VwGH vom 19.10.2011, 2009/08/0044

VwGH vom 19.10.2011, 2009/08/0044

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des C H in S, vertreten durch Mag. Marco Url, Rechtsanwalt in 8720 Knittelfeld, Schmittstraße 17, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom , Zl. LGS600/SfA/0566/2008-Dr.Si/S, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einer mit dem Beschwerdeführer aufgenommenen Niederschrift vom wurde vor der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice K festgehalten, dass die persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Beschwerdeführers zur Vermittlung am Arbeitsmarkt nicht ausreichen würden, weshalb ihm vom Arbeitsmarktservice der Auftrag erteilt worden sei, an der Maßnahme "Phönix" teilzunehmen. Beginn der Wiedereingliederungsmaßnahme sei der gewesen. Der Beschwerdeführer erkläre nach Belehrung über die Rechtsfolgen nach § 10 AlVG, dass er die Maßnahme zur Wiedereingliederung am vorzeitig beendet habe, da er die Vorgehensweise im "Projekt Phönix" für rechtswidrig halte.

Mit erstinstanzlichem Bescheid vom wurde gemäß § 38 iVm § 10 AlVG gegenüber dem Beschwerdeführer der Verlust seines Anspruchs auf Notstandshilfe vom 28. August bis ausgesprochen. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Beschwerdeführer an einer zumutbaren Wiedereingliederungsmaßnahme des Arbeitsmarktservice "nicht teilgenommen" habe. Nachsichtsgründe seien nicht anerkannt worden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung vom , in der er im Wesentlichen ausführte, er sei während der "Phönix"-Maßnahme permanent mit der - auch schriftlich belegbaren - Zumutung seiner Betreuerin konfrontiert gewesen, sich bei seinen Bewerbungen vertreten und quasi dem potentiellen Dienstgeber "vorführen" zu lassen. Diese Vorgangsweise, bei der er nicht als gleichberechtigter Verhandlungspartner für sich selbst eintreten dürfe, finde er entmündigend und entwürdigend.

Bereits zu Beginn der Maßnahme "Phönix" sei ihm von der Gesellschaft für Aus- und Weiterbildung GmbH unter Androhung, ihm seinen Notstandshilfebezug sperren zu lassen, seine Unterschrift "abgepresst" worden. Er wisse bis heute nicht, was er da genau unterschrieben habe, wer also sein Vertragspartner tatsächlich gewesen sei. Dass die Gesellschaft für Aus- und Weiterbildung GmbH trotz entgegenstehender Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs (der Beschwerdeführer verwies etwa auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/08/0017) die rechtswidrigen Praktiken der "Bewährungshilfe" aufrechterhalte, sei schon unverfroren genug. Dass allerdings auch das Arbeitsmarktservice diese Praktiken durch entsprechende Zuweisungen goutiere und die Weigerung der Teilnahme als sanktionsfähigen Tatbestand erachte, sei aufgrund seines öffentlichen Status schlichtweg unglaublich.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde der Berufung des Beschwerdeführers nicht stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe am mit seiner Beraterin der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice K vereinbart, dass er an der Maßnahme "Phönix" teilnehmen werde, um eine adäquate, den gesundheitlichen Einschränkungen entsprechende, vollversicherte Stelle zu finden. Im Projekt Phönix sei mit ihm vorrangig eine Vermittlung im Bereich Qualitätsmanagement, Schichtleiter bzw. Produktionsleiter für die Bereiche Elektro/Metall vereinbart worden. Einmal wöchentlich hätten Gruppensitzungen stattgefunden, an denen der Beschwerdeführer nicht immer teilgenommen habe. Schließlich habe er am erklärt, er weigere sich, weiter am "Projekt Phönix" teilzunehmen. Am habe er gegenüber der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice K niederschriftlich angegeben, dass er die Maßnahme zur Wiedereingliederung vorzeitig beendet habe, da er die Vorgangsweise bei "Phönix" für rechtswidrig halte.

Nach Wiedergabe der §§ 9 und 10 AlVG führte die belangte Behörde weiter aus, das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs über die "mangelnde Sanktionierbarkeit einer Phönix-Maßnahme" beziehe sich auf die Rechtslage bis . Durch die AlVG-Novelle, in Kraft seit , sei als Sonderform der Wiedereingliederungsmaßnahme in § 9 Abs. 8 AlVG auch die persönliche Unterstützung bei der Arbeitssuche genannt worden. Darunter sei eine Unterstützung im Sinne eines Begleitens zu Vorstellungsgesprächen gemeint, die jedoch die ursprüngliche, jederzeit aufsuchende Unterstützung nicht mehr in dieser scharfen Form enthalten dürfe.

Voraussetzung sei auch, dass der Besuch der Maßnahme vereinbart worden und dem Beschwerdeführer klar geworden sei, warum er die Maßnahme besuchen solle. Dies werde in der Betreuungsvereinbarung festgehalten, wobei eine ausführliche Begründung entfallen könne, wenn sich aus dem Betreuungsverlauf, zB bei längerer Arbeitslosigkeit - im Regelfall bei Bezug der Notstandshilfe - offenkundig ergebe, dass die Teilnahme notwendig sei.

Im Fall des Beschwerdeführers habe seine Beraterin mit ihm am vereinbart, dass eine Unterstützung durch "Phönix" notwendig sei, weil sämtliche Reintegrationsmaßnahmen erfolglos verlaufen seien (zuletzt der Besuch einer Qualifizierungsmaßnahme in F) und der Beschwerdeführer länger als ein Jahr ohne Beschäftigung sei. Sein letztes Dienstverhältnis habe 2004 geendet, die geplante Übersiedelung nach Wien habe nicht stattgefunden. Er besitze keinen Führerschein, wohne entlegen und habe "Exekutionen". Ziel von "Phönix" sei die Arbeitsaufnahme am ersten Arbeitsmarkt, durch Persönlichkeitsstabilisierung bzw. - entwicklung, Bewerbungsaktivitäten, Abklärungs- und Anbahnungspraktika. Über die Rechtsfolgen sei der Beschwerdeführer belehrt worden. Die Vermittlungsvereinbarung "Phönix" mit der Gesellschaft für Aus- und Weiterbildung GmbH habe er am unterzeichnet. Diese habe ihre Wirkung mit Unterzeichnung der Vereinbarung erlangt.

Die Sanktion (des § 10 AlVG) sei im Fall des Beschwerdeführers nicht deshalb erfolgt, weil eine Mitfahrgelegenheit (zu den Gruppensitzungen) fehlen würde, sondern weil der Beschwerdeführer ausdrücklich gesagt habe, er wolle die Maßnahme nicht weiter besuchen. Abgesehen davon stellten sich aber die Fragen, ob er überhaupt verfügbar sei, wenn er nicht einmal gewillt sei, einmal pro Woche nach K zu fahren, und wie er bei fehlender Erreichbarkeit des Kursortes in der Lage sei, einen Arbeitsplatz zu erreichen. Bei "Phönix" hätte der Beschwerdeführer einmal pro Woche zur Gruppensitzung erscheinen müssen. Dies allenfalls mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu organisieren, hätte vom Beschwerdeführer erwartet werden können. Offensichtlich habe er aber kein Interesse mehr, an der Maßnahme teilzunehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die §§ 9 und 10 AlVG in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 104/2007 lauten (auszugsweise):

"§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(…)

(8) Wenn im Zuge von Maßnahmen des Arbeitsmarktservice Arbeitserprobungen stattfinden, so haben diese Arbeitserprobungen den in den Richtlinien des Verwaltungsrates geregelten Qualitätsstandards zu entsprechen. Arbeitserprobungen dürfen nur zur Überprüfung vorhandener oder im Rahmen der Maßnahme erworbener Kenntnisse und Fertigkeiten sowie der Einsatzmöglichkeiten in einem Betrieb eingesetzt werden und eine diesen Zielen angemessene Dauer nicht überschreiten. Bei Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt hat das Arbeitsmarktservice der arbeitslosen Person die Gründe anzugeben, die eine Teilnahme an einer derartigen Maßnahme als zur Verbesserung der Wiederbeschäftigungschancen notwendig oder nützlich erscheinen lassen, so weit diese nicht auf Grund der vorliegenden Umstände wie insbesondere einer längeren Arbeitslosigkeit in Verbindung mit bestimmten bereits zB im Betreuungsplan (§ 38c AMSG) erörterten Problemlagen, die einer erfolgreichen Arbeitsaufnahme entgegen stehen, als bekannt angenommen werden können. Eine Maßnahme zur Wiedereingliederung kann auch auf die persönliche Unterstützung bei der Arbeitssuche abzielen.

§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person

(…)

3. ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer

Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, (…)

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. (…)"

Gemäß § 38 AlVG sind diese Bestimmungen auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die im Sinne des § 9 Abs. 8 vorletzter Satz AlVG erforderlichen Voraussetzungen für die Zuweisung zu einer Maßnahme zur Wiedereingliederung vorgelegen haben. Er begründet jedoch seine Weigerung, an der ihm konkret zugewiesenen Maßnahme "Phönix" (weiter) teilzunehmen, im Wesentlichen damit, dass ihm mehrmals klar gemacht worden sei, er habe sich bei Bewerbungsgesprächen von einer Mitarbeiterin der Gesellschaft für Aus- und Weiterbildung GmbH (die Trägerin der Maßnahme Phönix) vertreten zu lassen. Die betreffenden MitarbeiterInnen hätten den Beschwerdeführer bei seinen Bewerbungsgesprächen begleitet und diese gleichsam moderiert, dies gegen den ausdrücklichen Willen des Beschwerdeführers. Dem Beschwerdeführer sei deutlich gemacht worden, dass er diese Maßnahmen zu dulden habe. Dies stelle einen unzulässigen Eingriff in seine Privatsphäre dar und die Maßnahme sei daher rechtswidrig.

Der Beschwerdeführer habe lediglich "diese Maßnahmen" (gemeint:

die Begleitung und Vertretung bei und das Moderieren von Bewerbungsgesprächen) abgelehnt.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde habe sich im Hinblick auf die Begleitung und Vertretung bei Bewerbungsgesprächen auch durch die Novellierung des AlVG (Novelle BGBl. I Nr. 104/2007) nichts geändert. § 9 Abs. 8 AlVG gehe lediglich davon aus, dass eine Maßnahme auch auf die persönliche Unterstützung bei der Arbeitssuche abzielen könne. Dem Gesetz lasse sich jedoch nicht entnehmen, dass der Arbeitssuchende gegen seinen Willen sich bei Bewerbungsgesprächen vertreten lassen müsse.

3. Die belangte Behörde stützt die Verhängung der Sanktion des § 10 AlVG ausschließlich darauf, dass sich der Beschwerdeführer am geweigert habe, an der ihm am zugewiesenen Maßnahme "Phönix" weiter teilzunehmen. Im Verwaltungsakt findet sich dazu ein Aktenvermerk, wonach der Beschwerdeführer "das Vereinbaren, sowie das Moderieren von Vorstellungsgesprächen" mit der Begründung abgelehnt habe, er wolle dies selbst erledigen. Nach dem Inhalt der mit dem Beschwerdeführer von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice aufgenommenen Niederschrift vom hat der Beschwerdeführer erklärt, die Maßnahme vorzeitig beendet zu haben, weil er die Vorgehensweise im Projekt Phönix für rechtswidrig halte.

Die genaue inhaltliche Ausgestaltung dieser Maßnahme geht aus den Feststellungen der belangten Behörde nicht hervor. Im Verwaltungsakt findet sich jedoch eine - sowohl vom Beschwerdeführer als auch von der belangten Behörde zitierte - "Vermittlungsvereinbarung", abgeschlossen am zwischen der Gesellschaft für Aus- und Weiterbildung GmbH und dem Beschwerdeführer. In dieser Vermittlungsvereinbarung wurde unter anderem vereinbart:

"Die 'Gesellschaft für Aus- und Weiterbildung GmbH' verpflichtet sich, einen entsprechend der gemeinsamen Übereinkunft definierten Arbeitsplatz zu suchen und dafür notwendige Vorstellungstermine nach Möglichkeit zu organisieren.

Der/die Arbeitssuchende räumt der 'Gesellschaft für Aus- und Weiterbildung GmbH' ausdrücklich das Moderieren bzw. Begleiten des Vorstellungsgespräches und in weiterer Folge des Arbeitsverhältnisses ein.

Darüber hinaus verpflichtet sich der/die Arbeitssuchende für die erfolgreiche Vermittlung entsprechende Informationen, und die Bereitschaft ein Arbeitsverhältnis aufzunehmen, einzubringen. Ausdrücklich erklärt der/die zu Vermittelnde seine Bereitschaft, für Bewerbungsaktivitäten im Speziellen für Vorstellungsgespräche bzw. Arbeitsaufnahme zur Verfügung zu stehen. Das bedeutet auch, dass er/sie für die 'Gesellschaft für Aus- und Weiterbildung GmbH' im Stundenausmaß eines Arbeitsverhältnisses erreichbar ist.

Alle Aktivitäten und Handlungen, die der Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses zuwiderlaufen, werden seitens der 'Gesellschaft für Aus- und Weiterbildung GmbH' an das zuständige Arbeitsmarktservice weitergemeldet.

(…)"

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem - auch vom Beschwerdeführer zitierten - Erkenntnis vom , Zl. 2004/08/0017, zu einer ähnlich ausgestalteten Maßnahme (allerdings in Bezug auf die Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 104/2007) ausgesprochen:

"Der Beschwerdeführer ist abgesehen von der Verpflichtung, sich hinsichtlich eines vermittelten Arbeitsplatzes oder einer sich bietenden Arbeitsgelegenheit arbeitswillig zu zeigen, gemäß § 9 Abs. 1 AlVG gehalten, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen oder an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen. Nach der (…) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich dabei um Maßnahmen, die Defizite bei der arbeitsuchenden Person beheben sollen. Nicht unter § 9 Abs. 1 AlVG fallen daher Maßnahmen, bei denen nicht ein bestehendes Defizit behoben werden soll, sondern sich die arbeitsuchende Person verpflichtet, nicht nur die Vermittlung des Arbeitsplatzes, die nach dem Gesetz ausschließlich von der regionalen Geschäftsstelle des AMS wahrzunehmen ist, einem privaten Unternehmen zu überlassen, sondern vor allem sich von Mitarbeitern dieses Unternehmens bei der Bewerbung vertreten zu lassen bzw. diesen Personen 'das Moderieren und Begleiten des Vorstellungsgespräches und in weiterer Folge für die ersten beiden Monate des Arbeitsverhältnisses' zu überlassen hat, wobei in der Vereinbarung völlig unklar ist, worin die Betreuung in den beiden ersten Monaten des Arbeitsverhältnisses bestehen soll, abgesehen von der Zulassung jederzeitiger 'Hausbesuche'. Für derartige, an eine Art 'Bewährungshilfe für Langzeitarbeitslose' gemahnende Eingriffe in das Privatleben (im Sinne des Art. 8 EMRK) Arbeitsuchender bietet das Gesetz keine Grundlage. Es bietet daher auch keine Grundlage dafür, die arbeitsuchende Person unter der Sanktion des § 10 Abs. 1 AlVG zu verhalten, solche Eingriffe im Wege des Abschlusses privatrechtlicher Vereinbarungen 'freiwillig' zuzulassen. Solche Unterstützungsmaßnahmen, wie sie offenbar im Projekt Phönix für arbeitslose Personen vorgesehen sind, mögen im Wege von Vereinbarungen im Sinne der §§ 34 ff AMSG zulässig sein, wenn eine arbeitslose Person diese Art der Unterstützung wünscht, sie sind aber nicht im Wege einer Sanktion im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG erzwingbar."

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 104/2007 wurde dem § 9 AlVG ein neuer Abs. 8 angefügt, der nunmehr ausdrücklich die Zumutbarkeit von Wiedereingliederungsmaßnahmen im Sinne des § 9 Abs. 1 AlVG regelt. Gemäß dem letzten Satz dieser Bestimmung kann eine Maßnahme zur Wiedereingliederung "auch auf die persönliche Unterstützung bei der Arbeitssuche" abzielen. Das Gesetz enthält keine weitere Definition, was unter persönlicher Unterstützung bei der Arbeitssuche zu verstehen ist; auch in den Gesetzesmaterialien findet sich keine weitere Erläuterung.

Die belangte Behörde vertritt in ihrer Gegenschrift die Auffassung, § 9 Abs. 8 AlVG sei eingeführt worden, um Sanktionen bei der Verweigerung von Maßnahmen zu ermöglichen, bei denen sich die arbeitslose Person von Mitarbeitern privater Unternehmen bei der Bewerbung vertreten lasse und diesen Personen auch das Moderieren und Begleiten von Vorstellungsgesprächen überlasse.

Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden:

Der Begriff "Unterstützung" weist nach allgemeinem Sprachgebrauch auf eine Hilfestellung hin. In diesem Sinne ist etwa das Arbeitsmarktservice generell zur "Unterstützung von Arbeitsuchenden bei der Suche und Auswahl eines Arbeitsplatzes" verpflichtet (§ 32 Abs. 2 Z 6 AMSG). Die in § 9 Abs. 8 AlVG angesprochene "persönliche Unterstützung bei der Arbeitssuche" geht über die nach § 32 Abs. 2 Z 6 AMSG zu gewährende Unterstützung insofern hinaus, als sie als eigenständige Wiedereingliederungsmaßnahme - und damit in strukturierter Form und unter der Sanktion des § 10 AlVG stehend -, abgestellt auf die konkreten persönlichen Erfordernisse des Arbeitslosen, erfolgen kann. Dies kann etwa die intensivierte persönliche Beratung des Arbeitslosen, auch außerhalb der Räume des Arbeitsmarktservice, oder konkrete persönliche Hilfestellungen, zB bei der Verfassung von Bewerbungen, bei der Vorbereitung auf Bewerbungsgespräche oder bei der Suche nach Beschäftigungsmöglichkeiten, umfassen.

Die Vertretung des Arbeitslosen bei der Vereinbarung und Durchführung von Bewerbungsgesprächen - wie dies nach der in der Gegenschrift dargelegten Auffassung der belangten Behörde Teil der hier zu beurteilenden Maßnahme "Phönix" sein soll - lässt sich hingegen nicht mehr unter den Begriff der "Unterstützung" subsumieren, zumal dadurch dem Arbeitslosen nicht bloß Hilfestellung geleistet, sondern vielmehr für ihn gehandelt wird.

Auch das "Moderieren bzw. Begleiten des Vorstellungsgespräches und in weiterer Folge des Arbeitsverhältnisses", wie dies in der im Verwaltungsakt erliegenden "Vermittlungsvereinbarung" vorgesehen ist, geht über die in § 9 Abs. 8 AlVG vorgesehene persönliche Unterstützung bei der Arbeitssuche nicht nur deshalb hinaus, weil die Arbeitssuche - und die Arbeitslosigkeit - mit Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses beendet ist. Bei der Auslegung des Begriffs der "Unterstützung" in § 9 Abs. 8 AlVG ist überdies zu berücksichtigen, dass eine zwingend zu duldende Begleitung und Moderierung bei Vorstellungsgesprächen durch Dritte gegen den Willen der arbeitslosen Person nicht mehr dem Begriff der Unterstützung unterstellt werden kann, zumal eine derartige Bewerbungssituation entmündigenden Charakter hat und einem Bloßstellen gegenüber dem potentiellen Dienstgeber gleichkommt (vgl. dazu auch Krapf/Keul , Arbeitslosenversicherungsgesetz, 4. Lfg. (September 2009), § 9 Rz 215).

Enthält eine Maßnahme zur Wiedereingliederung die Pflicht, dem Maßnahmenträger mittels privatrechtlicher Vereinbarung die Begleitung bei Vorstellungsgesprächen einzuräumen, ist daher auch nach § 9 Abs. 8 letzter Satz AlVG von keiner zulässigen Maßnahme im Sinne des § 9 Abs. 1 AlVG auszugehen. Die Weigerung, solche begleiteten Vorstellungsgespräche zuzulassen, kann daher nicht die Sanktion des § 10 Abs. 1 Z 3 AlVG nach sich ziehen.

5. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet des - hier vorliegenden - Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK dem entgegensteht.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom , Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/07/0083, und vom , Zl. 2000/08/0072). Dieser Umstand liegt aber auch im gegenständlichen Fall vor, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen wurden, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Wien, am