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VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0064

VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0064

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des G N in M (Bundesrepublik Deutschland), vertreten durch Mag. Mathias Kapferer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Burggraben 4/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom , Zl LVwG-1- 923/E7-2013, betreffend eine Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (belangte Behörde vor dem Landesverwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Dornbirn), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I. Sachverhalt

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Erkenntnis legte das Landesverwaltungsgericht (LVwG) dem Revisionswerber - zusammengefasst - zur Last, er habe als Inhaber einer Spedition nicht dafür Sorge getragen, dass die Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes (GütbefG) eingehalten wurden. Am sei ein nach Kennzeichen umschriebener Lastkraftwagen an der Zollstelle Lustenau von einem türkischen Fahrer gelenkt und für einen grenzüberschreitenden Güterverkehr von Tirol in die Schweiz verwendet worden. Der Revisionswerber habe nicht dafür gesorgt, dass der Fahrer als Staatsangehöriger eines Drittstaates die gemäß der Verordnung (EG) Nr 1072/2009 erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt habe. Er habe dadurch § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG in Verbindung mit Art 5 Abs 6 Verordnung (EG) Nr 1072/2009 verletzt, weshalb er mit einer Geldstrafe von EUR 900,-- (41 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) zu bestrafen sei.

Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für zulässig erklärt.

2. Zur Begründung führte das LVwG aus, im gegenständlichen Fall handle es sich um einen grenzüberschreitenden Verkehr iS des Art 2 Z 2 lit b der Verordnung (EG) Nr 1072/2009, weil die Güterbeförderungsfahrt zwischen einem Mitgliedstaat der EU (Österreich), wo das Fahrzeug beladen worden sei, und einem Drittland (Schweiz), wo das Fahrzeug entladen worden sei, erfolgt sei. Für diesen Verkehr bestehe gemäß Art 3 Verordnung (EG) Nr 1072/2009 das Erfordernis einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung mit einer Fahrerbescheinigung, wenn der Fahrer, wie im vorliegenden Fall, Staatsangehöriger eines Drittlandes und auch nicht langfristig aufenthaltsberechtigt sei. Die Anwendbarkeit der Verordnung (EG) Nr 1072/2009 auf die gegenständliche Wegstrecke ergebe sich aus Art 1 Abs 2 zweiter Satz leg cit in Verbindung mit den einschlägigen Bestimmungen des Landverkehrsabkommens Gemeinschaft-Schweiz. Die gegenständliche Fahrt gelte als grenzüberschreitender Verkehr im Sinne des Art 3 dieses Abkommens. Im Anhang 1 des Abkommens sei die Verordnung (EG) Nr 484/2002 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr 881/92 und (EWG) Nr 3118/93, mit der die Fahrerbescheinigung eingeführt worden sei, aufgezählt. Sowohl das Abkommen selbst als auch die entsprechenden Beschlüsse zur Anpassung seines Anhanges 1 seien als offizielle Rechtsakte der EU zu verstehen und sie seien auch als solche im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Folglich seien die im Landverkehrsabkommen Gemeinschaft-Schweiz und in dessen Anhang 1 bestehenden Verweise auf die Verordnungen (EWG) Nr 881/92 und (EWG) Nr 3118/93 als Verweise im Sinne des Art 18 Satz 2 Verordnung (EG) Nr 1072/2009 zu lesen.

Der Revisionswerber hätte sich daher für den türkischen Fahrer eine Fahrerbescheinigung ausstellen lassen und diese Fahrerbescheinigung gemäß Art 5 Abs 6 Verordnung (EG) Nr 1072/09 dem Fahrer zur Verfügung stellen müssen. Da er dies unterlassen habe, habe er den Tatbestand des § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG schuldhaft erfüllt; auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum könne er sich aus näher dargestellten Gründen nicht berufen.

Die Revision sei zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen sei, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme, insbesondere weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendbarkeit des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Straße fehle.

3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, es wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Neben der vom LVwG als ungeklärt angesehenen Rechtsfrage führt die Revision zur Zulässigkeit aus, es sei auch von grundsätzlicher Bedeutung, ob in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem keine Transitfahrt, sondern lediglich eine Fahrt von Österreich in die Schweiz vorgenommen worden sei, die Verordnung (EG) Nr 1072/2009 zur Anwendung komme. Darüber hinaus habe das LVwG den wesentlichen Sachverhalt für das Vorliegen eines Rechtsirrtums des Revisionswerbers nicht festgestellt.

4. Das LVwG legte die Verwaltungsakten vor. Eine Revisionsbeantwortung wurde nach Mitteilung des LVwG nicht erstattet.

II. Rechtslage

1. § 23 Abs 1 Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl Nr 593/1995 idF BGBl I Nr 32/2013 (GütbefG) lautet (auszugsweise):

"Strafbestimmungen

§ 23. (1) Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7 267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer


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1.
(bis) 7. (...)
8.
nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1072/09 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden;
(...)"
2.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs, ABl L 300 vom , Seite 72, lauten:
"
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel 1
Anwendungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken.

(2) Bei Beförderungen aus einem Mitgliedstaat nach einem Drittland und umgekehrt gilt diese Verordnung für die in den Mitgliedstaaten, die im Transit durchfahren werden, zurückgelegte Wegstrecke. Sie gilt nicht für die im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats der Be- oder Entladung zurückgelegte Wegstrecke, solange das hierfür erforderliche Abkommen zwischen der Gemeinschaft und dem betreffenden Drittland nicht geschlossen wurde.

(...)

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck


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1.
(...)
2.
'grenzüberschreitender Verkehr'
a)
eine beladen zurückgelegte Fahrt eines Fahrzeugs mit oder ohne Transit durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten oder ein oder mehrere Drittländer, bei der sich der Ausgangspunkt und der Bestimmungsort in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten befinden,
b)
eine beladen zurückgelegte Fahrt eines Fahrzeugs von einem Mitgliedstaat in ein Drittland oder umgekehrt, mit oder ohne Transit durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten oder ein oder mehrere Drittländer,
c)
eine beladen zurückgelegte Fahrt eines Fahrzeugs zwischen Drittländern mit Transit durch das Hoheitsgebiet eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder
d)
eine Leerfahrt in Verbindung mit Beförderungen gemäß den Buchstaben a, b und c;
(...)
GRENZÜBERSCHREITENDER VERKEHR
Artikel 3
Allgemeiner Grundsatz
Der grenzüberschreitende Verkehr unterliegt einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittlandes ist - mit einer Fahrerbescheinigung.
(...)
Artikel 5
Fahrerbescheinigung

(1) Die Fahrerbescheinigung wird von einem Mitgliedstaat gemäß dieser Verordnung jedem Verkehrsunternehmer ausgestellt, der


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a)
Inhaber einer Gemeinschaftslizenz ist und der
b)
in diesem Mitgliedstaat entweder einen Fahrer, der weder ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats noch ein langfristig Aufenthaltsberechtigter im Sinne der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen ist, rechtmäßig beschäftigt oder einen Fahrer rechtmäßig einsetzt, der weder ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats noch ein langfristig Aufenthaltsberechtigter im Sinne der genannten Richtlinie ist und dem Verkehrsunternehmer gemäß den Bestimmungen zur Verfügung gestellt wird, die in diesem Mitgliedstaat für die Beschäftigung und die Berufsausbildung
i)
durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften und gegebenenfalls
ii)
durch Tarifverträge nach den in diesem Mitgliedstaat geltenden Vorschriften festgelegt wurden.

(2) Die Fahrerbescheinigung wird von der zuständigen Behörde des Niederlassungsmitgliedstaats des Verkehrsunternehmens auf Antrag des Inhabers der Gemeinschaftslizenz für jeden Fahrer ausgestellt, der weder ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats noch ein langfristig Aufenthaltsberechtigter im Sinne der Richtlinie 2003/109/EG ist und den der Verkehrsunternehmer rechtmäßig beschäftigt, oder für jeden Fahrer, der weder ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats noch ein langfristig Aufenthaltsberechtigter im Sinne der genannten Richtlinie ist und der dem Verkehrsunternehmer zur Verfügung gestellt wird. Mit der Fahrerbescheinigung wird bestätigt, dass der darin genannte Fahrer unter den in Absatz 1 festgelegten Bedingungen beschäftigt ist.

(3) (bis) (5) (...)

(6) Die Fahrerbescheinigung ist Eigentum des Verkehrsunternehmers, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt. Eine beglaubigte Kopie der von den zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaats des Verkehrsunternehmers ausgestellten Fahrerbescheinigung ist in den Geschäftsräumen des Verkehrsunternehmers aufzubewahren. Die Fahrerbescheinigung ist jedem Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen.

(...)

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 18

Aufhebungen

Die Verordnungen (EWG) Nr. 881/92 und (EWG) Nr. 3118/93 sowie

die Richtlinie 2006/94/EG werden aufgehoben.

Verweisungen auf die aufgehobenen Verordnungen und die aufgehobene Richtlinie gelten als Verweisungen auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle im Anhang IV zu lesen."

3. Das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Straße, ABl L 114 vom , Seite 91 (im Folgenden: Landverkehrsabkommen), sieht unter anderem vor:

" Artikel 2

Geltungsbereich

1. Dieses Abkommen gilt für den bilateralen Güter- und Personenverkehr auf der Straße zwischen den Vertragsparteien, für den Transit durch das Gebiet der Vertragsparteien unbeschadet des Abkommens von 1992 und vorbehaltlich des Artikels 7 Absatz 3 sowie für den Güter- und Personenverkehr im Dreiländerverkehr und die große Kabotage für die Schweiz.

(...)

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

1. Straßenverkehr

Im Sinne dieses Abkommens gilt als:

(...)

- 'grenzüberschreitender' Verkehr Fahrten eines Fahrzeugs, bei denen sich der Ausgangspunkt im Gebiet einer Vertragspartei und der Bestimmungsort im Gebiet der anderen Vertragspartei oder in einem Drittland oder umgekehrt befinden, sowie Leerfahrten in Verbindung mit den vorgenannten Strecken; befindet sich der Ausgangspunkt oder der Bestimmungsort in einem Drittland, ist die Beförderung mit einem Fahrzeug durchzuführen, das im Gebiet der Vertragspartei zugelassen ist, in dem sich der Ausgangspunkt oder der Bestimmungsort der Fahrt befindet;

(...)

Artikel 9

Güterverkehr zwischen den Gebieten der Vertragsparteien

1. Der grenzüberschreitende gewerbliche Straßengüterverkehr und die Leerfahrten zwischen den Gebieten der Vertragsparteien unterliegen der Gemeinschaftslizenz für die gemeinschaftlichen Verkehrsunternehmer gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92, deren Muster sich in Anhang 3 befindet, und einer ähnlichen schweizerischen Genehmigung für die schweizerischen Verkehrsunternehmer.

2. Die so ausgestellten Lizenzen ersetzen für die Beförderungen, die unter dieses Abkommen fallen, die zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Schweiz ausgetauschten bilateralen Genehmigungen, die bis zum Inkrafttreten dieses Abkommens erforderlich waren.

(...)

Artikel 52

Entwicklung des Rechts

1. Dieses Abkommen gilt unbeschadet des Rechts jeder Vertragspartei, ihre internen Rechtsvorschriften auf den in den Geltungsbereich dieses Abkommens fallenden Gebieten unter Wahrung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung und der Bestimmungen dieses Abkommens einseitig zu ändern.

2. Sobald eine Vertragspartei neue Rechtsvorschriften in einem Bereich ausgearbeitet hat, für den dieses Abkommen gilt, holt sie auf informellem Weg die Stellungnahme von Sachverständigen der anderen Vertragspartei ein. Während des Zeitraums, der der formellen Verabschiedung dieser neuer Rechtsvorschriften vorausgeht, halten sich die Vertragsparteien auf dem laufenden und nehmen, falls nötig, Beratungen auf. Auf Verlangen einer der Vertragsparteien kann ein erster Gedankenaustausch im Gemischten Ausschuß, insbesondere über die Auswirkungen, die eine solche Änderung auf das Funktionieren dieses Abkommens hat, stattfinden.

3. Sobald eine Vertragspartei eine Änderung der Rechtsvorschriften verabschiedet hat, spätestens jedoch acht Tage nach deren Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften bzw. in der Amtlichen Sammlung des Bundesrechts, teilt sie der anderen Vertragspartei den Wortlaut dieser neuen Rechtsvorschriften mit. Auf Verlangen einer der Vertragsparteien erfolgt spätestens zwei Monate danach im Gemischten Ausschuß ein Meinungsaustausch über die Auswirkungen dieser Änderungen auf das Funktionieren dieses Abkommens.

4. Der Gemischte Ausschuß


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-
faßt entweder einen Beschluß zur Änderung der Anhänge 1, 3, 4 und 7 oder schlägt, falls erforderlich, die Änderung der Bestimmungen dieses Abkommens vor, um darin - soweit nötig, auf der Grundlage der Gegenseitigkeit - die Änderungen der betreffenden Rechtsvorschriften aufzunehmen, oder
-
faßt einen Beschluß, demzufolge die Änderungen der betreffenden Rechtsvorschriften als vereinbar mit diesem Abkommen anzusehen sind, oder
-
beschließt andere Maßnahmen, um das ordnungsgemäße Funktionieren dieses Abkommens zu gewährleisten.
(...)"
4.
Mit Beschluss Nr 1/2013 des Gemischten Landverkehrsausschusses Gemeinschaft/Schweiz (2013/804/EU) wurde der Anhang 1 des Landverkehrsabkommens (auszugsweise) wie folgt geändert:
"ANHANG 1
ANWENDBARE BESTIMMUNGEN
Gemäß Artikel 52 Absatz 6 dieses Abkommens wendet die Schweiz
Rechtsvorschriften an, die den nachstehend genannten
Rechtsvorschriften gleichwertig sind:
(...)
ABSCHNITT 2 - SOZIALVORSCHRIFTEN
(...)
- Verordnung (EG) Nr. 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 881/92 und (EWG) Nr. 3118/93 des Rates hinsichtlich der Einführung einer Fahrerbescheinigung (
ABl. L 76 vom , S. 1 ).
Für die Zwecke dieses Abkommens:
(a) kommt nur Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 zur Anwendung;
(b) befreien die Europäische Gemeinschaft und die Schweizerische Eidgenossenschaft die Staatsangehörigen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums von der Verpflichtung zur Mitführung der Fahrerbescheinigung;
(c) kann die Schweizerische Eidgenossenschaft Angehörige anderer als der unter Buchstabe b) genannten Staaten von der Verpflichtung zur Mitführung der Fahrerbescheinigung nur nach vorheriger Konsultation und mit Zustimmung der Europäischen Gemeinschaft befreien.
(...)"
5.
Die Verordnung (EG) Nr 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr 881/92 und (EG) Nr 3118/93 des Rates hinsichtlich der Einführung einer Fahrerbescheinigung, ABl L 76 vom , Seite 1, hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
"Artikel 1
Die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 wird wie folgt geändert:
1.
In Artikel 2 wird folgender Gedankenstrich hinzugefügt:' - 'Fahrer': die Person, die ein Fahrzeug führt oder in diesem Fahrzeug befördert wird, um es bei Bedarf führen zu können;'.
2.
Artikel 3 wird wie folgt geändert:
a)
Absatz 1 erhält folgende Fassung: '(1) Der grenzüberschreitende Verkehr unterliegt einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaats ist - mit einer Fahrerbescheinigung.'
b)
Der folgende Absatz wird angefügt: '(3) Die Fahrerbescheinigung wird von einem Mitgliedstaat gemäß Artikel 6 jedem Verkehrsunternehmer ausgestellt, der
-
Inhaber einer Gemeinschaftslizenz ist und der
-
in diesem Mitgliedstaat Fahrer, die Staatsangehörige eines Drittlandes sind, rechtmäßig beschäftigt oder Fahrer rechtmäßig einsetzt, die Staatsangehörige eines Drittstaats sind und ihm als Arbeitskraft gemäß den Bestimmungen zur Verfügung gestellt werden, die in diesem Mitgliedstaat für die Beschäftigung und die Berufsausbildung von Fahrern durch
-
Rechts- und Verwaltungsvorschriften und
-
gegebenenfalls Tarifverträge nach den in diesem Mitgliedstaat geltenden Vorschriften
festgelegt wurden.'
3.
In Artikel 4 wird der derzeitige Text zu Absatz 1, und es wird folgender Absatz angefügt: '(2) Die Fahrerbescheinigung gemäß
Artikel 3 bestätigt, dass im Rahmen einer Beförderung auf der Straße, für die eine Gemeinschaftslizenz besteht, der diese Beförderung durchführende Fahrer, der Staatsangehöriger eines Drittstaats ist, in dem Mitgliedstaat, in dem der Verkehrsunternehmer ansässig ist, gemäß den Rechts- und Verwaltungsvorschriften und gegebenenfalls, je nach den Vorschriften dieses Mitgliedstaats, gemäß den Tarifverträgen über die Bedingungen für die Beschäftigung und Berufsausbildung von Fahrern beschäftigt ist, um dort Beförderungen auf der Straße vorzunehmen.'
4.
In Artikel 5 wird folgender Absatz angefügt: '(5) Die Gemeinschaftslizenz wird für einen Zeitraum von fünf Jahren ausgestellt; sie kann jeweils für denselben Zeitraum erneuert werden.'
5.
Artikel 6 erhält folgende Fassung: 'Artikel 6

(1) Die Fahrerbescheinigung gemäß Artikel 3 wird von den zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaats des Verkehrsunternehmens ausgestellt.

(2) Die Fahrerbescheinigung wird von dem Mitgliedstaat auf Antrag des Inhabers der Gemeinschaftslizenz für jeden Fahrer ausgestellt, der Staatsangehöriger eines Drittstaats ist und den er rechtmäßig beschäftigt bzw. der ihm gemäß den Rechts- und Verwaltungsvorschriften und gegebenenfalls, je nach den Vorschriften dieses Mitgliedstaats, gemäß den Tarifverträgen über die in diesem Mitgliedstaat geltenden Bedingungen für die Beschäftigung und Berufsausbildung von Fahrern rechtmäßig zur Verfügung gestellt wird. Mit der Fahrerbescheinigung wird bestätigt, dass der darin genannte Fahrer unter den in Artikel 4 festgelegten Bedingungen beschäftigt ist.

(3) (...)

(4) Die Fahrerbescheinigung ist Eigentum des Verkehrsunternehmers, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt. Eine beglaubigte Abschrift der Fahrerbescheinigung ist in den Geschäftsräumen des Verkehrsunternehmers aufzubewahren. Die Fahrerbescheinigung ist den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen. (...)'

(...)"

III. Erwägungen


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1.
Die - zulässige - Revision ist nicht berechtigt.
2.
Der Revisionswerber wurde einer Übertretung des § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG schuldig erkannt, weil bei der gegenständlichen gewerbsmäßigen Güterbeförderung von Österreich in die Schweiz für den türkischen Fahrer keine Fahrerbescheinigung im Sinne der Verordnung (EG) Nr 1072/2009 mitgeführt worden ist. Die Revision bestreitet diesen Sachverhalt nicht, zieht aber in Zweifel, dass im vorliegenden Fall eine Fahrerbescheinigung mitzuführen war.
3.
Soweit sie die Notwendigkeit des Mitführens einer Fahrerbescheinigung verneint, weil auf der Fahrt zwischen dem Beladeort in Österreich und dem Entladeort in der Schweiz kein Transit durch einen anderen Mitgliedstaat der EU oder ein Drittland erfolgt sei, ist ihr der eindeutige Wortlaut des Art 2 Z 2 lit b Verordnung (EG) Nr 1072/2009 entgegen zu halten, wonach ein grenzüberschreitender Verkehr im Sinn der Verordnung unabhängig davon gegeben ist, ob ein Transit durch einen Mitgliedstaat der EU oder ein Drittland stattfindet (arg: "mit oder ohne Transit").
4.
Die Revision bringt weiters vor, die Verordnung (EG) Nr 1072/2009 sei überhaupt nur anzuwenden, wenn zwischen der EU und dem betreffenden Drittland das hierfür erforderliche Abkommen abgeschlossen worden sei. Zwar liege ein Verkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vor, dieses nehme aber auf die Verordnung (EG) Nr 1072/2009 nicht Bezug, sodass diese auf den gegenständlichen Verkehr bzw die gegenständliche Wegstrecke nicht zur Anwendung gelange.
5.
Diesem Vorbringen ist nur insoweit zuzustimmen, als die in Rede stehende Strafbestimmung des § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG daran anknüpft, dass die nach der Verordnung (EG) Nr 1072/2009 erforderliche Fahrerbescheinigung nicht mitgeführt worden ist. Die spätestens am in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr 1072/2009 trat an die Stelle der Verordnungen (EWG) Nr 881/92 und (EWG) Nr 3118/93, und gilt nach ihrem Art 1 für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken; sie gilt jedoch nicht für die im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats der Be- oder Entladung zurückgelegte Wegstrecke, solange das hierfür erforderliche Abkommen zwischen der Gemeinschaft und dem betreffenden Drittland nicht geschlossen worden ist.
Entgegen der Rechtsansicht des Revisionswerbers liegt für das Verhältnis der EU zur Schweizerischen Eidgenossenschaft ein "erforderliches Abkommen" im Sinne der oben genannten Regelung vor, das für den grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr auch die Notwendigkeit des Mitführens einer Fahrerbescheinigung für Fahrer, die Staatsangehörige eines Drittlandes sind, vorsieht. Das Landverkehrsabkommen selbst nahm zwar auf die Fahrerbescheinigung noch nicht Bezug. Im Sinne des in Art 52 des Abkommens geregelten Verfahrens zur Entwicklung des Rechts fasste der Gemischte Landverkehrsausschuss Gemeinschaft/Schweiz jedoch im Folgenden den Beschluss, dass für die Zwecke des Landverkehrsabkommens auch Art 1 der Verordnung (EG) Nr 484/2002 zur Anwendung gelange, der das Erfordernis einer Fahrerbescheinigung für Angehörige von Drittstaaten vorsah.
Da somit - jedenfalls in Bezug auf die Fahrerbescheinigung - ein Abkommen zwischen der EU und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vorliegt, ist der gegenständliche Gütertransport nach Art 1 Abs 2 der Verordnung (EG) Nr 1072/2009 von deren Anwendungsbereich erfasst und es war der Revisionswerber verpflichtet, für das Mitführen der Fahrerbescheinigung Sorge zu tragen.
6.
Zusammenfassend ist das LVwG daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass dem Revisionswerber ein Verstoß gegen § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG vorzuwerfen ist. Soweit es einen entschuldbaren Rechtsirrtum des Revisionswerbers verneint hat, ist das LVwG von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes nicht abgewichen (vgl etwa , mwN); andere Gründe, die eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses begründen könnten, werden von der Revision nicht stichhaltig dargelegt.
IV. Ergebnis:
Die Revision war daher gemäß § 35 Abs 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Da keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde, für die Kosten zuzuerkennen wären, kann eine Kostenentscheidung entfallen.
Wien, am