VwGH vom 26.05.2014, Ro 2014/03/0027

VwGH vom 26.05.2014, Ro 2014/03/0027

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Ro 2014/03/0030 E

Ro 2014/03/0028 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der AG der W in W, vertreten durch Dr. Friedrich Schulz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stock im Eisen-Platz 3/29, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom , Zl BMVIT-220.104/0048- IV/SCH2/2011, betreffend Sachverständigengebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen, im Vorstellungsweg ergangenen Bescheid verpflichtete die belangte Behörde die Revisionswerberin gemäß § 76 Abs 1 AVG zur Tragung der Barauslagen in der Höhe von EUR 15.840,-- für die Tätigkeit des nichtamtlichen Sachverständigen Va in einem auf Antrag der Revisionswerberin eingeleiteten Verwaltungsverfahren.

Begründend führte die belangte Behörde (soweit für das nunmehrige Revisionsverfahren von Interesse) Folgendes aus:

Der Gebührenanspruch des Sachverständigen sei entgegen der Auffassung der Revisionswerberin nicht verfristet. Die Ausschlussfrist des § 38 Abs 1 GebAG - der Sachverständige habe seinen Gebührenanspruch binnen 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit geltend zu machen - habe nicht etwa schon mit Vorlage des Gutachtens vom begonnen, sondern erst mit der behördlichen Mitteilung an den Sachverständigen vom , dass der Genehmigungsbescheid vom , mit dem das über Antrag der Revisionswerberin eingeleitete Verfahren (in dem die Beiziehung des Sachverständigen zur Gutachtenserstattung erforderlich war) abgeschlossen wurde, ergangen sei. Es sei nämlich die Notwendigkeit einer Gutachtensergänzung oder -erörterung in einer mündlichen Verhandlung nicht ausgeschlossen gewesen, zumal im Bestellungsbescheid ausdrücklich auf eine allfällige mündliche Verhandlung verwiesen worden sei und sich auch in vergleichbaren, über Antrag der Revisionswerberin eingeleiteten Verfahren die Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung gezeigt habe.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Revision (§ 4 Abs 1 erster Satz VwGbk-ÜG) in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. Im Beschwerdeverfahren ist lediglich die Frage strittig, ob der Gebührenanspruch vom nichtamtlichen Sachverständigen rechtzeitig geltend gemacht worden ist.

Gemäß § 38 Abs 1 GebAG hat der Sachverständige den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich, unter Aufgliederung der einzelnen Gebührenbestandteile, geltend zu machen.

2.2. Der Sachverständige wurde mit Bescheid vom zum nichtamtlichen Sachverständigen für das Fachgebiet Eisenbahnbetrieb bestellt, mit dem Auftrag, Befund und Gutachten aus der Sicht des angeführten Fachgebietes über folgende Umstände abzugeben:

"1. ob durch die vorgelegten allgemeinen Anordnungen das Verhalten einschließlich der Ausbildung von Eisenbahnbediensteten, die Tätigkeiten zur Gewährleistung der Sicherheit des Betriebes einer Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf Eisenbahnen und des Verkehrs auf Eisenbahnen ausführen, im Rahmen bestehender Rechtsvorschriften geregelt wird und

2. welche öffentlichen Verkehrsinteressen (insbesondere die Sicherheit und Ordnung des Eisenbahnbetriebes und Eisenbahnverkehrs) durch die vorgelegte allgemeine Anordnung berührt werden."

Mit Spruchpunkt III. wurde gemäß § 43 Abs 1 EisbG angeordnet, dass er Eisenbahnanlagen sowie Fahrbetriebsmittel ohne Erlaubniskarte in jenem Umfang betreten dürfe, der zur Aufnahme des Befundes erforderlich ist.

Nach Begründung und Rechtsmittelbelehrung folgen u. a. folgende Hinweise :

"Für die Erstellung des Gutachtens und die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung haben sie gemäß § 53a Abs 1 AVG Anspruch auf Gebühren nach den §§ 24 bis 37 und 43 bis 51 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 (GebAG). Dieser Anspruch auf Gebühr ist gemäß § 53a Abs 1 AVG in Verbindung mit § 38 Abs 1 GebAG binnen 14 Tagen nach Abschluss der Tätigkeit bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich unter Aufgliederung der einzelnen Gebührenbestandteile bei der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie geltend zu machen. Allenfalls müssen die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, bescheinigt werden.

Hat der Sachverständige Zweifel über den Inhalt und Umfang des behördlichen Auftrags, so hat er gemäß § 25 Abs 1 GebAG die Weisung der Behörde einzuholen. Bei Fragen hinsichtlich Inhalt und Umfang des Auftrags, bei Hervorkommen von Umständen, die auf eine allfällige Befangenheit deuten könnten, bei zu erwartenden Verzögerungen bei der Erstellung von Befund und Gutachten bzw bei Terminproblemen sowie bei sonstigen Unklarheiten oder Unsicherheiten möge unverzüglich an den unten angeführten Sachbearbeiter herangetreten werden."

2.3. Vom Sachverständigen wurde das Gutachten am der belangten Behörde vorgelegt und von dieser mit Erledigung vom den Parteien zur Kenntnis gebracht. Mit Bescheid vom wurde der Revisionswerberin die beantragte eisenbahnrechtliche Genehmigung erteilt. Erst am legte der Sachverständige die Gebührennote, die am bei der belangten Behörde einlangte.

2.4. Vor diesem Hintergrund ist der Gebührenanspruch des Sachverständigen gemäß § 38 Abs 1 GebAG verfristet:

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2002/03/0225, ausgeführt hat, ist die Tätigkeit eines mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragten nichtamtlichen Sachverständigen nicht etwa erst dann abgeschlossen, wenn die den Parteien des Verwaltungsverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs eingeräumte Stellungnahmefrist zu diesem Gutachten abgelaufen ist und wenn feststeht, dass keine mündliche Erörterung und kein Ergänzungsgutachten erforderlich ist. Die bloße Möglichkeit, dass im Zuge der Berücksichtigung von Stellungnahmen der Verfahrensparteien eine Ergänzung des Gutachtens oder eine mündliche Erörterung im Beisein des Sachverständigen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung erforderlich sein könnte, ändert nichts daran, dass die Tätigkeit des Sachverständigen mit der Erstattung des entsprechend dem Auftrag der Behörde erstellten Gutachtens abgeschlossen war.

Auch im vorliegenden Fall umfasste der dem Sachverständigen erteilte Auftrag ausdrücklich nur die Erstellung eines Gutachtens, welches der belangten Behörde mit übergeben wurde. Eine weitere Tätigkeit des Sachverständigen im konkreten Verwaltungsverfahren nach Vorlage des Gutachtens ist aus dem Verwaltungsakt nicht nachzuvollziehen und wird von der belangten Behörde auch nicht vorgebracht. Daran ändert der - wiedergegebene -

Hinweis im Bestellungsbeschluss, wonach der Sachverständige Anspruch auf Gebühren auch für eine allfällige mündliche Verhandlung habe, nichts. Eine allfällige Gutachtensergänzung oder -erörterung in einer mündlichen Verhandlung hätte vielmehr einen gesonderten Gebührenanspruch zur Folge gehabt. Die erst mit der am bei der belangten Behörde eingelangten Gebührennote vom erfolgte Geltendmachung des Gebührenanspruchs war daher verspätet.

2.5. Wenn der nichtamtliche Sachverständige seinen Gebührenanspruch nicht innerhalb der Frist des § 38 Abs 1 GebAG geltend gemacht hat, ist sein Anspruch erloschen. Hatte er aber tatsächlich keinen Anspruch mehr, dann war es auch nicht zulässig, der Revisionswerberin gemäß § 76 AVG diese Sachverständigengebühren vorzuschreiben (vgl VwGH vom heutigen Tag, 2012/03/0061).

2.6. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am