VwGH vom 27.11.2014, 2011/15/0186
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer-Jenkins, über die Beschwerde des Finanzamtes Bregenz in 6900 Bregenz, Brielgasse 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0244-F/10, betreffend Einkommensteuer 2008 (mitbeteiligte Partei: E B in H, vertreten durch die TRUST West Linder Steuerberatung OG in 6922 Wolfurt, Bahnhofstraße 8b), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Mitbeteiligte war im Streitzeitraum am Betrieb der X OG, einer Versicherungsagentur, als Mitunternehmer beteiligt. Zudem war er im Rahmen eines Einzelunternehmens als Versicherungsagent tätig. Als Einzelunternehmer erklärte er im Jahr 2008 Leistungserlöse (Agenturprovisionen) von 67.556,18 EUR, die mit einem Teilbetrag von 65.137,57 EUR aus einem Partneragenturvertrag stammten, den er mit der X OG abgeschlossen hat, und machte bei der Gewinnermittlung das Betriebsausgabenpauschale für Handelsvertreter geltend.
Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer 2008 abweichend von den erklärten Daten fest, indem es das Handelsvertreterpauschale mit der Begründung, dieses sei bereits bei der X OG berücksichtigt worden, außer Ansatz ließ.
Der Mitbeteiligte berief gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 und brachte vor, dass er an der X OG beteiligt sei und zusätzlich ein Einzelunternehmen als Versicherungsagent betreibe. In der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung von Betriebsausgaben und Vorsteuerbeträgen bei Handelsvertretern, BGBl. II Nr. 95/2000 (im Folgenden nur: Durchschnittssatzverordnung für Handelsvertreter oder Verordnung), sei festgelegt, dass bei einer Tätigkeit als Handelsvertreter bestimmte Betriebsausgaben pauschal ermittelt werden könnten. "Eine Einschränkung, dass die Absetzbarkeit der Pauschalierung nur auf eine einzige Einkunftsquelle anzuwenden ist, ist aus der Verordnung nicht ersichtlich."
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung statt und führte begründend dazu aus, dass die Durchschnittssatzverordnung für Handelsvertreter nach Lehre, Rechtsprechung und Verwaltungspraxis auf Versicherungsagenten im Sinne des § 94 Z 76 GewO anwendbar sei. Führe ein Steuerpflichtiger mehrere Betriebe, könne er für jeden Betrieb gesondert entscheiden, ob er die Pauschalierung in Anspruch nehme.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vom Finanzamt erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die u.a. auf Grund der Verordnungsermächtigung nach § 17 Abs. 4 und 5 EStG 1988 erlassene Durchschnittssatzverordnung für Handelsvertreter, BGBl. II Nr. 95/2000 (in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung), lautet auszugsweise:
"§ 1. Bei einer Tätigkeit als Handelsvertreter im Sinne des Handelsvertretergesetzes 1993, BGBl. Nr. 88/1993 , können im Rahmen
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1. | der Gewinnermittlung bestimmte Betriebsausgaben |
2. | der Entrichtung der Umsatzsteuer bestimmte abziehbare Vorsteuerbeträge |
jeweils mit Durchschnittssätzen angesetzt werden. |
§ 2. Bei der Anwendung von Durchschnittssätzen gilt folgendes:
(1) Durchschnittssätze können nur für die in Abs. 2 und 3 angeführten Betriebsausgaben und Vorsteuerbeträge angesetzt werden. Neben dem jeweiligen Durchschnittssatz dürfen Betriebsausgaben oder Vorsteuerbeträge nur dann berücksichtigt werden, wenn sie in vollem Umfang nach den tatsächlichen Verhältnissen angesetzt werden.
(2) Der Durchschnittssatz für Betriebsausgaben umfasst
- Mehraufwendungen für die Verpflegung (Tagesgelder im
Sinne des § 4 Abs. 5 in Verbindung mit § 26 Z 4 des
Einkommensteuergesetzes 1988),
- Ausgaben für im Wohnungsverband gelegene Räume
(insbesondere Lagerräumlichkeiten und Kanzleiräumlichkeiten),
- Ausgaben anlässlich der Bewirtung von
Geschäftsfreunden,
- üblicherweise nicht belegbare Betriebsausgaben wie
Trinkgelder und Ausgaben für auswärtige Telefongespräche.
Der Durchschnittssatz beträgt 12% der Umsätze (§ 125 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung), höchstens jedoch 5.825 Euro jährlich."
Umsätze nach § 125 Abs. 1 BAO sind solche gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 Umsatzsteuergesetz 1994 zuzüglich der Umsätze aus im Ausland ausgeführten Leistungen.
Die Beschwerde trägt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes im Wesentlichen vor, bei den "Umsätzen" des Mitbeteiligten handle es sich zum weitaus überwiegenden Teil ("95,51%") um Einnahmen, "die zuvor bereits durch die (X OG) erwirtschaftet und über das Gewinnverteilungsverfahren an deren Gesellschafter weiter gereicht wurden". Durch "Gewinntangenten bzw. -zuteilungen als Ergebnis des wirtschaftlichen Erfolges einer bestimmten Periode" würden keine steuerbaren Umsätze bewirkt. Die X OG habe den maximalen Pauschbetrag nach § 2 Abs. 2 der Durchschnittssatzverordnung für Handelsvertreter geltend gemacht. Der wiederholte Ansatz des in Rede stehenden Pauschbetrages komme daher auch "einer doppelten Berücksichtigung (Verwertung) hinsichtlich identer 'Umsätze' gleich, also Umsätze, die nur auf Gesellschaftsebene erzielt wurden und für die mitbeteiligte Partei ausschließlich Erfolgsanteile an einer gemeinschaftlichen Betätigung darstellen".
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil die verfahrensgegenständlichen Provisionen laut den in den Verwaltungsakten einliegenden Unterlagen (Bescheid über die Feststellung von Einkünften der X OG) nicht zum Gewinnanteil zu zählen sind, der dem Mitbeteiligten von der X OG zugewiesen wurde.
Laut Feststellungsbescheid iSd § 188 BAO wurde dem Mitbeteiligten von der X OG im Jahr 2008 ein Gewinnanteil von 35.082,27 EUR zugewiesen. Aufgrund eines Partneragenturvertrages mit der X OG hat der Mitbeteiligte zudem Provisionen von 65.137,57 EUR erhalten. Diese Provisionen wurden bei der X OG nicht als Vorweggewinn (Leistungsvergütung nach § 23 Z 2 EStG 1988) des Mitbeteiligten behandelt, sondern als Betriebsausgaben in Abzug gebracht. Im Hinblick auf diesen Feststellungsbescheid ist davon auszugehen, dass die in Rede stehenden Provisionen nicht zu einer Gewinntangente iSd § 23 Z 2 EStG 1988 geführt haben, ihnen also ein zu fremdüblichen Bedingungen erfolgter Leistungsaustausch zwischen der X OG und dem Einzelunternehmen des Mitbeteiligten zugrunde lag. Für die im Rahmen eines solchen Leistungsaustausches erzielten Umsätze steht das Handelsvertreterpauschale zu.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich im Rahmen des begehrten Betrages auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am