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VwGH vom 28.10.2008, 2007/05/0001

VwGH vom 28.10.2008, 2007/05/0001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl, und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des A in Wien-Flughafen, vertreten durch Dr. Norbert Wess, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 20/2, gegen den Bescheid des Bundeseinigungsamtes im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit vom , Zl. 11/BEA/2006-8, betreffend Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit gemäß § 4 Abs. 2 Arbeitsverfassungsgesetz (in der Folge: ArbVG). Die Kollektivvertragsfähigkeit solle hinsichtlich aller Personen, die als aktives oder befristet karenziertes Cockpitpersonal eines zivilen österreichischen Luftfahrtunternehmens beschäftigt seien, sowie aller Personen, die sich nachweislich in Ausbildung einer Tätigkeit als Cockpitpersonal in einem zivilen österreichischen Luftfahrtunternehmen befänden, zuerkannt werden; in eventu werde der Antrag nur hinsichtlich jener Personen gestellt, die als aktives (befristet karenziertes) Cockpitpersonal beschäftigt seien.

Dem Antrag schloss der Beschwerdeführer einen Vereinsregisterauszug (Stichtag ), die Vereinsstatuten, eine Aufstellung über seinen Mitgliederstand und ein Gutachten des Univ. Prof. Dr. Sch an.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit gemäß § 4 Abs. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Arbeitsverfassungsgesetz - ArbVG, BGBl. Nr. 22/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 4/2006, abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer ein Verein im Sinne des Vereinsgesetzes 2002 sei. Er umfasse als ordentliche Mitglieder 670 Arbeitnehmer, sei bereits 1957 gegründet worden und sei Mitglied des Dachverbandes der in Europa tätigen Pilotenverbände. In Österreich seien insgesamt ca. 1.200 Piloten im zivilen Flugverkehr tätig. Zweck des Vereins sei unter anderem die Mitwirkung an der Regelung der Arbeitsbedingungen der Verkehrspiloten, die Vertretung und Wahrung der beruflichen und sozialen Interessen der Mitglieder und die Unterstützung und Vertretung beim Abschluss von Kollektivverträgen für Verkehrspiloten und/oder deren Abschluss auf Grund der Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit durch die belangte Behörde. Die Mitglieder würden sich in ordentliche, unterstützende, außerordentliche Mitglieder sowie Ehrenmitglieder und Pensionisten gliedern. Arbeitnehmer, die als aktives oder befristet karenziertes Cockpitpersonal in zivilen österreichischen Luftfahrunternehmen tätig seien, könnten ordentliche Mitglieder sein. Außerordentliches Mitglied könne werden, wer sich nachweislich in Ausbildung zu einer Tätigkeit als Cockpitperson befinde. Die Finanzierung des Beschwerdeführers erfolge über Beitrittsgebühren und Mitgliedsbeiträge, Erträgnisse aus behördlich genehmigten Veranstaltungen sowie Subventionen.

Nach der Wirtschaftstätigkeitsklassifikation ÖNACE seien bei den der ÖNACE-Abteilung 62 (Flugverkehr) zusammengefassten Unternehmen ca. 11.000 Arbeitnehmer (Stand August 2006) tätig. Der Österreichische Gewerkschaftsbund habe ca. 1,4 Millionen Mitglieder.

Der Beschwerdeführer sei als freiwillige Berufsvereinigung von Arbeitnehmern zu werten, was sich aus seiner Organisation als Verein sowie aus der statutenmäßigen Gestaltung der Mitgliedschaft ergebe. Er stelle sich nach seinen Statuten die Aufgabe, die Arbeitsbedingungen zu regeln; die gesetzlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Z. 1 ArbVG seien somit gegeben. Weiters seien im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, die das Vorliegen der in § 4 Abs. 2 Z. 4 ArbVG geregelten Voraussetzung der Gegnerunabhängigkeit in Zweifel ziehen würden. Die Voraussetzung des § 4 Abs. 2 Z. 2 ArbVG liege hingegen nicht vor. Nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens und der Senatsverhandlung liege zwar die gesetzliche Voraussetzung des Tätigwerdens in einem größeren räumlichen Wirkungsbereich hinsichtlich des Beschwerdeführers vor. Ein Tätigwerden in einem größeren fachlichen Wirkungsbereich sei jedoch von der belangten Behörde zu verneinen. Entsprechend der Lehre und Spruchpraxis der belangten Behörde sei davon auszugehen, dass nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 Z. 2 ArbVG auch eine entsprechende faktische Tätigkeit in einem größeren fachlichen Wirtschaftsbereich vorliegen müsse. Der Gesetzgeber habe mit dieser Voraussetzung für die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit bezweckt, "unbedeutende Splittergruppen" von der Kollektivvertragsfähigkeit auszuschließen, weil diese eine planvolle Lohn- und Arbeitspolitik leicht zum Schaden der Gesamtwirtschaft stören könnten. Der selbstgewählte Wirkungsbereich eines die Kollektivvertragsfähigkeit begehrenden Verbandes könne nicht der Maßstab sein, der im Rahmen der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Z. 2 ArbVG herangezogen werden könne, sonst hätte es der Antragsteller in der Hand, durch die (enge) Definition seines Wirkungsbereiches jedenfalls das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Z. 2 ArbVG zu erreichen. Der fachliche Wirkungsbereich sei vielmehr nach objektiven Kriterien festzustellen. Dieses Kriterium ergäbe sich eben aus der Funktion des Kollektivvertrages als Instrument der Lohn- und Arbeitspolitik auf gesamtwirtschaftlicher Ebene, aus der heraus eine zu weitgehende räumliche oder fachliche Aufsplitterung der in der Kollektivvertragsfähigkeit enthaltenen Rechtssetzungsbefugnis vom Gesetzgeber ausgeschlossen worden sei. Vor dem Hintergrund der genannten Zwecksetzung sei bei der Prüfung der Größe des Wirkungsbereiches der belangten Behörde somit ein entsprechender Spielraum eingeräumt, der sich zwischen den beiden begrifflichen Extremen der "unbedeutenden Splittergruppe" und dem "Industriegruppenprinzip" zu bewegen habe.

Nach der Lehre seien im Einzelfall die Verhältnisse in der gesamten österreichischen Wirtschaft zu berücksichtigen, d.h. im Wesentlichen die Gesamtbeschäftigtenzahl als Vergleichsmaßstab heranzuziehen. Zu beachten sei aber nicht nur das Verhältnis der Zahl der im selbst gewählten Wirkungsbereich der Organisation beschäftigten Arbeitnehmer zur Gesamtbeschäftigtenzahl. Zu berücksichtigen sei auch der Umstand, ob bereits eine kollektivvertragsfähige Organisation in diesem Bereich existiere.

Der Wirkungsbereich des Beschwerdeführers beschränke sich auf eine ganz spezifische Berufsgruppe im Rahmen der Luftverkehrsbranche. Es sei diesem insoweit zuzustimmen, dass der Gesetzgeber keine umfassende Organisation der Arbeitnehmer einer Branche verlange, beim Beschwerdeführer würden aber nur die Angehörigen einer einzigen spezialisierten Berufsgruppe im Bereich des Flugverkehrs zusammengefasst. Selbst Arbeitnehmer, die ebenfalls an Bord von Flugzeugen tätig seien, wie das Kabinenpersonal, würden vom Beschwerdeführer nicht erfasst. Damit habe der Beschwerdeführer im Grunde einen sehr kleinen Wirkungsbereich bezogen auf die Luftfahrtbranche gewählt. Würde man der Auslegung des Beschwerdeführers folgen, könnten Arbeitnehmer jeder einzelnen spezifischen Berufsgruppe die Kollektivvertragsfähigkeit erlangen. Für Unternehmen wie etwa die Austrian Airlines hätte dies zur Folge, dass etwa Piloten, das Kabinenpersonal oder das kaufmännische Personal jeweils neben den anderen Berufsgruppen eigene kollektivvertragsfähige Interessengruppen gründen könnten. Unternehmen hätten sich damit mit Kollektivverträgen auseinander zu setzen, die Lohn- und Arbeitsbedingungen auf eine in Bezug auf das Unternehmen sehr fragmentierte Art und Weise festlegen könnten. Damit könnte unter Umständen bei Berufsvereinigungen, die auf ganz wenige oder gar nur ein Unternehmen beschränkt seien, die Gefahr herbeigeführt werden, dass eine Konkurrenz zwischen den Kollektivvertragsparteien und den gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer im Betrieb bzw. Unternehmen entsteht, die dem gesetzlichen Modell der Betriebsverfassung zuwider laufen würde. Das Arbeitsverfassungsgesetz gehe aber von einer grundsätzlichen Abgrenzung und Rangordnung von Kollektivvertrag und Betriebsvereinbarung aus. Der Beschwerdeführer repräsentiere im größeren Bereich des Flugverkehrs zwar einen sehr prestigeträchtigen beruflichen Bereich, dessen Ausübung mit hoher Verantwortung verbunden sei, aber eben nicht einen größeren fachlichen Wirkungsbereich im Sinne des ArbVG. Auch der Vergleich der Zahl der im Wirkungsbereich des Beschwerdeführers beschäftigten Arbeitnehmer mit der Gesamtbeschäftigtenzahl in Österreich bestätige dieses Ergebnis. Halte man sich die konkrete Beschäftigtenzahl vor Augen, sei evident, dass die Voraussetzung des größeren fachlichen Wirkungsbereiches hinsichtlich des Beschwerdeführers nicht vorliege.

Zur Voraussetzung des § 4 Abs. 2 Z. 3 ArbVG führte die belangte Behörde aus, dass die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung der Berufsvereinigung einerseits "vermöge der Zahl der Mitglieder der Berufsvereinigung", andererseits auch "vermöge des Umfangs der Tätigkeit der Berufsvereinigung" vorliegen müsse. Auch diese gesetzliche Voraussetzung bezwecke wiederum den Ausschluss kleinerer Verbände von der Kollektivvertragsfähigkeit, um so eine Zersplitterung der Regelung der Arbeitsbedingungen in einem Wirtschaftszweig zu verhindern. Generell könne gesagt werden, dass das österreichische Arbeitsverfassungsgesetz und das darauf basierende System der Kollektivvertragsfähigkeit und der Kollektivverträge von einem hohen Grad der Zentralisierung ausgehe; dieser Aspekt sei auch bei der Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit zu berücksichtigen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müsse sich die Tätigkeit der Vereinigung gesamtwirtschaftlich fühlbar auswirken. Dies bedeute, dass bei Arbeitnehmerkoalitionen der Mitgliederzahl besondere Bedeutung zukomme. Dabei seien sowohl die absolute Zahl der Mitglieder als auch ihr Verhältnis zur Zahl der im einschlägigen Wirkungsbereich der Koalition beschäftigten Arbeitnehmer entscheidend. Die gesamtwirtschaftliche Auswirkung der Tätigkeit von Koalitionen, d.h. vor allem die Auswirkung späterer Kollektivvertragsabschlüsse, werde bei Arbeitnehmervereinigungen primär von ihrer Mitgliederzahl abhängen. Seien im betreffenden Wirkungsbereich sehr viele Arbeitnehmer beschäftigt, könne der Prozentsatz der Mitglieder klein sein, wenn die absolute Zahl der Mitglieder hoch sei. Umgekehrt nütze es demnach einer Vereinigung mit kleinem Wirkungsbereich wenig, wenn sie zwar einen hohen Organisationsgrad, aber nur eine geringe absolute Zahl von Mitgliedern aufweise. Kollektivverträge hätten insbesondere durch die Lohnfestsetzung erhebliche Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Der Gesetzgeber erwarte sich eine Berücksichtigung gesamtwirtschaftlicher Interessen eher von großen als von kleinen Verbänden.

Setze man die Anzahl der beim Beschwerdeführer vertretenen Arbeitnehmer (670 Arbeitnehmer) in Bezug auf die Gesamtzahl der in Österreich tätigen Piloten (ca. 1.200), ergebe sich zwar ein Organisationsgrad des Beschwerdeführers von 50%; setze man aber die Anzahl der beim Antragsteller vertretenen Arbeitnehmer in Bezug auf die Arbeitnehmerzahl in der ÖNACE-Abteilung 62 mit

11.100 Arbeitnehmern, so ergebe sich ein Organisationsgrad des Antragstellers von ca. 6%. Im Hinblick auf die Funktion des Kollektivvertrages liege damit sowohl auf Grund der geringen absoluten Zahl der Mitglieder des Beschwerdeführers als auch des geringen Organisationsgrades keine dem Gesetz entsprechende "Mächtigkeit" des Verbandes vor, die vom ArbVG im Hinblick auf eine geordnete Lohnpolitik im Interesse der Gesamtwirtschaft gefordert werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der seine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im gegenständlichen Fall anzuwendende Bestimmung des § 4

Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) lautet:

"Kollektivvertragsfähigkeit

§ 4 (1) ...

(2) Kollektivvertragsfähig sind die auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhenden Berufsvereinigungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, welche

1. sich nach ihren Statuten zur Aufgabe stellen, die Arbeitsbedingungen innerhalb ihres Wirkungsbereiches zu regeln;

2. in ihrer auf Vertretung der Arbeitgeber- oder der Arbeitnehmerinteressen gerichteten Zielsetzung in einem größeren fachlichen und räumlichen Wirkungsbereich tätig werden;

3. vermöge der Zahl der Mitglieder und des Umfanges der Tätigkeit eine maßgebende wirtschaftliche Bedeutung haben;

4. in der Vertretung der Arbeitgeber- oder der Arbeitnehmerinteressen gegenüber der anderen Seite unabhängig sind."

Die belangte Behörde hat ihrem Bescheid die Rechtsansicht zu Grunde gelegt, dass die Voraussetzung des § 4 Abs. 2 Z. 2 ArbVG nicht erfüllt sei. Zwar werde der Beschwerdeführer in seiner auf Vertretung der Arbeitnehmerinteressen gerichteten Zielsetzung in einem größeren räumlichen, jedoch nicht in einem größeren fachlichen Wirkungsbereich tätig. Dabei ging sie davon aus, dass nach dem Wortlaut der oben genannten Bestimmung auch eine entsprechende faktische Tätigkeit in einem größeren fachlichen Wirtschaftsbereich vorliegen müsse. Die Größe des fachlichen Wirkungsbereiches sei nach objektiven, aus dem Gesetzestext abzuleitenden Kriterien festzulegen. Dies ergebe sich aus der Funktion des Kollektivvertrags als Instrument der Lohn- und Arbeitspolitik auf gesamtwirtschaftlicher Ebene, aus der heraus eine zu weitgehende fachliche Aufsplitterung der in der Kollektivvertragsfähigkeit enthaltenen Rechtssetzungsbefugnis vom Gesetzgeber ausgeschlossen worden sei. Die belangte Behörde hat auf die Verhältnisse in der gesamten österreichischen Wirtschaft abgestellt, d.h. im Wesentlichen die Gesamtbeschäftigtenzahl als Vergleichsmaßstab für den größeren fachlichen Wirkungsbereich des durch den Beschwerdeführer abgedeckten Bereiches herangezogen. Die Berufsvereinigung des Beschwerdeführers umfasse nur Arbeitnehmer eines ganz spezifischen Berufsstandes und sei damit nicht in einem größeren, sondern im beinahe "kleinst möglichen" Wirkungsbereich tätig.

Der Beschwerdeführer sieht hingegen die Voraussetzung des § 4 Abs. 2 Z. 2 ArbVG erfüllt und führt aus, dass die Bestreitung des größeren fachlichen Wirkungsbereiches seitens der belangten Behörde in Wahrheit auf ein einziges Kriterium fokussiere, nämlich auf den Aspekt des maßgeblichen Wirkungsbereiches. Es sei müßig über den Prozentsatz des Organisationsgrades zu diskutieren, wenn die Beteiligten von unterschiedlichen Branchen ausgingen. Es sei darauf abzustellen, ob die Berufsvereinigung eine Eigenständigkeit aufweise, die sie von anderen Unternehmen und von anderen Berufsvereinigungen der Arbeitnehmer abgrenze. Bei einer Pilotenvereinigung könne dies nicht bezweifelt werden. Die Piloten seien in einem Luftfahrtunternehmen eine für das Funktionieren dieses Unternehmens sehr wichtige Gruppe. Die Gruppe habe spezifische arbeitsrechlichte Interessen, die sich von den Interessen des Bodenpersonals und anderer Arbeitnehmer im Verkehr erheblich unterschieden. Die Piloten hätten ein berufsbildbezogenes Selbstverständnis entwickelt, das sie von anderen im Flugverkehr tätigen Personen abgrenze. In diesem Zusammenhang könne auch nicht unerwähnt bleiben, dass auf Arbeitnehmerseite bereits dem Verein evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer, dem ca. 400 Mitglieder angehörten, die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt worden sei. Wenn sich ein derartiger Verein ganz offenkundig in einem größeren fachlichen Bereich betätige, so könne man dies einer Pilotenvereinigung nicht absprechen. Das diesbezügliche Argument der belangten Behörde, wonach die Mitglieder des Vereins der evangelischen Pfarrer/innen evidentermaßen nicht am wirtschaftlichen Produktionsprozess im Rahmen der Gesamtwirtschaft teilnehmen würden und daher mit anderen Berufsgruppen nicht zu vergleichen wären, finde einerseits keine Deckung im Gesetzestext des § 4 Abs. 2 Z. 2 ArbVG und müsse andererseits zu dem Ergebnis führen, dass die Voraussetzung des § 4 Abs. 2 Z. 3 ArbVG nicht erfüllt sei. Es sei auch unzulässig zu vermeinen, dass es sich im vorliegenden Fall um eine ganz spezifische Berufsgruppe - und damit um eine Splittergruppe - handle, wenn man gleichzeitig bei der Berufsgruppe der gehobenen Hotellerie, dem Verband österreichischer Festspiele, der österreichischen Fußball-Bundesliga, dem Wiener Tierschutzverein oder dem bereits erwähnten Verein evangelischer Pfarrer/innen eine solche spezifische Berufsgruppe nicht annehme. Im Zusammenhang mit diesem Prüfungskriterium sei es auch nicht relevant, ob die Kollektivvertragsfähigkeit auf Arbeitnehmer- oder auf Arbeitgeberseite zugesprochen werde.

Aus der unterschiedlichen Textierung des § 4 Abs. 2 Z. 2 und 3 ArbVG, wonach es nach der Z. 2 auf "Zielsetzungen", nach der Z. 3 hingegen auf die Anzahl der Mitglieder und den "Umfang der Tätigkeit" ankommt, ist - im Einklang mit der ganz herrschenden Lehre (vgl. Strasser in Strasser/Jabornegg/Resch, Kommentar zum Arbeitsverfassungsgesetz, Wien 2002, § 4 Rz 20; ebenso Runggaldier in Tomandl, Arbeitverfassungsgesetz, 2007, § 4 Rz 11, a.A. nur Grillberger 1984 bei FN 13 auf Grund einer insoweit missverstandenen Entscheidung des Obereinigungsamtes in ZAS 1973/15 mit Anm. Mayer-Maly) - davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber im Hinblick darauf, dass er in § 4 Abs. 2 Z. 3 ArbVG zweifelsfrei auf die faktischen Verhältnisse abstellt, nicht zugesonnen werden kann, dass er dies auch in Z. 2 so gemeint und insoweit zweimal dasselbe geregelt hätte. Die Auffassung der belangten Behörde ist daher verfehlt, das Vorliegen der Voraussetzungen der Z. 2 auf Grund der faktischen Tätigkeit des beschwerdeführenden Vereins zu bestimmen.

Richtigerweise ist zunächst nach formalen Kriterien zu prüfen, ob die Vereinigung statutarisch entsprechende Zielsetzungen hat (Z. 2 ) und in zweiter Linie, ob sie sich auch gemäß diesen Zielsetzungen mit Erfolg betätigt, was nach Z. 3 an der Zahl der Mitglieder und am Umfang der bisherigen tatsächlichen Tätigkeit (deren Spiegelbild auch die Anzahl der beschäftigten Dienstnehmer, wie Sekretariatspersonal sein kann) abzulesen ist.

Der erste Fall der Z. 2 (größerer fachlicher Wirkungsbereich) und der erste Fall der Z. 3 (maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung vermöge der Zahl der Mitglieder) hängen jedoch insoweit miteinander zusammen, als beiden Elementen eine Bezugsgröße gemeinsam ist, an der das Element "größere" bzw. "maßgebliche" zu messen ist:

Ob eine Vereinigung auf Arbeitnehmerseite nach der Anzahl der Mitglieder maßgebende wirtschaftliche Bedeutung zukommt (Z. 3 ) hängt zunächst davon ab, wie groß jener Personenkreises ist, dessen Arbeitsbedingungen die Vereinigung durch Abschluss von Kollektivverträgen regeln möchte, im Verhältnis zu jenem Teil der in Betracht kommenden Personen, die tatsächlich Mitglied der Vereinigung sind.

Auf der anderen Seite hängt die Zulässigkeit einer bestimmten fachlichen Ausrichtung davon ab, ob eine ausreichend große Gruppe von Dienstnehmern gebildet werden kann, die sich von anderen Dienstnehmern so hinreichend unterscheidet, dass eine "fachliche" Unterscheidung gerechtfertigt ist. Dies vor dem Hintergrund der Absicht des Gesetzgebers, eine Zersplitterung der Vertretung der Interessen von Arbeitnehmern hintanzuhalten (vgl. die Beispiele bei Strasser, a.a.O., Rz 20).

Der Zugang der beschwerdeführenden Partei, die auf mehrere, auf europäischer oder sonst internationaler Ebene bestehende Pilotenorganisationen hinzuweist, ist insoweit verfehlt, als es nicht darauf ankommt, ob die Piloten nach ihrem Selbstverständnis eine Berufsgruppe sind, deren Interessen sich in mancherlei von jenen sonstiger Arbeitnehmer, insbesondere in Fluggesellschaften unterscheiden mag. Der fachliche Wirkungsbereich einer Berufsvereinigung im Sinne des § 4 Abs. 2 Z. 2 ArbVG ist vielmehr nach objektiven Kriterien zu prüfen. Entscheidend kommt es dabei auf die Unterschiede in jenen Bereichen der Arbeitsbeziehungen an, in denen sich die Weisungsgebundenheit und damit die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit von Arbeitnehmern manifestiert (vgl dazu die insoweit übereinstimmende st Rsp des OGH RS0021306; sowie die hg st Rsp u.a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 12325/A und - aus jüngerer Zeit - das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0137), also bei den Arbeitsbedingungen, denen die Arbeitnehmer in Bezug auf die Arbeitszeit, den Arbeitsort und das arbeitsbezogene Verhalten ausgesetzt sind.

Bei einer derartigen Untersuchung nach dem größeren fachlichen Wirkungsbereich ist daher zunächst zu prüfen, ob die Gruppenbildung, wie sie sich im beschwerdeführenden Verein manifestiert, zutreffend und hinreichend ist. Es kann der belangten Behörde zwar nicht entgegen getreten werden, wenn sie bei Prüfung des fachlichen Wirkungsbereiches der beschwerdeführenden Partei von jenem Element ausgegangen ist, das im weitesten Sinne prägend für die maßgebenden Unterschiede ist, nämlich der jeweiligen Branche, und in diesem Zusammenhang als Messgröße für den Organisationsgrad der beschwerdeführenden Partei zunächst die Gesamtzahl der Arbeitnehmer "in der ÖNACE-Abteilung 62" (Flugverkehr) herangezogen hat.

Die beschwerdeführenden Partei rügt jedoch mit Recht , dass die belangte Behörde in weiterer Folge nicht darauf Bedacht genommen hat, ob sich die arbeitsrechtlich relevanten Verhältnisse der Piloten nach Maßgaben der oben erwähnten Kriterien von denen der übrigen Beschäftigten bei Luftfahrtunternehmen deutlich unterscheiden. Es genügt in diesem Zusammenhang auf die Besonderheiten in den Arbeitsbedingungen hinsichtlich Arbeitsort und Arbeitszeit hinzuweisen, die jedenfalls die Bildung einer eigenen Gruppe von Arbeitnehmern zum Zwecke der Wahrnehmung von deren gleichgelagerten arbeitsbezogenen Interessen bei der Festlegung von Arbeitsbedingungen zu rechtfertigen vermag.

Die belangte Behörde hat auch nicht geprüft, ob das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei zutrifft, dass sich die Piloten als eigene Gruppe hinreichend von den anderen Arbeitnehmern des fliegenden Personals unterscheiden und damit abgrenzen lassen. Zur Vermeidung von Missverständnissen sei darauf hingewiesen, dass Unterschiede in den Arbeitsentgelten für sich allein einen solche Unterscheidung nicht zu begründen vermöchten.

Sollte die belangte Behörde jedoch zum Ergebnis kommen, dass die genannten arbeitsrechtlich relevanten Verhältnisse der hier in Rede stehenden Verkehrspiloten die Bildung eines eigenen fachlichen Bereiches im Sinne des § 4 Abs. 2 Z. 2 ArbVG rechtfertigt, wäre auch von der maßgebenden wirtschaftlichen Bedeutung vermöge der Zahl der Mitglieder der beschwerdeführenden Partei auszugehen. Zu prüfen wäre jedoch weiters, ob auch das zweite Tatbestandselement des § 4 Abs. 2 Z. 3 ArbVG, nämlich eine maßgebende wirtschaftliche Bedeutung der beschwerdeführenden Partei in Bezug auf den bisherigen Umfang ihrer Tätigkeit, vorliegt. Auch dazu hat die belangte Behörde - ausgehend von ihrer unzutreffenden Rechtsauffassung über den Inhalt des § 4 Abs. 2 Z. 2 und 3 ArbVG - bisher keine Feststellungen getroffen.

Auf Grund dieser Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts zu beheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am