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VwGH vom 22.02.2012, 2009/08/0067

VwGH vom 22.02.2012, 2009/08/0067

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des T J in Wien, vertreten durch Dr. Herbert Orlich, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Leonard Bernstein Str. 4-6/9/3a, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2008-0566-9-002455, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien, regionale Geschäftsstelle R, vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AlVG iVm § 4 Abs. 3 Z 10 AuslBG mangels Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt abgewiesen.

Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Beschwerdeführer im letzten Jahr während vier näher genannter Zeiträume ohne Beschäftigungsbewilligung Tätigkeiten ausgeübt habe. Gemäß § 4 Abs. 3 Z 10 AuslBG dürfe eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers vorlägen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate. Es dürfe dem Beschwerdeführer somit keine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt werden und er stehe dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung.

In seiner dagegen erhobenen Berufung vom wandte der Beschwerdeführer - soweit für das gegenständliche Verfahren relevant - ein, er sei Asylwerber. Über seinen Asylantrag sei bis dato noch nicht endgültig entschieden worden. Des Weiteren sei gegen ihn kein Rückkehrverbot gemäß § 62 FPG verhängt worden. An seiner Verfügbarkeit gemäß § 4 Abs. 3 Z 7 AuslBG iVm § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG könne es daher keine Zweifel geben. Er halte sich berechtigt im Bundesgebiet auf, um einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Aus diesem Grund sei er am Arbeitsmarkt verfügbar.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Die belangte Behörde führte im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer besitze derzeit ein vorläufiges Aufenthaltsrecht als Asylwerber. Mit diesem Aufenthaltstitel sei grundsätzlich die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung möglich. Eine Beschäftigungsbewilligung könne jedoch gemäß § 4 Abs. 3 Z 10 AuslBG nur dann erteilt werden, wenn keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers entgegenstünden. Als wichtige Gründe seien im Gesetz ausdrücklich wiederholte Verstöße aufgrund Ausübung einer Beschäftigung ohne Bewilligung angeführt. Dieser Grund sei im Gesetz eigens angeführt, es sei daher davon auszugehen, dass vorliegende Verstöße gegen das AuslBG jedenfalls als wichtiger Grund für eine Ablehnung der Beschäftigungsbewilligung anzusehen seien.

Die Verstöße des Beschwerdeführers gegen das AuslBG aufgrund seiner Beschäftigung während vier näher genannter Zeiträume seien als wichtige Gründe zu bewerten, die der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung entgegenstünden. Der Beschwerdeführer stehe der Arbeitsvermittlung somit nicht zur Verfügung, da ihm nach den Bestimmungen des AuslBG keine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden könne. Die gesetzlichen Bestimmungen des AlVG sähen jedoch eine eindeutige Verknüpfung zwischen der Berechtigung zum Aufenthalt mit dem Zweck der Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung und der Leistungsverpflichtung nach dem AlVG vor. Eine Leistung sei nur dann zu gewähren, wenn auch eine unselbständige Beschäftigung aufgenommen werden könne und dürfe. Da die Voraussetzungen für die Verfügbarkeit gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG iVm § 4 Abs. 3 Z 10 AuslBG somit nicht erfüllt seien, sei kein Leistungsanspruch gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 7 Abs. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld wer unter anderem der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht.

Gemäß § 7 Abs. 2 AlVG steht der Arbeitsvermittlung unter anderem zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf.

§ 7 Abs. 3 AlVG idF BGBl. I Nr. 82/2008 lautet:

"(3) Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person,

1. die sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält,

2. die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben, und

3. die nicht den Tatbestand des § 34 Abs. 3 Z 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. I Nr. 75, unter Berücksichtigung des § 34 Abs. 4 FrG erfüllt."

2. Die belangte Behörde geht nach den von ihr getroffenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Bescheiderlassung ein vorläufiges Aufenthaltsrecht als Asylwerber hatte und sich daher berechtigt im Bundesgebiet aufhielt. Sie geht weiters davon aus, dass dem Beschwerdeführer grundsätzlich eine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden hätte können. Der Beschwerdeführer stünde jedoch dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, weil ihm aufgrund verschiedener Verstöße gegen das AuslBG gemäß § 4 Abs. 3 Z 10 AuslBG keine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden dürfe.

§ 7 Abs. 3 Z 2 AlVG stellt aber nur auf die Aufenthaltsberechtigung ab und nicht auf die Erfüllung noch etwaiger anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften (wie des AuslBG), die für den tatsächlichen konkreten Antritt einer Beschäftigung im Einzelfall eventuell noch nötig sein könnten (vgl. zB die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/08/0183 und vom , Zl. 2007/08/0335).

Da sich der Beschwerdeführer - wie von der belangten Behörde angenommen - berechtigt im Bundesgebiet aufhielt, stand er ungeachtet des Erfordernisses einer Bewilligung nach dem AuslBG dem Arbeitsmarkt - vorbehaltlich des Ergebnisses einer Prüfung nach § 7 Abs. 3 Z 1 sowie §§ 8, 9 und 12 AlVG - zur Verfügung. Ob ihm gemäß § 4 Abs. 3 Z 10 AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung erteilt hätte werden dürfen, war hingegen für die Prüfung der Verfügbarkeit im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG nicht von Bedeutung.

3. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
TAAAE-89678