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VwGH vom 30.10.2014, 2011/15/0140

VwGH vom 30.10.2014, 2011/15/0140

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer-Jenkins, über die Beschwerde des T L in B, vertreten durch Mag. Thomas Kollaczia-Putz, Steuerberater in 1010 Wien, Annagasse 3a/35, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0328-F/08, betreffend Einkommensteuer 2005, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erklärte für das Streitjahr 2005 als Grenzgänger "Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die nicht lohnsteuerpflichtig sind, und in denen Einkünfte enthalten sind, für die eine begünstigte Besteuerung von Sonderzahlungen in Betracht kommt".

Im Einkommensteuerbescheid 2005 wich das Finanzamt von der Erklärung insoweit ab, als Werbungskosten mit näherer Begründung nur zum Teil anerkannt wurden und ohne jegliche Begründung ein geringerer Betrag als beantragt der begünstigten Besteuerung gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 unterzogen wurde.

In seiner Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 beantragte der Beschwerdeführer zum einen die Berücksichtigung zusätzlicher Werbungskosten (Navigationssystem, Freisprecheinrichtung, berufliche Reisen), zum anderen die Neuberechnung des Jahressechstels gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung und Einbringen eines Vorlageantrages forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, sämtliche Monatslohnzettel für das Jahr 2005 vorzulegen. Andernfalls würde die belangte Behörde davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2005 keine sonstigen Bezüge erhalten habe und der gesamte Jahreslohn zum Normaltarif ohne Begünstigung des § 67 EStG 1988 zu versteuern sei.

In Beantwortung des Vorhaltes übersandte der Beschwerdeführer die Monatslohnzettel, aus denen hervorging, dass die Sonderzahlungen im Juni und im November abgerechnet und ausbezahlt worden sind. Dazu erklärte der Beschwerdeführer, dass sein Dienstgeber nur bei Änderung der Monatsabrechnung einen neuen Monatslohnzettel ausstelle, weshalb als Nachweis die Belege zu den dazugehörigen Bankeingängen übermittelt würden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise statt.

Hinsichtlich der Berücksichtigung von Reisespesen sei die Berufung unbegründet, weil der Arbeitgeber des Beschwerdeführers glaubhaft versichert habe, dass er dem Arbeitnehmer sämtliche beruflich veranlassten Aufwendungen ersetzt habe. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, sein Arbeitgeber sei bei der Erstattung von Spesen sehr kleinlich gewesen, stelle angesichts der eingeholten Auskunft des Arbeitgebers und der Unerheblichkeit des angeblich nicht ersetzten Betrages eine Schutzbehauptung dar, weil nicht anzunehmen sei, dass der Arbeitgeber das Arbeitsklima wegen unbedeutender Reisespesen vergifte, zumal der Arbeitgeber ein elementares Interesse an der Durchführung der Reisen gehabt habe.

Kosten für die Freisprecheinrichtung und das Navigationsgerät seien durch das amtliche Kilometergeld abgegolten und könnten nicht zusätzlich als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Zu den sonstigen Bezügen wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegten Kontoauszüge und Monatslohnzettel einen niedrigeren Betrag auswiesen als der Jahreslohnzettel. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht sämtliche Monatslohnzettel vorgelegt habe. Allerdings sei aus den vorgelegten Monatslohnzetteln ersichtlich, dass der Beschwerdeführer einen 13. und 14. Monatslohn sowie diverse Boni erhalten habe, die im Rahmen des § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zu versteuern seien.

Die sonstigen Bezüge seien nur soweit begünstigt, als sie im Kalenderjahr ein Sechstel der laufenden Bezüge nicht überstiegen. Zur Ermittlung des Jahressechstels seien die im Kalenderjahr zugeflossenen laufenden Bezüge durch die Anzahl der seit Jahresbeginn bereits abgelaufenen Kalendermonate zu teilen (Durchschnittsbezug); das Jahressechstel ergebe sich anschließend aus der Verdoppelung des Durchschnittsbezuges. Bei der Berechnung sei von den Bruttobezügen auszugehen.

Das Jahressechstel errechne sich daher im Beschwerdefall aus der Summe des monatlichen Gehalts von 9.658 CHF und der monatlichen KK-Rückvergütung von 102 CHF. Die auf die Sonderzahlungen entfallenden Sozialversicherungsbeiträge und Pflichtbeiträge seien mittels Verhältnisrechnung zu ermitteln und würden - wie näher dargestellt - 2.200,29 CHF betragen. Das Jahressechstel vor Abzug des Freibetrages von 620 EUR betrage daher umgerechnet 11.084,61 EUR. Somit sei ein Betrag von 10.464,61 EUR mit dem festen Steuersatz zu besteuern und der Berufung insofern Folge zu geben.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die Beschwerde macht zunächst geltend, dass die belangte Behörde zu Unrecht den Anfall beruflich veranlasster Aufwendungen verneint habe.

Tatsachenfeststellungen, wie jene zum Vorliegen nicht ersetzter Reisespesen, betreffen die Beweiswürdigung, die der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur insoweit unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung angestellten Überlegungen schlüssig sind. Ob die Beweiswürdigung materiell richtig ist, also ob sie mit der objektiven Wahrheit übereinstimmt, entzieht sich hingegen der Überprüfung durch den Gerichtshof (vgl. Ritz , BAO5, § 167 Tz 10).

Auf der Grundlage dieses Überprüfungsmaßstabes macht die Beschwerde nicht einsichtig, dass die belangte Behörde den Angaben des Arbeitgebers keinen Glauben hätte schenken dürfen. Soweit der Beschwerdeführer als Verfahrensmangel geltend macht, dass ihm zu den Angaben des Arbeitgebers kein Parteiengehör gewährt worden sei, weist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zu Recht auf den diesbezüglichen Vorhalt des Finanzamtes vom hin.

Weiters rügt der Beschwerdeführer die Berechnung des gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 begünstigten Jahressechstels.

Gemäß § 67 Abs. 11 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 180/2004 sind die Abs. 1, 2, 6 und 8 sowie Abs. 7 hinsichtlich der Vergütungen an Arbeitnehmer für Diensterfindungen auch bei der Veranlagung von Arbeitnehmern anzuwenden.

§ 67 EStG 1988 legt für "sonstige Bezüge" eine begünstigte Besteuerung fest, indem diese Bezüge aus der allgemeinen Besteuerungsgrundlage ausgeschieden und einer selbständigen Besteuerung unterworfen werden. Die in den Abs. 3 bis 8 des § 67 leg. cit. angeführten Bezüge sind jedenfalls sonstige Bezüge. Bei den anderen Bezügen ist zu prüfen, ob sonstige Bezüge im Sinne des Abs. 1 vorliegen. Sonstige Bezüge liegen nur vor, wenn die Bezüge neben dem laufenden Arbeitslohn und von demselben Arbeitgeber ausbezahlt werden. Eine weitere Definition enthält die Bestimmung nicht.

Bei einem "sonstigen Bezug" handelt es sich um einen Lohnteil, den der Arbeitgeber neben, also zusätzlich zum laufenden Arbeitslohn, auszahlt. Die sonstigen Bezüge müssen sich sowohl durch den Rechtstitel, aus dem der Arbeitnehmer den Anspruch ableiten kann, als auch durch die tatsächliche Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen unterscheiden. Solche Bezüge dürfen nicht für den üblichen Lohnzahlungszeitraum gezahlt werden, sondern müssen Leistungen aus mehreren Lohnzahlungszeiträumen abgelten (vgl. Hofstätter/Reichel , EStG 1988,§ 67 Abs 1 und 2 Tz 7).

§ 67 Abs. 2 EStG 1988 setzt der begünstigten Behandlung sonstiger Bezüge eine Grenze (Sechstelbestimmung). Soweit die sonstigen Bezüge innerhalb eines Kalenderjahres ein Sechstel der bereits zugeflossenen, auf das Kalenderjahr umgerechneten, laufenden Bezüge übersteigen, sind sie nach dieser Bestimmung dem laufenden Bezug des Lohnzahlungszeitraumes zuzurechnen, in dem sie ausbezahlt werden, und nach dem Tarif zu versteuern. Trotzdem bleibt ein sonstiger Bezug auch dann ein solcher, wenn er bloß zufolge Überschreitens der Sechstelgrenze des § 67 Abs. 2 leg. cit. für Zwecke der Steuerberechnung dem laufenden Arbeitslohn zugeschlagen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2005/15/0135, 2007/15/0183).

§ 67 EStG 1988 unterscheidet nicht zwischen inländischen und ausländischen Einkünften, sofern diese die Voraussetzungen des § 67 EStG 1988 erfüllen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0243).

Die Begründung eines Abgabenbescheides muss erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumption des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet.

Diesen Anforderungen entspricht der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Frage der begünstigten Besteuerung von Bezügen gemäß § 67 EStG 1988 nicht.

Die belangte Behörde hat nur das monatliche Gehalt von

9.658 CHF sowie die monatliche "KK-Rückvergütung" von 102 CHF, nicht aber die ab dem Monat April monatlich ausbezahlten Boni von

2.500 CHF der Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Jahressechstels gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 zu Grunde gelegt. Aus welchem Grund der ab April 2005 monatlich (und im Juni und November in doppelter Höhe als "13. und 14." gewährte) zum Gehalt hinzugetretene Betrag von 2.500 CHF nicht den laufenden Einkünften zuzurechnen wäre, kann dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden.

Soweit sich die belangte Behörde in der Gegenschrift erstmals mit dieser Frage beschäftigt, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Judikatur eine im angefochtenen Bescheid fehlende Begründung in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 2002/13/0093). Nur aus der Bezeichnung "Bonus" kann, wenn wie im Beschwerdefall die Zahlung (ab April) offenbar monatlich in gleicher Höhe mit dem "Gehalt" ausbezahlt wird, nicht auf das Vorliegen "sonstiger", nicht als laufender Lohn zu besteuernder Bezüge geschlossen werden.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher insoweit als mangelhaft begründet. Er war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am