VwGH vom 23.05.2012, 2009/08/0097

VwGH vom 23.05.2012, 2009/08/0097

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des J H in L, vertreten durch Dr. Robert Aflenzer, Rechtsanwalt in 4050 Traun, Neubauerstraße 14/1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. SV(SanR)-415063/2-2009-Bb/Ws, betreffend Befreiung von der Rezeptgebühr (mitbeteiligte Partei:

Oberösterreichische Gebietskrankenkasse in 4021 Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit der Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Rezeptgebühr für den Zeitraum vom 8. Juli bis abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am (am bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse eingelangt) beantragte der Beschwerdeführer die Befreiung von der Rezeptgebühr. Er sei seit 1992 Diabetiker (Typ II), seit 2006 lägen multiple Bandscheibenvorfälle an der gesamten Wirbelsäule vor. Weiter bestehe eine Stoffwechselerkrankung und COPD II. 1995 sei nach einem Herzinfarkt eine dreifache Bypass-Operation durchgeführt worden. Weiter seien "Herzschwäche, Hypertonie usw. diagnostiziert". Auf Grund dieser Erkrankungen seien an Rezeptgebühren und (vom Krankenversicherungsträger) nicht bezahlten Medikamenten per Jahr ca. EUR 1.500,-- aufzuwenden. Es liege daher gemäß § 5 der RRZ 2008 der Anspruch auf Befreiung in besonderen Fällen wegen besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit vor. Auch bestehe noch eine Gehbehinderung, welche, um soziale Kontakte pflegen zu können bzw. die notwendigen persönlichen Bedürfnisse (Einkauf, Arztbesuch etc.) wahrnehmen zu können, die Benutzung eines Autos erfordere. Dies stelle eine große Mehrbelastung dar. Er wohne mit seiner Ehefrau in der gemeinsamen Wohnung. Ergänzend gab er in einer Erklärung vom an, es läge ein Behinderungsgrad von 80 % vor.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse wies mit Bescheid vom den Antrag auf Befreiung von der Rezeptgebühr ab. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit liege unter anderem dann vor, wenn das anrechenbare Einkommen des Versicherten den in Betracht kommenden Ausgleichszulagen-Richtsatz nicht übersteige. § 4 Abs. 1 Z 3 RRZ ordne an, dass bei Krankheit oder Gebrechen, durch die erfahrungsgemäß besondere Aufwendungen entstünden, auch dann eine Befreiung von der Rezeptgebühr zu bewilligen sei, wenn das anrechenbare Einkommen 115 % des nach Z 2 in Betracht kommenden Richtsatzes nicht übersteige. Der Grenzbetrag nach dieser Bestimmung betrage derzeit EUR 1.288,-- (für Ehepaare). Das anrechenbare monatliche Nettoeinkommen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau betrage insgesamt EUR 1.789,57 und übersteige damit den maßgeblichen Grenzbetrag.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Einspruch. Er machte geltend, die Beurteilung nur nach § 4 RRZ 2008 sei in diesem Fall nicht ausreichend. Auf Grund der großen Belastungen für Krankheit und der sich daraus ergebenden Invalidität sei auch § 5 RRZ zur Beurteilung heranzuziehen. Durch seine Stoffwechsel- und Gallenerkrankung entstünden wesentliche Mehrkosten wegen der notwendigen Diätverpflegung (vom Finanzamt anerkannter Aufwand). Auf Grund der Erkrankung der Wirbelsäule in Verbindung mit der dadurch entstandenen Einschränkung des Bewegungsapparates sowie der verminderten Herzleistung sei für die Bewältigung des Alltages und die Wahrnehmung sozialer Kontakte ein PKW erforderlich. Der vom Staat vorgesehene und anerkannte Aufwand sei auch zu berücksichtigen. Er sei im Besitz zweier Behindertenausweise samt Eintragung der "Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel". Auch sei der Aufwand für Medikamente, Rezeptgebühren und Zuzahlungen für Heilbehelfe, Rehabilitations- und Kuraufenthalte, Therapien, welche selbst zu bezahlen seien und von denen nur ein kleiner Teil vom Krankenversicherungsträger rückerstattet werde, zu berücksichtigen. Im Jahr 2006 seien hiefür Beträge von EUR 2.733,51 und 2007 von EUR 3.091,07 aufgewendet worden. Im Durchschnitt sei in den Jahren 2006 und 2007 monatlich für "Medikamenten- und Heilmittelzuzahlungen sowie Medikamente aus Eigenleistung" ein Betrag von EUR 242,69, für Mehrkosten für Diätverpflegung wegen Gallenkrankheit EUR 51,--, Mehrkosten wegen Invalidität EUR 36,25 und Mehrkosten wegen notwendiger PKW-Benützung EUR 153,-- angefallen. Es handle sich - abgesehen von den Kosten für Medikamente - um vom Staat anerkannte Pauschalbeträge für den Mehraufwand. Diese Pauschalbeträge würden gerade den Mindestaufwand abdecken.

Es würden sich daher krankheitsbedingte Aufwendungen im Durchschnitt von EUR 482,94 im Monat ergeben. Unter Berücksichtigung des Pensionsbezuges von EUR 930,89 könne nicht mehr die Miete (EUR 548,52) abgedeckt werden. Für diesen Fehlbetrag sowie für den Lebensunterhalt müsse seine Frau aus ihrem Pensionsbezug aufkommen. Das Pflegegeld der Stufe 1 werde zur Gänze für die notwendige Pflege benötigt und auch aufgebraucht.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge. Begründend führte sie aus, der Beschwerdeführer beziehe eine Pension in Höhe von EUR 930,89, seine mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende Ehefrau eine Pension von EUR 858,68. Das anrechenbare Familieneinkommen betrage somit EUR 1.789,57 pro Monat. Unstrittig sei, dass keine Befreiung von der Rezeptgebühr gemäß § 2 RRZ 2008 bestehe, da die dort aufgezählten Voraussetzungen allesamt nicht vorlägen. Auch bestehe keine Befreiung nach § 4 Abs. 1 Z 3 RRZ 2008. Der Richtsatz für das Jahr 2008 betrage EUR 1.120,--, wobei sich ein Grenzbetrag (115 %) von EUR 1.288,-- ergebe. Da das anrechenbare Einkommen des Ehepaars jedoch EUR 1.789,59 betrage, werde der maßgebliche Grenzbetrag bei weitem überschritten. Auch liege keine unzumutbare Belastung mit Rezeptgebühren nach § 5 RRZ 2008 vor. Der Jahresaufwand des Beschwerdeführers an Rezeptgebühren und Selbstbehalten habe 2006 EUR 870,20 (im Monatsdurchschnitt EUR 72,51) und im Jahr 2007 EUR 685,70 (im Monatsdurchschnitt EUR 57,14) betragen. Insoweit liege keine unzumutbare finanzielle Belastung vor. Der Beschwerdeführer habe zu den von ihm behaupteten Beträgen keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt. Verfehlt sei jedenfalls die gewünschte Anerkennung der Kosten für Mehrbelastungen wegen diverser Krankheiten (Zuzahlungen von EUR 242,69, monatliche Mehrkosten für Diätverpflegung, für Invalidität und PKW-Notwendigkeit). Es handle sich hiebei um Pauschalbeträge, welche für steuerliche Zwecke geltend gemacht werden könnten; mit einer Rezeptgebührenbefreiung könnten diese Beträge "nur sehr bedingt (eventuell Diät)" in Zusammenhang gebracht werden. Dies wäre aber wiederum nachzuweisen. Auch könnten Belastungen aus der allgemeinen Lebensführung (Mehraufwendungen für PKW, Miete) keine besondere soziale Schutzbedürftigkeit begründen.

Ab dem Jahr 2008 sei für Rezeptgebühren jedoch eine Obergrenze eingeführt worden (2 % des jährlichen Nettoeinkommens), ab welcher eine Befreiung von der Rezeptgebühr schlagend werde. Da diese Obergrenze im Jahr 2008 tatsächlich nach etwa einem halben Jahr erreicht worden sei, sei der Beschwerdeführer in der Zeit vom 8. Juli bis tatsächlich von der Entrichtung der Rezeptgebühr befreit.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erwogen hat:

1. Der Beschwerdeführer macht geltend, er leide an einer Vielzahl von Erkrankungen; diesen Umstand habe die belangte Behörde völlig außer Acht gelassen. Es handle sich um chronische Erkrankungen, welche eine ständige, also länger dauernde medikamentöse Behandlung erforderten. Feststellungen zu den Erkrankungen, zum Leidenszustand und zu den dadurch eingetretenen Einschränkungen seien aber für die Beurteilung, ob eine Rezeptgebührenbefreiung gewährt werden könne, erforderlich. Der Beschwerdeführer habe im Jahr 2006 Aufwendungen aufgrund der Krankheiten in Höhe von EUR 2.733,51 und im Jahr 2007 von EUR 3.091,09 gehabt. Der Hinweis, der Beschwerdeführer habe keine entsprechenden Nachweise erbracht sei verfehlt; die belangte Behörde hätte dem Beschwerdeführer zumindest die Gelegenheit geben müssen, die als notwendig erachteten Unterlagen beizubringen; insoweit liege ein Verfahrensmangel vor. Ein starkes Indiz für die soziale Schutzbedürftigkeit sei, dass der Beschwerdeführer ab bis von der Rezeptgebühr befreit gewesen sei.

2. Gemäß § 136 Abs. 5 ASVG hat der Versicherungsträger bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten nach Maßgabe der vom Hauptverband hiezu erlassenen Richtlinien von der Einhebung der Rezeptgebühr abzusehen.

Nach § 136 Abs. 6 ASVG hat der Versicherungsträger von der Einhebung der Rezeptgebühr auch bei Erreichen der in den Richtlinien des Hauptverbandes gemäß § 31 Abs. 5 Z 16 ASVG vorgesehenen Obergrenze abzusehen.

Gemäß § 31 Abs. 2 Z 3 ASVG obliegt dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger die Erstellung von Richtlinien zur Förderung oder Sicherstellung der gesamtwirtschaftlichen Tragfähigkeit, der Zweckmäßigkeit und der Einheitlichkeit der Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger.

Nach § 31 Abs. 5 Z 16 ASVG sind Richtlinien iSd Abs. 2 Z 3 leg. cit. aufzustellen für die Befreiung von der Rezeptgebühr (Herabsetzung der Rezeptgebühr) sowie für die Befreiung vom Service-Entgelt bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten; in diesen Richtlinien ist der für die Befreiung (Herabsetzung) in Betracht kommende Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen zu umschreiben; darüber hinaus ist eine Befreiungs-(Herabsetzungs-)möglichkeit im Einzelfall in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Versicherten sowie der Art und Dauer der Erkrankung vorzusehen; weiters ist nach Einbindung der Österreichischen Apothekerkammer und der Österreichischen Ärztekammer eine Obergrenze für die Entrichtung von Rezeptgebühren vorzusehen; diese ist ohne Berücksichtigung der Sonderzahlungen mit zwei Prozent am jährlichen Nettoeinkommen der versicherten Person für diese und ihre anspruchsberechtigten Angehörigen zu bemessen und über ein vom Hauptverband einzurichtendes Rezeptgebührenkonto zu verwalten.

Die auf dieser Grundlage erlassenen Richtlinien über die Befreiung von der Rezeptgebühr 2008 (RRZ 2008), www.avs.at Nr. 5/2008, lauten auszugsweise:

"1. Teil

Befreiung nach Personengruppen

Personengruppen

§ 2. (1) Von Personen, die an einer anzeigepflichtigen übertragbaren Krankheit leiden, darf eine Rezeptgebühr von Gesetzes wegen nicht eingehoben werden. Dies gilt für folgende Krankheiten:

(…)

2. Teil

Befreiung wegen besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit

Befreiung ohne Antrag

§ 3. (1) Die nachstehend angeführten Bezieher bestimmter Geldleistungen werden wegen besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit von der Rezeptgebühr befreit, wenn die betreffende Geldleistung die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründet:

1. Bezieher einer Ausgleichszulage zu einer Pension aus der Pensionsversicherung

(…)

Befreiung über Antrag

§ 4. (1) Auf Antrag ist eine Befreiung von der Rezeptgebühr wegen besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit auch zu bewilligen,


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1.
(…)
2.
wenn das Einkommen eines Versicherten, der weder eine Pension aus der Pensionsversicherung noch einen Ruhe- oder Versorgungsgenuss bezieht, den nach § 293 Abs. 1 lit. a ASVG (§ 150 Abs. 1 lit. a GSVG,§ 141 Abs. 1 lit. a BSVG) in Betracht kommenden Richtsatz nicht übersteigt; bei Versicherten nach dem B-KUVG sind hiebei die entsprechenden Richtsätze der Ergänzungszulagenverordnung nach § 26 Abs. 5 Pensionsgesetz maßgeblich;
3.
wenn ein Versicherter (Angehöriger, für den ein Leistungsanspruch besteht) an Krankheiten oder Gebrechen leidet, durch die ihm erfahrungsgemäß besondere Aufwendungen entstehen, sofern das Einkommen des Versicherten 115 % des nach Z 2 in Betracht kommenden Richtsatzes nicht übersteigt.
(…)

(5) Bei der Feststellung des Einkommens des Versicherten ist das Einkommen eines mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten oder Lebensgefährten mitzuberücksichtigen. Das Einkommen sonstiger mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ist zu 12,5 % zu berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn gemäß § 292 Abs. 8 ASVG (§ 149 Abs. 7 GSVG,§ 140 Abs. 7 BSVG) ein Ausgedinge anzurechnen ist.

Befreiung in besonderen Fällen

§ 5. In anderen als den in den §§ 3 und 4 genannten Fällen ist eine Befreiung von der Rezeptgebühr zu bewilligen, wenn sich nach Prüfung der Umstände im Einzelfall herausstellt, dass eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit gegeben ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn eine länger dauernde medikamentöse Behandlung notwendig ist, die im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten eine nicht zumutbare Belastung mit Rezeptgebühren zur Folge hätte.

(…)

Beginn der Befreiung

§ 8. Die Befreiung von der Rezeptgebühr gilt ab dem Zeitpunkt der Erfüllung der Voraussetzungen, in den Fällen des § 4 Abs. 1 Z 2 und 3 sowie Abs. 2 und des § 5 jedoch frühestens ab dem Zeitpunkt des Einlangens des Antrages beim Krankenversicherungsträger. Sie gilt sowohl für den Versicherten selbst als auch für die Angehörigen, für die ein Leistungsanspruch besteht.

(…)

Ende der Befreiung

§ 11. (1) Mit dem Wegfall der für die Befreiung von der Rezeptgebühr maßgebenden Voraussetzungen verliert die Befreiung jedenfalls sofort ihre Gültigkeit. Der bis dahin befreite Versicherte (Angehörige) darf nach dem Erlöschen der Befreiung von einer ihm erteilten Bewilligung keinen Gebrauch mehr machen. Er hat den Krankenversicherungsträger ehestens von jeder Änderung der maßgebenden Umstände zu verständigen.

(2) Im übrigen gilt die Befreiung von der Rezeptgebühr in den Fällen des § 3 ohne zeitliche Begrenzung. In den Fällen des § 4 Abs. 1 und 2 und des § 5 ist die Befreiung von der Rezeptgebühr mindestens für drei Monate, in der Regel aber nicht länger als für die Dauer eines Jahres, zu bewilligen. Liegen die Gründe für die Befreiung von der Rezeptgebühr nach Ablauf der Frist weiterhin vor, ist die Bewilligung über Antrag neuerlich zu erteilen. Für Bezieher einer Alterspension kann die Befreiung von der Rezeptgebühr für längstens fünf Jahre erfolgen.

(…)

3. Teil

Befreiung wegen Überschreitung der Rezeptgebührenobergrenze

Allgemeines

§ 13. (1) Personen, deren Belastung mit Rezeptgebühren in einem Kalenderjahr den Grenzbetrag von zwei Prozent des Jahresnettoeinkommens (Rezeptgebührenobergrenze) überschreitet, sind ab dem Überschreiten für den Rest des Kalenderjahres von der Rezeptgebühr befreit.

(2) Die Rezeptgebührenobergrenze ist nach den in diesen Richtlinien aufgestellten Regeln zu berechnen. Der errechnete Betrag ist kaufmännisch auf einen Cent zu runden. Als Jahresnettoeinkommen gilt der nach den §§ 14 bis 16 ermittelte Betrag.

(…)

Beginn der Befreiung

§ 20. Die Befreiung von der Rezeptgebühr nach diesem Teil gilt ab dem Zeitpunkt der Erfüllung der Voraussetzungen, in den Fällen des § 19 Abs. 1 und 2 jedoch frühestens ab dem Zeitpunkt des Einlangens des Antrages beim Krankenversicherungsträger. Sie gilt sowohl für den Versicherten selbst als auch für die Angehörigen, für die ein Leistungsanspruch besteht."

3. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass die Befreiung von den Rezeptgebühren nach § 8 RRZ 2008 frühestens ab dem Zeitpunkt des Einlangens des Antrages beim Krankenversicherungsträger gilt, hier also ab dem . Unstrittig ist, dass dem Beschwerdeführer eine Rezeptgebührenbefreiung nach § 136 Abs. 6 ASVG (§ 13 RRZ 2008) vom 8. Juli bis zukam.

Der angefochtene Bescheid erweist sich damit insoweit, als mit ihm der Einspruch zur Gänze abgewiesen wurde, schon deswegen als rechtswidrig, weil diese Abweisung im Widerspruch zur - auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführten - Befreiung des Beschwerdeführers von der Rezeptgebühr für den Zeitraum vom 8. Juli bis steht.

4. Gemäß § 37 AVG ist es (u.a.) Aufgabe der Behörden des Verwaltungsverfahrens, den für die Erledigung der Angelegenheit maßgeblichen Sachverhalt - unter besonderer Mitwirkung der Parteien (vgl. zu einem vergleichbaren Fall das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/08/0122) - festzustellen. Es ist zwar Sache des Beschwerdeführers, im Verfahren alle Umstände betreffend seine krankheitsbedingten Ausgaben darzulegen und nachzuweisen; die belangte Behörde hätte aber den Beschwerdeführer dazu aufzufordern und - sollten die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen als zur Beurteilung nicht ausreichend angesehen werden -

dies mit dem Beschwerdeführer zu erörtern gehabt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/08/0422).

An sich zutreffend macht die Beschwerde geltend, dass sich die Verwaltungsbehörden mit seinem Vorbringen zu seinen krankheitsbedingten Ausgaben nicht auseinandergesetzt haben. Ein relevanter Verfahrensmangel kann damit aber nicht aufgezeigt werden:

Die Richtlinien umschreiben entsprechend der gesetzlichen Anordnung in § 31 Abs. 5 Z 16 ASVG zunächst den für die Befreiung von der Rezeptgebühr in Betracht kommenden Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen. Bei Erfüllung dieser allgemeinen Merkmale, wie sie in den §§ 3 und 4 der Richtlinien normiert sind, liegt besondere soziale Schutzbedürftigkeit iSd § 136 Abs. 5 ASVG unwiderleglich vor. Für die Befreiung in besonderen Fällen, welche auf Grund des § 31 Abs. 5 Z 16 dritter Halbsatz ASVG in § 5 der Richtlinien vorgesehen ist, ist es erforderlich, dass eine der nach allgemeinen Kriterien umschriebenen besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit iSd §§ 3 und 4 der Richtlinien vergleichbare Situation vorliegt, ohne dass die Tatbestandsmerkmale der §§ 3 und 4 der Richtlinie verwirklicht werden. Dies wird etwa dann der Fall sein, wenn trotz eines den Richtsatz um mehr als 15 % übersteigenden Einkommens gerade auf Grund der wegen einer länger dauernden medikamentösen Behandlung zu entrichtenden Rezeptgebühren eine soziale Situation eintritt, die jener vergleichbar ist, die auch bei Personen besteht, die die allgemeinen Kriterien der §§ 3 und 4 der Richtlinien erfüllen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/08/0268, mwN).

Aus §§ 3 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2 RRZ 2008 ist abzuleiten, dass Personen, die ein höheres als ein dem Richtsatz entsprechendes Einkommen beziehen, grundsätzlich die Rezeptgebühr selbst zu tragen haben. Leidet der Versicherte unter Krankheiten oder Gebrechen, durch die ihm erfahrungsgemäß besondere Aufwendungen entstehen, ist aber auf Antrag gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 RRZ 2008 eine Befreiung zu gewähren, sofern das Einkommen 115 % des Richtsatzes nicht übersteigt. Das heißt, es wird davon ausgegangen, dass einem Versicherten, der ein höheres Einkommen als 115 % des Richtsatzes hat, grundsätzlich die Tragung der erfahrungsgemäß mit der betreffenden Krankheit oder dem Gebrechen verbundenen besonderen Aufwendungen zuzüglich der Rezeptgebühr zumutbar ist. § 5 RRZ 2008 ermöglicht wiederum, im Einzelfall unter bestimmten Voraussetzungen auch dann eine Befreiung zu gewähren, wenn nach den §§ 3 und 4 RRZ 2008 ein Fall der Selbsttragung der Rezeptgebühr vorliegt. Neben krankheitsbedingten Aufwendungen sind dabei auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten zu berücksichtigen. Es ist dabei zu prüfen, ob das Einkommen durch krankheitsbedingte Aufwendungen (worunter auch Rezeptgebühren fallen) und etwaige andere Belastungen derart verringert wird, dass wiederum die soziale Schutzwürdigkeit von Richtsatzbeziehern erreicht würde (vgl. - zu einer Vorgängerregelung der RRZ 2008 - das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/08/0122).

Bei der Prüfung der "besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit" sind aber Ausgaben der allgemeinen Lebensführung, etwa für Miete, Gas und Strom sowie Bekleidung, aber auch Kosten für ein Fahrzeug (jedenfalls im Allgemeinen) nicht zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/08/0327, mwN).

Unstrittig beträgt das Einkommen des Beschwerdeführers samt dem gemäß § 4 Abs. 5 RRZ 2008 zu berücksichtigenden Einkommen seiner Ehefrau (im Kalenderjahr 2008) monatlich EUR 1.789,57. Der für das Jahr 2008 zu berücksichtigende Grenzbetrag gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 RRZ 2008 beträgt (ebenfalls unstrittig) EUR 1.288,--. Selbst dann, wenn sämtliche vom Beschwerdeführer in seinem Einspruch als "Mehrbelastungen wegen diverser Krankheiten" angeführten Beträge (einschließlich der Mehrkosten für einen Pkw; insgesamt EUR 482,94 monatlich) berücksichtigt und vom Familieneinkommen abgezogen würden, verbliebe noch ein Betrag (EUR 1.306,63), welcher sowohl den Grenzwert nach § 4 Abs. 1 Z 3 RRZ 2008 als auch den Richtsatz übersteigt. Auch unter Berücksichtigung aller dieser Ausgaben wäre also nicht davon auszugehen, dass eine Situation vorläge, die der nach allgemeinen Kriterien umschriebenen besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit iSd §§ 3 und 4 RRZ 2008 vergleichbar wäre.

Dass sich insoweit für das Jahr 2009 eine abweichende Beurteilung ergeben hätte, wobei einerseits ein höherer Richtsatz (EUR 1.158,08) und daher auch ein höherer Grenzwert nach § 4 Abs. 1 Z 3 RRZ 2008 (EUR 1.331,79), anderseits aber auch ein (präsumtiv) höheres Familieneinkommen (Erhöhung der Pensionen sowohl des Beschwerdeführers als auch seiner Ehefrau) zu berücksichtigen gewesen wäre, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.

5. Der angefochtene Bescheid war daher aus dem zu Punkt 3 angeführten Grund hinsichtlich des Zeitraumes vom 8. Juli bis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 50) VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren (Eingabengebühr) war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) abzuweisen.

Wien, am