VwGH vom 26.02.2014, Ro 2014/04/0031

VwGH vom 26.02.2014, Ro 2014/04/0031

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Grünstäudl und Dr. Mayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Revision des Ing. K H sen. in W, vertreten durch die Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Universitätsring 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom , Zl. BMWFJ- 37.000/0305-I/5a/2013, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt W vom wurde dem Revisionswerber die Berechtigung zur Ausübung des Baumeistergewerbes, eingeschränkt auf Maurermeistertätigkeiten, gemäß § 88 Abs. 2 GewO 1994 entzogen.

Die vom Revisionswerber dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid des im Devolutionsweg (§ 73 Abs. 2 AVG) zuständig gewordenen Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend abgewiesen.

In der Begründung verwies die belangte Behörde auf § 88 Abs. 2 GewO 1994, wonach die Gewerbeberechtigung zu entziehen sei, wenn das Gewerbe während der letzten drei Jahre nicht ausgeübt worden und der Gewerbeinhaber mit der Entrichtung der Umlage an die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft mehr als drei Jahre im Rückstand sei. Im vorliegenden Fall habe die Wirtschaftskammer W, Umlagenbüro, mitgeteilt, dass der Revisionswerber die Grundumlage seit dem Jahr 2008 nicht beglichen habe, was von diesem nicht bestritten worden sei.

Was die für den Entziehungstatbestand weitere Voraussetzung der Nichtausübung des Gewerbes während der letzten drei Jahre betreffe, so sei der Revisionswerber, der am das Ruhen der Ausübung des gegenständlichen Gewerbes bei der Wirtschaftskammer W angezeigt habe, aufgefordert worden, durch Bescheinigungsmittel (Einkommensteuererklärungen, Rechnungen und dgl.) die tatsächliche Ausübung der Maurermeistertätigkeiten darzutun. Er habe aber trotz der genannten Aufforderung keine Bescheinigungsmittel vorgelegt, aus denen dem genannten Gewerbe eigentümliche Tätigkeiten des Revisionswerbers auf eigene Rechnung und Gefahr seit dem letztgenannten Zeitpunkt (Anzeige des Ruhens) hervorgingen. Damit sei auch die zweite im § 88 Abs. 2 GewO 1994 festgelegte Tatbestandsvoraussetzung erfüllt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf § 4 Abs. 1 VwGbk-ÜG gestützte Revision, für die gemäß § 4 Abs. 5 leg. cit. die Bestimmungen des VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß gelten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1.1. Der § 88 GewO 1994 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 48/2003 lautet auszugsweise:

"§ 88. ...

(2) Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde zu entziehen, wenn das Gewerbe während der letzten drei Jahre nicht ausgeübt worden ist und der Gewerbeinhaber mit der Entrichtung der Umlage an die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft mehr als drei Jahre im Rückstand ist. Vor der Erlassung des Entziehungsbescheides ist der Gewerbeinhaber auf die Rechtsfolge der Entziehung nachweislich aufmerksam zu machen. Von der Entziehung ist abzusehen, wenn spätestens zugleich mit der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem die Entziehung verfügt worden ist, die Bezahlung des gesamten Umlagenrückstandes nachgewiesen wird.

..."

1.2. Der § 127 Wirtschaftskammergesetz 1998 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 78/2006 lautet auszugsweise:

"Vorschreibung und Einhebung der Grundumlage,

der Sondergrundumlage und der Gebühren für Sonderleistungen

§ 127. (1) Die Grundumlage und die Sondergrundumlage gemäß § 123 Abs. 6 sind von der Direktion der Landeskammer

vorzuschreiben und einzuheben. ... Die Grundumlage und die

Sondergrundumlage gemäß § 123 Abs. 6 werden einen Monat nach Vorschreibung fällig. ...

...

(5) Den zur Vorschreibung der in Abs. 1 angeführten Umlagen zuständigen Organisationen ist zur Einbringung nicht rechtzeitig entrichteter Umlagen die Einbringung im Verwaltungsweg gewährt (§ 1 Abs. 1 Z 3 und § 3 Abs. 3 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991, BGBl. Nr. 53/1991). Zur Eintreibung nicht rechtzeitig entrichteter Umlagen ist ein Rückstandsausweis auszufertigen, der den Namen und die Anschrift des Umlagenschuldners, den rückständigen Betrag, die Art des Rückstandes sowie den Vermerk zu enthalten hat, dass der Rückstandsausweis einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht unterliegt. Der Rückstandsausweis ist ein Exekutionstitel im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896.

(6) Vor Ausstellung eines Rückstandsausweises ist der rückständige Betrag schriftlich unter Vorschreibung einer Zahlungsfrist einzumahnen. ...

(7) Die in Abs. 1 angeführten Umlagen sind nach in der Umlagenordnung näher bestimmten Grundsätzen ganz oder teilweise nachzusehen, wenn ihre Einhebung nach Lage des Falles unbillig wäre. Über die Nachsicht entscheidet


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
bei Grundumlagen der Fachgruppenobmann,
2.
bei Gebühren für Sonderleistungen das Einzelorgan der jeweiligen Körperschaft,
3.
bei Sondergrundumlagen gemäß § 123 Abs. 6 der jeweilige Spartenobmann.

(8) Gegen eine Entscheidung gemäß Abs. 7 ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

(9) Beschließt der Fachverbandsausschuss gemäß § 123 Abs. 5 über die Grundumlage, gelten die Bestimmungen der Absätze 7 und 8 sinngemäß mit der Maßgabe, dass der jeweilige Landesspartenobmann im Einvernehmen mit dem Fachverbandsobmann über die Nachsicht zu entscheiden hat.

..."

1.3. Die Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 88 Abs. 2 GewO 1994 ist nur bei Erfüllung zweier Tatbestandselemente zulässig: Einerseits verlangt diese Bestimmung, dass das Gewerbe während der letzten drei Jahre "nicht ausgeübt worden ist" und andererseits muss der Gewerbeinhaber mit der Entrichtung der Umlage an die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft mehr als drei Jahre im Rückstand sein. Fehlt es an einer dieser beiden Voraussetzungen, so darf die Gewerbeberechtigung nicht entzogen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/04/0149, mwN).

2.1. In der vorliegenden Revision bleibt unbestritten, dass der Revisionswerber das auf Maurermeistertätigkeiten eingeschränkte Baumeistergewerbe während der letzten drei Jahre vor Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht ausgeübt hat.

2.2. Bestritten wird vielmehr die zweite Tatbestandsvoraussetzung des § 88 Abs. 2 GewO 1994, nämlich das Bestehen eines bis in das Jahr 2008 zurückreichenden Rückstandes bei der Entrichtung der Grundumlage an die Wirtschaftkammer W. Dazu verweist der Revisionswerber auf § 127 Abs. 7 Wirtschaftskammergesetz 1998 und auf die entsprechende Bestimmung des § 13 Abs. 1 der Umlagenordnung der Bundeswirtschaftskammer, wonach Umlagen ganz oder teilweise nachzusehen sind, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Nach Ansicht des Revisionswerbers sei die ihm vorgeworfene "Umlagenschuld aber gerade nicht rechtmäßig, da ihm gemäß § 127 Abs. 7 WKG ein Rechtsanspruch auf gänzliche Nachsicht der Grundumlage" zukomme. Der Revisionswerber habe nämlich im fraglichen Zeitraum (offenbar gemeint: seit 2008) Notstandshilfe bezogen, sodass er sich in einer wirtschaftlichen Notlage (§ 13 Abs. 1 Umlagenordnung) befinde. Wäre ihm daher sein Recht auf gänzliche Nachsicht gewährt worden, hätte er sich nicht im vermeintlichen Umlagenrückstand befunden. Nach Auffassung des Revisionswerbers könne "auf Grund des Rechtsanspruches auf gänzliche Nachsicht gemäß § 127 Abs. 7 WKG kein Umlagenrückstand iSd § 88 Abs. 2 GewO 1994 vorliegen". Die belangte Behörde habe daher nicht nur die Rechtslage verkannt, sondern sie hätte sich auch mit dem Vorbringen in der Berufung betreffend einen bestehenden Rechtsanspruch auf Nachsicht auseinandersetzen müssen.

2.3. Mit dem genannten Vorbringen bestreitet der Revisionswerber nicht, dass er die ihm seit dem Jahr 2008 vorgeschriebene (und gemäß § 127 Abs. 1 einen Monat nach der Vorschreibung fällige) Grundumlage über einen mehr als drei Jahre dauernden Zeitraum nicht entrichtet habe. Er vertritt vielmehr den Rechtsstandpunkt, dass trotz Nichtentrichtung der Umlage kein "Rückstand" iSd § 88 Abs. 2 GewO 1994 entstanden sei, weil ihm ein Rechtsanspruch auf Nachsicht gemäß § 127 Abs. 7 WKG zukomme.

Damit übersieht der Revisionswerber, dass über die Gewährung der Nachsicht gemäß § 127 Abs. 7 bis 9 WKG gesondert zu entscheiden ist (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2001/04/0165). Ohne rechtskräftige Erteilung der Nachsicht gemäß § 127 Abs. 7 WKG (diese Entscheidung ist gemäß § 13 Abs. 1 der Umlagenordnung antragsbedürftig) bleibt die Verpflichtung zur Entrichtung der fällig gewordenen Grundumlagen iSd § 127 Abs. 1 WKG und damit (im Falle der Nichtentrichtung derselben) ein Rückstand iSd § 88 Abs. 2 GewO 1994 bestehen.

Vor diesem Hintergrund kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob der Revisionswerber, wie er behauptet, bereits in der Berufung einen Rechtsanspruch auf gänzliche Nachsicht von der Grundumlage behauptet hat. Entscheidend ist vielmehr, dass er weder behauptet noch dargetan hat, dass ihm die Nachsicht von der Entrichtung der Grundumlage erteilt worden sei.

Da somit bereits das Revisionsvorbringen erkennen lässt, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Revision gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am