VwGH vom 29.03.2012, 2011/15/0196

VwGH vom 29.03.2012, 2011/15/0196

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der F GmbH in L, vertreten durch die Metzler Partner Steuer- und Wirtschaftsberatung GmbH in 6900 Bregenz, Dorf Rieden 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0080-F/06, miterledigt RV/0098/-F/06, betreffend Aufhebung nach § 299 BAO (Körperschaftsteuer 2003) sowie Körperschaftsteuer 2003 und 2004, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die beschwerdeführende GmbH hatte von den im Jahr 2002 getätigten Herstellungsaufwendungen auf ihr Betriebsgebäude (neben der Absetzung für Abnutzung iSd §§ 7 und 8 EStG 1988) nicht nur im Jahr 2002 eine vorzeitige Gebäudeabschreibung gemäß § 10a Abs. 3 EStG 1988 (von 36.902,23 EUR) geltend gemacht, sondern auch in den Folgejahren 2003 und 2004.

Den erklärungsgemäß erlassenen Körperschaftsteuerbescheid 2003 hob das Finanzamt gemäß § 299 BAO auf. Zur Begründung führte es aus, die konjunkturbedingte vorzeitige Gebäudeabschreibung gemäß § 10a EStG 1988 stehe für die in den Jahren 2002 und 2003 getätigten Herstellungsaufwendungen der Betriebsgebäude, welche unmittelbar der Betriebsausübung von Gewerbetreibenden dienten, nur jeweils einmal zu, und zwar im Jahr der Herstellung. Eine weitere, wiederholte Geltendmachung der vorzeitigen Abschreibung für dieselben Herstellungs- bzw. Teilherstellungsaufwendungen in den Folgejahren sei nicht zulässig.

Zugleich erließ das Finanzamt einen neuen Körperschaftsteuerbescheid 2003, wobei die geltend gemachten Betriebsausgaben um die (wiederholte) vorzeitige Abschreibung von 36.902,23 EUR gekürzt wurden. Zur Begründung wurde ausgeführt, die vorzeitige Gebäudeabschreibung stehe für im Jahr 2002 getätigte Herstellungsaufwendungen auf Betriebsgebäude nur einmal zu.

Im Körperschaftsteuerbescheid 2004 wich das Finanzamt insoweit von der Erklärung der Beschwerdeführerin ab, als sie die geltend gemachte vorzeitige Abschreibung von 240.991,61 EUR nicht berücksichtigte. Die Bescheidbegründung entspricht jener des Körperschaftsteuerbescheides 2003, bezogen aber auf in den Jahren 2002 und 2003 angefallene (Teil )Herstellungsaufwendungen, für die im jeweiligen Herstellungsjahr (2002 bzw. 2003) vorzeitige Abschreibung in Anspruch genommen worden war.

Die Beschwerdeführerin brachte gegen den Bescheid betreffend die Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides 2003 sowie die Körperschaftsteuerbescheide 2003 und 2004 Berufung ein. § 10a Abs. 3 EStG 1988 spreche von einer vorzeitigen Abschreibung, eine Beschränkung auf eine einmalige Geltendmachung finde sich im Gesetzestext nicht. Der Begriff "vorzeitig" werde in der deutschen Sprache häufig verwendet. So werde zum Beispiel von "einer vorzeitigen Tilgung eines Kredit(teil)betrages" gesprochen, eine solche Tilgung stehe jedoch weiteren (auch vorzeitigen) Tilgungen des Restbetrages nicht entgegen. Daher sei auch bei der vorzeitigen Abschreibung davon auszugehen, dass eine mehrfache Geltendmachung in weiteren Zeiträumen (nachfolgenden Veranlagungsjahren) nicht eingeschränkt sei.

Für eine Wiederholung der vorzeitigen Abschreibung spreche auch eine analoge Anwendung der Regelung des § 8 Abs. 1 EStG 1988 betreffend die Absetzung für Abnutzung, zumal auch in dieser Bestimmung nicht dezidiert von einer mehrfachen Anwendbarkeit des Abschreibungsbetrages gesprochen werde. Auf Grund der gleichen Ausdrucksweise in § 10a Abs. 3 EStG 1988 könne der Steuerpflichtige neben der Absetzung für Abnutzung gemäß § 8 Abs. 1 EStG 1988 eine vorzeitige Abschreibung von 7 % der Herstellungskosten geltend machen.

Der Gesetzgeber habe eine Beschleunigung der Abschreibung beabsichtigt. Die vorzeitige Abschreibung diene der Ankurbelung der Bauwirtschaft. Aus volks- und betriebswirtschaftlicher Sicht sei erwiesen, dass solche wirtschaftsfördernde Maßnahmen umso besser griffen, je stärker sich der erzielbare Vorteil für die Unternehmen auswirke. Bereits kurzfristig ergebe sich ein größerer steuerlicher Vorteil und somit in der Folge auch Zinsvorteil, wenn die vorzeitige Abschreibung mehrfach abgesetzt werde. Über längere Zeit wirke diese Maßnahme noch zusätzlich positiv, weil Unternehmen, die ihre Reinvestitionen auch an Hand einer regelmäßigen steuerlichen Abschreibung ausrichteten, bereits nach ca. 10 Jahren die nächsten Investitionsschritte setzen würden und nicht erst nach ca. 31 Jahren, wie dies bei nur einmaliger Gewährung der Begünstigung der Fall wäre.

Es werde daher beantragt, die konjunkturbedingte vorzeitige Gebäudeabschreibung gemäß § 10a Abs. 3 EStG 1988 auch wiederholt zu berücksichtigen. Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des Körperschaftsteuerbescheides 2003, die eine Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO rechtfertigen könnte, liege nicht vor.

Nach dem Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Sie führte u.a. aus, das Berufungsbegehren, die Veranlagung entsprechend der ursprünglichen Abgabenerklärung antragsgemäß durchzuführen und die konjunkturbedingte vorzeitige Gebäudeabschreibung gemäß § 10a Abs. 3 EStG 1988 im Jahr 2003 für Herstellungen des Jahres 2002 bzw. im Jahre 2004 für Herstellungen der Jahre 2002 und 2003 zu berücksichtigen, halte sie aufrecht.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Strittig sei, ob eine mehrmalige Geltendmachung der vorzeitigen Abschreibung nach § 10a Abs. 3 EStG 1988 für ein und dieselben Herstellungsaufwendungen zulässig sei.

Gemäß § 10a Abs. 3 EStG 1988 könne der Steuerpflichtige bei der Herstellung von Gebäuden des Anlagevermögens neben der Absetzung für Abnutzung gemäß § 8 Abs. 1 eine vorzeitige Abschreibung von 7 % der Herstellungskosten gewinnmindernd geltend machen. In den ErlRV zum Konjunkturbelebungsgesetz 2002 (977 BlgNR XXI. GP) werde dazu u.a. festgehalten, zur Ankurbelung der Bauwirtschaft solle für das Jahr 2002 für in diesem Jahr begonnene Bauvorhaben eine vorzeitige Abschreibung eingeführt werden. Diese werde mit 7 % der auf das Kalenderjahr 2002 entfallenden Herstellungskosten (Teilherstellungskosten), maximal aber von 3,8 Mio. Euro bemessen.

In den ErlRV zu BGBl. I Nr. 155/2002 (1277 BlgNR XXI. GP) werde festgehalten, zur fortgesetzten Ankurbelung der Bauwirtschaft solle die im Rahmen des Konjunkturbelebungspaketes 2002 eingeführte und ursprünglich auf das Jahr 2002 befristete vorzeitige Abschreibung für Gebäudeherstellungen bis Ende 2003 verlängert werden.

Nach Ansicht der belangten Behörde lasse der gesetzgeberische Wille klar erkennen, dass die Gebäudeneuerrichtung sowie der Zu-, An- und Aufbau auf bestehende Gebäude begünstigt werden solle. Die Regelung stelle eine befristete Sonderregelung zur Ankurbelung der Bauwirtschaft dar - vorerst für das Jahr 2002 eingeführt und dann um ein Jahr verlängert. Aus den ErlRV 977 BlgNR XXI. GP ergebe sich, dass es sich bei der vorzeitigen Abschreibung um einen Prozentsatz (7 %) handle, welcher von den auf das jeweilige Kalenderjahr entfallenden Herstellungskosten zu bemessen sei. Aus dieser Formulierung gehe hervor, dass es sich um eine vorzeitige Abschreibung handle, welche die im jeweiligen Kalenderjahr anfallenden Herstellungskosten begünstigen solle. Diese Abschreibung könne nicht in Folgejahre weitergetragen werden, indem derselbe Betrag wiederholt weiter abgeschrieben werde.

Die wiederholte Geltendmachung der konjunkturbedingten vorzeitigen Gebäudeabschreibung für auf das Jahr 2002 oder 2003 entfallende Herstellungs- bzw. Teilherstellungsaufwendungen in den Folgejahren (neben der normalen Absetzung für Abnutzung gem. § 8 EStG 1988), somit die mehrmalige Geltendmachung für ein und dieselben Herstellungsaufwendungen, sei nicht zulässig.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Mit dem Konjunkturbelebungsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 68/2002, wurde in § 10a EStG 1988 folgender Absatz angefügt:

"(3) Bei der Herstellung von Gebäuden des Anlagevermögens kann der Steuerpflichtige neben der Absetzung für Abnutzung gemäß § 8 Abs. 1 gewinnmindernd eine vorzeitige Abschreibung von 7% der Herstellungskosten geltend machen. Voraussetzung ist:

1. Die Absetzung für Abnutzung von den Herstellungskosten des Gebäudes beträgt bis zu 3% (§ 8 Abs. 1 erster Teilstrich zweiter Halbsatz).

2. Mit der tatsächlichen Bauausführung wird nach dem und vor dem begonnen.

Erstreckt sich die Herstellung des Gebäudes über einen Zeitraum, der nach dem endet, kann die vorzeitige Abschreibung von jenen Teilherstellungskosten geltend gemacht werden, die bis zum anfallen. Die vorzeitige Abschreibung kann nur insoweit geltend gemacht werden, als die Herstellungskosten (Teilherstellungskosten) 3,8 Millionen Euro nicht übersteigen."

Mit BGBl. I Nr. 155/2002 wurden in § 10a Abs. 3 Z 2 das Datum "" durch das Datum "" und im vorletzten Satz des § 10a Abs. 3 das Datum "" durch das Datum "" ersetzt.

Gemäß § 7 Abs. 1 EStG 1988 sind bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung). In § 8 EStG 1988 ("Sonderformen der Absetzung für Abnutzung") finden sich in Abs. 1 für Betriebsgebäude in bestimmten Verwendungsformen Regelungen über die zur Anwendung zu bringende (Mindest )Nutzungsdauer, jeweils ausgedrückt durch einen Prozentsatz der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

§ 7 EStG 1988 normiert die auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verteilte Absetzung für Abnutzung. Die Anordnung der Verteilung bewirkt, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten in mehreren Perioden mit jeweils einem Bruchteil (im Wege der Absetzung für Abnutzung) in Abzug gebracht werden.

Im Gegensatz zu § 7 EStG 1988 regelt § 10a Abs. 3 EStG 1988 eine Sonderabschreibung in Form einer vorzeitigen Abschreibung von 7 % der Herstellungskosten bzw. Teilherstellungskosten. § 10a Abs. 3 EStG 1988 enthält weder einen Hinweis auf eine mehrfach vorzunehmende vorzeitige Abschreibung noch einen solchen auf die Abschreibung der gesamten Herstellungskosten mit dem Satz der vorzeitigen Abschreibung von 7 %. § 10a Abs. 3 EStG 1988 kann daher nur die Bedeutung beigemessen werden, dass von begünstigten Herstellungskosten einmalig eine vorzeitige Abschreibung eingeräumt ist.

Die Beschwerdeführerin wendet ein, § 10a Abs. 3 EStG 1988 spreche zwar von "einer" vorzeitigen Abschreibung, "ein" sei in diesem Zusammenhang jedoch bloß als unbestimmter Artikel anzusehen. Eine weitere Einschränkung der Absetzbarkeit enthalte das Gesetz nicht.

Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten: Eine mehrfache vorzeitige Abschreibung hätte zur Voraussetzung, dass § 10a Abs. 3 EStG 1988 eine solche Möglichkeit einräumt. Von einer mehrfachen oder wiederholten vorzeitigen Abschreibung (derselben Herstellungsaufwendungen) spricht das Gesetz aber nicht.

Demgegenüber ergibt sich hinsichtlich der Absetzung für Abnutzung aus der Anordnung der Verteilung in § 7 Abs. 1 EStG 1988, dass mehrere Gewinnermittlungszeiträume betroffen werden.

Zutreffend verweist die Beschwerde darauf, dass die Regelung des § 10a Abs. 3 EStG 1988 auf die Belebung der Bauwirtschaft abgezielt hat (vgl. Hofstätter/Reichel , Tz 7 zu § 10a EStG 1988). Daraus lässt sich aber nichts für die mehrfache Geltendmachung der vorzeitigen Abschreibung gewinnen, entspricht doch auch die "einfache" Begünstigung diesem Zweck.

Die Interpretation der belangten Behörde, wonach § 10a Abs. 3 EStG 1988 lediglich eine einmalige vorzeitige Abschreibung von 7 % für begünstigte (Teil )Herstellungskosten vorsieht, ist sohin nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Ein eigenständiges Vorbringen zur Bescheidaufhebung nach § 299 Abs. 1 BAO enthält die Beschwerde nicht.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am