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VwGH vom 11.09.2015, Ro 2014/02/0107

VwGH vom 11.09.2015, Ro 2014/02/0107

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des H in W, vertreten durch die Brandl Talos Rechtsanwälte GmbH in 1070 Wien, Mariahilferstraße 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W172 2000403-1/6E, betreffend Übertretungen des Börsegesetzes (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Finanzmarktaufsichtsbehörde, weitere Partei: Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Erkenntnis wird dahingehend abgeändert, dass das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde behoben und das Strafverfahren eingestellt wird.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom verhängte die Finanzmarktaufsichtsbehörde über den Revisionswerber gemäß den folgenden Bestimmungen drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils sechs Stunden):

"I.1 § 48 Abs. 1 Z 5 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 37/2010 iVm § 92 Z 4 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 19/2007 iVm § 91 Abs. 1 iVm 1a, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2009;

I.2 § 48 Abs. 1 Z 5 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 37/2010 iVm § 92 Z 4 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 19/2007 iVm § 91 Abs. 1 iVm 1a, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2009;

I.3 § 48 Abs. 1 Z 5 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 37/2010 iVm § 92 Z 4 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 19/2007 iVm § 91 Abs. 1 iVm 1a, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2009"

Der Revisionswerber sei im Zeitraum vom bis Vorstand der G AG (im Folgenden: G. AG) gewesen und habe in dieser Funktion gemäß § 9 Abs 1 VStG als nach außen vertretungsbefugtes Organ zu verantworten, dass es die G. AG ab dem unterlassen habe, unverzüglich, spätestens jedoch nach zwei Handelstagen I.1. die Finanzmarktaufsichtsbehörde, I.2. das Börseunternehmen sowie I.3. den Emittenten (S AG; im Folgenden: S. AG) über den Anteil an Stimmrechten an der S. AG zu unterrichten, den sie indirekt über die B AG (im Folgenden: B. AG) nach der am erfolgten Kapitalerhöhung der S. AG gehalten habe. Durch die Erhöhung des Grundkapitals der S. AG von EUR 7.7170.034 (richtig: EUR 7.170.034) auf EUR 23.170.034 und damit einhergehend der Erhöhung der Anzahl der Stückaktien von 3.585.017 auf 11.585.017 sei der Anteil der B. AG an indirekt und direkt gehaltenen Stimmrechten (von bisher 5 %) in Höhe von 5 % unterschritten worden. Die S. AG habe am eine Mitteilung veröffentlicht, mit der das Kapital nach der Kapitalerhöhung sowie die Gesamtzahl der Stimmrechte bekanntgegeben worden sei. Die G. AG sei mit 74,99 % an der B. AG beteiligt und halte damit eine unmittelbar kontrollierende Beteiligung an dieser. Die B. AG sei Aktionär der S. AG, einer Aktiengesellschaft, deren Aktien seit im Amtlichen Handel der Wiener Börse AG notierten. Die Stimmrechte der B. AG an der S. AG seien der G. AG aufgrund ihrer Mehrheitsbeteiligung gemäß § 92 Z 4 des Börsegesetzes (BörseG) zuzurechnen. Die entsprechende Meldung über die Meldeschwellenunterschreitung seitens der G. AG an die Finanzmarktaufsichtsbehörde, das Börseunternehmen sowie an den Emittenten sei nicht fristgerecht erfolgt. Erst mit Schreiben vom habe die Finanzmarktaufsichtsbehörde sowie die Wiener Börse AG von der Unterschreitung der Meldeschwelle Kenntnis erlangt.

Dem vom Revisionswerber dagegen erhobene Rechtsmittel wurde mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , nicht stattgegeben und das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch im Abschnitt über die verletzten Rechtsvorschriften lautet:

"Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

I.1 § 48 Abs 1 Z 5 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 37/2010 iVm § 92 Z 4 und 5 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 19/2007 iVm § 91 Abs 1 iVm 1a, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2009;

I.2 § 48 Abs 1 Z 5 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 37/2010 iVm § 92 Z 4 und 5 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 19/2007 iVm § 91 Abs 1 iVm 1a, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2009;

I.3 § 48 Abs 1 Z 5 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 37/2010 iVm § 92 Z 4 und 5 BörseG, BGBl Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 19/2007 iVm § 91 Abs 1 iVm 1a, BGBl. Nr. 555/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2009;"

Das Bundesverwaltungsgericht sprach außerdem aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig sei.

Festgestellt wurde im Wesentlichen, dass der Revisionswerber seit Vorstand der G. AG sei. Die G. AG sei mit 74,99 % an der B. AG beteiligt. Weiters sei die B P B AG (im Folgenden: BPB AG) mit 25,01 % an der B. AG beteiligt. Die B. AG habe mit Vertrag vom der B P I GmbH (im Folgenden: BPI GmbH) als Kapitalanlagegesellschaft das Mandat zur Errichtung und Verwaltung des Bfonds (im Folgenden: B-Fonds) erteilt. Die BPI GmbH sei eine 100 %ige Tochtergesellschaft der P GmbH, die ihrerseits wiederum zu 100 % der BPB AG gehöre. Zum Zeitpunkt der bevorstehenden Erhöhung des Grundkapitals der S. AG hätten sich 39.800 Stückaktien im Eigentum der B. AG (1,11 % des stimmberechtigten Grundkapitals der S. AG) befunden. Weitere 141.000 Stückaktien (3,93 % des stimmberechtigten Grundkapitals der S. AG) würden auf den B-Fonds entfallen.

Durch die Erhöhung des Grundkapitals der S. AG von EUR 7.170.034 auf EUR 23.170.034 und der damit einhergehenden Erhöhung der Anzahl der Stückaktien von 3.585.017 auf 11.585.017 werde von der Finanzmarktaufsichtsbehörde im bekämpften Straferkenntnis davon ausgegangen, dass der Anteil der G. AG von indirekt und direkt gehaltenen Stimmrechten (von bisher 5 %) in Höhe von 5 % unterschritten worden sei. Am sei von der S. AG eine Ad-hoc-Mitteilung gemäß § 48 d Abs. 1 BörseG veröffentlicht worden, mit welcher über eine Kapitalerhöhung der S AG informiert worden sei. Am sei von der S. AG über die gleiche Nachrichtenagentur unter dem Betreff "Änderung der Gesamtzahl der Stimmrechte gemäß § 93 Abs 1 BörseG" das Kapital nach der Kapitalerhöhung sowie die Gesamtzahl der Stimmrechte (nach Beschluss der Hauptversammlung vom ) bekanntgegeben worden.

Die Wiener Börse AG habe am eine E-Mail-Korrespondenz mit der G. AG an die Finanzmarktaufsichtsbehörde weitergeleitet. Die Finanzmarktaufsichtsbehörde sowie die Wiener Börse AG hätten (letztere spätestens) erst mit Schreiben vom Kenntnis von der Unterschreitung der Meldeschwelle erhalten.

Im zwischen der B. AG, der BPI GmbH und der BPB AG abgeschlossenen Mandatsvertrag sei im Wesentlichen festgehalten worden, dass die Weitergabe von Fondsanteilen nur mit Zustimmung der Kapitalanlagegesellschaft erfolgen könne. Diese dürfe die Zustimmung nicht ohne triftigen Grund verweigern, insbesondere im Falle der beabsichtigten Übertragung von Fondsanteilen an ein mit dem Mandanten (Anmerkung: der B. AG) verbundenes Unternehmen. Der B-Fonds sei ein Spezialfonds im Sinne des Bundesgesetzes über Kapitalanlagefonds gemäß § 1 Abs. 2. Der Fonds sei zu mindestens 80 % in Aktien entsprechend den jeweils vereinbarten Fondsbestimmungen investiert, insbesondere unter Berücksichtigung der jeweils vereinbarten Anlagerichtlinie. Die jeweils letztgültigen Anlagerichtlinien, würden, soweit vorhanden, einen integralen Bestandteil des Vertrages bilden; soweit gesetzlich zulässig, würden sie den sonstigen Vereinbarungen zwischen den Vertragsteilen, insbesondere den Fondsbestimmungen, vorgehen. Als Kapitalanlagegesellschaft fungiere ausschließlich die BPI GmbH, die auch das Management des Fondsvermögens wahrnehme. Eine Delegation des Fondsmanagements an Dritte sei nur mit schriftlicher Zustimmung des Mandanten zulässig. Vor einer Zusammenlegung oder Übertragung des Fondsvermögens habe die Kapitalanlagegesellschaft das Einvernehmen mit dem Mandanten herzustellen. In jedem Fall der Kündigung würde die Kapitalanlagegesellschaft mit dem Mandanten das weitere Einvernehmen herstellen. Es werde ein Anlageausschuss eingerichtet. Der Ausschuss setze sich aus zwei Vertretern des Mandanten sowie zwei Vertretern der Kapitalanlagegesellschaft zusammen. Der Anlageausschuss treffe sich zur Strategiebesprechung verpflichtend vierteljährlich. Die Entscheidungen des Anlageausschusses seien im rechtlich zulässigen Rahmen anzusetzen bzw würden zu einer Konkretisierung bzw Änderung der Anlagerichtlinien führen. In Anlage 2 zu diesem Vertrag sei unter der Überschrift "Anlage-Richtlinien" u.a. angeführt, dass, insoweit der Mandant den zuständigen Fondsmanager per Mail Titel aus der im Konzern des Mandanten jeweils aktuellen "restricted list" benenne, diese vom Spezialfonds ausgenommen seien.

Der Geschäftsführer der G-GmbH (im Folgenden: G-GmbH), MMag. K. habe in einem E-Mail an die Finanzmarktaufsichtsbehörde vom eine Stellungnahme abgegeben. Darin heiße es zusammengefasst, dass die B. AG sämtliche Anteile an diesem Fonds (Anmerkung: gemeint ist der B-Fonds) halte. Die B. AG habe die Anlagerichtlinien bestimmt und sich verschiedene Rechte gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft vorbehalten, welche der B. AG eine indirekte Kontrolle über das Vermögen ermöglichen würden. So obliege der B. AG beispielsweise das Kündigungsrecht unter Einhaltung einer einmonatigen Frist. Die Delegation des Fondsmanagements sei nur mit Zustimmung der B. AG zulässig. Auch könne die B. AG zwei Vertreter in den vierköpfigen Anlageausschuss entsenden, dessen Entscheidungen umzusetzen seien. Weiters weise die B. AG darauf hin, dass sie aufgrund ihrer starken wirtschaftlichen Stellung als alleinige Anlegerin die Umsetzung ihres wirtschaftlichen Willens herbeiführen könne. So sei in der außerordentlichen Hauptversammlung der S. AG vom ein Prokurist der B. AG von der Kapitalanlagegesellschaft bevollmächtigt worden, die Stimmrechte auszuüben. Zusätzlich sei dieser Prokurist Geschäftsführer der G. AG (wohl gemeint: G-GmbH), die von der B. AG mit der Veranlagung ihres Finanzanlagevermögens betraut sei.

Die B. AG habe im Sinne des § 17a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG), BGBl. Nr. 569/1978, die Unternehmensfunktion Vermögensveranlagung mit Vertrag vom zur Gänze auf die G-GmbH ausgegliedert. Diese Funktionsausgliederung sei von der Finanzmarktaufsichtsbehörde mit Bescheid vom genehmigt worden. Im Vertrag werde u. a. angeführt, die G-GmbH sei verpflichtet, die übertragene Funktion sowie die in Anspruch genommenen Dienstleistungen unter Einhaltung aller einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere der Bestimmungen des VAG sowie der hierzu ergangenen Verordnungen und Anordnungen sowie Auflagen der Finanzmarktaufsicht auszuführen. Die G-GmbH sei im Rahmen der übertragenen Leistungen verpflichtet, die Interessen der B. AG zu wahren; sie habe alle nach den Bestimmungen des VAG, des Bankwesengesetzes (BWG), BGBl. Nr. 532/1993, und des Wertpapieraufsichtsgesetzes (WAG), BGBl. I Nr. 60/2007, erforderlichen Nachweise, Meldungen etc rechtzeitig zu erstellen und vorzubereiten. Die G-GmbH sei verpflichtet, insbesondere unter Einhaltung des § 108a VAG, des § 48s BörseG, des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999, etc die ihr übertragene Funktion zu besorgen und die in Anspruch genommenen Leistungen zu erbringen; sie habe hierbei allen Weisungen des Auftraggebers zu folgen.

Weiters habe die G. AG mit Vertrag vom unter der Überschrift "Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 VStG iVm § 48s BörseG" Dr. M. und als seinen Stellvertreter Herrn K. zur "Hintanstellung von Insidergeschäften, insbesondere für die Einhaltung der §§ 48 bis 48t und 82 Abs 5 Ziffer 1 bis 3 Börsegesetz" zu verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs. 2 VStG bestellt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesverwaltungsgericht aus, zur Klärung der Frage, ob die B. AG überhaupt auf die von der BPI GmbH als Kapitalanlagegesellschaft im B-Fonds verwalteten Aktien der S. AG einen beherrschenden Einfluss ausüben könne, sei im Sinne des materiellen Kontrollbegriffs auf die faktischen Einflussmöglichkeiten der B. AG abzustellen. Zutreffend sei, dass die B. AG durch ihr in Anlage 2 zum Mandatsvertrag vorgesehenes Recht, Titel vom B-Fonds auszunehmen, auf die Zusammensetzung des Fondsvermögens Einfluss nehmen könne. Dem Mandatsvertrag zufolge nehme aber ausschließlich die BPI GmbH das Management des Fondsvermögens wahr. Der Anlageausschuss, der sich aus zwei Vertretern der B. AG sowie zwei Vertretern der BPI GmbH zusammensetze, widme sich (vierteljährlichen) Strategiebesprechungen zur Konkretisierung bzw Änderung der Anlagerichtlinien. Überdies seien der B. AG lediglich Zustimmungsrechte eingeräumt. Auf den ersten Blick könne daher von einer exklusiven Verfügungsberechtigung der Kapitalanlagegesellschaft ausgegangen werden. Auch Hinweise in der Literatur, die eine Zurechnung zu den Anteilsscheininhabern dann annehmen würden, wenn diesen die Möglichkeit zustehe, auf die Ausübung der Stimmrechte Einfluss nehmen zu können, würden diesen vorläufigen Eindruck bestätigen, weil dem Mandatsvertrag keine diesbezügliche Regelung zu entnehmen sei.

Gleichwohl erfließe der B. AG bereits "aus ihrer Stellung als Alleineigentümerin der im (B-Fonds) sich befindlichen Aktien" eine maßgebliche Position als Mandant, die sich schon deswegen von der Stellung bei mehreren Anteilsinhabern bei Spezialfonds unterscheide. Hierdurch schlage auch die Zurechnung des wirtschaftlichen Risikos, vergleichbar der Fallkonstellation des Handelns für Rechnung eines Dritten, die ebenfalls von der Generalklausel des § 92 Z 5 BörseG erfasst werde, auf den Anteilinhaber durch. Nur zum Vergleich sei auch auf den Fall der sogenannten mittelbaren Veräußerung im Lichte der §§ 91 Abs. 1, 92 Z 4 BörseG iVm § 22 Abs. 2 und 3 des Übernahmegesetzes (ÜbG), BGBl. I Nr. 127/1998, hinzuweisen, bei der für eine kontrollierende Beteiligung bereits mehr als (bloß) 30 % der auf die ständig stimmberechtigten Aktien entfallenden Stimmrechte reichen würden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2014/02/0001). Der faktisch festzustellende beherrschende Einfluss der B. AG auf die Stimmrechtsausübung habe sich im Übrigen auch mit der Bevollmächtigung ihres Prokuristen gerade in der zur Kapitalaufstockung führenden Hauptversammlung vom gezeigt.

Mit der Regelung des § 91 Abs. 1a dritter Satz BörseG seien in Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG (Transparenz-Richtlinie) die pflichtauslösenden Tatbestände der Offenlegungspflicht um Veränderungen von Stimmrechtsanteilen von bestehenden Aktionären ergänzt worden.

Bei § 91 Abs. 1 iVm Abs. 1a BörseG handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG, weil weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung gehöre, sondern sich dieser Deliktstatbestand lediglich auf das bloße Verbot von gefährlichen Verhaltensweisen beschränke. Auch der Aspekt des Fehlens einer ordnungsgemäßen Veröffentlichung der Kapitalerhöhung der S. AG sei für die Erfüllung der objektiven Tatseite der Verwaltungsübertretung unerheblich. Aus dem gleichen Grund gehe auch der Hinweis des Revisionswerbers ins Leere, aufgrund des großen Volumens der Kapitalerhöhung sei für jeden interessierten Anleger klar gewesen, dass ein Aktionär, der vorher mehr als 5 % und weniger als 10 % besessen habe, nach dieser Kapitalerhöhung zwingend unter die Beteiligungsgrenze sinken würde und somit ein Informationsgewinn durch eine entsprechende Meldung nicht zu erwarten gewesen wäre. Auch der Einwand, dass mit der Löschung der Notierung der Stückaktien der S. AG an der Wiener Börse am eine etwaige Anzeigeverplichtung der B. AG nach dem BörseG endgültig entfallen sei, könne folglich nicht verfangen.

Da die Finanzmarktaufsichtsbehörde und die Wiener Börse AG (letztere spätestens) mit Schreiben vom Kenntnis von der Unterschreitung der Meldeschwelle erhalten hätten, sei die G. AG, deren Vorstand der Revisionswerber sei, ihrer Rechtspflicht nach § 91 Abs 1 iVm Abs 1a BörseG nicht fristgerecht nachgekommen.

Dem Vorbingen des Revisionswerbers, dass einerseits mit der Ausgliederung der Unternehmensfunktion Vermögensverwaltung zur Gänze auf die G-GmbH, andererseits mit der Bestellung von Dr. M. zum Compliancebeauftragten wirksam verantwortliche Beauftragte im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden seien, hält das Verwaltungsgericht entgegen, dass weder im Wortlaut des Ausgliederungs- und Bevollmächtigungsvertrages oder der Compliance-Richtlinie noch in der Vereinbarung (betreffend die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten) die maßgeblichen Bestimmungen über die Einhaltung der Meldepflichten bei Beteiligungsänderungen gemäß §§ 91 ff BörseG zitiert würden noch inhaltlich auf diese Bezug genommen worden sei. Auch die Darlegungen des Vertreters des Revisionswerbers in der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Verhandlung hätten aufgezeigt, dass die bisherige Aufmerksamkeit der G. AG bzw. auch der B. AG der Hintanthaltung von Missbrauch von Insiderinformationen sowie Marktmanipulation gewidmet gewesen sei. Der Hinweis, dass mit der Zitierung der §§ 48 bis 48t BörseG in der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten auch die §§ 91 ff BörseG mitumfasst wären, sei nicht geeignet, die diesbezüglichen Zweifel an der wirksamen Übertragung der Verantwortung für die Einhaltung der Meldepflichten gemäß § 91 ff BörseG zu beseitigen. Im Ergebnis fehle es an einer wirksamen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für abgegrenzte Bereiche im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG, weil der Verantwortungsbereich nicht klar und zweifelsfrei umschrieben gewesen sei.

Der Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision wird im angefochtenen Erkenntnis damit begründet, dass es zur gegenständlichen Fallkonstellation (im Wesentlichen:

Zusammenrechnen von Anteilen, die direkt gehalten werden mit Anteilen, die über einen Spezialfonds gehalten werden) an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die ordentliche Revision, die vom Bundesverwaltungsgericht zusammen mit den Verfahrensakten vorgelegt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:

1. In der Revision wird zunächst vorgebracht, das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde sei bei der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes bereits außer Kraft getreten. § 43 Abs. 1 VwGVG normiere nämlich, dass Straferkenntnisse außer Kraft treten, wenn seit dem Einlangen der rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde des Beschuldigten gegen ein Straferkenntnis bereits 15 Monate vergangen sind. Zeiten gemäß § 43 Abs. 2 VwGVG, die ein längeres Verfahren rechtfertigen würden, lägen nicht vor. Die Berufung des Revisionswerbers sei am bei der Finanzmarktaufsichtsbehörde eingelangt, wodurch die 15- monatige Frist in Gang gesetzt worden sei und am geendet habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe das Erkenntnis zunächst an den Revisionswerber selbst zugestellt, dabei aber übersehen, dass dieser in der mündlichen Verhandlung vom eine Vollmacht an MMag. K. erteilt habe, wovon auch die Postvollmacht umfasst gewesen sei. An diesen sei das Erkenntnis aber erst am zugestellt worden. Auch die Finanzmarktaufsichtsbehörde habe das Erkenntnis erst am übernommen. Da das Straferkenntnis damit bereits außer Kraft getreten sei, sei das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/02/0106, ausgesprochen, dass der Gesetzgeber im Falle eines nunmehr mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht zu bekämpfenden verwaltungsbehördlichen Straferkenntnisses in § 43 VwGVG dieselbe fünfzehnmonatige Frist festgelegt hat, wie sie zuvor in § 51 Abs. 7 VStG statuiert war. Die Neuordnung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und damit verbunden der Zuständigkeitsübergang für das nunmehr zu beurteilende Verwaltungsstrafverfahren auf das Verwaltungsgericht ändert nichts an dem aus verfassungsrechtlichen Gründen (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 86/08 ua) gebotenen Anspruch auf Entscheidung über die Berufung (nunmehr: Beschwerde) gegen ein Straferkenntnis binnen angemessener Frist. Vor diesem Hintergrund ist daher § 43 VwGVG dahin auszulegen, dass ein verwaltungsbehördliches Straferkenntnis außer Kraft tritt, wenn seit Einlangen (bei der Verwaltungsbehörde I. Instanz) der nun als Beschwerde zu beurteilenden (rechtzeitig eingebrachten und zulässigen) Berufung 15 Monate vergangen sind.

Aus den vorgelegten Akten ist ersichtlich, dass im Revisionsfall die Berufung am bei der Finanzmarktaufsichtsbehörde einlangte. Die fünfzehnmonatige Entscheidungsfrist endete daher am (einem Freitag, der kein gesetzlicher Feiertag war oder ein anderer Tag, an dem der Ablauf der Frist gemäß § 33 Abs. 2 AVG gehemmt gewesen wäre). Dass die Berufung nicht rechtzeitig eingebracht oder aus anderen Gründen nicht zulässig gewesen wäre, wird von den Verfahrensparteien nicht vorgebracht und geht auch aus den vorgelegten Akten nicht hervor. Ebensowenig liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass Zeiten zu berücksichtigen gewesen wären, die gemäß § 43 Abs. 2 VwGVG bzw. § 51 Abs. 7 zweiter Satz VStG in die Frist nicht einzurechnen wären.

Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wurde der Finanzmarktaufsichtsbehörde laut dem im Akt befindlichen Rückschein am - und damit innerhalb der fünfzehnmonatigen Frist - zugestellt. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher nicht über die Beschwerde gegen ein Straferkenntnis entschieden, welches bereits außer Kraft war. Das diesbezügliche Revisionsvorbringen geht damit ins Leere.

2.1. Der Revisionswerber macht weiters - mit näherer Begründung - geltend, dass ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG ordnungsgemäß bestellt worden sei.

2.2. Dazu ist festzuhalten, dass nach den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis mit Vertrag "vom " unter der Überschrift "Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2) VStG i.V.m. § 48s BörseG" unter anderem die G. AG "zur Hintanthaltung von Insidergeschäften, insbesondere für die Einhaltung der §§ 48 bis 48t und 82 Abs. 5 Ziffer 1 bis 3 Börsegesetz (BörseG)" Dr. M. zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG bestellt hat; nach dieser Urkunde ist Dr. M. "berechtigt, die für die Einhaltung sämtlicher verwaltungsrechtlicher Vorschriften des Börsegesetzes (§§ 48 bis 48t und § 82 Abs. 5) Ziffer 1 bis 5 Börsegesetz) sowie der Compliance-Richtline der (G. Group) erforderlichen Anordnungen zu treffen". Wie sich aus der im Akt erliegenden Kopie der Bestellungsurkunde ergibt, ist diese von der G. AG firmenmäßig gezeichnet und enthält weiters eine am von Dr. M. unterzeichnete Erklärung, wonach er sich mit seiner Bestellung einverstanden erklärt. Die Echtheit und Richtigkeit der Urkunde wurde im Verfahren nicht in Zweifel gezogen, ebensowenig, dass diese Vereinbarung über die Bestellung im maßgeblichen Tatzeitraum aufrecht war; das Verwaltungsgericht hat diese Bestellungsurkunde jedoch aufgrund ihres Inhalts - wegen der fehlenden Nennung der "§§ 91 ff" BörseG - als nicht geeignet angesehen, um eine wirksame Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Hinblick auf die dem Revisionswerber angelasteten Übertretungen zu bewirken.

Im angefochtenen Erkenntnis wird auch die Aussage des in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als Zeugen vernommenen Dr. M. wiedergegeben, wonach er für die Einhaltung insbesondere der Bestimmungen betreffend Insidergeschäfte und Marktaufsicht bestellt sei und einheitlich die Compliance-Aufgaben für den gesamten Konzern und seine Untereinheiten wahrnehme. Zu den Strafbestimmungen, auf deren Einhaltung er achte, zähle auch diejenige Bestimmung, auf die sich die vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheide bezögen.

2.3. Der Revisionswerber wurde als zur Vertretung nach außen berufenes Vorstandsmitglied der G. AG im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG zur Verantwortung gezogen, weil die G. AG eine Meldung der Änderung einer bedeutenden Beteiligung unterlassen habe, zu der sie nach § 91 Abs. 1 BörseG (im konkreten Fall in Verbindung mit § 91 Abs. 1a sowie § 92 Z 4 und 5 BörseG) verpflichtet gewesen sei. Als Strafnorm wurde § 48 Abs. 1 Z 5 BörseG herangezogen. Demnach begeht eine Verwaltungsübertretung, wer (unter anderem) eine Melde- oder Veröffentlichungspflicht gemäß den §§ 91 bis 94 BörseG nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt.

2.4. Dem Verwaltungsgericht kann nicht darin gefolgt werden, dass die Bestellung von Dr. M. zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG hinsichtlich der Einhaltung der Meldepflichten nach den §§ 91 ff BörseG nicht wirksam gewesen wäre. Die Bestellung nennt ausdrücklich § 48 BörseG und somit jene Bestimmung, in der (mit wenigen, hier nicht einschlägigen Ausnahmen) die Verwaltungsstrafbestimmungen des BörseG zusammengefasst sind, darunter - worauf es im Revisionsfall ankommt - jene Strafnorm, die im Falle der dem Revisionswerber vorgeworfenen Übertretungen des § 91 Abs. 1 BörseG anzuwenden ist. Wird aber ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG ausdrücklich für die Einhaltung von Bestimmungen bestellt, die selbst keine Verhaltenspflichten normieren, aber die Übertretung anderer Bestimmungen zur Verwaltungsübertretung erklären und mit Strafe bedrohen, so kann dies nur dahingehend verstanden werden, dass dem Beauftragten die Verantwortung für die Einhaltung dieser verwiesenen Bestimmungen übertragen werden soll.

Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass in der Bestellungsurkunde Dr. M. ausdrücklich die Berechtigung für Anordnungen "zur Einhaltung sämtlicher verwaltungsrechtlicher Vorschriften" des Börsegesetzes eingeräumt wurde, was ebenfalls darauf hinweist, dass mit der Bezugnahme auf die Strafnorm des § 48 BörseG die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für die Einhaltung sämtlicher Bestimmungen des Börsegesetzes, soweit diese für die G. AG in Betracht kommen, übertragen wurde.

3. Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig, weil bei wirksamer Bestellung eines verantwortlichen Beauftragen gemäß § 9 Abs. 2 VStG die Bestrafung des im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenen Revisionswerbers nur in Betracht käme, wenn er die Tat vorsätzlich nicht verhindert hätte, wofür jedoch die Verfahrensakten keinen Anhaltspunkt bieten.

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Revisionswerber war daher gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Wien, am