VwGH vom 27.11.2014, 2011/15/0184

VwGH vom 27.11.2014, 2011/15/0184

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer-Jenkins, über die Beschwerde der G H in L, vertreten durch Dr. Hubert Maier, Rechtsanwalt in 4310 Mauthausen, Vormarktstraße 17, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0042-G/09, betreffend u.a. die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2004 und 2005,

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie die Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2004 betrifft, als unzulässig zurückgewiesen;

II. zu Recht erkannt:

Soweit der angefochtene Bescheid die Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2005 betrifft wird er wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der (mittlerweile aufgelösten) J KG, an der im Streitzeitraum JR als Komplementär und MW sowie HH als Kommanditisten beteiligt waren, fand im Jahr 2008 eine abgabenbehördliche Prüfung statt, bei welcher der Prüfer zur Ansicht gelangte, dass die von dieser Gesellschaft erzielten Umsätze und Einkünfte nicht ihr zuzurechnen seien. Der Prüfer nahm die Existenz einer aus MW, HH und der Beschwerdeführerin (der Ehefrau des HH) bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts an und rechnete ihr Umsätze und Einkünfte zu (für 2004 allerdings Null). Diese Beurteilung stützte der Prüfer im Wesentlichen darauf, dass der im Firmenbuch eingetragene Komplementär der J KG nach de n durchgeführten Ermittlungen - insbesondere nach den Aussagen der von der Gesellschaft beschäftigten Arbeitnehmern sowie ihrer Geschäftspartner - tatsächlich keine Geschäftstätigkeit in der J KG entfaltet habe, sondern diese von den genannten Gesellschaftern und der Beschwerdeführerin betrieben worden sei. Deren Angaben seien aufgrund von Widersprüchen in ihren Aussagen, welche im Besprechungsprogramm für die Schlussbesprechung vom näher angeführt werden, unglaubwürdig. Die Angabe der Beschwerdeführerin, für ihre Buchhaltungstätigkeit bei der J KG dieser ein Entgelt in Rechnung gestellt zu haben, habe sich im Zuge einer Betriebsprüfung mangels entsprechender Rechnungen oder Zahlungseingänge als unwahr herausgestellt. Weiters habe die Beschwerdeführerin über Zeichnungsberechtigungen für betriebliche Bankkonten der J KG verfügt, von denen sie und ihr Gatte Privatentnahmen getätigt hätten. Schließlich stellten die Prüfer anhand von Unterlagen und Zeugenaussagen fest, dass an Stelle des Komplementärs der J KG die vorgenannten Personen im Geschäftsverkehr aufgetreten seien, wobei die Beschwerdeführerin die Gesellschaft unentgeltlich vor Behörden vertreten habe. Aus diesen Gründen nahmen die Prüfer das Bestehen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen diesen Personen an, weshalb ihnen als Mitunternehmer die vorgeblich von der J KG erzielten Einkünfte und Umsätze zuzurechnen seien, wobei der Anteil der Beschwerdeführerin entsprechend der von ihr erbrachten Leistungen auf 20 % zu schätzen gewesen sei.

Mit Bescheiden vom setzte daraufhin das Finanzamt die Umsatzsteuer einer in den Streitjahren als existierend angenommenen GesBR gegenüber HH, MW und der Beschwerdeführerin als ehemalige Gesellschafter für das Jahr 2004 mit Null und für das Jahr 2005 mit 4.600 EUR fest und stellte Einkünfte der genannten (ehemaligen) Gesellschafter aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2004 von Null sowie für das Jahr 2005 von 25.270,37 EUR - davon entfiel ein Gewinnanteil von EUR 5.054,07 auf die Beschwerdeführerin - fest. Begründend verwies das Finanzamt auf das Besprechungsprogramm vom , welches im Zuge der Betriebsprüfung bei der J KG erstellt worden sei. Die J KG sei eine Scheinfirma, durch die die Tätigkeit der H W GesbR verschleiert werden sollte, weshalb sämtliche Abgaben bei letzterer festzusetzen gewesen seien.

Gegen diese Bescheide erhob die nunmehrige Beschwerdeführerin Berufungen, in denen sie im Wesentlichen ausführte, sie sei niemals Gesellschafterin der H W GesbR gewesen, welche im Übrigen gar nicht existiert habe. Die J KG sei in Wahrheit keine Scheinfirma. Die in Berufung gezogenen Bescheide seien zudem mangelhaft begründet.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Begründend schloss sich die belangte Behörde nach ausführlicher Wiedergabe des dem Erstbescheid zugrunde liegenden Besprechungsprogrammes der Rechtsauffassung der Erstbehörde, welche festgestellt habe, dass die J KG eine Scheinfirma gewesen sei, durch die die Tätigkeit der H W GesbR verschleiert werden sollte, an und führte ergänzend aus, die Beschwerdeführerin habe eine Geschäftstätigkeit in der genannten GesbR entfaltet, wobei ein Gewinnanteil von 20 % den von ihr erbrachten Leistungen entspreche. Gegen die Ermittlung der Gesamteinkünfte für das Jahr 2005, die schätzungsweise Ermittlung eines Teiles der Besteuerungsgrundlagen sowie die Ermittlung der Umsätze sei in der Berufung nichts vorgebracht worden. Eine Doppelbesteuerung der Umsätze bzw. Einkünfte sei nicht zu befürchten, da diese bei der als Scheinfirma angesehenen J KG nunmehr nicht berücksichtigt würden. Aus einem im angefochtenen Bescheid näher bezeichneten Gerichtsurteil gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin Arbeiter der J KG vor der Gewerbebehörde vertreten habe, was ebenso wie der in der Berufung nicht bestrittene Umstand, dass sie für ihre Buchhaltungstätigkeit der J KG kein Entgelt in Rechnung gestellt habe, sowie auch ihre Zeichnungsberechtigung über ein Firmenkonto der KG und ihre Privatentnahmen aus dem Konto der KG als Indiz für ihre Beteiligung an der H W GesbR zu werten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf "fehlerfreie Handhabung" der BAO, insbesondere deren §§ 188 und 191, sowie des § 2 Abs. 1 EStG und des § 7 Abs. 1 KStG verletzt. Sie bringt dazu im Wesentlichen vor, es habe gegenständlich keine Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts bestanden, vielmehr seien die Einkünfte der J KG zuzurechnen, welcher sie nicht angehöre. Die Beschwerdeführerin habe nie die Absicht gehabt, einen Gesellschaftsvertrag schließen zu wollen. Sie habe vielmehr Leistungen für die J KG erbracht, welche sie dieser in Rechnung gestellt habe. Des Weiteren habe sie keine Privatentnahmen von betrieblichen Konten getätigt. Schließlich rügt die Beschwerdeführerin als Verfahrensmangel, die belangte Behörde habe die Annahme der Zugehörigkeit der Beschwerdeführerin zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (und folglich die darauf beruhende Einkünftezurechnung) nicht ausreichend begründet.

Durch den ausdrücklich als solchen bezeichneten Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0017).

Die angeführten Beschwerdepunkte umfassen - soweit sie dem Bestimmtheitsgebot des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG überhaupt genügen - nicht die Umsatzsteuer 2004 und 2005. Der im angefochtenen Bescheid vorgenommene Abspruch über die Umsatzsteuer ist damit von der Prüfungskompetenz des Verwaltungsgerichtshofes nicht umfasst (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0017).

Soweit die Beschwerdeführerin die Einkünftefeststellung für das Jahr 2004 rügt, ist ihr zu entgegnen, dass sie durch die Feststellung der Einkünfte mit Null nicht beschwert ist. Eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende, weil zu Lasten der Beschwerdeführerin gehende, Auswirkung ist bei der im Beschwerdefall gegebenen Konstellation nicht zu erkennen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2013/15/0157).

Die Beschwerdeführerin ist aus diesem Grund nicht zur Erhebung einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, soweit mit ihm über die Feststellung von Einkünften für das Jahr 2004 abgesprochen wurde, berechtigt. Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 1175 ABGB wird durch einen Vertrag, vermöge dessen zwei oder mehrere Personen einwilligen, ihre Mühe allein, oder auch ihre Sachen zum gemeinschaftlichen Nutzen zu vereinigen, eine Gesellschaft zu einem gemeinschaftlichen Erwerb errichtet.

Die belange Behörde hat die im Firmenbuch eingetragene J KG mit der Begründung nicht anerkannt, dass es sich um eine Scheingesellschaft handelt. Sie hat dafür - dem Finanzamt folgend -

das Bestehen einer GesbR angenommen und die Einkünfte dieser von ihr angenommenen GesbR zugerechnet. Dabei hat sie angenommen, die Beschwerdeführerin sei (neben ihrem Ehemann und MW) Gesellschafter dieser GesbR (Mitunternehmerin).

Die Beschwerdeführerin hat sich in der Berufung dagegen gewandt, dass sie Gesellschafterin einer GesbR und Mitunternehmerin sei, und vorgebracht, dass es keine Anhaltspunkte für eine solche Gesellschafterstellung gebe.

Die belangte Behörde verweist im angefochtenen Bescheid auf die Punkte 19 bis 22, 26 und 29 des Besprechungsprogrammes für die Schlussbesprechung vom :

"19. (Die Beschwerdeführerin) führte die Bücher und

Aufzeichnungen der Mitunternehmerschaft. Ein Entgelt wurde für diese Tätigkeit nicht in Rechnung gestellt.

20. (Die Beschwerdeführerin) hat die (J KG) vor der Gewerbebehörde und vor der Finanzverwaltung vertreten. Sie hat regelmäßig für die (J KG) unterzeichnet. Ein Entgelt wurde für diese Tätigkeit nicht in Rechnung gestellt.

21. (Die Beschwerdeführerin) hat gemeinsam mit ihrem

Gatten (HH) die Gewerbeberechtigungen für die

Scheinselbständigkeit bei der (...) besorgt. Ein Entgelt wurde für

diese Tätigkeit nicht in Rechnung gestellt.

22. (Die Beschwerdeführerin) hat diese

Scheinselbständigen in allen Angelegenheiten vor der Gewerbebehörde vertreten und sogar Unterschriften für diese geleistet. Ein Entgelt wurde für diese Tätigkeit nicht in Rechnung gestellt.

...

26. (Die Beschwerdeführerin) war auf dem PSK-

Konto(...) zeichnungsberechtigt. Sie konnte daher über die

Einnahmen aus dem Betoneisenverlegegeschäft verfügen.

...

29. (Die Beschwerdeführerin) hat ebenfalls

Privatentnahmen von den betrieblichen Bankkonten getätigt."

Feststellungen darüber, dass ein Gesellschaftsvertrag über eine GesbR (mit der Beschwerdeführerin als Gesellschafterin) geschlossen worden wäre, oder zumindest darüber, dass die Beschwerdeführerin Unternehmerinitiative FÜR die GesbR entwickelt und Unternehmerrisiko getragen hätte (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 23 Tz 28) enthält der angefochtene Bescheid nicht. Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob der Beschwerdeführerin eine Mitunternehmerstellung zukommt.

Die belangte Behörde hat somit der für Berufungsentscheidungen gebotenen Begründungspflicht nicht entsprochen, weshalb der angefochtene Bescheid - soweit er die Gewinnfeststellung für 2005 betrifft - mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet ist und gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am