VwGH vom 18.02.2015, Ro 2014/03/0008
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der V GmbH in W, vertreten durch Dr. Klaus Perktold, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Museumstraße 1/I, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom , Zl BMVIT-220.100/0009-IV/SCH2/2012, betreffend Enteignung nach dem EisbEG (mitbeteiligte Partei:
I GmbH in I, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2, Hauptpostgebäude), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I. Sachverhalt und Beschwerdeverfahren
1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid sprach die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie aus, dass an die Mitbeteiligte näher bezeichnete Grundstücke der Beschwerdeführerin im Umfang von 421 m2 im Enteignungswege abgetreten würden (Spruchpunkt I.). Als Gesamtentschädigung wurde dafür ein Betrag von EUR 485.664,-- festgesetzt. Gleichzeitig wurden der Beschwerdeführerin Sachverständigenkosten von EUR 4.500,-- auferlegt und eine Pauschalvergütung für Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 7.284,96 zuerkannt (Spruchpunkt II.). Abschließend wurden für die Zahlungen entsprechende Leistungsfristen festgelegt (Spruchpunkt III.).
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges - zusammengefasst - aus, der Enteignungswerberin komme für die beantragte Grundfläche das Enteignungsrecht zu, obwohl darauf keine Eisenbahnanlagen errichtet, sondern das durch den Bau der Eisenbahnanlagen gestörte Wegenetz wiederhergestellt werden solle (wozu die Mitbeteiligte nach § 20 Abs 1 EisbG verpflichtet sei). Das Enteignungsrecht sei nicht nur auf Flächen für den Bau von Eisenbahnanlagen beschränkt, sondern schließe auch Flächen mit ein, die für die dem Eisenbahnunternehmen obliegende Wiederherstellung der durch den Eisenbahnbau gestörten Verkehrsanlagen erforderlich seien. Wenn dabei auch ein Radweg errichtet werde, sei dies nicht die Anlegung einer völlig neuen, bislang nicht existierenden Verkehrsverbindung, sondern eine Umgestaltung der bereits bestehenden Straße im Sinne einer Wiederherstellung unter Berücksichtigung des Standes der Technik.
Von der Beschwerdeführerin werde in der Berufung kritisiert, dass seitens der Enteignungswerberin vor dem Enteignungsantrag kein seriöses bzw angemessenes Angebot unterbreitet worden sei und daher dem Gebot, dass ein Enteignungsverfahren nur dann in Frage käme, wenn sich das Eisenbahnunternehmen ernsthaft um eine privatrechtliche Einigung bemüht habe, nicht entsprochen worden sei.
Dazu sei anzumerken, dass aus den von der Enteignungswerberin vorgelegten Unterlagen klar ersichtlich sei, dass vor der Einleitung des Enteignungsverfahrens Verhandlungen über eine privatrechtliche Einigung geführt worden seien. Als Beweis seien seitens der Enteignungswerberin Kopien von Schriftstücken vorgelegt worden. Bereits der Abstand zwischen einem näher bezeichneten Schreiben vom (das auf einen Auszug aus einem Gutachten verweise, in dem die einzulösenden Rechte mit EUR 107.500,-- bewertet worden seien) und der Einbringung des Enteignungsantrags im September 2011 sei als Indiz dafür zu werten, dass seitens des Eisenbahnunternehmens eine privatrechtliche Einigung ernsthaft versucht worden sei. Im Rahmen des Berufungsverfahrens sei der Beschwerdeführerin zusätzlich ein verbindliches Grundeinlöseangebot vorgelegt worden. Die belangte Behörde habe bei der Entscheidung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung zu Grunde zu legen.
Soweit sich die Kritik darauf beziehe, dass das Angebot der Enteignungswerberin nicht ausreichend bzw angemessen gewesen sei, sei festzuhalten: Da die Enteignung überhaupt nur dann zulässig sei, wenn eine privatrechtliche Einigung über die erforderlichen Rechte nicht erzielt werden könne, würden in einem Enteignungsverfahren in den meisten Fällen Meinungsverschiedenheiten zwischen Enteignungswerber und -gegner über die Höhe der zu leistenden Entschädigung bestehen. Ein Auseinanderfallen der Preisvorstellungen werde daher für sich betrachtet noch keinen Grund darstellen, von einem mangelhaften Angebot zu sprechen. Auch sei weder dem Gesetz noch der Verfassung zu entnehmen, dass das Angebot des Eisenbahnunternehmens zumindest der später festgesetzten Entschädigung zu entsprechen habe, widrigenfalls der Enteignungsantrag ab- oder zurückzuweisen sei. Soweit durch die Verfassung vorgegeben sei, dass infolge des Vorrangs der privatrechtlichen Einigung vor der Enteignung vor Antragstellung entsprechende Angebote zu unterbreiten sind, werde wohl nur dann vom Fehlen eines angemessenen Angebots gesprochen werden können, wenn sich das Angebot des Eisenbahnunternehmens offensichtlich einer sachlichen Nachvollziehbarkeit vollkommen entziehe. Da die Höhe der Enteignungsentschädigung von der Ausmittlung durch Sachverständige abhängig sei, dürften die Anforderungen an die Mindesthöhe des Angebots des Eisenbahnunternehmens aber nicht überspannt werden.
Soweit die Beschwerdeführerin darauf verweise, dass die Enteignungswerberin nicht einmal bereit sei, die im Enteignungsverfahren von der Behörde festgelegte Enteignungsentschädigung für eine privatrechtliche Einigung im Zuge des Berufungsverfahrens anzubieten, sei festzuhalten, dass ein derartiges Angebot nicht erforderlich sei. Der Gesetzgeber habe in § 18 Abs 1 dritter Satz EisbEG sowohl dem Enteigneten als auch dem Eisenbahnunternehmen das Recht eingeräumt, binnen drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Enteignungsbescheides die Festsetzung der Entschädigung bei dem zuständigen Landesgericht zu begehren. Dieses Recht würde der Enteignungswerberin verweigert, wenn das Eisenbahnunternehmen im Zuge des Berufungsverfahrens gegen den Enteignungsbescheid der Beschwerdeführerin jedenfalls eine privatrechtliche Einigung zumindest auf Basis der durch die Behörde festgesetzten Enteignungsentschädigung anbieten müsste.
Aus den von den Parteien vorgelegten Unterlagen sei für die Berufungsbehörde ersichtlich, dass die Verhandlungen über die Grundeinlöse nicht nur rein sachlich geführt worden seien, sondern teilweise auch Emotionales durchgebrochen sei. Dies stelle für sich bei sachlicher Betrachtung aber keinen Anlass dar, die vorliegenden öffentlichen Interessen zurückzustellen und die Enteignung zu verweigern.
Aus Sicht der belangten Behörde könne es für den Nachweis der Unmöglichkeit der anderweitigen Beschaffung der erforderlichen Rechte und damit für den Ausspruch der Enteignung als ausreichend angesehen werden, wenn die Enteignungswerberin das Gutachten eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Liegenschaftsbewertung eingeholt, auf dieser Grundlage ein Angebot unterbreitet und dem Enteignungsgegner hinreichend Zeit eingeräumt habe, das Angebot zu bewerten und nach Abschluss der Bewertung anzunehmen oder abzulehnen.
Der von der Beschwerdeführerin behauptete Mangel des Fehlens von Bemühungen um eine privatrechtliche Einigung durch das Eisenbahnunternehmen liege sohin nicht vor. Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei vielmehr davon auszugehen, dass das Eisenbahnunternehmen sich um die Erzielung eines privatrechtlichen Übereinkommens bemüht habe, diese Bemühungen aber nicht erfolgreich gewesen seien, die für das Projekt erforderlichen Rechte nicht auf andere Weise als durch Enteignung zu beschaffen seien und damit dem Verfassungsgrundsatz der Subsidiarität der Enteignung hinreichend entsprochen worden sei. In diesem Sinne sei die Enteignung das gelindeste zum Ziel führende Mittel.
2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im September 2013 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom , B 1075/2013-15, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
3. Über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde mit Schriftsatz vom und beantragte, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
In der Sache führte die Beschwerdeführerin aus, es hätten in erster und zweiter Instanz unzuständige Behörden entschieden, weil durch den gegenständlichen Enteignungsantrag ausschließlich Grundflächen der Beschwerdeführerin zur dauerhaften Benützung für die Errichtung eines Geh- und eines Radweges beansprucht würden. Diese Wege hätten mit der gegenständlichen Eisenbahnanlage nicht das Geringste zu tun. Da für die Erteilung der Baubewilligung betreffend den Neubau einer Landesstraße oder jede bauliche Änderung einer Landesstraße nach § 75 des Tiroler Straßengesetzes die Landesregierung zuständig sei, bestimme sich die Behördenzuständigkeit im vorliegenden Fall nach dieser Norm und nicht nach § 12 EisbG.
Der angefochtene Bescheid sei inhaltlich rechtswidrig, weil die belangte Behörde den Begriff der Eisenbahnanlage nicht gesetzeskonform angewandt habe. Die strittigen Liegenschaftsteile würden - wie ausgeführt - zur dauerhaften Benutzung für die Errichtung eines Geh- und Radweges beansprucht. Nach § 2 Abs 1 EisbEG dürfe das Enteignungsrecht aber nur insoweit ausgeübt werden, als es die Herstellung und der Betrieb der Eisenbahn notwendig mache. § 3 Abs 1 EisbEG erweitere den Enteignungszweck auf Bahnhöfe und die für Zwecke des Eisenbahnbetriebs zu errichtenden Gebäude, oder zu sonstigen Anlagen, deren Herstellung den Eisenbahnunternehmen obliegt. § 20 Abs 1 EisbG, auf den sich die Berufungsbehörde beziehe, komme auch deshalb nicht zur Anwendung, weil gegenwärtig im Bereich der Liegenschaft der Beschwerdeführerin kein Radweg existiere; der Radverkehr finde derzeit auf der Straße statt. Es solle jedoch in Zukunft aus Gründen der Verkehrssicherheit ein Radweg hergestellt werden. Es handle sich daher nicht um eine Wiederherstellung im Sinne des § 20 Abs 1 EisbG, sondern um die erstmalige Herstellung eines Radweges, der bisher nicht bestanden habe. Es wäre daher nicht das EisbG in Verbindung mit dem EisbEG, sondern das Tiroler Straßengesetz anzuwenden gewesen.
Unter dem Beschwerdegrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften wendet sich die Beschwerdeführerin schließlich ausführlich gegen die Auffassung der belangten Behörde, die Mitbeteiligte habe sich vor der Enteignung ernsthaft um eine privatrechtliche Einigung bemüht. Sie bringt vor, dass ihr die Mitbeteiligte erst in der Berufungsverhandlung vom ein konkretes und annahmefähiges Angebot zur Grundeinlöse über EUR 107.500,-- (beruhend auf einem von der Mitbeteiligten eingeholten Privatgutachten) gemacht habe, obwohl schon ein Amtsgutachten vorgelegen sei, aufgrund dessen in erster Instanz eine Entschädigungssumme von EUR 485.664,-- festgesetzt worden sei. Der auf einem von der Mitbeteiligten eingeholten Privatgutachten beruhende Betrag sei nicht fair und angemessen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe umgekehrt angeboten, die Enteignungsflächen gegen Bezahlung der von den Amtssachverständigen ermittelten Enteignungsentschädigung (später sogar unter Berücksichtigung eines 25 %igen Abschlags von dieser Summe) zu verkaufen. Diese Angebote seien von der Mitbeteiligten jedoch abgelehnt worden.
Nach Ansicht der belangten Behörde würde es für ein angemessenes Anbot offensichtlich ausreichen, wenn von Seiten der Enteignungswerberin ein Preis geboten werde, der weniger als ein Viertel des im Zuge des erstinstanzlichen Enteignungsverfahrens durch Gutachten des Amtssachverständigen errechneten Entschädigungsbetrags betrage. Als "verbessertes" Angebot sei von der Enteignungswerberin einen Monat nach der Berufungsverhandlung ein Betrag von EUR 215.600,-- angeboten worden; auch dieser Betrag sei im Vergleich zu der amtsgutachterlich ermittelten Summe jedenfalls kein angemessenes Kaufangebot gewesen.
4. Das anstelle der bescheiderlassenden Behörde in das Verfahren eingetretene Landesverwaltungsgericht Tirol legte die Verwaltungsakten vor.
5. Die Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift, in der sie im Wesentlichen ausführte, schon im Jahr 2010 ein Privatgutachten eingeholt zu haben, um den Wert des zu enteignenden Grundstücks einschätzen zu können. Dieses Gutachten sei dem damaligen Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin übergeben und dazu mündlich erklärt worden, dass man bereit sei, auf Basis dieses Gutachtens eine Entschädigungszahlung zu leisten. Es hätten dann mehrere Gespräche stattgefunden, weil die Beschwerdeführerin ein eigenes Schätzgutachten eingeholt habe, das zu einem anderen Ergebnis gekommen sei. Im Anschluss daran habe die Beschwerdeführerin zwar einerseits darauf gedrängt, dass der Privatgutachter der Mitbeteiligten sein Gutachten ergänzen möge, sie habe diesem aber die erforderlichen Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt. Deswegen habe der Privatgutachter auch nur den "reinen Verkehrswert der Liegenschaft ohne allfällige Auswirkungen auf Mietverträge etc." ermitteln können. Der Vertreter der Mitbeteiligten habe sich auch darum bemüht Unterlagen zu erhalten, um die objektiven Werte feststellen zu können. Die diesbezügliche Korrespondenz habe darin gegipfelt, dass der Vertreter der Beschwerdeführerin dezidiert erklärt habe, auf derartige Anfragen nicht mehr zu antworten. Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens hätten auch die Amtssachverständigen festgehalten, dass "aufgrund der fehlenden Unterlagen kein Gutachten erstellt werden konnte". Erst durch ganz außerordentliche Bemühungen der Amtssachverständigen sei es schließlich gelungen, vereinzelte Unterlagen zu bekommen, die im Gutachten verwertet worden seien. Erst in der Berufungsverhandlung am sei der Vertreter der Beschwerdeführerin bereit gewesen, der Mitbeteiligten Einsicht in diese Unterlagen zu gewähren, worauf der Privatgutachter der Mitbeteiligten sein Gutachten habe überarbeiten können und die Mitbeteiligte in der Lage gewesen sei, auf Basis dieses Gutachtens ein formell umfassendes Angebot zu unterbreiten, das jedoch nicht angenommen worden sei.
II. Rechtslage
1. Die §§ 18b und 20 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG), BGBl Nr 60/1967 idF BGBl I Nr 125/2006, lauten auszugsweise:
"Enteignungsrecht
§ 18b . Das Eisenbahnunternehmen hat das Enteignungsrecht nach Maßgabe des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes, BGBl. Nr. 71/1954.
(...)
Verkehrsanlagen, Wasserläufe
§ 20 . (1) Verkehrsanlagen und Wasserläufe, die durch den Bau der Eisenbahn gestört oder unbenützbar werden, hat das Eisenbahnunternehmen nach dem Ergebnis des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahrens auf seine Kosten in geeigneter Weise wiederherzustellen. Die Anlagen und Wasserläufe sind von dem bisher hiezu Verpflichteten zu erhalten und zu erneuern."
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes (EisbEG), BGBl Nr 71/1954 idF BGBl I Nr 111/2010, lauten auszugsweise:
"I. Gegenstand und Umfang der Enteignung.
§ 2. (1) Das Enteignungsrecht kann zu einer dauernden oder vorübergehenden Enteignung nur insoweit ausgeübt werden, als es die Herstellung und der Betrieb der Eisenbahn notwendig machen.
(2) Es umfaßt insbesondere das Recht:
1. auf Abtretung von Grundstücken;
(...)
§ 3. (1) Unter der im § 2 bezeichneten Voraussetzung kann die dauernde oder vorübergehende Abtretung von Grundstücken insoweit begehrt werden, als es zur Herstellung der Bahn, der Bahnhöfe, der an der Bahn und an den Bahnhöfen für Zwecke des Eisenbahnbetriebes zu errichtenden Gebäude oder zu sonstigen Anlagen, deren Herstellung dem Eisenbahnunternehmen obliegt, dann zur Unterbringung des beim Bau zu entfernenden Erdmateriales und Schuttes, endlich zur Gewinnung des notwendigen Schüttungs-, Rohstein- und Schottermateriales erforderlich ist.
(...)
II. Gegenstand und Umfang der Entschädigung.
§ 4. (1) Das Eisenbahnunternehmen ist verpflichtet, den Enteigneten für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile gemäß § 365 ABGB. schadlos zu halten.
(...)
§ 5. Bei der Ermittlung der Entschädigung ist auch auf die Nachteile Rücksicht zu nehmen, die Nutzungsberechtigte, Gebrauchsberechtigte oder Bestandnehmer durch die Enteignung erleiden, und deren Vergütung dem Enteigneten obliegt, sofern der als Ersatz für den Gegenstand der Enteignung zu leistende Betrag nicht zur Befriedigung der gegen den Enteigneten zustehenden Entschädigungsansprüche zu dienen hat.
§ 6. Wird nur ein Teil eines Grundbesitzes enteignet, so ist bei der Ermittlung der Entschädigung nicht nur auf den Wert des abzutretenden Grundstückes, sondern auch auf die Verminderung des Wertes, die der zurückbleibende Teil des Grundbesitzes erleidet, Rücksicht zu nehmen.
(...)
Enteignungsverfahren
A. Verfahren vor der Verwaltungsbehörde § 11 . (1) Der Gegenstand und der Umfang der Enteignung
sowie die Höhe der Entschädigung werden auf Grund der maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse und unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer mündlichen Verhandlung festgesetzt.
(2) Zuständig für das Enteignungsverfahren ist die nach § 12 des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl. Nr. 60, für die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung zuständige Behörde. Wenn über die eisenbahnrechtliche Baubewilligung in einem konzentrierten Genehmigungsverfahren nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, BGBl. Nr. 697/1993, entschieden wird, ist jene Behörde zuständig, die ohne Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baubewilligung nach § 12 des Eisenbahngesetzes 1957 zuständig wäre.
(...)
§ 16. In der Enteignungsverhandlung ist auch die Höhe der infolge der Enteignung zu leistenden Entschädigung auf Grund einer Bewertung durch Sachverständige zu ermitteln und zu erörtern. (...)
§ 17 . (1) Die Behörde hat mit schriftlichem Bescheid den Gegenstand und den Umfang der Enteignung festzusetzen. Der Enteignungsbescheid bezieht sich auf die im Enteignungsplan dargestellten Flächen, deren Ausmaße im zugehörigen Verzeichnis (§ 12), unbeschadet der genaueren Vermessung in der Natur, ausgewiesen sind.
(2) Im Enteignungsbescheid ist auch über die Entschädigung unter Hinweis auf die Leistungsfrist (§ 33) abzusprechen. Liegt darüber ein zulässiges Übereinkommen (...) vor, so ist die Entschädigung nach diesem Übereinkommen festzusetzen. Andernfalls ist die Entschädigung auf Grund der Ergebnisse der durchgeführten Erhebungen nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes festzusetzen. (...)
§ 18. (1) Gegen den Bescheid der Behörde kann im Verwaltungsrechtsweg Berufung erhoben werden. Eine Berufung gegen die Entscheidung über die Entschädigung ist aber unzulässig. Dem Enteigneten und dem Eisenbahnunternehmen steht es frei, binnen drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Enteignungsbescheides die Festsetzung der Entschädigung bei dem zuständigen Landesgericht (Abs. 2) zu begehren. Mit der Anrufung des Gerichtes tritt die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Entschädigung außer Kraft.
(2) Für die Entscheidung über die Entschädigung ist in erster Instanz das mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen betraute Landesgericht zuständig, in dessen Sprengel der Gegenstand der Enteignung liegt.
(...)
B. Festsetzung der Entschädigung durch das Gericht
§ 22. (1) Sofern sich das Eisenbahnunternehmen und der Enteignete über die Entschädigung nicht einigen können, hat diese das Gericht festzusetzen."
III. Erwägungen
1. Die gegenständliche Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , also vor Ablauf des an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Gemäß § 8 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz hat der Verwaltungsgerichtshof in einem solchen Verfahren die Bestimmungen des B-VG und des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.
2. Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Projekt die gegen die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung erhobene Beschwerde der Beschwerdeführerin mit Erkenntnis vom , 2012/03/0003, als unbegründet abgewiesen hat. Auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen.
Damit wurden Lage und Umfang der genehmigten Objekte auch für das Enteignungsverfahren verbindlich festgelegt und der Eigentümer einer betroffenen Liegenschaft kann im Enteignungsverfahren nicht mehr einwenden, die Inanspruchnahme seiner Liegenschaft liege nicht im öffentlichen Interesse (vgl , mwN).
3. Auch der Einwand der Beschwerdeführerin, ihre Liegenschaften seien von Maßnahmen betroffen, die keine Eisenbahnanlagen beträfen, fand bereits im oben angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung Berücksichtigung. So wurde darauf verwiesen, dass es bei den strittigen Maßnahmen "um die Wiederherstellung der besagten Straßenbestandteile" gehe. Diese Verpflichtung des Eisenbahnunternehmens nach § 20 Abs 1 EisbG schließe eine Anpassung der Wiederherstellungsmaßnahmen an die der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung entsprechende Bauausführung ein und könne auch Bauten enthalten, die vor dem Eisenbahnbau nicht vorhanden waren, sich aber - wie im vorliegenden Fall - nach dem Stand der Technik als erforderlich erweisen.
Die Qualifikation einer Anlage als Eisenbahnanlage im Sinne des § 10 EisbG erfordert zwar die Verknüpfung ihres Zwecks mit dem Eisenbahnbetrieb oder -verkehr. § 2 Abs 1 EisbEG ermöglicht die dauernde oder vorübergehende Enteignung aber schon dann, wenn sie für den Bau einer Eisenbahn erforderlich ist (vgl , 0162, 0164, 0165, mwN). Nach § 3 Abs 1 EisbEG kann außerdem die dauernde oder vorübergehende Abtretung von Grundstücken insoweit begehrt werden, als es (unter anderem) zur Herstellung der Bahn, der Bahnhöfe, der an der Bahn und an den Bahnhöfen für Zwecke des Eisenbahnbetriebes zu errichtenden Gebäude oder zu sonstigen Anlagen, deren Herstellung dem Eisenbahnunternehmen obliegt, erforderlich ist. Die Wiederherstellung der durch den Bau der Eisenbahn gestörten oder unbenützbar gewordenen Verkehrsanlagen ("sonstige Anlagen") gehört nach § 20 Abs 1 EisbG zu jenen Pflichten, die dem Eisenbahnunternehmen obliegen. Die bescheidmäßige Abtretung der für ihre Zwecke erforderlichen Grundstücke findet daher in § 3 Abs 1 EisbEG Deckung. Ausgehend davon geht auch der - nur auf die Unanwendbarkeit des EisbEG gestützte - Unzuständigkeitseinwand der Beschwerdeführerin fehl.
4. Zum Vorbringen der Beschwerde, die Enteignungswerberin habe sich nicht ernsthaft um eine privatrechtliche Einigung mit der Beschwerdeführerin bemüht, ist Folgendes festzuhalten:
4.1. Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist eine Enteignung auch ohne ausdrücklich gesetzlich statuierte Verhandlungspflicht nur dann notwendig und erforderlich und somit im öffentlichen Interesse im Sinne der Bundesverfassung gelegen, wenn der Grundstückseigentümer ein angemessenes Kaufangebot oder die privatrechtliche Einräumung entsprechender Rechte abgelehnt hat. Im öffentlichen Interesse gelegen und in diesem Sinn erforderlich ist eine Enteignung nur dann, wenn ernsthafte Bemühungen des Enteignungswerbers misslungen sind, das für einen öffentlichen Zweck benötigte Grundstück oder Nutzungsrecht zu angemessenen Bedingungen zu erwerben. Derartige ernsthafte Bemühungen stellen sohin eine von der Enteignungsbehörde zu prüfende Bedingung der Zulässigkeit einer Enteignung dar (vgl etwa VfSlg 13.579/1993, mwN, 18.890/2009, 19.519/2011; ).
4.2. Die belangte Behörde ging beweiswürdigend davon aus, dass vor der Einleitung des Enteignungsverfahrens ernsthafte Verhandlungen zur Erzielung einer privatrechtlichen Einigung zwischen den Parteien geführt worden seien. Für die Ernsthaftigkeit der Bemühungen der Enteignungswerberin spreche, dass sie auch das Gutachten eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Liegenschaftsbewertung eingeholt, auf dieser Grundlage ein Angebot unterbreitet und der Enteignungsgegnerin hinreichend Zeit eingeräumt habe, das Angebot zu bewerten und nach Abschluss der Bewertung anzunehmen oder abzulehnen.
4.3. Unter Zugrundelegung dieser - nach dem Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes nicht als unschlüssig zu erkennenden - Feststellungen erweist sich das Beschwerdevorbringen als unberechtigt.
Vorweg bleibt anzumerken, dass auch der Verfassungsgerichtshof bei der Prüfung des vorliegenden Falles vor dem Hintergrund seiner Rechtsprechung keinen Verstoß gegen den Verfassungsgrundsatz der Subsidiarität der Enteignung erkannt und die Behandlung der Beschwerde abgelehnt hat.
Dieser Einschätzung schließt sich der Verwaltungsgerichtshof an, zumal das Vorbringen der Parteien, soweit es sich in Deckung bringen lässt, dahin geht, dass vor Einleitung des Enteignungsverfahrens wiederholte Bemühungen getätigt wurden, um zu einer privatrechtlichen Vereinbarung zu gelangen. Dabei gesteht die Mitbeteiligte durchaus zu, dass ihr ursprüngliches Angebot (basierend auf einem eingeholten Privatgutachten) nur den "reinen Verkehrswert der Liegenschaft ohne allfällige Auswirkungen auf Mietverträge ect." berücksichtigt habe; die für eine Gutachtensergänzung erforderlichen Unterlagen seien aber von der Beschwerdeführerin (vor Einleitung des Enteignungsverfahrens) nicht zur Verfügung gestellt worden. Dieses Vorbringen der Mitbeteiligten blieb im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unwidersprochen und findet in den Verwaltungsakten insoweit Deckung, als selbst im Enteignungsverfahren von der Behörde erster Instanz beanstandet wurde, dass die Amtsgutachter die zu leistende Entschädigung "aufgrund mangelhafter Unterlagen" (die erst im weiteren Verfahren ergänzt wurden) nicht ermitteln könnten (vgl das behördliche Schreiben vom ). Aus diesem Grund ist nicht zu erkennen, dass die Mitbeteiligte die Enteignung beantragt hätte, ohne sich zuvor ernsthaft um eine privatrechtliche Einigung zu bemühen.
4.4. Ob die Enteignungswerberin im Enteignungsverfahrens nach Vorliegen der Amtsgutachten zur Höhe der Entschädigung ein Angebot zum privatrechtlichen Erwerb der Liegenschaftsanteile in angemessener Höhe erstattet hat, ist im gegenständlichen Fall irrelevant. Es widerspräche nämlich der gesetzlichen Systematik, wonach die (endgültige) Ermittlung der Höhe einer angemessenen Entschädigung von der Frage der Zulässigkeit und des Umfangs der Enteignung entkoppelt ist, wenn die Enteignungswerberin im Enteignungsverfahren selbst - insbesondere auch noch im Berufungsverfahren über den Gegenstand und den Umfang der Enteignung - verhalten wäre, auf die jeweils aktuellen Verfahrensergebnisse zu reagieren und neue Angebote zur privatrechtlichen Einigung zu unterbreiten, um die Enteignung im Sinne des unter Punkt 4.1. dargestellten Zulässigkeitserfordernisses zu erreichen.
5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 (vgl § 79 Abs 11 VwGG und § 3 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014).
Wien, am