VwGH vom 16.03.2011, 2009/08/0056
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2010/08/0056 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der C H in F, vertreten durch Achammer Mennel Welte Achammer Kaufmann Rechtsanwälte GmbH in 6800 Feldkirch, Schloßgraben 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zl. UVS-1-1006/K3-2008, betreffend Übertretungen des ASVG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Ausspruch über die Strafe wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Beschwerdeführerin für schuldig erkannt, sie sei als handelsrechtliche Geschäftsführerin der H GmbH in F dafür verantwortlich, dass diese Firma am um
13.30 Uhr vier näher bezeichnete Personen, bei welchen es sich um in der Krankenversicherung vollversicherte Pflichtversicherte handle, auf der Baustelle Universitätsbibliothek I beschäftigt und nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Träger der Krankenversicherung (Tiroler Gebietskrankenkasse) zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person angemeldet zu haben.
Über die Beschwerdeführerin wurden deshalb wegen vier Übertretungen des § 111 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 ASVG gemäß § 111 Abs. 2 ASVG vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 160 Stunden) verhängt.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung im Wesentlichen vorgebracht habe, § 33 ASVG sei mit in Kraft getreten. Die Umsetzung sei für ein kleines Unternehmen mit kurzfristigen Aufträgen problematisch gewesen. Es werde bezweifelt, dass die vier Arbeitnehmer am um 13.30 Uhr auf der Baustelle Universitätsbibliothek bei Eisenverlegearbeiten angetroffen worden seien. Die Kanzlei ihres Steuerberaters sei am Freitagnachmittag geschlossen. Die genannten Dienstnehmer seien am "erstmals um 15.42 Uhr bzw richtig um 14.42 Uhr unter der Fax-Nummer 05780761 des ELDA Competence Center gemeldet" worden. Ein nicht funktionierendes Faxgerät der für diese "Notmeldungen" vorgesehenen Stelle könne der Beschwerdeführerin nicht angelastet werden. Die Mindestangabenmeldungen seien am Samstag, dem , bestätigt worden. Die noch fehlenden Angaben seien zeitgerecht am um 9.11 Uhr übermittelt worden.
Die belangte Behörde stellte fest, dass die Beschwerdeführerin handelsrechtliche Geschäftsführerin der H GmbH sei. Dieses Unternehmen, das den Geschäftszweig Eisenverlegearbeiten betreibe, habe am um
13.30 Uhr die im Spruch genannten vier Arbeitnehmer auf der Baustelle Universitätsbibliothek I als Eisenverleger beschäftigt. Diese Personen seien nicht vor Arbeitsantritt bei der Tiroler Gebietskrankenkasse "zur vollversicherten Pflichtversicherung angemeldet" worden, obwohl es sich bei diesen Personen um in der Krankenversicherung vollversicherungspflichtige Personen handle. Dieser Sachverhalt sei auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund der durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung als erwiesen anzunehmen. Die Beschuldigte habe sich im Wesentlichen dahingehend gerechtfertigt, dass damals ihr Vorarbeiter am um 12.00 Uhr von einem anderen Unternehmen kurzfristig wegen Arbeiten kontaktiert worden sei. Der Vorarbeiter habe dann geschaut, ob er irgendwelche Arbeiter dafür finde. Er habe der Beschwerdeführerin um 12.30 Uhr telefonisch mitgeteilt, dass die im Spruch genannten vier Personen um 13.00 Uhr mit der Arbeit beginnen würden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Beschwerdeführerin bei ihrer Mutter auf Besuch gewesen. Sie habe diesen Besuch abgebrochen, um zu Hause die vier Arbeiter bei der Tiroler Gebietskrankenkasse anzumelden; dies habe sie um
15.42 Uhr per Fax gemacht.
Der Kontrollbeamte A habe als Zeuge ausgesagt, dass damals (gemeint: am ) mit drei Beamten bei der Baustelle Universitätsbibliothek eine Kontrolle durchgeführt worden sei. Dabei seien die im Spruch genannten vier Personen beim Eisenlegen angetroffen worden. Diese Personen hätten die in der Anzeige vom festgehaltenen Angaben gemacht; drei dieser vier Personen hätten angegeben, sie seien den ersten Tag auf dieser Baustelle für die Firma H tätig und würden in Vollbeschäftigung (40 Stunden pro Woche) stehen. Einer der vier Dienstnehmer habe unter anderem angegeben, er sei auf dieser Baustelle für die Firma H tätig und verdiene ca. EUR 1.300,-- im Monat. Der Kontrollbeamte A habe nach der Kontrolle im Finanzamt festgestellt, dass alle vier Personen nicht zur Sozialversicherung angemeldet worden seien. Später habe sich ergeben, dass die Meldungen zur Sozialversicherung erst nach der gegenständlichen Kontrolle erfolgt seien.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Darlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften aus, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht geeignet sei, mangelndes Verschulden darzutun. Die Beschwerdeführerin habe selbst angegeben, dass sie um 12.30 Uhr von ihrem Vorarbeiter telefonisch verständigt worden sei, dass die vier Arbeiter um 13.00 Uhr mit der Arbeit beginnen würden. Es wäre somit an der Beschwerdeführerin gelegen, dafür Vorsorge zu tragen, dass die Arbeiter die Tätigkeit erst nach der Anmeldung aufnehmen. Tatsächlich seien die Arbeiter aber um 13.30 Uhr bei Eisenverlegearbeiten angetroffen worden, die Anmeldung sei jedoch zufolge des von der Beschwerdeführerin vorgelegten Telefax-Sendeprotokolls erst um 17.25 Uhr an die ELDA Faxnummer 05780761 erfolgt. Im Übrigen sei auch die von der Beschwerdeführerin um
15.42 Uhr durchgeführte Anmeldung an die Telefaxnummer 057807666161 erst nach der Arbeitsaufnahme erfolgt. Es wäre an der Beschwerdeführerin gelegen gewesen, eine entsprechende Vorsorge für einen Fall wie den gegenständlichen zu treffen.
Es liege ein Wiederholungsfall im Sinne des § 111 Abs. 2 ASVG vor, da die Beschwerdeführerin eine einschlägige Vorstrafe aufweise. Schutzzweck der übertretenen Bestimmung sei es sicher zu stellen, dass versicherungspflichtig beschäftigte Personen auch im gesetzlich vorgesehenen Ausmaß sozialversichert werden und die Sozialversicherungsbeiträge rechtzeitig und vollständig abgeführt werden. Diese Bestimmung diene einerseits dem Schutz der beschäftigten Person, andererseits der Wahrung der Ansprüche der Versichertengemeinschaft. Die Beschwerdeführerin habe diesem Schutzzweck jeweils in nicht unerheblichem Ausmaß zuwider gehandelt. Als Verschulden werde Vorsatz angenommen, was einen Erschwerungsgrund darstelle. Als erschwerend sei auch eine - neben der den Strafsatz erhöhenden Vorstrafe weitere - Vorstrafe zu werten. Milderungsgründe seien keine hervorgekommen.
Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse habe die Beschwerdeführerin angegeben, sie beziehe als Geschäftsführerin ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 424,--. Sie sei Hälfteeigentümerin einer Wohnung und habe zusammen mit ihrem Ehemann, der über ein eigenes Einkommen verfüge, Schulden in der Höhe von EUR 200.000,--. Die Strafen seien gegenüber den in erster Instanz verhängten Strafen herabzusetzen gewesen, weil die Erstbehörde mit einem weiteren Straferkenntnis vom über die Beschwerdeführerin wegen einer gleichen Übertretung ebenfalls eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.500,-- verhängt habe und im gegenständlichen Fall im Sinne einer Gleichbehandlung dieselbe Strafhöhe festzusetzen gewesen sei. Weiters seien diesbezüglich auch die ungünstigen persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin entsprechend zu berücksichtigen gewesen. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Bestrafung im Sinne des § 21 Abs. 1 VStG lägen schon im Hinblick auf das vorsätzliche Verhalten der Beschwerdeführerin nicht vor.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 96/09-3, ablehnte. Mit Beschluss vom , B 96/09-5, wurde die Beschwerde über nachträglichen Antrag im Sinne des § 87 Abs. 3 VfGG gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Mit der nach Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin hat auf die Gegenschrift der belangten Behörde repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführerin werden vier Übertretungen des § 111 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 ASVG mit einer Tatzeit am vorgeworfen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die zitierten Rechtsnormen folgenden Wortlaut:
"An- und Abmeldung der Pflichtversicherten
§ 33. (1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
(1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar
1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und
2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).
(…)
Verstöße gegen melderechtliche Vorschriften
§ 111. (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes
1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
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3. | Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder |
4. | gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt. |
(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar
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- | mit Geldstrafe von 730 EUR bis zu 2 180 EUR, im Wiederholungsfall von 2 180 EUR bis zu 5 000 EUR, |
- | bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, |
sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 EUR herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind. | |
(…)" | |
2. | Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, dem angefochtenen Bescheid könne "nicht entnommen werden, ob die belangte Behörde außer in Punkt 3. der Begründung nicht weitere Konstatierungen getroffen" habe. Die belangte Behörde habe zum relevanten Sachverhalt überhaupt keine Beweise aufgenommen. Um die Rechtswidrigkeit und eine allfällige Schuld der Beschwerdeführerin rechtlich beurteilen zu können, hätte die belangte Behörde insbesondere von Amts wegen Beweise aufnehmen müssen, die abstrakt geeignet gewesen wären, zum "Nichtantreffen der vier Arbeitnehmer am , um 13.30 Uhr, auf der erwähnten Baustelle in I", zur Nichtbesetzung der Kanzlei des Steuerberaters ab Mittag des , zur unvorhergesehenen Funktionsunfähigkeit des Faxgeräts in der Stelle für "Notmeldungen" und zur Abgabe aller Mindestangabenmeldungen spätestens am Feststellungen treffen zu können. Wäre die belangte Behörde in diesem Sinne vorgegangen, wäre sie zu Tatsachenfeststellungen gelangt, die jegliche Rechtswidrigkeit und Schuld der Beschwerdeführerin ausschließen würden. Dabei hätte die belangte Behörde von Amts wegen unter anderem auch den Steuerberater der Beschwerdeführerin laden und als Zeuge "zu diesem relevanten Tatsachenkomplex" einvernehmen müssen. |
Dem ist entgegen zu halten, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die für die Verwirklichung des Tatbilds erforderlichen und dafür auch ausreichenden Feststellungen getroffen hat, nämlich dass die vier namentlich genannten Arbeitnehmer am um 13.30 Uhr auf der Baustelle Universitätsbibliothek in I gearbeitet haben und zu diesem Zeitpunkt nicht bei der Sozialversicherung zur Pflichtversicherung gemeldet waren. Weder in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid noch in der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin konkrete Beweisanbote gemacht, mit denen dargelegt hätte werden können, dass die vier Dienstnehmer zum genannten Tatzeitpunkt tatsächlich nicht bereits mit Arbeiten beschäftigt waren bzw. dass zu diesem Tatzeitpunkt bereits eine Meldung bei der Sozialversicherung eingelangt war. Die belangte Behörde hat die Feststellungen zum Antreffen der Dienstnehmer auf die auch von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde in keiner Weise in Zweifel gezogene Aussage eines die Kontrollen durchführenden Beamten gestützt. | |
Da die von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Feststellungen für die Annahme der Tatbildmäßigkeit ausreichen, versagt auch die - auf nicht rechtserhebliche Umstände bezogene - Beweisrüge: | |
Weder für die Verwirklichung des Tatbilds noch für das Verschulden der Beschwerdeführerin ist maßgebend, ob bzw. wann die Kanzlei ihres Steuerberaters am Tattag nicht mehr besetzt gewesen ist, ob das Faxgerät bei der Stelle für "Notmeldungen" zu einem nach dem Tatzeitpunkt liegenden Zeitpunkt funktioniert hat oder ob und wann nach dem Tatzeitpunkt die Mindestangabenmeldungen tatsächlich erstattet wurden, sodass diesbezüglich auch keine weiteren Ermittlungen durchzuführen bzw. Feststellungen zu treffen waren. | |
Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Verfahrensmängel liegen daher nicht vor. | |
3. | Die Beschwerdeführerin vermeint eine Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides darin zu erkennen, dass ein verfassungswidriges Gesetz angewendet worden sei. Ob die durch das SRÄG 2007 neu geschaffenen Maßnahmen für den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck der Schwarzarbeitsbekämpfung wirklich geeignet seien und die richtigen Dienstnehmer treffen würden, sei im an sich meldeunabhängigen Pflichtversicherungssystem zu bezweifeln. Das bei Betretung durch Kontrollen angeblich häufig vorgebrachte Argument, man habe gerade bzw. erst in den letzten Tagen mit der Arbeit begonnen, werde auch durch die Vorausanmeldepflicht als solches weder ausgeschlossen noch widerlegt. Abgesehen davon werde es zahlreiche Fälle geben, in denen auch ehrlich bemühte Dienstgeber die eine oder andere Vorausanmeldung übersehen oder nicht schaffen werden. Echter Schwarzarbeit könne man daher wohl nach wie vor nur mit Sachverhaltsermittlungen und Sachverhaltsfeststellungen erfolgreich begegnen. Insgesamt spreche jedenfalls Beachtliches dafür, dass die strenge Vorausanmeldepflicht als solche ihr Ziel verfehle. Sie stelle in Bezug auf das Gros der Fälle bloßer Fahrlässigkeit ein unverhältnismäßiges und daher verfassungswidriges Mittel dar, welches zudem rechtzeitiges Meldeverhalten vor allem bei dezentraler Arbeitsorganisation ohne überzeugende sachliche Notwendigkeit - auch trotz telefonischer Anmeldemöglichkeit - unverhältnismäßig bis unzumutbar erschwere. Dies umso mehr, als das B-KUVG insofern nicht nachgezogen habe, obwohl sein Geltungsbereich "über den Staat im engeren Sinne" hinausgehe und dadurch eine Zweiklassengesellschaft im Meldewesen geschaffen worden sei (die Beschwerdeführerin verweist dazu auf Schrank, Neue Melde- und Sanktionsprobleme im ASVG,ZAS 2008, 4, und Brodil, Sozialbetrug aus dem Blickwinkel des Verwaltungsstrafrechts, DRdA 2008, 383). Die generelle und ausnahmslose Vorausanmeldepflicht und die ausnahmslose Bestrafung bei nicht erfolgter Vorausanmeldung sowie die "unteren Strafgrenzen" würden gegen das allgemeine Sachlichkeitsgebot verstoßen. Die Beschwerdeführerin regte daher an, beim Verfassungsgerichtshof den Antrag zu stellen, ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten und dahin zu erkennen, dass "insbesondere die §§ 33, 111 ASVG in der Fassung BGBl. I Nr. 31/2007 (SRÄG 2007)" als verfassungswidrig aufgehoben werden. |
Hiezu ist festzuhalten, dass dieses Vorbringen von der Beschwerdeführerin bereits wortgleich in ihrer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben wurde. Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt und dabei ausgeführt, dass gegen die Modalitäten der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten, denen nach § 33 Abs. 1 und Abs. 1a Z. 1 ASVG in der Fassung BGBl. I Nr. 31/2007 prinzipiell "vor Arbeitsantritt" (und nicht mehr "spätestens bei Arbeitsantritt" (§ 33 Abs. 1 und Abs. 1a Z. 1 ASVG in der Fassung BGBl. I Nr. 132/2005)) nachzukommen ist, keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. | |
Schon weil die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde keine Argumente vorbringt, die dem Verfassungsgerichtshof nicht bereits in der zuvor an ihn erhobenen Beschwerde vorgelegen waren, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, einen Antrag gemäß Art 140 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen; auch der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen die - verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte - prinzipielle Pflicht zur Anmeldung vor Arbeitsantritt keine verfassungsrechtliche Bedenken. | |
4. | Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass - wenn überhaupt - in Bezug auf den nur eine einzige Tathandlung vorliege, da es sich um einen einheitlichen Vorgang handle, wenngleich er vier Arbeitnehmer betreffe. |
Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten, dass nach § 33 ASVG jede pflichtversicherte Person anzumelden ist; die Meldung dient nicht nur - wie Schrank in dem von der Beschwerdeführerin zitierten Beitrag (ZAS 2008, S. 4; hier: S. 8) meint - dem Schutz der Beitragsinteressen der Versichertengemeinschaft, sondern wesentlich dem Schutz des Interesses des einzelnen Dienstnehmers, der - ungeachtet des Prinzips der ex lege eintretenden Pflichtversicherung - bei nicht erfolgter Anmeldung Nachteile im Leistungsrecht erleiden kann (vgl. dazu § 225 ASVG, der zum Tatzeitpunkt noch in der Fassung vor der Novelle durch das | |
2. | SRÄG 2009, BGBl. I Nr. 83/2009, in Geltung stand; auch nach der nunmehr geltenden Fassung des § 225 ASVG kann das Unterbleiben der Anmeldung gegebenenfalls zu leistungsrechtlichen Nachteilen führen). Eine Verletzung der Verpflichtung, einen Dienstnehmer zur Pflichtversicherung anzumelden, beeinträchtigt damit auch Rechtsgüter, die dem einzelnen Dienstnehmer zuzuordnen sind und kann daher - da kein Verstoß gegen dasselbe Rechtsgut vorliegt - nicht gemeinsam mit anderen unterlassenen Anmeldungen weiterer Dienstnehmer als einheitliches (fortgesetztes) Delikt angesehen werden (vgl. dem gegenüber für Angriffe auf ein identes - aber nicht höchstpersönliches - Rechtsgut das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/09/0313, zu den Voraussetzungen für die Annahme eines fortgesetzten Delikts vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 92/09/0286). Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die Verletzung der Meldepflicht hinsichtlich jedes einzelnen Dienstnehmers eine - gesondert zu verfolgende - Verwaltungsübertretung im Sinne des § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG darstellt. |
5. | Die Beschwerdeführerin wendet sich auch gegen das ihr vorgeworfene Verschulden: Von der Verschuldensform des Vorsatzes könne überhaupt keine Rede sein, dazu fehle auch jede Ermittlungstätigkeit und Sachverhaltsgrundlage. Die Beschwerdeführerin habe die hier maßgeblichen Bestimmungen schlicht und einfach nicht gekannt. |
Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin ein Vorbringen, sie hätte die Meldepflicht nicht gekannt, im Verwaltungsverfahren nicht erstattet hat. Im Übrigen trifft die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin einer Gesellschaft, die Dienstnehmer beschäftigt, die Verpflichtung, sich über die für die Beschäftigungsverhältnisse maßgeblichen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen - einschließlich der Meldevorschriften (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/08/0042) - zu informieren. | |
Ausgehend von den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin, wonach sie um 12.30 Uhr von einem Mitarbeiter verständigt wurde, dass vier Dienstnehmer um 13.00 Uhr mit der Arbeit beginnen würden, und sie dennoch die Anmeldung erst verspätet - nach ihren Angaben um 14.42 Uhr - versucht hat, ohne den Mitarbeiter zuvor anzuweisen, die Arbeitsaufnahme der neu zu beschäftigenden Dienstnehmer bis zur erfolgten (Mindestangaben | )Anmeldung aufzuschieben, oder die Anmeldung telefonisch vorzunehmen, hat die Beschwerdeführerin jedenfalls in Kauf genommen, dass die Dienstnehmer vor durchgeführter (Mindestangaben )Anmeldung beschäftigt werden, sodass die belangte Behörde zutreffend von (bedingtem) Vorsatz ausgehen konnte. |
6. | Die Beschwerdeführerin wendet sich auch gegen das Strafausmaß, das nicht den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Beschwerdeführerin entspreche. |
Zu diesem Vorbringen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der von der belangten Behörde angewandte Strafrahmen (für den Wiederholungsfall) gemäß § 111 Abs. 2 ASVG von EUR 2.180,-- bis EUR 5.000,-- reicht. Legt man der Bestrafung, wie dies die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid getan hat, zugrunde, dass die Delikte mit bedingtem Vorsatz begangen wurden und zudem - über die die erhöhte Strafdrohung bestimmende Vortat hinaus - eine weitere Vortat zu berücksichtigen war, so ist die mit EUR 2.500,-- ausgemessene Geldstrafe nicht als überhöht zu erkennen. | |
7. | Die Beschwerde macht schließlich geltend, dass die Beurteilung der belangten Behörde, es handle sich um einen Wiederholungsfall im Sinne des § 111 Abs. 2 ASVG, ohne Tatsachengrundlage erfolgt sei. Soweit im angefochtenen Bescheid auf einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom verwiesen werde, könne die diesem Bescheid zu Grunde liegende Tathandlung nicht vor dem 13.30 Uhr stattgefunden haben. Das Vorliegen eines Wiederholungsfalls im Sinn des § 111 Abs. 2 ASVG sei daher denkunmöglich. Im Übrigen zieht die Beschwerde in Zweifel, dass es sich bei dem zitierten Bescheid vom um eine rechtskräftige Entscheidung handle. |
Mit diesem Vorbringen zeigt die belangte Behörde einen relevanten Verfahrensmangel auf: | |
Festzuhalten ist, dass im Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vier Vorstrafen der Beschwerdeführerin wegen der Verletzung von Meldepflichten unter Anführung der Aktenzeichen und der Höhe der jeweils verhängten Geldstrafen angeführt sind; dabei handelt es sich um zwei Fälle aus dem Jahr 2005 sowie - soweit dies aus den Aktenzeichen zu erschließen ist - um je einen Fall aus dem Jahr 2006 und dem Jahr 2007. | |
Die Beschwerdeführerin hat sich in der Berufung auf "angebliche Vorstrafen" bezogen und behauptet, dass die im erstinstanzlichen Bescheid genannten Bescheide ihrem Vertreter nie zugestellt worden seien (zur Zustellung an die Beschwerdeführerin selbst - zur Unzulässigkeit einer Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren nach dem ASVG durch einen Wirtschaftstreuhänder siehe das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/08/0040 - enthält die Berufung keine ausdrückliche Erklärung). | |
Im angefochtenen Bescheid findet sich keine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen; auch in den Verwaltungsakten finden sich dazu keine weiteren Unterlagen wie etwa Kopien der Straferkenntnisse. Im Hinblick auf die Bestreitung der Vorstrafen in der Berufung wäre es jedoch erforderlich gewesen, zu den Vorstrafen und den diesen zugrunde liegenden Tathandlungen ausreichende Feststellungen zu treffen, die eine nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof, ob tatsächlich ein Wiederholungsfall im Sinne des § 111 Abs. 2 ASVG vorliegt, ermöglicht hätten. | |
Im Hinblick auf den in der Beschwerde angesprochenen, erstmals im angefochtenen Bescheid der belangten Behörde genannten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom (mit einem Aktenzeichen aus dem Jahr 2008) hat die belangte Behörde in der Gegenschrift darauf hingewiesen, dass dieser Bescheid nicht strafrahmenerhöhend oder als Erschwerungsgrund berücksichtigt wurde; "als strafsatzerhöhend bzw. erschwerend" seien vielmehr zwei andere, mit der Aktenzahl bezeichnete Bescheide der Bezirkshauptmannschaft F gewertet worden. Abgesehen davon, dass fehlende Feststellungen im angefochtenen Bescheid in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/08/0167), reicht auch die Angabe bloß der Aktenzahlen von Bescheiden über verhängte Verwaltungsstrafen nicht aus, um eine Überprüfung zu ermöglichen, für welche Übertretung eine Bestrafung erfolgte und ob damit ein Wiederholungsfall anzunehmen ist. | |
8. | Da die belangte Behörde somit keine näheren Feststellungen zu den für die Anwendung der gesetzlichen Strafdrohung für den Wiederholungsfall relevanten Vorstrafen getroffen hat, war der angefochtene Bescheid in seinem Ausspruch über die Strafe wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben. |
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das Kostenmehrbegehren war, da es von einer überhöhten - auch tatsächlich nicht entrichteten - Pauschalgebühr ausgeht, abzuweisen. | |
Wien, am |