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VwGH vom 24.06.2016, Ro 2014/02/0125

VwGH vom 24.06.2016, Ro 2014/02/0125

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Mag. Dr. Köller, Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revisionen 1. des A, 2. des A, 3. des B sowie jeweils 4. der R GmbH, alle in W, alle vertreten durch die Grohs Hofer Rechtsanwälte GmbH Co KG in 1010 Wien, Helferstorferstraße 4/12, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes jeweils vom ,

1.) Zl. W148 2000401- 1/15E (protokolliert zur hg. Zl. Ro 2014/02/0125),

2.) Zl. W148 2000440- 1/14E (protokolliert zur hg. Zl. Ro 2014/02/0126),

3.) Zl. W148 2000397- 1/15E (protokolliert zur hg. Zl. Ro 2014/02/0127), alle betreffend Übertretung des InvFG 2011 (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG:

Finanzmarktaufsichtsbehörde; weitere Partei: Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revisionen werden als unbegründet abgewiesen.

Der Erstrevisionswerber und die viertrevisionswerbende Partei, der Zweitrevisionswerber und die viertrevisionswerbende Partei, sowie der Drittrevisionswerber und die viertrevisionswerbende Partei haben dem Bund jeweils zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt jeweils EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Erst- bis Drittrevisionswerber waren im maßgeblichen Zeitraum Geschäftsführer der viertrevisionswerbenden Partei, einer konzessionierten Verwaltungsgesellschaft im Sinne des Investmentfondsgesetzes.

2 Mit im Wesentlichen gleichlautenden Straferkenntnissen vom verhängte die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über die Erst- bis Drittrevisionswerber u.a. (soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung) je vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von je sechs Stunden). Sie hätten in ihrer Funktion gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten, dass die viertrevisionswerbende Partei in Bezug auf einen näher bezeichneten Fonds (im Folgenden: A-Fonds), einem Organismus zur gemeinsamen Veranlagung in Wertpapieren (OGAW) gemäß § 2 i.V.m.

§ 50 des Investmentfondsgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 77/2011 (InvFG), vom bis sowie vom bis die Veranlagungsbestimmung des § 74 Abs. 1 InvFG, wonach nur 20 % des Fondsvermögens in Sichteinlagen und kündbare Einlagen bei ein und demselben Kreditinstitut angelegt werden dürften, verletzt habe. Vom bis seien 34 %, vom bis 21,05 % des Fondsvermögens in Sichteinlagen und kündbare Einlagen bei ein und demselben Kreditinstitut angelegt worden, was eine Grenzüberschreitung von 14 % bzw. 1,05 % bedeute.

Auch in Bezug auf einen weiteren näher bezeichneten Fonds (im Folgenden: B-Fonds), einem OGAW gemäß § 2 i.V.m. § 50 InvFG, hätten die Revisionswerber zu verantworten, dass die viertrevisionswerbende Partei vom bis sowie vom bis die Veranlagungsbestimmung des § 74 Abs. 1 InvFG verletzt habe. Vom bis seien 34 %, vom bis seien 21,05 % des Fondsvermögens in Sichteinlagen und kündbare Einlagen bei ein und demselben Kreditinstitut angelegt worden, was eine Grenzüberschreitung von 14 % bzw. 1,05 % bedeute.

Die viertrevisionswerbende Partei hafte gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die über die Erst- bis Drittrevisionswerber verhängten Geldstrafen und Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Die Erst- bis Drittrevisionswerber hätten dadurch jeweils in vier Fällen § 74 Abs. 1 InvFG, in der Stammfassung, i.V.m. § 190 Abs. 2 Z 6 InvFG, in der Stammfassung, verletzt.

3 Dem von den revisionswerbenden Parteien dagegen erhobenen Rechtsmitteln wurde mit den nunmehr angefochtenen Erkenntnissen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, keine Folge gegeben. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

4 Das Verwaltungsgericht stellte gleichlautend im Wesentlichen fest, dass für die Grenzüberschreitungen der beiden Fonds das Fondsmanagement zuständig gewesen sei, welches zum Ressort des Erstrevisionswerbers gehört habe. Das Mid Office, welches den Grenzüberprüfungsprozess überwache und durchführe, habe zum Ressort des Drittrevisionswerbers gehört. Die beiden Fonds seien auf Kundenwunsch vorzeitig aufgelöst und per abgewickelt worden.

Im Zeitraum zwischen 1. Dezember und seien die durch das Auslaufen von zwei Festgeldveranlagungen bei zwei Banken frei gewordenen flüssigen Mittel in beiden Fonds bei der Depotbank, der viertrevisionswerbenden Partei, gehalten worden. Die freigewordenen flüssigen Mittel seien in beiden Fällen durch Kauf einer französischen Staatsanleihe am , also innerhalb von fünf Werktagen, veranlagt worden. Im Zeitraum zwischen 12. Dezember und seien aufgrund der Tilgung einer näher bezeichneten Anleihe neuerlich flüssige Mittel in beiden Fonds frei geworden. Diese seien ebenfalls bei der Depotbank gehalten und innerhalb von drei Werktagen (per ) durch Kauf derselben französischen Staatsanleihe veranlagt worden. Während die zusätzlichen flüssigen Mittel bei der Depotbank gehalten worden seien, seien sie einem Ausfallrisiko (bis hin zu einem Totalausfall im Falle des Konkurses der Depotbank) ausgesetzt gewesen.

Beim elektronischen Handel mit Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten und anderen liquiden Finanzanlagen betreibe die viertrevisionswerbende Partei ein IT-gestütztes System, das in mehreren Schritten ablaufe: Grundsätzlich würden Grenzüberschreitungen vor einer Ordergenerierung und nach der Handelsausführung geprüft. Zusätzlich würden alle Portfolios täglich auf alle Grenzen geprüft, womit ("ex post") auch "passive Grenzverletzungen" erfasst und gemeldet würden. Im Prozess Grenzprüfung werde zwischen "ex ante" und "ex post Prüfungen" unterschieden. "Ex ante Prüfungen" würden sich dadurch auszeichnen, dass Handelsvorgänge immer vorab durch das Fondsmanagement geprüft würden. "Ex post Prüfungen" würden zwar täglich durchgeführt, aber erst wenn ein Handelsvorgang schon stattgefunden habe. Weiters gebe es Grenzverletzungen beim Handel, die aktiv geschehen, also durch aktives Handeln des Fondsmanagements vor sich gehen würden, und bloß "passive Grenzverletzungen", die "automatisch" passieren und erst im Nachhinein festgestellt bzw. kontrolliert würden. Es sei Aufgabe des Fondsmanagements zu klassifizieren, welche Vorgänge vom IT-System als "aktive Grenzverletzungen" und welche als "passive Grenzverletzungen" (erst "ex post") behandelt und kontrolliert würden. Der gegenständlich fragliche Prozess sei erst bei der täglichen "ex post Prüfung" hervorgekommen. Zum Tatzeitpunkt sei das IT-System nicht in der Lage gewesen, derartige Grenzverletzungen "ex ante" zu erkennen und vorab zu melden, damit allenfalls der - unbeabsichtigte - Eintritt einer Grenzverletzung vermieden werden könne.

Das Auslaufen von Festgeldveranlagungen und die Tilgung von Anleihen seien dem Fondsmanagement vorab bekannt, weil beides ein aktives Tun (Kündigung etc.) seitens der Verwaltungsgesellschaft verlangen würde. Bei "passiven Grenzverletzungen" werde zwischen solchen unterschieden, die etwa auf Kursentwicklungen beruhten, und solchen, die durch das vorhersehbare Auslaufen von Termingeldern passieren würden. Letztere würden hier vorliegen. Obwohl im Tatzeitraum "passive Grenzverletzungen" nicht automatisch "ex ante" geprüft bzw. gemeldet worden seien, sei im "Frontoffice Tool" der viertrevisionswerbenden Partei die Liquiditätsquote der Fonds für den Fondsmanager tagesaktuell ersichtlich gewesen.

Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, strittig sei im gegenständlichen Verfahren, ob die frei gewordenen "zusätzlichen flüssigen Mittel" unter die Veranlagungskategorie "Sichteinlagen und kündbare Einlagen" (liquide Finanzanlagen nach § 69 Abs. 1 InvFG) fielen bzw. ob die quantitativen Beschränkungen des § 74 Abs. 1 letzter Satz InvFG gelten würden.

Die Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABl. L 302 vom , Seite 32 (OGAW-Richtlinie), sei durch das InvFG umgesetzt worden. Gemäß Art. 52 Abs. 1 (gemeint wohl: Art. 50 Abs. 1) der OGAW-Richtlinie seien in § 67 Abs. 1 InvFG diejenigen "liquiden Finanzanlagen" abschließend definiert worden, die ein OGAW für sein Fondsvermögen erwerben dürfe. Dazu würden u. a. auch "Sichteinlagen und kündbare Einlagen" zählen. Für diese regle § 74 Abs. 1 letzter Satz InvFG, dass sie nur bis zu 20 v.H. bei ein und demselben Kreditinstitut angelegt werden dürften. Weitere als die in Art. 50 Abs. 1 der OGAW-Richtlinie aufgezählten liquiden Finanzanlagen gebe es nicht. In Art. 50 Abs. 2 der OGAW-Richtlinie finde sich jedoch der Satz "OGAW dürfen daneben liquide Mittel halten." Dieser Satz sei im InvFG nicht umgesetzt worden.

Aus Erwägungsgrund 40 und Art. 52 Abs. 1 lit. f (gemeint wohl: Art. 50 Abs. 1 lit. f) der OGAW-Richtlinie ergebe sich, dass OGAW in Bankeinlagen investieren dürften. In Erwägungsgrund 41 der OGAW-Richtlinie werde festgehalten, dass OGAW daneben "zusätzliche flüssige Mittel wie Sichteinlagen" halten dürften, etwa zur Deckung laufender oder außergewöhnlicher Zahlungen, im Fall von Verkäufen, bis die Gelder wieder in Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten und anderen vorgesehenen Finanzanlagen angelegt werden könnten oder - für einen absolut notwendigen Zeitraum - wenn aufgrund ungünstiger Marktbedingungen die Anlage ausgesetzt worden sei. Diese Bestimmung sei notwendig geworden, um OGAW zu ermöglichen, in Bankeinlagen zu investieren, auch wenn dies nach den Satzungen des OGAW nicht erlaubt gewesen sei.

Im vorliegenden Fall seien durch das Auslaufen von Festgeldveranlagungen und die Tilgung einer Anleihe zusätzlich flüssige Mittel in der in Erwägungsgrund 41 und Art. 50 Abs. 2 letzter Satz der OGAW-Richtlinie beschriebenen Art frei geworden und bei ein und demselben Kreditinstitut (der Depotbank) vorübergehend in Sichteinlagen bzw. kündbaren Einlagen veranlagt worden. Es sei nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes klar, dass nach der OGAW-Richtlinie zusätzliche flüssige Mittel "wie Sichteinlagen" behandelt werden sollten. Sichteinlagen oder kündbare Einlagen seien nach der österreichischen Rechtslage einer Grenze hinsichtlich der Veranlagung bei ein und demselben Kreditinstitut zugeordnet worden. Erwägungsgrund 42 der OGAW-Richtlinie spreche außerdem das Ausfallrisiko bei einer übermäßigen Konzentration von "Anlagen oder Einlagen" an. Nach § 66 Abs. 1 InvFG sei die Risikostreuung das oberste Gebot der Veranlagung des OGAW-Vermögens. Das Ausfallrisiko bei übermäßiger Konzentration von zusätzlichen flüssigen Mitteln spreche dafür, dass im vorliegenden Fall eine Grenzverletzung im Sinne des § 74 Abs. 1 letzter Satz InvFG, mit welchem Art. 52 der OGAW-Richtlinie umgesetzt werde, vorliege.

Bei den zusätzlichen flüssigen Mitteln handle es sich um Fondsvermögen, das "frei" geworden sei, weil man sich nicht rechtzeitig um eine Neuveranlagung gekümmert habe. Außerdem sei die Entscheidung, Fondsvermögen "vorübergehend" als flüssige Mittel bei der Depotbank zu halten, eine kurzfristige Art von Veranlagung des Fondsvermögens, sodass im vorliegenden Fall eine Veranlagungsentscheidung getroffen worden sei. Es sei auch nicht ersichtlich, warum die Flexibilität verloren ginge, wenn die flüssigen Mittel nicht bei ein und demselben Kreditinstitut gehalten würden. Dass dies mit Mehrkosten verbunden sei, sei zuzugestehen; das Gebot der Risikostreuung, welches dem Anlegerinteresse diene, wiege jedoch im Lichte der gesetzgeberischen Wertung höher als Praktikabilitätsgründe des Fondsmanagements oder kurzfristige Kostenersparnisse. Dass eine Veranlagung im Dezember 2011 nicht sofort zu positiven Renditen geführt hätte, zähle aus Sicht des BVwG nicht: Es sei möglich gewesen, noch vor Auslaufen der Festgeldveranlagungen und Tilgung der Anleihe über die Lage Bescheid zu wissen und zu handeln. Außerdem hätten die flüssigen Mittel im Sinne der Risikostreuung bei zumindest zwei Kreditinstituten gehalten werden können.

Nach den Aussagen des Erstrevisionswerbers in der mündlichen Verhandlung am gebe es zwei Arten der Verletzung von Veranlagungsgrenzen: Solche, die passiv passierten, weil sie außerhalb des Einflussbereichs des Fondsmanagements liegen würden (etwa Kursschwankungen oder Anlegerverhalten), und solche, die deshalb "passieren", weil zuvor vom Fondsmanagement die Entscheidung getroffen worden sei, dass sie erst vom IT-System angezeigt würden, nachdem die Grenzverletzung bereits stattgefunden habe. Letzteres sei bei den vorliegenden Sachverhalten der Fall gewesen: Das Fondsmanagement habe vorab die Entscheidung getroffen, derartige Vorgänge im IT-System nicht "ex ante" zu prüfen bzw. anzeigen zu lassen, sondern erst "ex post".

Überdies komme eine Durchbrechung der Veranlagungsgrenzen des InvFG im vorliegenden Fall nicht in Frage, da gemäß § 79 Abs. 2 InvFG vordergründig das Anlegerinteresse berücksichtigt werde. Die Vermeidung von Konzentration von Anlegergeldern bei ein und demselben Kreditinstitut diene dem Anlegerschutz und solle Ausfallrisiken streuen.

Der Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision wurde in den angefochtenen Erkenntnissen damit begründet, dass es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 74 Abs. 1 letzter Satz InvFG fehle.

5 Gegen diese Erkenntnisse erhoben die revisionswerbenden Parteien ordentliche Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof mit den Anträgen, die angefochtenen Erkenntnisse wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die Finanzmarktaufsichtsbehörde erstattete Revisionsbeantwortungen mit dem Antrag, die Revisionen (kostenpflichtig) zurück- bzw. abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht legte die Revisionen zusammen mit den Verfahrensakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - zulässigen - Revisionen in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

6 Die maßgeblichen Bestimmungen des Investmentfondsgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 77/2011 (InvFG), lauten, soweit für das Verfahren von Bedeutung, (auszugsweise) wie folgt:

"Organismen zur gemeinsamen Veranlagung in Wertpapieren (OGAW)

§ 2. (1) Ein Organismus zur gemeinsamen Veranlagung in Wertpapieren (OGAW)

1. dient dem ausschließlichen Zweck der Veranlagung der beim Publikum beschafften Gelder für gemeinsame Rechnung nach dem Grundsatz der Risikostreuung in die in § 67 genannten liquiden Finanzanlagen und

2. seine Anteile werden auf Verlangen der Anteilinhaber unmittelbar oder mittelbar zu Lasten des Vermögens des OGAW zurückgenommen und ausgezahlt; diesen Rücknahmen und Auszahlungen gleichgestellt sind Handlungen, mit denen sichergestellt werden soll, dass der Kurs der Anteile des OGAW nicht erheblich von deren Nettoinventarwert abweicht; und

3. er ist gemäß § 50 bewilligt oder gemäß Art. 5 der Richtlinie 2009/65/EG in seinem Herkunftmitgliedstaat bewilligt.

(...)

Allgemeine Grundsätze, Risikostreuung

§ 66. (1) Die Wertpapiere, Geldmarktinstrumente und die anderen in § 67 genannten liquiden Finanzanlagen eines OGAW sind nach dem Grundsatz der Risikostreuung unter Beachtung der §§ 66 bis 84 auszuwählen und es dürfen die berechtigten Interessen der Anteilinhaber nicht verletzt werden.

(...)

Liquide Finanzanlagen

§ 67. (1) Für das Vermögen eines OGAW dürfen ausschließlich

(...)

4. Sichteinlagen oder kündbare Einlagen im Sinne von § 72,

(...)

erworben werden.

(...)

Sichteinlagen und kündbare Einlagen

§ 72. Es dürfen Sichteinlagen oder kündbare Einlagen mit einer Laufzeit von höchstens 12 Monaten bei Kreditinstituten, sofern das betreffende Kreditinstitut seinen Sitz in einem Mitgliedstaat hat oder - falls der Sitz des Kreditinstituts sich in einem Drittland befindet - es Aufsichtsbestimmungen unterliegt, die nach Auffassung der FMA denjenigen des Unionsrechts gleichwertig sind, für das Vermögen des OGAW erworben werden.

(...)

Quantitative Beschränkungen zur Vermeidung einer Emittentenkonzentration

§ 74. (1) Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente desselben Emittenten dürfen nur bis zu 10 vH des Fondsvermögens erworben werden, wobei der Gesamtwert der Wertpapiere und Geldmarktinstrumente von Emittenten, in deren Wertpapieren und/oder Geldmarktinstrumenten mehr als 5 vH des Fondsvermögens angelegt sind, 40 vH des Fondsvermögens nicht übersteigen dürfen. Diese Begrenzung findet keine Anwendung auf Sichteinlagen, kündbare Einlagen und auf Geschäfte mit OTC-Derivaten, die mit Kreditinstituten oder mit Finanzinstituten gemäß Art. 4 Z 5 der Richtlinie 2006/48/EG getätigt werden, die einer Aufsicht unterliegen. Optionsscheine sind dem Aussteller des Wertpapiers zuzurechnen, auf das die Option ausgeübt werden kann. Wertpapiere und Geldmarktinstrumente im Sinne von Abs. 4 und 5 sind bei der Anlagegrenze von 40 vH nicht zu berücksichtigen. Weites dürfen nur bis zu 20 vH des Fondsvermögens in Sichteinlagen und kündbare Einlagen bei ein und demselben Kreditinstitut angelegt werden.

(...)

(6) Die in Abs. 1 bis 5 genannten Grenzen dürfen nicht kumuliert werden. Insgesamt dürfen die in Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten oder Derivaten desselben Emittenten oder in Sichteinlagen und kündbare Einlagen bei diesem Emittenten getätigten Anlagen 35 vH des Fondsvermögens nicht übersteigen.

(...)

Ausnahmen und Abweichen von den Veranlagungsgrenzen

§ 79. (1) Die in den §§ 66 bis 78 festgelegten Anlagegrenzen müssen bei der Ausübung von Bezugsrechten, die an Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente geknüpft sind, die Teil des Fondsvermögens sind, nicht eingehalten werden.

(2) Werden die in den §§ 66 bis 78 festgelegten Grenzen unbeabsichtigt oder infolge der Ausübung der Bezugsrechte überschritten, so ist bei den Verkäufen aus dem Fondsvermögen vorrangig die Normalisierung dieser Lage unter Berücksichtigung der Interessen der Anteilinhaber anzustreben.

(3) Die Rechtswirksamkeit des Erwerbes von Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten und anderen liquiden Finanzanlagen im Sinne von § 67 Abs. 1 wird durch einen Verstoß gegen die in den §§ 66 bis 78 festgelegten Anlagegrenzen nicht berührt.

(...)"

7 Für die vorliegenden Revisionen ist die Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABl L 302 vom , Seite 32 (OGAW-Richtlinie), maßgebend. Von Bedeutung sind die Erwägungsgründe 40, 41, 42 sowie die Art 1, 50, 52 und 57. Diese Bestimmungen haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"(40) Um den Marktentwicklungen Rechnung zu tragen und in Anbetracht der Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion sollte ein OGAW auch in Bankeinlagen investieren können. Um eine angemessene Liquidität der Anlagen in Bankeinlagen zu gewährleisten, sollten dies Sichteinlagen oder kündbare Einlagen sein. Werden die Einlagen bei einem Kreditinstitut mit Sitz in einem Drittland getätigt, so sollte dieses Kreditinstitut Aufsichtsbestimmungen unterliegen, die denen des Gemeinschaftsrechts gleichwertig sind.

(41) Neben dem Fall, dass ein OGAW gemäß seinen Vertragsbedingungen oder seiner Satzung in Bankeinlagen investiert, sollte es möglich sein, allen OGAW zu gestatteten, zusätzliche flüssige Mittel wie Sichteinlagen halten zu dürfen. Das Halten derartiger zusätzlicher flüssiger Mittel kann unter anderem gerechtfertigt sein zur Deckung laufender oder außergewöhnlicher Zahlungen, im Fall von Verkäufen, bis die Gelder wieder in Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten und/oder anderen von dieser Richtlinie vorgesehenen Finanzanlagen angelegt werden können, oder für einen absolut notwendigen Zeitraum, wenn aufgrund ungünstiger Marktbedingungen die Anlage in Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten und anderen Finanzanlagen ausgesetzt werden ist.

(42) Aus aufsichtsrechtlichen Gründen sollte ein OGAW eine übermäßige Konzentration seiner mit einem Ausfallrisiko behafteten Anlagen oder Einlagen bei ein und demselben Emittenten bzw. Institut oder bei derselben Unternehmensgruppe angehörenden Emittenten bzw. Instituten vermeiden.

(...)

GEGENSTAND, ANWENDUNGSBEREICH UND DEFINITIONEN

Artikel 1

(1) Diese Richtlinie gilt für die im Gebiet der Mitgliedstaaten niedergelassenen Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW).

(2) Für die Zwecke dieser Richtlinie und vorbehaltlich des Artikels 3 bezeichnet der Ausdruck ‚OGAW' Organismen,

a) deren ausschließlicher Zweck es ist, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung nach dem Grundsatz der Risikostreuung in Wertpapieren und/oder anderen in Artikel 50 Absatz 1 genannten liquiden Finanzanlagen zu investieren, und

b) deren Anteile auf Verlangen der Anteilinhaber unmittelbar oder mittelbar zu Lasten des Vermögens dieser Organismen zurückgenommen oder ausgezahlt werden. Diesen Rücknahmen oder Auszahlungen gleichgestellt sind Handlungen, mit denen ein OGAW sicherstellen will, dass der Kurs seiner Anteile nicht erheblich von deren Nettoinventarwert abweicht.

(...)

Artikel 50

(1) Die Anlagen eines OGAW bestehen ausschließlich aus einer oder mehreren der folgenden Anlagearten:

(...)

f) Sichteinlagen oder kündbaren Einlagen mit einer Laufzeit von höchstens 12 Monaten bei Kreditinstituten, sofern das betreffende Kreditinstitut seinen Sitz in einem Mitgliedstaat hat oder - falls der Sitz des Kreditinstituts sich in einem Drittland befindet - es Aufsichtsbestimmungen unterliegt, die nach Auffassung der zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats des OGAW denjenigen des Gemeinschaftsrechts gleichwertig sind,

(...)

(2) Jedoch darf ein OGAW nicht

a) mehr als 10 % seines Sondervermögens in anderen als den in Absatz 1 genannten Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten anlegen;

b) Edelmetalle oder Zertifikate über diese erwerben. OGAW dürfen daneben flüssige Mittel halten.

(...)

Artikel 52

(1) Ein OGAW legt höchstens

(...)

b) 20 % seines Sondervermögens in Einlagen bei ein und demselben Emittenten an.

(...)

Artikel 57

(1) Ein OGAW muss die in diesem Kapitel vorgesehenen Anlagegrenzen bei der Ausübung von Bezugsrechten, die an Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente geknüpft sind, die Teil seines Sondervermögens sind, nicht einhalten.

(...)

(2) Werden die in Absatz 1 genannten Grenzen von dem OGAW unbeabsichtigt oder infolge der Ausübung der Bezugsrechte überschritten, so strebt dieser bei seinen Verkäufen als vorrangiges Ziel die Normalisierung dieser Lage unter Berücksichtigung der Interessen der Anteilinhaber an."

8 Aus den Materialien ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit den hier relevanten §§ 67, 72 und 74 InvFG die Umsetzung insbesondere von Art. 50 Abs. 1 (lit. e) und Abs. 2 (Schlussteil) sowie Art. 52 Abs. 1 UAbs. 1 der OGAW-Richtlinie beabsichtigte (ErlRV 1254 BlgNR 24. GP 41, 43 f). Diese Bestimmungen sind daher im Lichte der OGAW-Richtlinie auszulegen.

9 In den Revisionsfällen ging es zunächst um die Frage, ob die durch Auslaufen der Festgeldveranlagungen und aufgrund der Tilgung der Anleihe freigewordenen Mittel "in Sichteinlagen und kündbare Einlagen (...) angelegt" wurden und damit in die durch § 74 Abs. 1 letzter Satz InvFG gezogene Veranlagungsgrenze miteinzurechnen waren, wonach nur bis zu 20 v.H. des Fondsvermögens in Sichteinlagen und kündbare Einlagen bei ein und demselben Kreditinstitut angelegt werden dürfen.

10 Ausweislich der Gesetzesmaterialien zählt § 67 Abs. 1 InvFG jene Arten von liquiden Finanzanlagen auf, in die das Vermögen von OGAW ausschließlich veranlagt werden darf (ErlRV 1254 BlgNR 24. GP 41). Für OGAW dürfen daher nur Finanzanlagen erworben werden, die sich in dieser Auflistung finden.

11 Von den in § 67 Abs. 1 InvFG aufgezählten Finanzanlagen kommen im vorliegenden Fall nur die in Z 4 angesprochenen "Sichteinlagen oder kündbare Einlagen im Sinne von § 72" in Frage. In einem ersten Schritt ist daher zu prüfen, ob die durch die Übertragung der freigewordenen Mittel auf die Depotbank am 1. bzw. in solche Anlagen gemäß § 67 Abs. 1 Z 4 InvFG veranlagt wurden.

12 Das Verwaltungsgericht bejahte dies im Wesentlichen mit dem Argument, dass diese Mittel nur deshalb frei geworden seien, weil keine rechtzeitige Neuveranlagung veranlasst worden sei. Wäre nicht auf das Freiwerden der Mittel gewartet worden, wäre dieses Fondsvermögen direkt neu veranlagt worden. Außerdem sei die Entscheidung, Fondsvermögen "vorübergehend" bei der Depotbank zu halten, eine (kurzfristige) Art der Veranlagung.

13 Die revisionswerbenden Parteien entgegnen dem, dass der Erwerb von "Sichteinlagen oder kündbaren Einlagen" (§ 67 Abs. 1 Z 4 und § 72 InvFG; vgl. Art. 50 Abs. 1 lit. f der OGAW-Richtlinie) der Erreichung des Anlageziels des Investmentfonds dienen müsse, sonst könne nicht von einem bewussten Erwerb die Rede sein. Das bloße Zufließen von Geldern auf dem von der Depotbank für den Fonds geführten Konto sei keinerlei Veranlagungsentscheidung, sondern ein faktisches Geschehen. Überdies fungiere die Depotbank für sämtliche laufende Zahlungsvorgänge als Zahlstelle der Verwaltungsgesellschaft (§ 40 Abs. 2 Z 3 InvFG), sodass es sich im vorliegenden Fall um Vorgänge auf einem Zahlungsverkehrskonto und nicht auf einem Konto handle, das der Umsetzung von Anlageentscheidungen für das Fondsvermögen diene. Auch eine vorausschauende Planung würde nichts an dem Umstand ändern, dass die zufließenden Gelder zumindest sehr kurzfristig bei der Depotbank eingehen würden, bevor den Erfordernissen der gesetzlichen Anlagepflicht nachgekommen werden könne.

14 Den revisionswerbenden Parteien ist insoweit zuzustimmen, als von einer Veranlagung nur die Rede sein kann, wenn Finanzanlagen im Sinne des § 67 InvFG mit der Absicht erworben werden, die - in der Regel in der Steigerung des Fondsvermögens liegenden - Anlageziele zu erreichen. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 InvFG dienen OGAW nämlich dem ausschließlichen Zweck der Veranlagung der beim Publikum beschafften Gelder für gemeinsame Rechnung nach dem Grundsatz der Risikostreuung. Dabei sind gemäß § 66 Abs. 1 letzter Satz InvFG die berechtigten Interessen der Anleger (vgl. § 29 InvFG) zu berücksichtigen. Ist ein Erwerbsvorgang daher nicht darauf gerichtet, den in den gesetzlichen (§§ 66 ff InvFG) bzw. gewillkürten (vgl. § 53 InvFG) Veranlagungsvorschriften zum Ausdruck gebrachten Anlagezielen gerecht zu werden, kann von einer Veranlagung nach dem Verständnis von §§ 67 und 74 Abs. 1 letzter Satz InvFG keine Rede sein.

15 Nach der OGAW-Richtlinie dürfen OGAW allerdings nicht nur zum Zweck der Veranlagung über Sichteinlagen verfügen, wie es in Art. 50 Abs. 1 lit. f OGAW-Richtlinie (§ 67 Abs. 1 Z 4 InvFG) vorgesehen ist. Vielmehr dürfen sie daneben auch "zusätzliche flüssige Mittel wie Sichteinlagen" halten (Erwägungsgrund 41 sowie Art. 50 Abs. 2 letzter Satz der OGAW-Richtlinie; vgl. auch ErlRV 1254 BlgNR 24. GP 41). Anders als das Verwaltungsgericht meint, bedeutet dies jedoch nicht, dass zusätzliche flüssige Mittel und Einlagen i.S.d. Art. 50 Abs. 1 lit. f OGAW-Richtlinie (bzw. § 67 Abs. 1 Z 4 InvFG) in gleicher Weise bei der Veranlagungsgrenze des § 74 Abs. 1 letzter Satz InvFG berücksichtigt werden müssen. Ausweislich nicht-deutscher Sprachfassungen der OGAW-Richtlinie (etwa "such as bank deposits at sight" in der englischen, bzw. "par exemple des depots bancaires a vue" in der französischen Fassung) sollte mit der Wortfolge "wie Sichteinlagen" in Erwägungsgrund 41 der OGAW-Richtlinie zum Ausdruck gebracht werden, dass "flüssige Mittel" beispielsweise in Form von Sichteinlagen gehalten werden können. In diese Richtung deutet auch der Umstand, dass eine Veranlagungsgrenze für Einlagen erst mit der Möglichkeit der Veranlagung in Bankeinlagen geschaffen wurde (vgl. Art. 1 Z 5 und Z 10 der Richtlinie 2001/108/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Änderung der Richtlinie 85/611/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) hinsichtlich der Anlagen der OGAW, ABl. L 41 vom , Seite 35), während bereits die Stammfassung der Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABl. L 375 vom , Seite 3 (Richtlinie 85/611/EWG), vorsah, dass OGAW "flüssige Mittel" halten können (vgl. Art. 19 Abs. 4 der Richtlinie 85/611/EWG).

16 Der 41. Erwägungsgrund zur OGAW-Richtlinie benennt drei Fallkonstellationen, in denen ein Halten von zusätzlichen flüssigen Mitteln gerechtfertigt sein kann. Danach ist das Halten flüssiger Mittel auch im Fall "ungünstiger Marktbedingungen" zulässig, nämlich dann, wenn dabei für einen absolut notwendigen Zeitraum die Anlage in Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten und anderen Finanzanlagen ausgesetzt wird.

17 Ist jedoch kein Rechtfertigungstatbestand für das Halten flüssiger Mittel erfüllt, kann der Grund für das Halten der Mittel nur in ihrer Veranlagung gemäß den Veranlagungsbestimmungen liegen. Aus diesen Erwägungen heraus ist in den Revisionsfällen davon auszugehen, dass die durch Auslaufen der Festgeldveranlagungen und aufgrund der Tilgung der Anleihe freigewordenen Mittel in Anlagen gemäß § 67 Abs. 1 Z 4 InvFG veranlagt wurden:

In der beim Verwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung am tätigte der Erstrevisionswerber nämlich eine, auch in den angefochtenen Erkenntnissen wiedergegebene Aussage, wonach es sich bei den beiden Fonds um "Riskless Assets" gehandelt habe, die im Dezember 2011 nur mehr eine Restlaufzeit von etwa drei Monaten gehabt hätten, was bedeutet habe, dass nur mehr Anleihen mit einer maximal dreimonatigen Restlaufzeit, Geldmarktinstrumente und Cash in diesen Fonds hätten gehalten werden können. In dieser Situation sei die Cashverzinsung bei der Depotbank "im positiven Bereich" gewesen, wohingegen viele Anleihen, die den Fondskriterien entsprochen hätten, "im negativen Bereich" gelegen seien. Daher habe für das Fondsmanagement kein Grund zum vorschnellen Handeln bestanden.

Daraus wird ersichtlich, dass es bei dem Halten der freigewordenen Mittel auf der Depotbank in den Revisionsfällen nicht darum ging, die Anlage in Finanzanlagen (für einen absolut notwendigen Zeitraum) auszusetzen; vielmehr sollten die Mittel auf der Depotbank gehalten werden, um den Veranlagungsbestimmungen des A- und des B-Fonds gerecht zu werden. Damit wurden die Mittel nach dem Vorgesagten jedoch gemäß § 67 Abs. 1 Z 4 InvFG veranlagt, sodass sie bei der durch § 74 Abs. 1 letzter Satz InvFG gezogenen Grenze mit zu berücksichtigen waren.

18 Bei diesem Ergebnis kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn das Verwaltungsgericht - in Anschluss an die Finanzmarktaufsichtsbehörde - feststellte, dass im Zeitraum zwischen und 34 % und vom bis ,05 % des Fondsvermögens bei der Depotbank gehalten worden seien, und es damit von einem Verstoß gegen die Veranlagungsgrenze des § 74 Abs. 1 letzter Satz InvFG ausging.

19 § 79 Abs. 2 InvFG sieht für den Fall, dass die in den §§ 66 bis 78 festgelegten Grenzen unbeabsichtigt oder infolge der Ausübung der Bezugsrechte überschritten werden, vor, dass bei den Verkäufen aus dem Fondsvermögen vorrangig die Normalisierung dieser Lage unter Berücksichtigung der Interessen der Anteilinhaber anzustreben ist. Im Zusammenhalt mit dem pauschalen Verweis auf die "§§ 66 bis 84" in § 190 Abs. 2 Z 6 InvFG, der auch § 79 Abs. 2 InvFG mit einschließt, ist diese Bestimmung als eine Ausnahme von der grundsätzlichen Strafbarkeit der Überschreitung der Veranlagungsgrenze des § 74 Abs. 1 letzter Satz InvFG zu verstehen.

20 In den Revisionsfällen ist daher in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob ein Ausnahmetatbestand von § 190 Abs. 2 Z 6 i. V.m. § 79 Abs. 2 InvFG erfüllt ist. Da im konkreten Fall keine Bezugsrechte ausgeübt wurden, geht es dabei um die Frage, ob die in § 74 Abs. 1 letzter Satz InvFG festgelegte Grenze "unbeabsichtigt" überschritten wurde.

21 In der Lehre wird vertreten, dass derartige Grenzverletzungen vorliegen, wenn sie ohne Zutun der Verwaltungsgesellschaft oder aufgrund eines Handelns der Verwaltungsgesellschaft, zu dem sie durch Gesetz, durch Fondsbestimmungen oder durch zulässig abgeschlossene Geschäfte verpflichtet ist, hervorgerufen werden. Genannt werden Grenzverletzungen aufgrund von Kursschwankungen oder aufgrund von Anteilscheinrücknahmen oder -ausgaben und Fälle, in denen die Verwaltungsgesellschaft kein Verschulden an der Grenzverletzung trifft bzw. sie diese nicht beabsichtigt (vgl. Macher , in Macher/Buchberger/Kalss/Oppitz , Investmentfondsgesetz2 (2013) § 79 Rz. 17, m.w.N.).

22 Bei der Auslegung dieser Bestimmung ist zu beachten, dass sie ihre Grundlage in Art. 57 Abs. 2 der OGAW-Richtlinie hat (so auch die ErlRV 1254 BlgNR 24. GP 45). Während die deutsche Sprachfassung - in Anlehnung an die wiedergegebene Lehre - nämlich den Schluss zulässt, dass vom Tatbestand auch Umstände erfasst sein könnten, bei denen kein absichtliches Handeln (im Sinne eines strafrechtlichen dolus directus) des OGAW vorliegt, legen andere Sprachfassungen der OGAW-Richtlinie nahe, dass für eine unbeabsichtigte Grenzverletzung Umstände vorliegen müssen, die außerhalb des Einflussbereichs des OGAW liegen (vgl. etwa "reasons beyond the control of a UCITS" in der englischen und "independamment de la volonte d'un OPCVM" in der französischen Fassung). Es ist daher eine richtlinienkonforme Interpretation im Sinne des letztgenannten Verständnisses geboten, zumal dadurch die Grenze einer Auslegung des nationalen Rechts contra legem (vgl. dazu etwa das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom , C-505/14, Klausner Holz Niedersachsen GmbH Rn. 32) nicht überschritten wird. Vielmehr ist eine Auslegung des Begriffes "unbeabsichtigt" dahingehend, dass davon Umstände erfasst sein sollen, die außerhalb des Einflussbereichs des OGAW liegen, vom Wortlaut gedeckt, weil derartige Umstände vom OGAW nicht beabsichtigt sein können.

23 Für die Revisionsfälle bedeutet dies, dass - entgegen der offenbaren Auffassung der revisionswerbenden Parteien - keine unbeabsichtigte Grenzüberschreitung i.S.d. § 79 Abs. 2 InvFG vorlag: Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes bediente sich die viertrevisionswerbende Partei nämlich eines näher bezeichneten IT-Systems, welches zum Tatzeitpunkt nicht in der Lage war, Grenzverletzungen wie die hier gegenständlichen vorab zu erkennen und zu melden. Das Fondsmanagement konnte nach den Feststellungen klassifizieren, welche Vorgänge vom IT-System als "aktive Grenzverletzungen" und welche als (erst im Nachhinein festzustellende und zu kontrollierende) "passive Grenzverletzungen" behandelt und kontrolliert wurden. Zudem stellte das Verwaltungsgericht fest, dass dem Fondsmanagement sowohl ein Auslaufen von Festgeldveranlagungen als auch eine Tilgung von Anleihen vorab bekannt war, weil diese ein aktives Tun (Kündigung etc.) seitens der viertrevisionswerbenden Partei verlangten; für das Fondsmanagement war die Liquiditätsquote der Fonds überdies tagesaktuell im "Frontoffice Tool" der viertrevisionswerbenden Partei ersichtlich. Damit zeigt sich jedoch, dass in den gegenständlichen Fällen jedenfalls keine Umstände für die Überschreitungen der Grenze des § 74 Abs. 1 letzter Satz InvFG ursächlich waren, die sich außerhalb des Einflussbereiches des OGAW bewegten. Vielmehr lagen den Überschreitungen Entscheidungen der viertrevisionswerbenden Partei zu Grunde, das näher bezeichnete IT-System einzusetzen und die hier gegenständlichen Vorgänge in einer Weise zu klassifizieren, dass die Grenzüberschreitungen nicht vermieden werden konnten bzw. in Kauf genommen wurden.

24 Bei diesem rechtlichen Ergebnis kommt es auf die in den Revisionen als fehlend gerügten Feststellungen nicht mehr an, sodass auf die in diesem Zusammenhang behaupteten Verfahrensmängel nicht mehr einzugehen ist.

25 Die Revisionen erweisen sich daher als unbegründet und waren gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

26 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 i.d.F. BGBl II Nr. 8/2014.

Werden im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof über mehrere Revisionen, die dann miteinander verbunden werden, von der belangten Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG) inhaltlich gleichlautende Revisionsbeantwortungen vorgelegt, so sind diese Revisionsbeantwortungen auch bei der Berechnung des Aufwandersatzes getrennt zu behandeln (vgl. - zur Rechtslage vor dem - m.w.N. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/07/0130).

Haben zwei revisionswerbende Parteien in einer Revision dasselbe Erkenntnis angefochten, so haben sie im Falle der Kostenersatzpflicht die Aufwendungen der obsiegenden Behörde je zur Hälfte zu ersetzen (vgl. - zur Rechtslage vor dem - das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/03/0388).

Wien, am