VwGH vom 23.05.2013, 2011/15/0159
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des E M in V, vertreten durch die Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Sterngasse 13, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom , Zl. RV/0010-K/09, betreffend Einkommensteuer 2005, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2005 beantragte der Beschwerdeführer die Berücksichtigung von Aus- und Fortbildungskosten sowie von Fachliteratur als Werbungskosten.
Im Einkommensteuerbescheid 2005 berücksichtigte das Finanzamt weder Aus- und Fortbildungskosten noch Aufwendungen für Fachliteratur. Zur Begründung führte es aus, die Bildungsmaßnahme betreffe das Studium der Kulturwissenschaften und stehe in keinem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Das von ihm betriebene Studium der "Angewandten Kulturwissenschaften" stelle eine Umschulungsmaßnahme dar, zumal er beabsichtige, nach Abschluss dieses Studiums seine Lebenseinkünfte in diesem Umfeld zu erzielen.
Auf Vorhalt des Finanzamtes teilte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom mit, er sei im Streitzeitraum bei der Firma W als Chemielaborant tätig gewesen. Er habe die Umschulungsmaßnahme in Angriff genommen, weil es für ihn keine Möglichkeit der beruflichen Entwicklung in der Firma W gegeben habe. Da es im Beruf als Chemielaborant in Kärnten praktisch keine Stellenangebote gebe, habe er den Weg der Weiterbildung bzw. Umschulung gewählt. Am sei er von der Firma W gekündigt worden. Bis heute sei ihm vom AMS keine einzige freie Stelle als Chemielaborant bekanntgegeben worden.
Das Studium "Angewandte Kulturwissenschaft" habe der Beschwerdeführer gewählt, weil es hinsichtlich der Studieninhalte breit gefächert sei. Es biete daher viele Möglichkeiten der beruflichen Betätigung. Es bestehe im Wesentlichen aus drei Modulen: einem betriebswirtschaftlichen Modul, einem Kulturmodul und einem Sprachenmodul. Damit biete es die Möglichkeit bzw. die notwendigen Voraussetzungen, um in vielen Bereichen beruflich tätig zu sein. Der Beschwerdeführer könnte einerseits in den unterschiedlichen Kulturbetrieben tätig werden. Andererseits ergäben sich für ihn Chancen im Kunstbetrieb. Mit dem Studium würden ihm aber Möglichkeiten bis hin zu Personalabteilungen in Großbetrieben oder im Bereich der Selbständigkeit eröffnet. Weiters ergebe sich für den Beschwerdeführer die Möglichkeit, aufgrund der betriebswirtschaftlichen Ausrichtung des Studiums sein technisches Wissen zu vermarkten. Beispielsweise überlege der Beschwerdeführer, sich mit einer Handelsagentur selbständig zu machen. Die im Studium erworbenen theoretischen Kenntnisse bildeten dabei einen wesentlichen Teil des Humankapitals. Einerseits stellten die gewonnenen Italienischkenntnisse ideale Voraussetzungen für den intensiven Kontakt mit der italienischen Herstellerfirma des Produkts dar. Zudem bilde der kaufmännische Teil des Studiums einschließlich des erworbenen "Build Zertifikats" (spezifisch für die Unternehmensgründung) und einer Rechtseinführung die Grundlage für die kaufmännischen Voraussetzungen dieses Vorhabens.
Welcher der vielen gangbaren beruflichen Wege sich in Zukunft auch ergeben werde, das Studium der Angewandten Kulturwissenschaften werde die Voraussetzung dafür sein. Die daraus zu erwartenden Einkünfte würden zumindest höher sein als jene aus dem letzten Dienstverhältnis. Bloß mit der Ausbildung als Chemielaborant hätte der Beschwerdeführer jedenfalls keine Chance auf eine Wiederbeschäftigung.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurden die Aufwendungen für die Aus- und Fortbildung samt den dazugehörigen Aufwendungen für Fachliteratur nicht anerkannt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Voraussetzung für die Anerkennung von Umschulungsmaßnahmen die tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes sei. Es sei dabei ein objektiver Zusammenhang mit einer bestimmten in Aussicht genommenen Einkunftsquelle erforderlich. Die Ausübung einer künftigen Arbeit sei im gegenständlichen Fall ungewiss. Daher könnten die Aufwendungen nicht zum Abzug zugelassen werden. Im Falle künftiger Einkünfte sei jedoch eine Bescheidabänderung nach § 295a BAO möglich.
Mit Eingabe vom stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Der Beschwerdeführer wies dabei erneut darauf hin, dass seine zukünftige berufliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Ausbildung im Rahmen des Studiums stehen werde.
Auf Vorhalt der belangten Behörde teilte der Beschwerdeführer mit, er habe das Studium Angewandte Kulturwissenschaft im Wintersemester 2005 in Klagenfurt begonnen. Neben Sprachen (Italienisch, Kroatisch und Englisch) habe er den Schwerpunkt des Studiums auf Projektmanagement und betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte gelegt. Den Abschluss mit dem "Bakk. Phil." habe er im August 2009 gemacht. Er habe zusätzlich auch das "Build Zertifikat" erhalten.
Die gebundenen Wahlfächer aus dem Fach der Bakkalaureatsarbeit setzten sich aus zwei Modulen zusammen. Dazu habe u.a. das Modul aus dem Fach der Bakkalaureats-Arbeit mit den Lehrveranstaltungen "Gründungsorientierte Einführung in die BWL", "Grundlagen des Finanz- und Rechnungswesens", "Wie tickt der Kulturbetrieb" und "Business Plan - Von der Geschäftsidee zum Finanzplan" gehört. Einen weiteren Schwerpunkt des Studiums hätten die Sprachen (Englisch, Italienisch und Kroatisch) gebildet.
Das "Build Zertifikat" sei ein Universitätslehrgang mit einem speziell aufbereiteten Programm für Unternehmensgründungen. Es umfasse alle Themenbereiche, die für die Gründung und den fortlaufenden Bestand eines Unternehmens von Bedeutung seien, nämlich Marketing, Buchhaltung, Rechnungswesen, Kostenrechnung und gesetzliche Rahmenbedingungen. Der Universitätslehrgang habe einen sehr hohen Praxisbezug, die Referenten zu den einzelnen Themen seien Persönlichkeiten der Universität, der Behörden und der Wirtschaft. Die Lehrveranstaltungen seien vollständig beim Studium der Kulturwissenschaften angerechnet worden.
Für die nunmehrige Anstellung bei L.D. sei die Summe des erworbenen Humankapitals entscheidend gewesen. Nicht nur bei dieser Firma sei ein akademischer Abschluss eine allgemeine Voraussetzung für leitende Positionen. Durch das Studium werde dem Beschwerdeführer ein "Akademisches Niveau" bestätigt. Vor allem die breit aufgestellte und interdisziplinäre fachübergreifende Ausbildung mache ihn für das Unternehmen interessant. Mit dem Studium habe er einen "Kompetenz Mix" aus den Bereichen BWL, Fremdsprachen und sozialer Verantwortung erworben. Die Interaktion von Wirtschaft und Kultur gewinne immer stärker an Bedeutung. Die Ausbildung des Beschwerdeführers ermögliche eine projektübergreifende Abwicklung von der Produktentwicklung bis hin zur Markteinführung und dem Vertrieb des Produktes. Durch das Studium könne der Beschwerdeführer im Unternehmen vielfältige Aufgaben wahrnehmen. Die BWL-Kompetenz bilde eine wichtige Voraussetzung für die Einbindung in die verkaufsunterstützende Tätigkeit. L.D. sei ein international agierendes Unternehmen und lege großen Wert auf eine international ausgerichtete Kommunikation. Die Kompetenz des Beschwerdeführers in drei Fremdsprachen sei wichtig. Auch der Produktmanager spreche drei Sprachen.
Der Beschwerdeführer erläuterte der belangten Behörde in der Folge, er sei bis April 2008 bei der Firma W in seinem erlernten Beruf als Chemielaborant tätig gewesen. Sein Arbeitsplatz sei dabei das Labor gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei vom Dienstgeber beendet worden. Im Jahr 2008 habe er von Mai bis September Arbeitslosenunterstützung bezogen. Seit dem sei er bei L.D. als Leiter der Produktentwicklung und Assistent des Produktmanagers (unbefristet) beschäftigt.
In der am durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, dass er bei seinem ehemaligen Arbeitgeber als Chemielaborant in der Verwendungsgruppe III ohne größeren Verantwortungsbereich gearbeitet habe. Demgegenüber sei seine Tätigkeit bei seinem nunmehrigen Arbeitgeber (Leiter der Entwicklung von Diamant- und CBN-Schleifscheiben und Assistent des Produktmanagers für die Beratung und Verkaufsunterstützung im Innen- und Außendienst) eine eigenverantwortliche. Der Beschwerdeführer habe eine leitende Funktion und sei auch als Nachfolger des Produktmanagers vorgesehen. Für diese Tätigkeiten, insbesondere für das Produktmanagement, habe das Studium der Angewandten Kulturwissenschaften eine Hinführung und Vorbereitung bedeutet.
Das Studium der Kulturwissenschaften beinhalte einen stark betriebswirtschaftlichen Teil, der nicht nur im Kulturbereich, sondern auch in einem produzierenden Betrieb anwendbar sei. Der akademische Abschluss (Bachelor) sei Voraussetzung für die nunmehrige Tätigkeit und für sein höheres Gehalt. Es komme öfters vor, dass eine berufliche Tätigkeit in einem anderen Bereich, als es das Studium zunächst nahelege, ausgeübt werde. Der nunmehrige Dienstgeber lege großen Wert auf eine akademische Ausbildung sowie auf Sprachkompetenz, die der Beschwerdeführer beim Studium habe erwerben können. Der Großteil des beim Studium erworbenen Wissens sei in der neuen Verwendung verwertbar.
Der Beschwerdeführer gab bekannt, dass das Build Zertifikat mit 18 ECTS-Punkten bewertet werde und ca. 10% seines Gesamtstudiums (mit 180 ECTS) ausgemacht habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielten, zählten zu den Werbungskosten.
Der Beschwerdeführer habe das Studium der angewandten Kulturwissenschaft im Wintersemester 2005/2006 aufgenommen. Er sei damals in einem Dienstverhältnis zur Firma W gestanden, die Schleifmittel erzeuge und vertreibe. Dieses Dienstverhältnis sei Anfang 2008 durch Kündigung des Dienstgebers beendet worden.
Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, dass er beabsichtige, seine Lebenseinkünfte in jenem Umfeld, das das Studium vermittle, erzielen zu wollen. Aus der Sicht der belangten Behörde handle es sich dabei jedoch um eine reine Absichtserklärung, die noch keinen konkreten Zusammenhang mit künftigen Einnahmen aufweise. Insbesondere sei der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Entstehens der in Rede stehenden Aufwendungen in einem ungekündigten Dienstverhältnis gestanden. Im Verlauf des Berufungsverfahrens seien keine Umstände zu Tage getreten, aus denen sich ergebe, dass das Weiterbestehen des Dienstverhältnisses überhaupt gefährdet gewesen wäre.
Aus einer Kurzbeschreibung des Studiums der Angewandten Kulturwissenschaften sei zu entnehmen, dass dieses den Schwerpunkt auf die Lehre von Sprachen, die interkulturelle Kommunikation sowie die Vermittlung von Wissen über andere Kulturen lege. Das Studium bestehe aus drei Pflichtfächern (Sprachen, Theorie der Kulturwissenschaft und Felder der Kultur sowie Grundlagen des Kulturmanagements). Freie Wahlfächer ermöglichten es den Studierenden, fächerübergreifend individuelle Schwerpunkte zu setzen. Ergänzt werde die Ausbildung durch die Erarbeitung von rechtlichem, strukturellem und organisatorischem Grundwissen. Die Kurzbeschreibung nenne an Berufen, die nach dem Studium ausgeübt werden könnten, den Bereich Kulturmanagement, internationale Unternehmen, grenzüberschreitende Kulturprojekte, Medien- und Öffentlichkeitsarbeit in Organisationen aus dem kulturellen Bereich, freiberufliche Tätigkeiten sowie die Selbständigkeit z. B. als Veranstalter, im Eventmarketing oder als Reiseveranstalter.
Das vom Beschwerdeführer betriebene Studium schaffe somit die Voraussetzungen einer Tätigkeit im nationalen und internationalen Kulturbereich. Wenn der Beschwerdeführer nach Abschluss des Studiums in einer im Vergleich zu seinem Studium vollkommen anderen Berufssparte eine Anstellung (im Produktionsbereich eines Klein- und Mittelunternehmens) gefunden habe, so könne die belangte Behörde zwischen dem Studium und der nunmehrigen Tätigkeit des Beschwerdeführers keinen solchen wirtschaftlichen Zusammenhang erkennen, der einen Abzug der in Rede stehenden Aufwendungen als Werbungskosten rechtfertigen würde. Vielmehr stelle sich der Sachverhalt so dar, dass der Beschwerdeführer das Studium vorerst ohne konkrete Berufspläne begonnen habe, was auch in seinen Aussagen zu einem Bestreben nach akademischer Weiterbildung zum Ausdruck gekommen sei. Nach der Beendigung des Studiums habe sich der Beschwerdeführer, weil er mittlerweile arbeitslos geworden sei, offensichtlich auf Arbeitssuche begeben. Er habe wiederum in einer Berufssparte Fuß fassen können, in der er jahrzehntelang in der Produktionsentwicklung tätig gewesen sei. Eine neue berufliche Tätigkeit, die mit der absolvierten Ausbildung korreliert, liege damit nicht vor.
Wenn der Beschwerdeführer die bei seinem Studium erworbenen Kenntnisse auf seine nunmehrige berufliche Tätigkeit "herunterzubrechen" versuche, so könne dies der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Es habe sich im Verfahren herausgestellt, dass die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse, die auch zum Erwerb des "Build Zertifikates" geführt hätten, nur einen Bruchteil der beim Studium erworbenen Kenntnisse (im Konkreten rund 10%) umfassten. Die für den Beruf des Beschwerdeführers erforderlichen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse, die er in der mündlichen Verhandlung beschrieben habe, seien beim Studium der Angewandten Kulturwissenschaften von untergeordneter Bedeutung. Hinzu komme, dass die vom Beschwerdeführer beschriebenen Aufgaben jene seines Vorgesetzten seien und nicht seine eigenen, zumal der Beschwerdeführer ja lediglich als Assistent tätig sei.
Die übrigen vom Beschwerdeführer angeführten Kenntnisse, insbesondere die Sprachkenntnisse, stellten kein berufsspezifisches Wissen dar, das berücksichtigt werden könnte. Vielmehr handle es sich um Allgemeinwissen, das nicht nur in der Berufssparte des Beschwerdeführers von Bedeutung sei, sondern in einer Vielzahl von Berufen gefragt und von Vorteil sei. Insofern gehe auch der Einwand des Beschwerdeführers, wonach das Studium der Angewandten Kulturwissenschaften eine umfassendere Ausbildung für seinen nunmehrigen Tätigkeitsbereich beinhalte als das Studium der Betriebswirtschaft, ins Leere.
Zusammenfassend sei festzustellen, dass der hinreichend konkrete Zusammenhang zwischen der Ausbildung des Beschwerdeführers an der Universität und seiner ausgeübten Tätigkeit nicht vorliege. Der Abzug als Werbungskosten sei somit zu versagen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 idF AbgÄG 2004, BGBl. I Nr. 180/2004, gehören zu den Werbungskosten
"Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen. Aufwendungen für Nächtigungen sind jedoch höchstens im Ausmaß des den Bundesbediensteten zustehenden Nächtigungsgeldes der Höchststufe bei Anwendung des § 13 Abs. 7 der Reisegebührenvorschrift zu berücksichtigen."
In § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 106/1999, welche Aufwendungen für ein Universitätsstudium von den abzugsfähigen Bildungsmaßnahmen ausgeschlossen hatte, hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 8-10/04, die Wortfolge "oder im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium" als verfassungswidrig aufgehoben. In Reaktion darauf hat der Gesetzgeber mit dem AbgÄG 2004, BGBl. I Nr. 180/2004, § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 neu gefasst. Die Neuregelung sieht keinen Ausschluss von Aufwendungen, die in Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium stehen, vor. Die ErlRV, 686 BlgNR XXII GP, 11, führen hiezu aus, bei bestehender Abzugsfähigkeit dem Grunde nach seien nicht nur Studienbeiträge, sondern sämtliche mit dem Studium zusammenhängenden Aufwendungen abzugsfähig. "Abzugsfähige Aufwendungen aus umfassenden Umschulungsmaßnahmen, wie sie insbesondere Universitätsstudien darstellen, sollen allerdings nur dann als vorweggenommene Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sein, wenn sie auf die tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen."
Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob die in Zusammenhang mit dem Studium des Beschwerdeführers angefallenen Beträge "Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen", darstellen.
Der Begriff der "Umschulung" setzt voraus, dass der Steuerpflichtige eine Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat. Kosten der Erstausbildung ohne gleichzeitige oder früher bestehende Berufstätigkeit stellen daher auch nach der durch das AbgÄG 2004 gestalteten Rechtslage nicht abziehbare Aufwendungen der Lebensführung dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0321).
Als Umschulungsmaßnahme begünstigt sind nur umfassende Bildungsmaßnahmen, die den Einstieg in einen anderen Beruf ermöglichen, wobei das Gesetz verlangt, dass die Umschulungsmaßnahme auf die tatsächliche Ausübung eines anderen Berufs "abzielt". Daraus ist abzuleiten, dass ein konkreter Zusammenhang der Bildungsmaßnahme mit geplanten nachfolgenden (Betriebs )Einnahmen erforderlich ist. Es müssen somit Umstände vorliegen, die über eine allgemeine Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0105, mwN;
Atzmüller/Herzog/Mayr , RdW 2004/581, 622, und Hofstätter/Reichel , EStG 1988,§ 16 Abs. 1 Z 10 Tz 2 und § 4 Abs. 4 Z 7 Tz 2).
Für eine erwerbsorientierte Umschulung spricht es, wenn der Steuerpflichtige seine bisherige Tätigkeit aufgibt oder wesentlich einschränkt. Dass die steuerliche Berücksichtigung von Umschulungskosten auf diesen Fall beschränkt wäre, ergibt sich aber weder aus dem Wortlaut der Bestimmung noch führt eine am Zweck der Bestimmung orientierte Auslegung zu diesem Verständnis (vgl. beispielsweise nochmals das hg. Erkenntnis 2009/15/0105 mwN).
Im Erkenntnis vom , 2011/15/0047, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass steuerlich zu berücksichtigende Umschulungskosten solche Aufwendungen sind, die zur Sicherung des künftigen Lebensunterhaltes des Steuerpflichtigen beitragen sollen und daher künftiges Steuersubstrat darstellen.
Ob der Wille des Steuerpflichtigen darauf gerichtet ist, sich eine neue Einkunftsquelle durch die Ausübung eines anderen Berufes zu verschaffen, ist im Einzelfall an Hand objektiver Kriterien nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0321).
Die tatsächliche Absicht der Einnahmenerzielung in Zusammenhang mit einem Universitätsstudium zu dokumentieren, ist je nach Studienrichtung unterschiedlich schwierig (vgl. Hofstätter/Reichel , § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 Tz 2). Dabei ist aber auch zu beachten, dass viele Studienrichtungen ein sehr breites Spektrum an künftigen erwerbswirtschaftlichen Betätigungen ermöglichen.
Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren ausführlich erläutert, dass und in welchen Bereichen er aufgrund der durch das Universitätsstudium erworbenen Ausbildung zur Erzielung von Einkünften tätig sein wolle. Dass er sich bei diesen Ausführungen nicht auf eine konkrete berufliche Betätigung festgelegt hat, zeugt nur von einer realistischen Einschätzung der Berufswelt und der Arbeitsplatzsituation und kann dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil gereichen. Zudem zielt eine Universitätsausbildung im Allgemeinen gerade darauf ab, dass die Absolventen Fähigkeiten erwerben, aufgrund derer sie sodann in unterschiedlichsten Bereichen erfolgreich tätig werden können.
Solcherart ist die Meinung der belangten Behörde, das Studium der Angewandten Kulturwissenschaften könne nur dann als Umschulung iSd § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 anerkannt werden, wenn eine Betätigung im Kulturbereich als solchem angestrebt werde, von vornherein verfehlt. Dazu kommt, dass die steuerliche Abzugsfähigkeit einer mit der konkreten Absicht auf künftige Einnahmenerzielung betriebenen Umschulungsmaßnahme nicht davon abhängt, ob es dem Steuerpflichtigen nach Abschluss der Umschulung tatsächlich gelingt, im angestrebten Beruf Fuß zu fassen, verschafft doch grundsätzlich keine Ausbildung eine Garantie, nach ihrem Abschluss in einem vorher festgelegten Bereich beruflich tätig sein zu können. Dass aber der Beschwerdeführer das Universitätsstudium in der konkreten Absicht unternommen hat, aufgrund der Ausbildung künftig Einkünfte erzielen zu können, wie er dies im Verwaltungsverfahren behauptet hat, wird auch von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt.
Entgegen der im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachten Auffassung der belangten Behörde kann es dem Beschwerdeführer auch nicht zum Nachteil gereichen, dass er bei Beginn seines Studiums noch in einem ungekündigten Dienstverhältnis als Chemielaborant (Firma W) gestanden ist. Das Gesetz schränkt die freie Entscheidung des Steuerpflichtigen zur Umschulung in keiner Weise ein. Im Übrigen konnte der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall sogar aufzeigen, dass er in der Folge vom Arbeitgeber gekündigt worden ist und am Arbeitsmarkt eine andere Stelle als Chemielaborant nicht angeboten wurde.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat und der angefochtene Bescheid daher mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet ist. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am