VwGH vom 26.11.2010, 2007/04/0189

VwGH vom 26.11.2010, 2007/04/0189

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch Mag. Petra Trauntschnig, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit (nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend) vom , Zl. BMWA-329.341/0001- I/9/2007, betreffend Anerkennung des Nachweises der Befähigung (§ 373c GewO 1994), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Anerkennung seiner in der Slowakei tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten als ausreichenden Nachweis der Befähigung für das Handwerk der Schlosser gemäß § 373c Abs. 1 GewO 1994 iVm § 2 Abs. 1 der EU/EWR-Anerkennungsverordnung abgewiesen.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, es könne zwar vom Vorliegen einer mindestens dreijährigen einschlägigen Ausbildung des Beschwerdeführers ausgegangen werden, die nachgewiesene Fachpraxis entspreche aber nicht den im § 2 Abs. 1 der EU/EWR-Anerkennungsverordnung normierten Anerkennungsvoraussetzungen. Der Beschwerdeführer habe weder eine in Verbindung mit einer dreijährigen Ausbildung vorgeschriebene ununterbrochene Tätigkeit als Selbständiger oder als Betriebsleiter im gegenständlichen Gewerbe nachgewiesen, noch könne die nachgewiesene Tätigkeit als Arbeitnehmer in der Funktion eines Leiters der Servicezentrale für Pumpenanlagen in Ansehung der Tätigkeitsbeschreibung als eine Tätigkeit in leitender Stellung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 4 der in Rede stehenden Verordnung angesehen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, er sei im Zeitraum bis bei einem näher genannten Unternehmen als Leiter der Servicezentrale für Pumpenanlagen in leitender Stellung beschäftigt und dabei sowohl mit kaufmännischen (Materialeinkauf) als auch mit technischen (Überwachung der Schlosserarbeiten, Beratung der Pumpenprojektierungen) Aufgaben betraut gewesen. Als Leiter der Servicezentrale habe er die Verantwortung für eine Abteilung des Unternehmens gehabt. Er sei unzweifelhaft als Arbeitnehmer in leitender Stellung beschäftigt gewesen, habe diese Position über 7 Jahre lang inne gehabt und habe die Verantwortung für eine Abteilung, nämlich für die Servicezentrale, gehabt. Seiner Tätigkeit sei eine mindestens dreijährige Ausbildung vorausgegangen, was die belangte Behörde auch richtig im angefochtenen Bescheid ausführe. Seinem Antrag wäre demnach gemäß § 373c GewO 1994 iVm § 2 Abs. 1 Z. 4 EU/EWR-Anerkennungsverordnung stattzugeben.

§ 18 GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 111/2002 lautet (auszugsweise):

"(1) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat für

jedes reglementierte Gewerbe ... im Einvernehmen mit dem

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen, durch Verordnung festzulegen, durch welche Belege - für sich allein oder in entsprechender Verbindung untereinander - die Zugangsvoraussetzungen zum betreffenden Gewerbe, gegebenenfalls für dessen eingeschränkte Ausübung, im Hinblick auf die hiefür erforderliche fachliche Befähigung jedenfalls als erfüllt anzusehen sind. Dabei hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu berücksichtigen, dass bei reglementierten Gewerben, bei denen der Qualifikation auf Grund der Richtlinie 92/51/EWG über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung der Richtlinie 89/48/EWG oder der Richtlinie 89/48/EWG über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome Diplomniveau zukommt, dieses Diplomniveau gewahrt bleibt.

(2) Als Belege im Sinne des Abs. 1 kommen in Betracht

...


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8.
Zeugnis über eine fachliche Tätigkeit;
9.
Zeugnis über eine Tätigkeit in leitender Stellung;
10.
Zeugnis über eine Tätigkeit als Betriebsleiter;
...

(3) Unter fachlicher Tätigkeit (Abs. 2 Z 8) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die geeignet ist, die Erfahrungen und Kenntnisse zu vermitteln, die zur selbstständigen Ausübung des betreffenden Gewerbes erforderlich sind. Unter Tätigkeit in leitender Stellung (Abs. 2 Z 9) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die überwiegend mit fachspezifischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens verbunden ist. ...

..."

§ 373c GewO 1994 - in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 111/2002 - lautet auszugsweise:

"(1) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat einem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der EU oder eines Vertragsstaates des EWR die tatsächliche Ausübung von Tätigkeiten in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR als ausreichenden Nachweis der Befähigung auf Antrag mit Bescheid anzuerkennen, wenn

1. die Tätigkeiten allenfalls in Verbindung mit einer einschlägigen Ausbildung oder einem Eignungs- oder Befähigungsnachweis nach Art und Dauer den Voraussetzungen der Verordnung gemäß Abs. 2 entsprechen und

2. keine Ausschlussgründe gemäß § 13 vorliegen.

(2) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat unter Berücksichtigung der Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates vom , 99/42/EG, sowie der Richtlinien des Rates vom , 77/92/EWG, durch Verordnung Art und Dauer der Tätigkeiten festzulegen, deren Nachweis Voraussetzung für eine Anerkennung ist. Die Verordnung gilt bis zur Erlassung einer Verordnung gemäß § 18 Abs. 1 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU oder eines Vertragsstaates des EWR, die im Inland nach Art und Dauer entsprechende Ausbildungen oder Tätigkeiten absolviert haben, sinngemäß.

(3) Das Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen ist nach Maßgabe der Anerkennungsregeln der im Abs. 2 genannten Richtlinien durch Bescheinigungen (§ 373i) folgender Art nachzuweisen:


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1.
Bescheinigung über eine einschlägige selbständige Tätigkeit,
2.
Bescheinigung über eine einschlägige Tätigkeit in leitender Stellung oder als Betriebsleiter,
3.
Bescheinigung über einschlägige unselbständige Tätigkeit anderer Art,
4.
Bescheinigung über eine einschlägige Ausbildung,
5.
Eignungs- oder Befähigungsnachweis für die betreffende Tätigkeit.
..."
§
2 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Anerkennung von Befähigungsnachweisen aus einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR (EU/EWR-Anerkennungsverordnung), BGBl. II Nr. 255/2003 idgF, lautet (auszugsweise):
"Folgende durch Bescheinigungen nachgewiesene Tätigkeiten im Sinne von §
1 sind bei den in Absatz 2 genannten Gewerben als ausreichender Nachweis der Befähigung anzuerkennen:
...
4.
ununterbrochene fünfjährige Tätigkeit in leitender Stellung, davon eine mindestens dreijährige Tätigkeit mit technischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens, wenn der Anerkennungswerber für die betreffende Tätigkeit eine mindestens dreijährige vorherige Ausbildung nachweist, die durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis bestätigt oder von einer zuständigen Berufs- oder Handelsinstitution als vollwertig anerkannt ist."
Gemäß Abs.
2 Z. 39 dieser Verordnung gilt § 2 Abs. 1 für das Gewerbe: Schlosser; Schmiede; Landmaschinentechnik (verbundenes Handwerk).
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, der Beschwerdeführer habe zwar eine dreijährige einschlägige Ausbildung für das in Rede stehende Gewerbe nachgewiesen, nach dem Inhalt der vorgelegten Bescheinigung sei die vom Beschwerdeführer ausgeübte Tätigkeit jedoch nicht als eine Tätigkeit in leitender Stellung im Sinne des §
2 Abs. 1 Z. 4 der EU/EWR-Anerkennungsverordnung anzusehen.
Für das Tatbestandsmerkmal des §
2 Abs. 1 Z. 4 EU/EWR-Anerkennungsverordnung ist Voraussetzung, dass eine fünfjährige Tätigkeit in leitender Stellung vorliegt und davon eine mindestens dreijährige Tätigkeit mit technischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens. Der Begriff "Tätigkeit in leitender Stellung" wird in § 18 Abs. 3 GewO 1994 definiert als die überwiegende Wahrnehmung fachspezifischer Aufgaben mit Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens.
Nach Ausweis der im Verwaltungsakt erliegenden Bescheinigung war der Beschwerdeführer mehr als 7
Jahre Leiter der Servicezentrale für Pumpenanlagen in einem näher bezeichneten Unternehmen und in dieser Funktion mit Materialeinkauf, Überwachung der Schlosserarbeiten in der Servicezentrale und Beratung der Pumpenprojektierungen betraut. Es erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass damit eine Tätigkeit in leitender Stellung im Sinne der vorstehenden Ausführungen vorliegt.
Die belangte Behörde hat das Vorliegen einer leitenden Tätigkeit schon auf Grund der verbalen Umschreibung der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeiten verneint. Eine Auseinandersetzung mit den Kriterien des §
2 Abs. 1 Z. 4 der EU/EWR-Anerkennungsverordnung und nachvollziehbare Feststellungen sind jedoch unterblieben.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß §
42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§
47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am