VwGH vom 23.10.2014, 2014/11/0075
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde (nunmehr: Revision) des J S in I, vertreten durch Mag. Ferdinand Kalchschmid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 2-4, 3. Stock, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-2013/K6/0101-3 und uvs-2013/22/0102-3, betreffend Übertretung des Tabakgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Gesundheit), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit im Instanzenzug nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe als Inhaber des Gastbetriebs Cafe W an näher bezeichneter Adresse in Innsbruck, welcher lediglich über eine für die Verabreichung von Speisen und Getränken an Gäste geeignete Räumlichkeit im Ausmaß von über 50 m2 verfüge (Einraumgastbetrieb) entgegen der ihm gemäß § 13c Abs. 2 Z. 4 des Tabakgesetzes (TabakG) obliegenden Verpflichtung nicht dafür Sorge getragen, dass das im gegenständlichen Gastbetrieb bestehende Rauchverbot entsprechend beachtet werde, weil dort am von 18:30 bis 18:45 Uhr 6 Personen (Gäste) in dem der Verabreichung von Speisen und Getränken bestimmten Raum (Gastraum) Zigaretten geraucht hätten und von diesen Gästen Gläser, Untertassen oder Servietten als Aschenbecher benützt worden seien.
Der Revisionswerber habe somit als Inhaber eines Gastgewerbebetriebs eine Verwaltungsübertretung nach § 14 Abs. 4 iVm. § 13a Abs. 1 iVm. § 13c Abs. 1 Z. 4 TabakG begangen, wofür über ihn eine Geldstrafe in Höhe von EUR 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: vier Tage) verhängt werde.
Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser mit Beschluss vom , B 575/2013-7, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hatte, wurde sie vom Revisionswerber ergänzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:
1.1. Die im vorliegenden Fall einschlägigen Bestimmungen des TabakG (dieses idF. der Novelle BGBl. I Nr. 120/2008), lauten:
"Nichtraucherschutz in Räumen der Gastronomie
§ 13a. (1) Unbeschadet arbeitsrechtlicher Bestimmungen und der §§ 12 und 13 gilt Rauchverbot in den der Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste dienenden Räumen
1. der Betriebe des Gastgewerbes gemäß § 111 Abs. 1 Z 2 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194/1994, in der geltenden Fassung,
2. der Betriebe des Gastgewerbes mit einer Berechtigung zur Beherbergung von Gästen gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 oder Abs. 2 Z 2 oder 4 der GewO,
3. der Betriebe gemäß § 2 Abs. 9 oder § 111 Abs. 2 Z 3 oder 5 der GewO.
(2) Als Ausnahme vom Verbot des Abs. 1 können in Betrieben, die über mehr als eine für die Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste geeignete Räumlichkeit verfügen, Räume bezeichnet werden, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird. Es muss jedoch der für die Verabreichung von Speisen oder Getränken vorgesehene Hauptraum vom Rauchverbot umfasst sein, und es darf nicht mehr als die Hälfte der für die Verabreichung von Speisen oder Getränken vorgesehenen Verabreichungsplätze in Räumen gelegen sein, in denen das Rauchen gestattet wird.
(3) Das Rauchverbot gemäß Abs. 1 gilt ferner nicht, wenn nur ein für die Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste geeigneter Raum zur Verfügung steht, und
1. der Raum eine Grundfläche von weniger als 50 m2 aufweist, oder,
2. sofern der Raum eine Grundfläche zwischen 50 m2 und 80 m2 aufweist, die für eine Teilung des Raumes zur Schaffung eines gesonderten Raumes für den im Abs. 2 genannten Zweck erforderlichen baulichen Maßnahmen aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung der nach den bau-, feuer- oder denkmalschutzrechtlichen Vorschriften zuständigen Behörde nicht zulässig sind.
...
Obliegenheiten betreffend den Nichtraucherschutz
§ 13c. (1) Die Inhaber von
1. Räumen für Unterrichts- oder Fortbildungszwecke oder für schulsportliche Betätigung gemäß § 12,
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2. | Räumen eines öffentlichen Ortes gemäß § 13, | |||||||||
3. | Betrieben gemäß § 13a Abs. 1, haben für die Einhaltung der Bestimmungen der §§ 12 bis 13b einschließlich einer gemäß § 13b Abs. 4 erlassenen Verordnung Sorge zu tragen. |
(2) Jeder Inhaber gemäß Abs. 1 hat insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass
...
4. in den Räumen der Betriebe gemäß § 13a Abs. 1, soweit Rauchverbot besteht oder das Rauchen gemäß § 13a Abs. 4 nicht gestattet werden darf, weil für den Betrieb ein Kollektivvertrag gemäß § 13a Abs. 4 Z 1 bis 4 nicht gilt, nicht geraucht wird;
...
Strafbestimmungen
§ 14.
...
(4) Wer als Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 gegen eine der im § 13c Abs. 2 festgelegten Obliegenheiten verstößt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach einer anderen Verwaltungsstrafbestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 10 000 Euro zu bestrafen.
..."
1.2. Da im Beschwerdefall die Beschwerdefrist mit Ablauf des bereits abgelaufen war, sind in sinngemäßer Anwendung des § 8 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des B-VG und des VwGG jeweils in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung weiter anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/06/0045).
2. Die Revision ist unbegründet.
2.1.1. Die belangte Behörde legte dem angefochtenen Bescheid - soweit hier von Bedeutung - folgende Sachverhaltsannahmen zugrunde:
Der Revisionswerber sei Inhaber des Gastbetriebs Cafe W in Innsbruck, welcher aus lediglich einem für die Verabreichung von Speisen und Getränken an Gäste geeigneten Raum im Ausmaß von über 50 m2 bestehe. Der Gastbetrieb sei ein Einraumgastbetrieb.
Trotz des Rauchverbots hätten am zwischen 18:30 und 18:45 Uhr 6 Personen im gegenständlichen Lokal geraucht, teils an der Bar, teils an Tischen sitzend. Der Anzeiger sei nach seinen Angaben bereits mehrmals im Cafe W mit Erhebungen betreffend Verstöße gegen das TabakG beschäftigt gewesen, wobei er jedes Mal rauchende Gäste angetroffen hätte, so auch bereits am und am . Er habe nicht beobachten können, dass Mitarbeiter des Cafe W gegen rauchende Gäste vorgegangen wären.
Nach eigenen Angaben führe der Revisionswerber drei bis vier Mal in der Woche Gespräche zum Thema "Rauchverbot" mit den Mitarbeitern. Diese seien angewiesen, einen rauchenden Gast auf das im gesamten Lokal geltende Rauchverbot aufmerksam zu machen und ihn anzuhalten, seine Zigarette "auszumachen". Sei der Gast dazu nicht bereit, so sei er auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Zigarette auf der Terrasse bzw. vor der Lokaltür fertigzurauchen. Darüber hinaus sei dem Gast ein "Infofolder" zu überreichen. Derselben Vorgangsweise bediene sich auch der Revisionswerber selbst, wenn er bei seinen Kontrollbesuchen rauchende Gäste antreffe. Der Versuch, rauchende Gäste mit Hilfe der Polizei des Lokals zu verweisen, habe nicht funktioniert, weil die Überwachung der Einhaltung des TabakG nicht in die Zuständigkeit der Polizei falle. Lokalverbote seien wirkungslos, weil es schwierig für das Personal sei, sich einzelne Personen zu merken, und überdies einzelne Gäste trotz Lokalverbots das Lokal beträten. "Security" sei noch nicht engagiert worden.
Diese Sachverhaltsannahmen bleiben in der Revision unbestritten.
2.1.2. In rechtlicher Sicht führte die belangte Behörde aus, gemäß § 13a Abs. 1 Z. 1 TabakG sei im Cafe W das Rauchen verboten. Der Revisionswerber als Inhaber habe gemäß § 13c Abs. 1 Z. 3 TabakG für die Einhaltung des Rauchverbots zu sorgen. Gemäß § 13c Abs. 2 Z. 4 TabakG habe der Inhaber insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass im Falle eines Rauchverbots nicht geraucht werde.
Bei der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung handle es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG sei Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Revisionswerber hätte initiativ alles darzulegen gehabt, was für seine Entlastung spricht. Den Revisionswerber habe als Inhaber eines Gastgewerbebetriebs nach § 13a Abs. 1 TabakG die Obliegenheit getroffen, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, dass seinen Anordnungen bezüglich der Durchsetzung des Rauchverbots entsprochen wird, wobei er der Behörde bei einem Verstoß gegen die entsprechende Vorschrift des TabakG dieses System im Einzelnen darzulegen gehabt hätte. Aus den eigenen Angaben des Revisionswerbers bzw. aus den übrigen Beweisergebnissen ergebe sich aber nicht, dass ein adäquates Kontrollsystem vorliegt.
Was die Strafbemessung anlange, so liege gegen den Revisionswerber bereits ein rechtskräftiges Straferkenntnis vom vor, weshalb der qualifizierte Strafrahmen des § 14 Abs. 4 TabakG (Geldstrafen bis zu EUR 10.000,--) zur Anwendung komme. Beim Verschulden sei von auffallender Sorglosigkeit auszugehen.
2.2.1. Die Revision bringt gegen die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, wonach im Gastraum des Cafe W ein Rauchverbot gegolten habe, nichts vor. Auf der Grundlage der behördlichen Feststellungen zu Größe und Raumkonfiguration des Gastgewerbebetriebs ergibt sich aus § 13a Abs. 1 TabakG, dass für den Verabreichungsraum des Cafe W ein Rauchverbot galt.
2.2.2. Die Revision stellt nicht in Abrede, dass es sich bei der in Rede stehenden Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt iSd.
§ 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG handelt. Sie vertritt aber unter Hinweis auf das im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen, der Revisionswerber habe alle Mitarbeiter - wie von der belangten Behörde dargestellt - angewiesen, die Auffassung, es sei gelungen, mangelndes Verschulden darzutun.
Dieses Vorbringen, das vom Revisionswerber vorgesehene Maßnahmen gegenüber seinen Mitarbeitern bei mangelnder Umsetzung der Anordnungen, wie mit rauchenden Gästen zu verfahren ist, nicht einmal erwähnt, ist vor dem Hintergrund der Anforderungen an ein iSd § 5 Abs. 1 VStG wirksames Kontrollsystem - der Hinweis auf die Erteilung entsprechender Anweisungen und auf stichprobenartige, nicht näher konkretisierte Überprüfungen genügt diesen Anforderungen nicht (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/11/0235 mwN.) - jedenfalls nicht zielführend.
Die belangte Behörde ist daher zu Recht zur Auffassung gelangt, es sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe. Da dieses Ergebnis, nämlich das Fehlen eines tauglichen Kontrollsystems, bereits auf der Grundlage der oben wiedergegebenen Feststellungen feststeht, erübrigt sich ein Eingehen auf die in der Revision mit breitem Vorbringen erörterte Frage, ob dem Revisionswerber - selbst oder im Wege seiner Mitarbeiter - zugemutet werden könne, gegenüber das Rauchverbot missachtenden Gästen zur Selbsthilfe zu schreiten.
2.2.3. Angesichts einer unstrittig bereits vorliegenden Bestrafung wegen derselben Verwaltungsübertretung kann auch die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, es habe der erhöhte Strafrahmen zur Anwendung zu kommen, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Gegen die Höhe der von der belangten Behörde verhängten Geldstrafe hegt der Verwaltungsgerichtshof - nicht zuletzt wegen der zahlreichen rauchenden Gäste - ebenfalls keine Bedenken.
Für die Strafbemessung ist es im Übrigen entgegen dem Revisionsvorbringen nicht von Bedeutung, ob das Anzeige erstattende Kontrollorgan der Behörde ein Vorgehen gegenüber den Gästen, die gegen das Rauchverbot verstießen, zu Unrecht unterlassen hat.
3. Da bereits der Inhalt der Revision erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Revision in sinngemäßer Anwendung des § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
YAAAE-89646