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VwGH vom 10.10.2014, Ro 2014/02/0114

VwGH vom 10.10.2014, Ro 2014/02/0114

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Ro 2014/02/0123 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Riedinger und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Revision der Landespolizeidirektion Steiermark gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom , Zl LVwG 30.25-3121/2014-10, betreffend Übertretung des KFG (mitbeteiligte Partei: Mag. G in G, vertreten durch Janezic Schmidt Rechtsanwälte OG in 8020 Graz, Lagergasse 57a), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis der revisionswerbenden Landespolizeidirektion vom wurde der Mitbeteiligte einer Übertretung des § 103 Abs 2 KFG für schuldig erkannt. Er habe es als Zulassungsbesitzer eines nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeugs unterlassen, der schriftlichen Aufforderung der revisionswerbenden Landespolizeidirektion Folge zu leisten und habe innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen keine Auskunft darüber erteilt, wer sein Kraftfahrzeug zu einem näher bezeichneten Zeitpunkt gelenkt habe. Über den Mitbeteiligten wurde wegen dieser Übertretung gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 150,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.

Aufgrund der vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis das Straferkenntnis der revisionswerbenden Landespolizeidirektion aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass die revisionswerbende Landespolizeidirektion dem Mitbeteiligten mit Schreiben vom folgendes Ersuchen übermittelt habe:

"Sie werden als Zulassungsbesitzer(in) gemäß § 103 Abs 2 KFG 167 aufgefordert, der Behörde binnen zwei Wochen nach Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wer das Kraftfahrzeug (den Anhänger)

mit dem Kennzeichen (...)

am (...) um (...) Uhr

gelenkt hat.

Bitte benützen Sie zur Auskunftserteilung bei Übermittlung im Original oder per Fax nach Möglichkeit beiliegenden Vordruck oder geben Sie uns die entsprechenden Daten per E-Mail an die oben genannte E-Mail-Adresse bekannt.

Ihre Auskunft muss den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten. Können Sie die verlangte Auskunft nicht erteilen, so benennen Sie bitte jene Person, welche sie erteilen kann. Diese trifft dann die Auskunftspflicht.

Sie werden darauf hingewiesen, dass Sie sich strafbar machen, wenn Sie die verlangte Auskunft hinsichtlich des Namens und der genauen Adresse des / der Lenker(in) bzw. des / der Auskunftspflichtigen nicht, unrichtig oder nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens geben."

Diesem Auskunftsersuchen sei ein Formular angeschlossen gewesen, das im angefochtenen Erkenntnis im Faksimile wiedergegeben wird. In diesem Formular zur Erteilung der Lenkerauskunft kann der Zulassungsbesitzer ankreuzen, ob er selbst "das Fahrzeug gelenkt bzw. abgestellt" hat oder ob das Fahrzeug von einer anderen Person (deren Daten anzugeben sind) "gelenkt bzw. abgestellt" wurde; als weitere Auswahlmöglichkeit kann angekreuzt werden, dass der Zulassungsbesitzer die verlangte Auskunft nicht erteilen kann (wobei anzugeben ist, wen die Auskunftspflicht trifft).

Das Ersuchen um Auskunft beziehe sich auf die Frage, wer das in Rede stehende Kraftfahrzeug gelenkt habe. Das der Anfrage beigegebene Formular beziehe sich "auf den Sachverhalt des Lenkens bzw. Abstellens"; es sei bekannt zu geben gewesen, wer das Fahrzeug "gelenkt bzw. abgestellt" habe bzw von wem das Fahrzeug "gelenkt bzw. abgestellt" worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof fordere zB in seinem Erkenntnis vom , Zl 2006/02/0020, dass das Auskunftsverlangen im Sinne des § 103 Abs 2 KFG unmissverständlich deutlich zu sein habe.

In der verfahrensgegenständlichen Anfrage werde der Adressat aufgefordert, zur Auskunftserteilung bei Übermittlung im Original oder per Fax nach Möglichkeit den beiliegenden Vordruck zu verwenden oder die entsprechenden Daten per E-Mail an die genannte E-Mail-Adresse bekannt zu geben.

Die Lenkeranfrage könne somit nicht isoliert vom beigegebenen Formular betrachtet werden. Das Formular sei, "zumal dieses auf Grund der behördlichen Bitte auch vordergründig Verwendung finden sollte", zweifelsfrei als Anfragenbestandteil zu sehen, der dem Deutlichkeitsgebot zu entsprechen habe.

Durch die im Formular angeführte Wendung "gelenkt bzw. abgestellt" stehe dieses Formular als Bestandteil der Anfrage im Widerspruch zum Text der Anfrage, die auf den Sachverhalt "gelenkt" abstelle. Es könne daher nicht davonausgegangen werden, dass das in Rede stehende Auskunftsverlangen nach § 103 Abs 2 KFG in seiner Gesamtheit für den zur Auskunft Verpflichteten unmissverständlich deutlich gewesen sei.

Dabei komme es auch nicht darauf an, wie der Mitbeteiligte die Anfrage in subjektiver Hinsicht verstanden habe, sondern es sei auf den objektiven Erklärungswert der Anfrage in ihrer Gesamtheit Bedacht zu nehmen.

Aufgrund der alternativen Anfrage sei an den Zulassungsbesitzer keine zu beachtende Lenkeranfrage im Sinne des § 103 Abs 2 KFG gerichtet worden, weshalb dieser auch nicht gehalten gewesen sei, eine diesbezügliche Auskunft zu erteilen.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision, der der Mitbeteiligte in seiner Revisionsbeantwortung entgegentritt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 103 Abs 2 KFG lautet auszugsweise:

"Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. (...)"

2. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verlangt die "unmissverständliche Deutlichkeit" eines Verlangens nach Auskunft im Sinne des § 103 Abs 2 KFG 1967 (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 98/03/0249, unter Hinweis auf das - eine telefonisch eingeholte Auskunft betreffende - Erkenntnis vom , Zl 2194/74).

Auskunftsverlangen, in denen der Text der Anfrage unlösbar mit dem Tatvorwurf verbunden war (durch die Aufforderung, mitzuteilen, wer das Fahrzeug "gelenkt und die höchstzulässige Geschwindigkeit (...) überschritten hat"; vgl das hg Erkentnnis vom , Zl 99/03/0090), oder in denen durch die Formulargestaltung der Eindruck erweckt wurde, es sei auch die Antwort "Ich kann die geforderte Auskunft nicht erteilen" - ohne gleichzeitige Bekanntgabe der Person, die in diesem Fall die Auskunftspflicht trifft - geeignet, die sich aus § 103 Abs 2 KFG ergebende Pflicht zu erfüllen (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 99/03/0294), wurden daher als rechtswidrig beurteilt. Auch eine Anfrage, die sich lediglich darauf beschränkte, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug an einem näher genannten Ort "gelenkt/abgestellt" hat, wurde, da kein ergänzender und der Klarstellung dienender Hinweis darauf enthalten war, ob sich die Anfrage auf das Lenken oder auf das Abstellen des Kraftfahrzeuges bezog, als missverständlich beurteilt (Erk vom , Zl 2006/02/0020).

Hingegen hat der Verwaltungsgerichtshof eine Anfrage, in der Auskunft darüber verlangt wurde, wer ein Kraftfahrzeug "am (...) um (...) in (...) (Übertretung: Geschwindigkeitsübertretung um 32 km/h) gelenkt, verwendet oder zuletzt dort abgestellt hat", als unmissverständlich beurteilt, da der Klammerausdruck, in dem die Verwaltungsübertretung konkret angeführt wird, nur eine zulässige Information über den Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens darstellt, in deren Rahmen die Anfrage erfolgt, und durch diese Information auch eindeutig klargestellt wird, dass sich die Anfrage auf das Lenken eines Fahrzeuges bezieht (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2000/03/0235).

3. Dem vorliegenden Revisionsfall liegt eine Anfrage zu Grunde, in der der Mitbeteiligte unmissverständlich aufgefordert worden war, bekanntzugeben, wer das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort gelenkt hat. Diese Anfrage lässt keinen Raum für Missverständnisse, wonach etwa anzugeben wäre, wer das Kraftfahrzeug vor diesem Zeitpunkt an dem genannten Ort abgestellt hätte. Eine Missverständlichkeit der Anfrage ergibt sich entgegen der Ansicht des Mitbeteiligten auch nicht aus dem beigelegten Antwortformular: dieses soll dem Mitbeteiligten die Erteilung der Auskunft erleichtern, da bereits das Aktenzeichen der Anfrage und die Adresse der Behörde angegeben ist und die Möglichkeit besteht, Auskünfte durch einfaches Ankreuzen einer Auswahl und Ergänzen der Personendaten zu erteilen; die maßgeblichen Anfrageumstände (Ort und Zeitpunkt, Kennzeichen des Kraftfahrzeuges und Lenken, Verwenden oder Abstellen des Kraftfahrzeuges) ergeben sich aber unmissverständlich aus der Anfrage. Auch wenn daher in dem für eine Vielzahl von Anfragen standardisierten Anwortformular nicht - wie im eigentlichen Anfragetext - ausdrücklich nur auf das "Lenken" des Kraftfahrzeuges abgestellt wurde, konnte der Mitbeteiligte dennoch nicht im Unklaren sein, worauf sich die Anfrage der revisionswerbenden Landespolizeidirektion bezog.

4. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

Wien, am

Fundstelle(n):
ZAAAE-89475