VwGH vom 29.04.2014, Ro 2014/04/0005
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, in der Beschwerdesache der 1. B KG und 2. G R, beide in G, beide vertreten durch Mag. Gregor Kohlbacher, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Keesgasse 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zlen. UVS 30.4-110/2012-5, UVS 35.4- 5/2012-5, betreffend Übertretung der GewO 1994 (weitere Partei:
Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft),
I. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde wird, soweit sie von der
Erstbeschwerdeführerin erhoben wurde, zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird, soweit sie vom Zweitbeschwerdeführer erhoben wurde, abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark (belangte Behörde) wurde im Instanzenzug über den Zweitbeschwerdeführer als gewerberechtlichem Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin wegen Übertretung des § 1 Abs. 1 lit. b der Sperrzeitenverordnung 1968, Stmk. LGBl. Nr. 92 iVm § 113 GewO 1994 gemäß § 368 GewO 1994 eine Verwaltungsstrafe von EUR 200,00, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt, da am das von der Erstbeschwerdeführerin an einem näher bezeichneten Standort in Graz betriebene Gastgewerbelokal in der Betriebsart "Cafe-Restaurant" bis 02.15 Uhr offen gehalten und Gäste entgeltlich bewirtet worden seien, obwohl die Sperrstunde für die Betriebsart "Cafe-Restaurant" mit 02.00 Uhr festgelegt worden sei.
Weiters wurde mit dem angefochtenen Bescheid der im erstinstanzlichen Straferkenntnis enthaltene Ausspruch bestätigt, dass die Erstbeschwerdeführerin für die im Spruch verhängte Strafe gemäß § 9 Abs. 7 VStG im angeführten Ausmaß zur ungeteilten Hand hafte.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, auf Grund eines gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom seien für die von der Erstbeschwerdeführerin betriebene Betriebsanlage zum Betrieb eines Gastgewerbes Betriebszeiten von täglich 08.00 Uhr bis 06.00 Uhr genehmigt worden.
Am sei durch ein Erhebungsorgan der Stadt Graz festgestellt worden, dass um 02.15 Uhr das Lokal übervoll und in Vollbetrieb gewesen sei und deshalb von den Securities neuen Gästen oder auch solchen, die das Lokal kurz verlasen hätten, der Zutritt verwehrt worden sei.
Gemäß der Sperrzeitenverordnung 1998 sei der verfahrensgegenständliche Gastgewerbebetrieb um 02.00 Uhr zu schließen gewesen. Der normative Gehalt dieser generellen Norm werde durch eine in betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsbescheiden abweichende Regelung der Betriebszeiten nicht dahingehend eingeschränkt, dass es zu einer Erweiterung der in der Sperrzeitenverordnung 1998 enthaltenen Regelung kommen könne. Dies sei aufgrund des unterschiedlichen Regelungsgegenstandes des Betriebsanlagengenehmigungs- bzw. Kenntnisnahmeverfahrens einerseits und der Sperrzeitenverordnung 1998 andererseits nicht möglich.
Soweit ausgeführt werde, es handle sich um getrennte Bar- bzw. Restaurationsbereiche, sodass die Betriebsanlage zum Überprüfungszeitpunkt nicht in Vollbetrieb gewesen sei, sei festzustellen, dass die Erstbeschwerdeführerin ausschließlich zum Betrieb des Gastgewerbes in der Betriebsart "Cafe-Restaurant" berechtigt sei. Im Übrigen sei der angeführte Vollbetrieb durch die Anzeige des Erhebungsorganes erwiesen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Dieser lehnte mit Beschluss vom , B 749/2013-7, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof ab.
Die Beschwerdeführer ergänzten ihre Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Da die vorliegende Beschwerde vom VfGH (nach dem Datum des Abtretungsbeschlusses gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG) noch vor dem dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten wurde, sind gemäß § 8 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des B-VG und des VwGG jeweils in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.
Zu I.:
Nach der hg. Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers, sondern nur ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet; dem Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG kommt sohin entscheidende Bedeutung zu. Durch diesen wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist. Wird der Beschwerdepunkt vom Beschwerdeführer ausdrücklich und unmissverständlich formuliert, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. 2013/02/0234, mwN).
Die Erstbeschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht verletzt, "nicht nach § 1 Abs. 1 lit. b der Sperrzeitenverordnung 1998 (LGBl Nr. 92/1998) iVm § 113 (2) GewerbeO 1994 bestraft zu werden".
In diesem Recht auf Nichtbestrafung konnte die Erstbeschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt werden, da mit diesem alleine gegen den Zweitbeschwerdeführer (als gewerberechtlichem Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin) eine Verwaltungsstrafe nach den im Beschwerdepunkt bezeichneten Vorschriften verhängt wurde. Das vorliegend in Frage kommende Recht auf Nichtausspruch der Haftung nach § 9 Abs. 7 VStG (vgl. zu diesem Haftungsausspruch etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2010/04/0012, sowie vom , Zl. 2009/08/0039, jeweils mwN) hat die Erstbeschwerdeführerin dagegen nicht als Beschwerdepunkt bezeichnet.
Besteht nicht einmal die Möglichkeit einer Verletzung der von der Erstbeschwerdeführerin geltend gemachten Rechte, in denen sie verletzt zu sein behauptet, so erweist sich die Beschwerde als nicht zulässig (vgl. auch hiezu den obzitierten hg. Beschluss vom ).
Die Beschwerde war daher, soweit sie von der Erstbeschwerdeführerin erhoben wurde, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Zu II.:
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Beschwerdevorbringen:
Der Zweitbeschwerdeführer bringt gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen vor, den Beschwerdeführern sei mit Bescheid vom (nach der Begründung des angefochtenen Bescheides mit einem betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsbescheid) eine "Offenhaltezeit" bis 06.00 früh genehmigt worden, ohne dass seit diesem Zeitpunkt Änderungen in der gewerblichen Betriebsanlage eingetreten wären.
Zudem könne sich der Zweitbeschwerdeführer auf die "Klausel" des § 1 Abs. 4 der Sperrzeitenverordnung berufen, da eine vollständige räumliche Trennung zwischen beiden Betriebsarten gegeben sei.
2. Rechtslage:
2.1. Die - ausgehend vom vorliegend maßgeblichen Tatzeitpunkt - maßgeblichen Bestimmungen der GewO 1994 lauten:
" I. Hauptstück
Allgemeine Bestimmungen
...
8. Betriebsanlagen
§ 74. (1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
...
II. Hauptstück
Bestimmungen für einzelne Gewerbe
1. Reglementierte Gewerbe
§ 94. Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:
...
26. Gastgewerbe
...
Gastgewerbe
§ 111. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 94 Z 26) bedarf es für ...
...
Vorschriften über die Gewerbeausübung
§ 112. (1) Ein Gastgewerbe wird auch dann ausgeübt, wenn ...
(2) Die Gastgewerbetreibenden haben die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen und deren Einrichtung und Ausstattung stets in gutem Zustand zu erhalten …
Sperrstunde und Aufsperrstunde
§ 113. (1) Der Landeshauptmann hat den Zeitpunkt, zu dem gastgewerbliche Betriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, zu dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen; er hat hiebei auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung und der Touristen Bedacht zu nehmen und erforderlichenfalls von der Festlegung einer Sperrzeit abzusehen. Bei den in Bahnhöfen, auf Flugplätzen und an Schiffslandeplätzen gelegenen Gastgewerbebetrieben hat der Landeshauptmann insbesondere den Verpflegungsbedarf der Reisenden zu berücksichtigen; zu dieser Frage sind auch die in Betracht kommenden Verkehrsunternehmen zu hören.
(2) Der Landeshauptmann kann zum Schutz der Wohnbevölkerung vor in ihrem Wohnbereich auftretendem störendem Lärm für in Vereinslokalen ausgeübte gastgewerbliche Tätigkeiten eine von Abs. 1 abweichende frühere Sperrstunde mit Verordnung festlegen, ohne dass auf die Betriebsart Bedacht zu nehmen ist. Dies gilt nicht für Lokale, die das typische Erscheinungsbild eines Gastgewerbes aufweisen. Jedenfalls muss die Ausübung dieser Tätigkeiten bis 20 Uhr gestattet sein.
(3) Die Gemeinde kann unter Bedachtnahme auf die sonstigen öffentlichen Interessen für einzelne Gastgewerbebetriebe eine frühere Aufsperrstunde oder eine spätere Sperrstunde, gegebenenfalls mit den durch den Anlass bestimmten Beschränkungen, bewilligen. Eine solche Bewilligung ist nicht zu erteilen, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt oder der Gastgewerbetreibende wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist. In Orten, in denen Bundespolizeidirektionen bestehen, haben die Gemeinden diese Behörden vor Erteilung der Bewilligung zu hören.
(4) Die Gemeinde hat diese Bewilligung zu widerrufen, wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen, die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt oder der Gastgewerbetreibende wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist. In Orten, in denen Bundespolizeidirektionen bestehen, haben die Gemeinden diese Behörden vor einer Entscheidung zu hören.
(5) Wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt wurde oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen, hat die Gemeinde eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben. Diese Vorschreibung ist zu widerrufen, wenn angenommen werden kann, dass der für die Vorschreibung maßgebende Grund nicht mehr gegeben sein wird. In Orten, in denen Bundespolizeidirektionen bestehen, haben die Gemeinden vor einer Entscheidung diese Behörden zu hören. Nachbarn, die eine Verkürzung der Betriebszeit des Gastgewerbebetriebes bei der Gemeinde angeregt haben, sind Beteiligte im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991.
(6) Die Sperrstunde und die Aufsperrstunde dürfen in Verordnungen und Bescheiden gemäß den vorstehenden Absätzen nur einheitlich für den gesamten Gastgewerbebetrieb mit allen seinen Betriebsräumen und allfälligen sonstigen Betriebsflächen festgelegt werden. Dies gilt nicht für Gastgärten.
(7) Die Gastgewerbetreibenden haben die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während der festgelegten Sperrzeiten geschlossen zu halten. Während dieser Zeit dürfen sie Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Die Gastgewerbetreibenden haben die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen. In Beherbergungsbetrieben ist die Verabreichung von Speisen und Getränken an Beherbergungsgäste auch während der vorgeschriebenen Sperrzeiten gestattet.
(8) Die Abs. 1 bis 5 und 7 gelten auch für Betriebe, in denen die im § 111 Abs. 2 Z 2 bis 5 ausgeführten Tätigkeiten ausgeübt werden, sinngemäß.
...
V. Hauptstück
Strafbestimmungen
§ 366. (1) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3 600 EUR zu bestrafen ist, begeht, wer
...
2. eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt;
3. eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§ 81f);
...
§ 367. Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2 180 EUR zu bestrafen ist, begeht, wer
25. Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs. 1 oder § 84d Abs. 7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält;
...
§ 368. Eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 1 090 Euro zu bestrafen ist, begeht, wer andere als in den §§ 366, 367 und 367a genannte Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder der Bescheide, die auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.
...
§ 370. (1) Wurde die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt, so sind Geld- oder Verfallsstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen."
2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Landeshauptmannes von Steiermark vom über die Sperrstunde und Aufsperrstunde der Gastgewerbebetriebe, Stmk. LGBl. Nr. 92/1998 ( Sperrzeitenverordnung 1998 ), lauten:
"Auf Grund des § 152 Abs. 1 und 7 der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl. Nr. 194, i. d. F. BGBl. I Nr. 116/1998, wird verordnet:
Sperrstunde
§ 1
(1) Für die nachgenannten Betriebsarten der Gastgewerbe wird die Sperrstunde wie folgt festgelegt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Betriebsart | Sperrstunde |
a) Bar, Kaffeehaus, Cafe, Diskothek, Nachtklub | 5 Uhr |
b) Alle übrigen Betriebsarten der Gastgewerbe | 2 Uhr |
... |
(4) Wenn in einem Gebäude ein Gastgewerbe in mehreren Betriebsarten, für die verschiedene Sperrstunden festgesetzt sind, ausgeübt wird und die den einzelnen Betriebsarten zugeordneten Gastlokale räumlich nicht völlig getrennt sind, gilt für den gesamten Gastgewerbebetrieb die zuerst eintretende Sperrstunde."
3. Zum Verhältnis der Sperrzeiten nach § 113 GewO 1994 zu betriebsanlagenrechtlich genehmigten Betriebszeiten:
Im vorliegenden Beschwerdefall geht es um die Frage, ob die unstrittig betriebsanlagenrechtlich genehmigten Betriebszeiten für die gewerbliche Betriebsanlage der Erstbeschwerdeführerin an der Verpflichtung zur Einhaltung der Sperrzeiten der Sperrzeitenverordnung 1998 etwas ändern können.
Bei den durch den Landeshauptmann mit Verordnung (§ 113 Abs. 1 und 2 GewO 1994) und der Gemeinde mit Bescheid (§ 113 Abs. 3 bis 5 GewO 1994) festzusetzenden Sperrzeiten (Sperrstunde bzw. Aufsperrstunde) handelt es sich - wie die oben dargestellte Systematik der GewO 1994 zeigt (die in § 113 geregelten Sperrzeiten finden sich systematisch im II. Hauptstück bei den Bestimmungen für einzelne Gewerbe und zwar für die Ausübung des Gastgewerbes) - um Gewerbeausübungsvorschriften für das Gastgewerbe (vgl. idS bereits zu § 53a GewO 1994 als Gewerbeausübungsvorschrift das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/04/0049).
Diese als Gewerbeausübungsvorschriften bei der Ausübung des Gastgewerbes zu beachtenden Sperrzeiten sind daher unabhängig von den Vorschriften zu sehen, die für gewerbliche Betriebsanlagen gelten, welche gemäß der Definition des § 74 Abs. 1 GewO 1994 der Ausübung des Gastgewerbes dienen.
Auch wenn sich beide Rechtsbereiche inhaltlich ähnlich sind (vgl. etwa aus der ständigen hg. Rechtsprechung, wonach dem Tatbestandsmerkmal der "unzumutbaren Belästigung" in § 113 Abs. 5 GewO 1994 keine im Wesentlichen andere Bedeutung beigelegt werden kann, als dem Begriff der unzumutbaren Belästigung im Sinne der für Betriebsanlagen geltenden Vorschriften, das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/04/0137, mwN; vgl. weiter zur dinglichen Wirkung einer Vorschreibung einer späteren Aufsperrstunde oder einer früheren Sperrstunde gemäß § 113 Abs. 5 GewO 1994 das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0112), so sind sie aufgrund ihres unterschiedlichen Regelungsgegenstandes nach der Systematik der GewO 1994 getrennt und voneinander unabhängig zu sehen und zu beachten.
In diesem Sinne bestehen auch unterschiedliche Verwaltungsstraftatbestände für die Übertretung von für gewerbliche Betriebsanlagen geltende Vorschriften (vgl. etwa § 366 Abs. 1 Z 2 und 3 sowie § 367 Z 25 GewO 1994) und für die Übertretung der Sperrzeiten als Gewerbeausübungsvorschriften (§ 368 GewO 1994).
Vorliegend wurde der Zweitbeschwerdeführer wegen der Übertretung des § 368 GewO 1994 iVm § 113 und der Sperrzeitenverordnung 1998 bestraft (vgl. zur Bezeichnung der verletzten Strafnorm bei Übertretungen von Sperrzeitenverordnung etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/04/0174, mwN) und ihm als (gemäß § 370 Abs. 1 GewO 1994) verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer die Nichtbeachtung dieser Gewerbeausübungsvorschriften angelastet.
Dabei hat die belangte Behörde aus obigen Erwägungen zu Recht die Auffassung vertreten, eine in betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsbescheiden enthaltene und von der jeweiligen Sperrzeitenverordnung abweichende Regelung der Betriebszeiten ändere nichts an der Verpflichtung zur Beachtung der Sperrzeiten nach § 113 GewO 1994.
4. Zum Beschwerdevorbringen, es seien zum Tatzeitpunkt getrennte Betriebsarten vorgelegen, genügt es darauf hinzuweisen, dass der Zweitbeschwerdeführer der Feststellung der belangten Behörde, die Erstbeschwerdeführerin sei ausschließlich zum Betrieb des Gastgewerbes in der Betriebsart "Cafe-Restaurant" berechtigt, eine eigene Gewerbeberechtigung für die Betriebsart "Bar" bestehe nicht, nicht entgegen getreten ist.
5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Zweitbeschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde, soweit sie vom Zweitbeschwerdeführer erhoben wurde, gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am