliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe bis zu 10 900 EUR bestraft, auch wenn es beim Versuch geblieben ist.

..."

5.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis 2013/04/0065 mit der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Bürgermeisters einer Gemeinde hinsichtlich eichpflichtiger Kaltwasserzähler befasst, die von der Gemeinde in das Eigentum der Gebäude- bzw. Grundeigentümer übertragen worden sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat darin (wenn auch hinsichtlich der Bereithaltung) festgehalten, dass es für die Erfüllung der Eichpflicht nicht auf das Eigentum am Zähler ankomme und im Maß- und Eichgesetz begrifflich ein Konnex zwischen der Verwendung und dem Bereithalten vorgegeben sei. Der Umstand, dass die gegenständlichen Messgeräte nicht im Eigentum der Gemeinde stehen, sondern sich im Leitungsnetz der - die Wasserversorgungsanlage betreibenden - Wassergenossenschaft befinden, steht der Verantwortlichkeit der Gemeinde hinsichtlich der Verwendung eichpflichtiger Messgeräte für sich genommen somit nicht entgegen.

Die vom Verwaltungsgericht zitierte Verordnung der Gemeinde M zum Gemeindekanalisationsgesetz legt fest, dass sich die Höhe der Kanalgebühr aus der Vervielfachung des mittels Wasserzählers ermittelten Wasserverbrauches ergibt. Die Gemeinde zieht somit den über den Wasserzähler ermittelten Wasserverbrauch für die Berechnung und Festsetzung der Kanalgebühr (und somit im amtlichen Verkehr) heran. Ausgehend von der Bedeutung des Begriffes "verwenden" als - unter anderem - "benutzen", "gebrauchen" oder "verwerten" besteht kein Zweifel daran, dass das Berechnen der Kanalgebühr auf Basis der (bzw. in Relation zu der) von den gegenständlichen Kaltwasserzählern gemessenen Wassermenge ein Verwenden dieser Messgeräte durch die Gemeinde im Sinn des § 7 Abs. 2 MEG darstellt (siehe auch Twaroch/Freistetter/Leitner , Maß- und Eichrecht, Akkreditierung von Eich- und Kalibrierungsstellen (2004) 83 f, denen zufolge Versorgungsunternehmen verantwortlich sein werden, weil die Anzeige des Messgerätes der Verrechnung zugrunde gelegt wird; für die "Verwendung" stellen die genannten Autoren darauf ab, ob durch den Einsatz eines Messgerätes der Inhalt einer (dort) rechtsgeschäftlichen Leistungspflicht bestimmt wird bzw. davon abhängt).

Dass die Ablesung des Zählerstandes nicht durch Organe der Gemeinde, sondern durch die Abgabenpflichtigen erfolgt, vermag daran nichts zu ändern, zumal die zitierte Verordnungsbestimmung darauf abstellt, dass der Wasserverbrauch "mittels Wasserzähler" ermittelt wird (auch Twaroch/Freistetter/Leitner , aao, 84, weisen darauf hin, dass die Verwendung eines Messgerätes im rechtsgeschäftlichen Verkehr nicht vom tatsächlichen Vorgang des Messens abhängt, das kein "Rechtsgeschäft" sein könne). Zudem lässt sich den unbestritten gebliebenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes entnehmen, dass bei groben Auffälligkeiten im Zuge der gemeldeten Zählerstände (bei Überschreiten eines festgelegten Toleranzbereiches) eine Überprüfung durch die Gemeinde erfolgen würde.

5.3. Zum Revisionsvorbringen hinsichtlich der fehlenden eindeutigen Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat gemäß § 44a Z 1 VStG ist Folgendes anzumerken:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem - eine insoweit ähnliche Sachverhaltskonstellation betreffenden - Erkenntnis vom , 2009/04/0152, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, eine mit der vorliegenden Formulierung vergleichbare Tatumschreibung gemäß § 44a Z 1 VStG als ausreichend konkret angesehen. Der Revisionswerber vermag mit seinem Vorbringen zudem weder darzulegen, dass er auf Grund der vorliegenden Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat seine Verteidigungsrechte nicht wahren konnte, noch dass er der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt sei.

Zur Umschreibung des Tatzeitpunktes bzw. Tatzeitraumes hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis festgehalten, dass es sich bei der vorgeworfenen Übertretung des Maß- und Eichgesetzes um ein Dauerdelikt handle, weil nach dem Tatbild das strafbare Verhalten in der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes bestehe. Durch die Bescheiderlassung sei das darin umschriebene Dauerdelikt bis zu diesem Zeitpunkt verfolgt. Die Festlegung der Tatzeit durch den im Spruch angeführten Zeitpunkt der Überprüfung ist somit nicht als rechtswidrig zu erkennen (siehe auch insoweit das Erkenntnis 2009/04/0152, mwN).

5.4. Soweit der Revisionswerber vorbringt, er könne die Nacheichung der genossenschaftlichen Kaltwasserzähler weder faktisch noch rechtlich besorgen, ist ihm entgegenzuhalten, dass § 7 Abs. 2 MEG auf die Verwendung (oder Bereithaltung) ungeeichter Messgeräte, nicht hingegen auf die Möglichkeit der Umsetzung der Eichpflicht, abstellt.

5.5. Hinsichtlich der Rüge, die "Unterinstanzen" hätten den Beweis des Verschuldens des Revisionswerbers nicht erbracht, genügt es darauf hinzuweisen, dass es sich bei der angelasteten Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt und der Revisionswerber mit seinem nicht näher substantiierten Vorbringen nicht glaubhaft zu machen vermag, dass ihn an der Verletzung der betreffenden Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

6. Da sich die Revision somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am

Fundstelle(n):
LAAAE-89792