VwGH vom 26.02.2014, Ro 2014/04/0013
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Dr. Mayr sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Revision der BK in M, vertreten durch Dr. Herbert L. Partl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Innstraße 59 (Stöcklgebäude 1. Stock), gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom , Zl. Gew-53015-13/1, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol (belangte Behörde) wurde der Beschwerdeführerin die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Gastgewerbe gemäß § 111 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 in der Betriebsart Bar" im Standort K, H Straße 2b, gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 entzogen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, im vorliegenden Fall scheine die Beschwerdeführerin mit mehr als 13 rechtskräftigen Verwaltungsstrafen, alle in Ausübung des konkreten Gewerbes, im Verwaltungsstrafregister auf.
Dieser Verwaltungsstrafen werden im angefochtenen Bescheid wie folgt angeführt:
"1. SB-8-2009/XY vom
wegen § 366 Abs. 1 Z 3 Gewerbeordnung 1994 (Überschreitung der Betriebszeit), Strafe EUR 500,00
2. SB-23-2009/XY vom
wegen § 366 Abs. 1 Z 3 Gewerbeordnung 1994 (Überschreitung der Betriebszeit), Strafe EUR 500,00
3. SB-36-2009/XY vom
wegen § 367 Z 25 Gewerbeordnung 1994 (Nichtvorlage einer Bestätigung), Strafe EUR 500,00
4 SB-13-2010/XY vom
wegen § 367 Z 25 Gewerbeordnung 1994 (Nichteinhaltung von Bescheidaufträgen), Strafe EUR 350,00
5. SB-22-2010/XY vom
wegen § 366 Abs. 1 Z 3 in Verbindung mit § 81 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 (Überschreitung der Betriebszeit), Strafe EUR 365,00
6. BR-3-2010/XY vom
wegen § 55 Abs. 1 lit. a TBO 2001 (Errichtung einer baulichen Anlage ohne entsprechende baurechtliche Bewilligung), Strafe EUR 1.500,00
7. SB-56-2010/XY vom
wegen § 367 Z 25 in Verbindung mit § 78 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 (Nichteinhaltung von Bescheidaufträgen), Strafe EUR 365,00
8. SB-23-2011/XY (abgeändert mit Berufungserkenntnis des UVS Tirol vom , Zl. uvs-2011/A/B vom wegen § 366 Abs. 1 Z 3 und § 365 Z 25 Gewerbeordnung 1994 (Verletzung von Auflagen der Betriebsanlagengenehmigung und genehmigungslos geänderter Betrieb der Betriebsanlage), Strafe EUR 200,00 und Strafe EUR 100,00
9. SB-37-2012/XY (abgeändert mit Berufungserkenntnis des UVS Tirol vom , Zl. uvs-2012/C/D
wegen § 366 Abs. 1 Z 3 in Verbindung mit § 81 Abs. 1 und § 74 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 (genehmigungslos geänderter Betrieb der Betriebsanlage), Strafe EUR 400,00
10. SB-3-2013/XY vom
wegen § 367 Z 25 Gewerbeordnung 1994 (Nichteinhaltung von Bescheidauflagen), Strafe EUR 500,00
11. SB-34-2013/XY vom
wegen § 81 Abs. 1 und § 366 Abs. 1 Z 3 Gewerbeordnung 1994 (genehmigungslos geänderter Betrieb der Betriebsanlage), Strafe EUR 365,00
12. SB-17-2013/XY vom
wegen § 81 Abs. 1 in Verbindung mit § 366 Abs. 1 Z 3 Gewerbeordnung 1994 (genehmigungslos geänderter Betrieb der Betriebsanlage), Strafe EUR 365,00
13. SB-38-2013/XY vom
wegen § 81 Abs. 1 in Verbindung mit § 366 Abs. 1 Z 3 Gewerbeordnung 1994 (genehmigungslos geänderter Betrieb der Betriebsanlage), Strafe EUR 365,00"
Bereits mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft K (BH) vom sei die Beschwerdeführerin informiert worden, dass Übertretungen im Verwaltungsstrafregister der BH aufschienen, und ihr mitgeteilt worden, dass sie mit der Einleitung eines Entziehungsverfahrens zu rechnen habe, sollte sie weiterhin derartige Übertretungen begehen. Dennoch schienen seit diesem Zeitpunkt weitere Eintragungen im Verwaltungsstrafregister auf. So seien insbesondere im Frühjahr 2013 vier Straferkenntnisse im Zusammenhang mit der Ausübung des gegenständlichen Gastgewerbes wegen Nichteinhaltung von Bescheidauflagen bzw. genehmigungslos geänderten Betriebs der Betriebsanlage ergangen.
Das Vorliegen von mehreren rechtskräftigen Verwaltungsstrafen sei von der Beschwerdeführerin auch nicht in Abrede gestellt worden. Vielmehr habe sie darauf hingewiesen, dass es in K als "betriebliche Übung" angesehen werden müsse. Auch weise die Beschwerdeführerin darauf hin, dass der Nachbar regelmäßig Verstöße zur Anzeige bringe.
Die differenzierte Betrachtung der gewerberechtlichen Vorschriften durch die Beschwerdeführerin zeige nicht zuletzt auch der Umstand, dass diese im Rahmen der Berufung angebe, dass mit der Baubewilligung vom (Umbau des Gastronomiebetriebes durch die Errichtung eines Untergeschoßes) Abhilfe gegen die Überschreitung von Schutzinteressen durch Lärmbelästigungen geschaffen werden solle. "Allenfalls" werde es zu einem Ansuchen um Erweiterung der Betriebsanlagengenehmigung seitens der Gewerbeinhaberin kommen. Diesbezüglich halte die belangte Behörde fest, dass Änderungen einer genehmigten Betriebsanlage nach § 81 GewO 1994 jedenfalls eine Genehmigungspflicht auslösten und die Genehmigung vor den in Angriff genommenen Arbeiten zu erwirken sei. Im Übrigen sei es für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar, warum durch die Änderung der Betriebsanlage eine Besserung des Verhaltens der Gewerbeinhaberin zu erwarten sein solle, sei sie doch wiederholt wegen Nichteinhaltung von Betriebszeiten, Nichteinhaltung von Bescheidauflagen und genehmigungslos geänderten Betriebs ihrer Betriebsanlage rechtskräftig bestraft worden.
Da sich die mangelnde Zuverlässigkeit für die Ausübung des Gewerbes als Rechtsvermutung aus den - nicht getilgten - schwerwiegenden Verstößen ergebe, bedürfe es bei der Beurteilung, ob der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 erfüllt sei, keiner Beurteilung des Persönlichkeitsbildes der Gewerbeinhaberin. Daher gehe auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin ins Leere, wonach sie nunmehr "äußerstes Wohlverhalten zum Ausdruck bringe". Auch das weitere Vorbringen, ein Mediationsverfahren unter Einbeziehung des Nachbarn anzustreben, habe keine Relevanz.
Wenn die Beschwerdeführerin schließlich beantrage, auf Grund der Geringfügigkeit des Verschuldens sowie der unbedeutenden Folgen die Gewerbeberechtigung nur auf bestimmte Zeit zu entziehen, sei dem entgegenzuhalten, dass die BH bereits mit Schreiben vom unmissverständlich darauf hingewiesen habe, bei weiteren Verstößen die Gewerbeberechtigung zu entziehen, und sich die Beschwerdeführerin auch davon nicht abhalten habe lassen, weitere Übertretungen derselben Art zu begehen. Daher sei es für die belangte Behörde nicht ersichtlich, auf Grund welcher Überlegungen mit einer befristeten Entziehung das Auslangen gefunden werden könne. Gerade der lange Deliktszeitraum und die Regelmäßigkeit der von der Gewerbeinhaberin begangenen einschlägigen Verstöße gegen die Gewerbeordnung ließen nicht erkennen, dass mit einer befristeten Entziehung das Auslangen gefunden werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die gemäß § 4 Abs. 1 VwGbk-ÜG erhobene Revision.
Für die Behandlung dieser Revision gelten gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung (abgesehen von der gegenständlich ohnedies nicht in Betracht kommenden Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG) sinngemäß.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vorliegende Revision erwogen:
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 125/2013 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann das in § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 enthaltene Tatbestandsmerkmal der "schwerwiegenden Verstöße" nicht nur durch an sich als schwerwiegend zu beurteilende Verstöße erfüllt werden, sondern auch durch eine Vielzahl geringfügiger Verletzungen der im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften. Entscheidend ist somit, dass sich aus dieser Vielzahl unter Berücksichtigung der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung der Schluss ziehen lässt, der Gewerbetreibende sei nicht mehr als zuverlässig anzusehen. Eine solche Sichtweise ist auch vor dem Hintergrund des sich aus Art. 6 StGG ergebenden Gebotes der Verhältnismäßigkeit eines Eingriffes in die Erwerbsfreiheit erforderlich (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/04/0100, mwN).
Die Beschwerde bringt gegen den angefochtenen Bescheid vor, es sei richtig, dass durch die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit mehrere Verstöße begangen worden seien. Diese lägen jedoch nunmehr längere Zeit zurück und die Revisionswerberin habe auch durch die Planung des Umbaus des Gastronomiebetriebes entsprechend reagiert, um zukünftige Übertretungen gar nicht mehr möglich zu machen. Aus dem nunmehr vorliegenden Gesamtbild ergebe sich, dass keine Voraussetzung mehr für die Anzweiflung der Zuverlässigkeit der Ausübung des Gewerbes bestehe. Schließlich dürfe die belangte Behörde die tatsächlichen Gegebenheiten nicht außer Acht lassen, wenngleich es in der Vergangenheit Verfehlungen gegeben habe, die nicht bestritten würden. Im Gegensatz zum hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/04/0089, seien im Fall der Revisionswerberin für das Jahr 2013 nur vier und für das Jahr 2012 nur eine rechtskräftige Übertretung vermerkt. Diese vorliegende Anzahl der geringfügigen Übertretungen in der Hauptsaison eines Gastronomiebetriebes im Skiort K reiche nach Auffassung der Revisionswerberin nicht aus, um schwerwiegende Verstöße zu erkennen, die den Entzug der Gewerbeberechtigung erst möglich machten. In diesem Zusammenhang macht die Beschwerde auch geltend, dass vorliegend die vorherrschende Realität bei Gewerbebetrieben in K nicht außer Acht gelassen werden dürfe. Überschreitungen von Betriebszeiten seien im Skiort K schließlich "zwischenzeitlich betriebliche Übung", zumal auf Grund der Gästesituation die Öffnungszeiten leider nicht immer minutiös eingehalten werden könnten.
Mit diesem Vorbringen gelingt es der Revision nicht, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:
Die belangte Behörde hat die Annahme schwerwiegender Verstöße nach § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 auf 13 rechtskräftige Bestrafungen im Zeitraum von fünf Jahren (2009 bis 2013) gestützt, wobei nach den unbestrittenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides sämtliche Übertretungen in Ausübung des Gewerbes der Revisionswerberin begangen wurden. Angesichts der genannten Art der Delikte, der zum Teil beträchtlichen Strafhöhe dieser Verwaltungsübertretungen in Verbindung mit der im angefochtenen Bescheid so bezeichneten "differenzierten Betrachtung" der gewerberechtlichen Vorschriften durch die Revisionswerberin ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde fallbezogen den Schluss gezogen hat, die Revisionswerberin sei gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 nicht mehr als zuverlässig anzusehen.
Insoweit die Beschwerde vorbringt, ein bloß befristeter Entzug der Gewerbeberechtigung reiche wohl aus, um ein späteres einwandfreies Verhalten der Revisionswerberin zu sichern, so ist darauf hinzuweisen, dass eine Befristung der Entziehung nach § 87 Abs. 3 GewO 1994 nur dann in Betracht kommt, wenn besondere Gründe gegeben wären, die erwarten lassen, eine bloß befristete Maßnahme reiche aus, um ein späteres einwandfreies Verhalten der Revisionswerberin zu sichern (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/04/0036, mwN). Dass diese Voraussetzungen im gegenständlichen Fall nicht vorliegen, hat die belangte Behörde in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise im angefochtenen Bescheid ausgeführt.
Da somit bereits der Inhalt der Revision erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Revision gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am