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VwGH vom 05.05.2014, Ro 2014/03/0001

VwGH vom 05.05.2014, Ro 2014/03/0001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die als Revision zu wertende Beschwerde des NA in S, vertreten durch Dr. Olaf Rittinger, Rechtsanwalt in 5201 Seekirchen, Hauptstraße 27, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom , Zl. 20625- VU44/102/3-2013, betreffend Entziehung eines Taxilenkerausweises, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Taxilenkerausweis des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs 2 iVm § 6 Abs 1 Z 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl Nr 951/1993 (BO 1994) auf die Dauer von 2 Jahren "zurückgenommen" (entzogen).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass beim Beschwerdeführer aufgrund der im erstinstanzlichen Bescheid näher bezeichneten strafgerichtlichen Verurteilung die für die Ausübung des Taxigewerbes geforderte persönliche Vertrauenswürdigkeit nicht mehr vorliege. Die Verwaltungsbehörde sei an die rechtskräftigen Bestrafungen insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgt sei, feststehe. Vor diesem Hintergrund sei das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich des unbefriedigenden, weil rechtsanwaltlich nicht vertretenen Verlaufes des erstinstanzlichen Strafverfahrens, unbeachtlich und es könne auch seine Behauptung, es habe ihm der Vorsatz zur Verwirklichung der strafrechtlich relevanten Tatbestände gefehlt, keine Berücksichtigung mehr finden. Zu seinem Berufungsvorbringen, die verwirklichten Straftatbestände lägen zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides mehr als drei Jahre zurück, und es hätte dies die Erstbehörde berücksichtigen müssen, sei festzustellen, dass die Erstbehörde in ihrer Entscheidung diesen Umstand sehr wohl berücksichtigt habe und folglich auf eine zweijährige Entzugsdauer erkannt habe. In der Festlegung dieses Entzugszeitraumes durch die Erstbehörde könne keine Unverhältnismäßigkeit erkannt werden, und zwar umso mehr, als der Beschwerdeführer überdies noch in den Jahren 2011 und 2012 zweimalig "aufgrund der bestehenden Lenkerauskunftspflicht gem. § 103 Abs 2 KFG" (gemeint offenbar: wegen Verletzung dieser Pflicht) rechtskräftig bestraft worden sei.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg, das gemäß Art 151 Abs 51 Z 9 B-VG seit im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren an die Stelle der belangten Behörde getreten ist, legte die Verwaltungsakten und eine Gegenschrift der bescheiderlassenden Behörde vor, in der beantragt wird, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 13 Abs 2 BO 1994 ist der Taxilenkerausweis von der Behörde für einen angemessenen Zeitraum zu entziehen, wenn eine der in § 6 leg cit bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist, jedoch angenommen werden kann, dass sie in absehbarer Zeit wieder vorliegen wird. § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 fordert als eine der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Taxilenkerausweises die Vertrauenswürdigkeit des Bewerbers; diese muss zumindest in den letzten fünf Jahren vor Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll mit dem Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, insbesondere in Ansehung der im Rahmen des Taxigewerbes zu befördernden Personen, gewährleistet werden. Die Frage, ob eine Person vertrauenswürdig ist, ist auf Grund eines im Ermittlungsverfahren festzustellenden Gesamtverhaltens des Antragstellers zu beurteilen. Entscheidend ist, ob dieses Verhalten auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf die Bestimmungen des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes 1996 obliegt.

Bei dieser Beurteilung ist die Behörde an rechtskräftige Bestrafungen insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgt, feststeht (vgl zum Ganzen etwa , mwN).

Gemäß § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 muss - damit der Ausweis auszustellen ist - "die Vertrauenswürdigkeit zumindest in den letzten fünf Jahren vor der Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein". Im Verfahren über einen Antrag auf Ausstellung eines Taxiausweises ist daher eine Wertung des Verhaltens des Antragstellers innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraumes vorzunehmen. Die Regelung des § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 hat der Verwaltungsgerichtshof dahin ausgelegt, dass der Beobachtungszeitraum von fünf Jahren (nur) zur Beurteilung der Zuverlässigkeit heranzuziehen ist, jedoch nicht jedes in diesem Zeitraum gesetzte Verhalten des Bewerbers um einen Taxilenkerausweis, das bei Vorliegen im Zeitpunkt der Ausstellung eine Unzuverlässigkeit indizieren würde, die Unzuverlässigkeit nach sich zieht, wenn es weiter zurückliegt und im Zeitpunkt der Ausstellung nicht mehr - etwa im Hinblick auf das zwischenzeitige Wohlverhalten - die Annahme der Unzuverlässigkeit begründen könnte. Es ist also eine Wertung des Verhaltens des Antragstellers innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums dahin vorzunehmen, ob die Vertrauenswürdigkeit zum Zeitpunkt der Ausstellung des Taxilenkerausweises gegeben ist oder nicht. Der in § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 festgelegte Beurteilungszeitraum von fünf Jahren ist auch im Verfahren über die Entziehung eines Taxiausweises von Bedeutung. Es ist das Gesamtverhalten des Betroffenen danach zu bewerten, ob es die Annahme begründet, er sei nicht mehr vertrauenswürdig; falls diese Annahme als begründet erachtet wird, ist die Prognose erforderlich, in welchem Zeitraum der Betreffende die Vertrauenswürdigkeit wieder erlangen wird, für welche Zeitspanne also der Ausweis zu entziehen ist. Die Dauer der Entziehung des Taxiausweises hat also nach dem Gesetz eine begründete Prognose über die Dauer des Mangels der Vertrauenswürdigkeit des von dieser Maßnahme Betroffenen widerzuspiegeln. Zwecks Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen ist das Gewicht des Fehlverhaltens unter Bedachtnahme auf die seither verstrichene Zeit zu beurteilen (vgl etwa ).

2. Im vorliegenden Fall ist zwar nicht strittig, dass - wie im erstinstanzlichen Bescheid, auf dessen Ausführungen die belangte Behörde verwiesen hat, festgestellt worden ist - im Strafregister eine Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht Salzburg vom , 36 Hv 7/09p-10, wegen §§ 83 Abs 1, 125, 15 Abs 1 und 146 StGB zu einer (teilbedingten) Geldstrafe von 120 Tagessätzen aufscheint. Die Beschwerde bringt aber zu Recht vor, dass dem angefochtenen Bescheid (selbst unter Bedachtnahme auf den Verweis auf die erstinstanzliche Entscheidung) nicht entnommen werden kann, wann und unter welchen Umständen der Beschwerdeführer diese Straftaten begangen hat. Diesem Verfahrensmangel kann aus folgenden Gründen Entscheidungsrelevanz zukommen:

Zum einen ist - wie unter Punkt 2. bereits ausgeführt worden ist - der Beobachtungszeitraum von fünf Jahren (zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) zu beachten, der für die Beurteilung der Zuverlässigkeit heranzuziehen ist. Dementsprechend wäre insbesondere festzustellen, ob und welche der Delikte in diesem Zeitraum begangen worden sind.

Zum anderen bedürfte es einer näheren Befassung mit der Frage, ob seit der Verwirklichung der letzten vom Beschwerdeführer begangenen Straftat ein ausreichend langer Zeitraum eines allfälligen Wohlverhaltens des Beschwerdeführers vergangen ist, aufgrund dessen die Annahme gerechtfertigt sein könnte, dass er im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides seine Vertrauenswürdigkeit wieder erlangt hätte. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf zwei Verwaltungsübertretungen des Beschwerdeführers verweist, die einem beachtlichen Wohlverhalten entgegenstehen sollen, fehlen auch insoweit Feststellungen zum genauen Tatzeitpunkt und den Tatumständen, weshalb sich die erforderliche Prognose der belangten Behörde auch deshalb nicht nachvollziehen lässt.

3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am

Fundstelle(n):
WAAAE-89489