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VwGH 22.12.2011, 2009/07/0211

VwGH 22.12.2011, 2009/07/0211

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
31993R0259 Abfälle-VerbringungsV Anh2;
AWG 2002 §79 Abs2 Z18;
EURallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
RS 1
Nicht jede Anlieferung von überlagerten Lebensmittelabfällen mit Verpackungsresten führt dazu, dass eine Zuordnung zur "Grünen Liste" (Anhang II der EG - VerbringungsV) unmöglich wird. Nach dem der Liste des Anhangs II der EG - VerbringungsV vorangestellten Text dürfen Abfälle "unabhängig von ihrer Auflistung in der Grünen Liste nicht als solche befördert werden, falls sie mit anderen Materialien in einem Ausmaß kontaminiert sind, sodass sie die mit dem Abfall verbundenen Risiken so weit erhöhen, dass sie auf die Gelbe oder die Rote Liste gesetzt werden müssten (lit a), oder die umweltverträgliche Verwertung des Abfalls unmöglich geworden ist (lit b)." Das heißt, dass eine Beförderung auf der "Grünen Liste" dann (noch) möglich ist, wenn die Abfälle mit anderen Materialien in einem Ausmaß kontaminiert sind, das die mit dem Abfall verbundenen Risken nicht erhöht oder das eine unweltverträgliche Verwertung nicht verunmöglicht.
Normen
AWG 2002 §79 Abs2 Z18;
VStG §5 Abs1;
RS 2
Bei der Verwaltungsübertretung des § 79 Abs. 2 Z 18 AWG 2002 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, da der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht zum Tatbestand gehört (vgl. E , 85/09/0024).
Normen
AWG 2002 §79 Abs2 Z18;
VStG §25 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
RS 3
Da bei Ungehorsamsdelikten der Beschuldigte den Beweis zu erbringen hat, dass ihm die Einhaltung der betreffenden Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist, um straffrei zu bleiben, ist die Behörde somit nicht verpflichtet, von sich aus Erhebungen zu pflegen, ob Umstände, die ein Verschulden ausschließen, vorliegen; sie darf sich vielmehr mit der Feststellung des rechtswidrigen Verhaltens begnügen. Allein diese Überwälzung der Beweislast iSd § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG befreit die Behörde aber nicht auch von der Verpflichtung, von sich aus Umstände zu berücksichtigen, die sie schon bei Ermittlung des äußeren Tatbestands festgestellt hat. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 25 Abs 2 VStG. Werden der Behörde also Umstände bekannt, die ein Verschulden des Beschuldigten ausschließen, so hat sie diese auch bei Ungehorsamsdelikten von Amts wegen zu berücksichtigen, ohne dass es erst einer Glaubhaftmachung iSd § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG bedürfte.
Normen
31993R0259 Abfälle-VerbringungsV;
AWG 2002 §79 Abs2 Z18;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
RS 4
Eine unrichtige Auskunft eines behördlichen Organs kann für die Beurteilung der Schuldfrage von Bedeutung sein, doch muss die unrichtige Auskunft von einem Organ der zuständigen Behörde erteilt worden sein, um Straflosigkeit nach § 5 Abs 2 VStG bewirken zu können (Hinweis auf RS 2 E , 1211/70).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1796/74 E RS 2

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des E O in K, vertreten durch TKB Rechtsanwälte treichl krumschnabel buchauer in 6330 Kufstein, Josef Egger Straße 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-2009/16/2459-6, betreffend Übertretung des AWG (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der M - Entsorgung GmbH (im Folgenden: M. GmbH).

Mit Schreiben vom wandte sich die Regierung von Oberbayern an die B GmbH & CoKG (im Folgenden: B. GmbH) in B, Deutschland (Bayern), und führte darin aus, dass das österreichische Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (im Folgenden: BMLFUW) der Fa. Kompostieranlage K in K (in weiterer Folge: Kompostieranlage K.) mit Bescheid vom die Einfuhr von 200 t Küchen- und Kantinenabfällen (AVV-Nr. 200108) zur Biogasanlage der B. GmbH gemäß Art. 10 der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (EG - VerbringungsV) genehmigt habe. Laut der Meldung des Veterinäramtes R sei anlässlich einer Kontrolle am festgestellt worden, dass Lebensmittelabfälle (zum Teil in Verpackung) österreichischer Herkunft zur Biogasanlage der B. GmbH geliefert worden seien, die nach Auskunft der B. GmbH dort in größere Container umgelagert würden, von wo sie zum Unternehmen R. weiter verbracht würden. Die der Kompostieranlage K. erteilte Importbewilligung gelte nur für biologisch abbaubare Küchen- und Kantinenabfälle zur Vergärung in ihrer eigenen Biogasanlage; die Einfuhrgenehmigung sei nicht für Lebensmittelabfälle (AVV-Nr. 020304) erteilt worden. Ebensowenig sei die Einfuhr zur Zwischenlagerung bei der B. GmbH und anschließender Verbringung zu einer anderen Anlage genehmigt.

Es werde daher um Stellungnahme dahingehend gebeten, von welchen österreichischen Unternehmen die angelieferten Lebensmittel stammten und zu welchem Zweck sie zum Unternehmen R. verbracht worden seien. Weiters sei Auskunft dazu zu erteilen, welche Maßnahme von der B. GmbH vorgenommen worden sei, wie lange die Abfälle dort gelagert worden seien und schließlich, seit wann und in welchem Umfang die Anlieferungen der Lebensmittelabfälle aus Österreich zur B. GmbH erfolgten.

Mit Schreiben vom antwortete die B. GmbH dahingehend, dass die Abfälle von der M. GmbH stammten. Es handle sich dabei um Lebensmittelabfälle, welche von der M. GmbH "auf grüne Liste" transportiert worden seien. Dies betreffe nicht die Notifizierung AT 008417 für Speiseabfälle. Die gelieferten Abfälle seien in den "Annahmebunker" der B. GmbH gekippt und mit Speiseabfällen vermischt worden. Dabei sei aber offenbar geworden, dass die gelieferten Abfälle mit erheblichen Mengen an Störstoffen, nämlich Verpackungsmaterial, belastet gewesen seien. Die Abfälle aus dem Bunkerinhalt, nämlich eine Mischung aus Speiseabfällen, Verpackungsmaterialien und Rückständen aus der Lebensmittelindustrie, seien - um ihre Anlage nicht zu stark mit Störstoffen zu belasten - dem Unternehmen R. zur Verwertung übergeben worden. Das Unternehmen R. betreibe eine Anlage zur Abtrennung von Störstoffen aus der organischen Fraktion und habe deswegen die Abfälle zur Verwertung übernehmen können. Da das Unternehmen R. diese Elemente zur Störstoffabtrennung, nämlich zur Entpackung, übernommen habe, seien sie als überlagerte Lebensmittel zur Entpackung deklariert worden.

Die erste Lieferung von Abfällen aus der Lebensmittelindustrie durch die M. GmbH sei am erfolgt, die letzte am . In Summe seien 193,04 t Abfälle aus der Lebensmittelindustrie geliefert worden. In diesem Zeitraum seien 181,6 t mit Störstoffen gemischte Abfälle und Speiseabfälle dem Unternehmen R. zur Verwertung übergeben worden.

Mit Schreiben vom  meldete die Regierung von Oberbayern diese Ermittlungsergebnisse dem BMLFUW, welches diese mit Schriftsatz vom an den Landeshauptmann von Tirol weiterleitete und dabei den Verdacht auf illegale Verbringung durch die M. GmbH äußerte.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft K (BH) vom erging an den Beschwerdeführer als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der M. GmbH die Aufforderung zur Rechtfertigung zu dem Vorwurf, die M. GmbH habe in der Zeit vom bis zum zur B. GmbH 193.040 kg Lebensmittelabfälle mit erheblichen Mengen an Verpackungsmaterial verbracht, obwohl es sich hierbei um eine von Art. 10 der EG - VerbringungsV erfasste notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen gehandelt habe und gemäß § 69 Abs. 1 AWG 2002 der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über jede von der EG - VerbringungsV erfasste notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen nach, aus oder durch Österreich abzusprechen habe. Der Beschwerdeführer stehe daher in Verdacht, eine Verwaltungsübertretung gemäß § 79 Abs. 2 Z 18 AWG 2002 in Verbindung mit § 69 leg. cit und Art. 10 der EG - VerbringungsV begangen zu haben.

Anlässlich seiner Einvernahme vor der BH am erklärte der Beschwerdeführer, dass er von der Lebensmittelkette S. den Auftrag erhalten habe, Abfälle zu übernehmen. Es bestehe eine Notifizierung für Küchen- und Speiseabfälle. Er habe ca. im Dezember 2006/Jänner 2007 mit einem Techniker der "Umweltabteilung im Bundesministerium" telefoniert und sich erkundigt, ob er die zusätzlichen Abfälle über die bestehende Notifizierung nach Deutschland bringen könne oder eine eigene Notifizierung beantragen müsse. Dieser Techniker habe ihm die Auskunft erteilt, dass diese Abfälle unter der Bezeichnung "Abfälle aus der Ernährungsindustrie" unter der Grünen Liste nach Deutschland gebracht werden könnten. Die in der Aufforderung zur Rechtfertigung genannte Menge von 193.040 kg umfasse sowohl Küchen- und Speisenabfälle als auch überlagerte Lebensmittel.

Mit E-Mail vom übermittelte der Beschwerdeführer verschiedene der M. GmbH und der Kompostieranlage K. erteilte Zustimmungsbescheide zur Verbringung bestimmter Stoffe nach Deutschland zum Zweck der Verwertung. Die der M. GmbH erteilten Zustimmungsbescheide waren jeweils auf die Verbringung von anaerob stabilisiertem Schlamm bzw. von Holz- und Strohasche gerichtet. Die der Kompostieranlage K. erteilten Zustimmungsbescheide bezogen sich jeweils auf die Verbringung von Küchen- und Kantinenabfällen (Schlüsselnummer 91202, ÖNORM S 2100) zur B. GmbH. Unter anderem war mit Bescheid des BMLFUW vom dem J.F., Kompostieranlage K., die Zustimmung bis zum zur Verbringung von 200.000 kg Abfällen der Schlüsselnummer 91202 (Küchen- und Kantinenabfälle) erteilt worden.

Mit Straferkenntnis der BH vom wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 79 Abs. 2 Z 18 AWG 2002 iVm § 69 AWG 2002 und Art. 10 der EG-VerbringungsV eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von EUR 1.800,--, bei Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe von 14 Tagen verhängt. Darüber hinaus wurde ihm die Zahlung von EUR 180,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens aufgetragen.

Dem Beschwerdeführer wurde vorgeworfen, dafür verantwortlich zu sein, dass die M. GmbH in der Zeit vom bis zum zur B. GmbH 193.040 kg Lebensmittelabfälle mit erheblichen Mengen an Verpackungsmaterial verbracht habe, obwohl es sich hierbei um eine von Art. 10 der EG - VerbringungsV erfasste notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen gehandelt habe.

Begründend führte die BH nach Anführung des Sachverhaltes und der wesentlichen Rechtsvorschriften aus, dass für den gegenständlichen Zeitraum nur die vom Beschwerdeführer vorgelegten Bescheide vom (Zustimmung an M. GmbH zur Verbringung anaerob stabilisierten Schlammes) und vom relevant seien. Alle anderen Bescheide beträfen Bewilligungen, die außerhalb dieses Zeitraumes lägen; aber auch diese zwei Bescheide seien gegenständlich nicht von Bedeutung, denn diese bezögen sich auf anaerob stabilisierten Schlamm bzw. auf Küchen- und Kantinenabfälle, wohingegen die gegenständlich verbrachten Abfälle als "überlagerte Lebensmittel" anzusehen seien. Es läge somit keine entsprechende Notifizierung vor. Als Verschuldensgrad sei zumindest Fahrlässigkeit anzunehmen, wobei kein Grund als mildernd oder erschwerend zu werten sei.

Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid Berufung und brachte vor, er sei passiv nicht für die Strafe legitimiert, da er in den genannten Fällen nur als Transporteur tätig gewesen sei und somit nicht selbst über die notwendigen Notifizierungen verfügen habe müssen.

Gegenständlich ginge es um zwei verschiedene Abfallarten, nämlich einerseits um vom Unternehmen S. übernommene Salate und Obstkisten, sohin Gemüsereste, welche palettenweise übernommen worden und zur B. GmbH verbracht worden seien. Diesbezüglich habe man im Vorfeld beim BMLFUW angefragt, wo bestätigt worden sei, dass für diese Form der Abfälle keine Notifizierung notwendig sei, sondern diese mittels "Grüner Liste" direkt nach Deutschland verbracht werden könnten. Damit scheide eine Rechtswidrigkeit dieses Handelns aus; zumindest aber könne kein Verschulden vorliegen, wenn der Beschwerdeführer der Rechtsansicht des Ministeriums folgend gehandelt habe.

Die anderen von der M. GmbH gesammelten Abfälle seien der Kompostieranlage K. übergeben worden, welche über eine gültige Notifizierung vom zur Verbringung von Abfällen zur B. GmbH verfüge. Die M. GmbH habe von der Kompostieranlage sodann einen Transportauftrag erhalten, die Abfälle zur B. GmbH zu verbringen, wobei davon auszugehen sei, dass die gegenständlichen Transporte von der Notifizierung gedeckt seien. Der Geschäftsführer der B. GmbH, T. F., habe ausgesagt, dass es sich bei den gelieferten Abfällen um solche der M. GmbH gehandelt habe, wobei diese Angaben unvollständig seien. Teilweise handle es sich tatsächlich um direkt von der M. GmbH verbrachte Abfälle, die aber rechtmäßig geliefert worden seien, da sie gemäß der "Grünen Liste" ohne Notifizierung verbracht werden könnten. Im Übrigen handle es sich aber um keine Lieferungen der M. GmbH selbst, sondern sei diese lediglich als Transporteur aufgetreten und dabei von der Notifizierung der Kompostieranlage K. vom gedeckt.

Mit Anfrage vom ersuchte die belangte Behörde das BMLFUW um Stellungnahme zum Berufungsvorbringen, insbesondere dazu, ob es im Hinblick auf die Ansicht, dass Lebensmittelabfälle nur dann Abfälle der Grünen Liste darstellten, wenn sie direkt und ausschließlich aus der Produktion stammten, ausgeschlossen sei, dass ein Sachbearbeiter des BMLFUW die in der Berufung behauptete Rechtsauskunft erteilt habe.

Das BMLFUW beantwortete diese Frage mit Stellungnahme vom dahingehend, dass es richtig und daher auch wahrscheinlich sei, dass eine solche Auskunft seitens eines abfalltechnischen Amtssachverständigen des BMLFUW erteilt worden sei, dass rein pflanzliche Abfälle aus dem Lebensmittelhandel, wie überlagerte Obst- und Gemüsereste ohne Folie oder andere Verpackungen, welche palettenweise übernommen würden, als grün gelistete Abfälle des Eintrages B 3060 des Anhanges III zur EG-VerbringungsV einzustufen seien. Sofern Lebensmittel jedoch, wie von der B. GmbH dargelegt, erhebliche Mengen an Störstoffen wie Verpackungsmittel enthielten, seien sie nicht mehr unter diesen Begriff zu subsumieren, da sie nicht mehr eine vergleichbare Qualität aufwiesen, sondern stellten notifizierungspflichtige Abfälle dar.

Hinsichtlich der Behauptung, die M. GmbH sei als Transporteur nicht strafbar, sei darauf hinzuweisen, dass einerseits die M. GmbH im Rahmen der Notifizierung Nr. AT 008417 der Kompostieranlage K. erst ab als Transporteur zugelassen gewesen sei, und andererseits § 79 Abs. 2 Z 18 AWG 2002 das Verbringen von Abfällen ohne Notifizierung unter Strafe stelle und damit nicht nur auf denjenigen abstelle, der die illegale Verbringung veranlasse.

Die belangte Behörde führte am eine mündliche Verhandlung durch.

Der Beschwerdeführer sagte dabei aus, dass ihm nicht bekannt gewesen sei, dass es sich nicht mehr um Abfälle laut Grüner Liste gehandelt hätte. Seit April 2007 hätte sein Unternehmen eine eigene Biogasanlage, in der diese Lebensmittel verarbeitet würden, sodass eine Notifizierung nicht mehr notwendig sei. Es ginge gegenständlich um zwei verschiedene Abfallarten. Die Ware, wegen der beim BMLFUW angerufen worden sei, sei die in Paletten gesammelte Obst- und Gemüseabfallart gewesen, welche zur B. GmbH verbracht worden sei. Die verpackte Ware sei der Kompostieranlage K. übergeben worden, die diese teilweise kompostiert und teilweise der B. GmbH übergeben habe. Die bayerische Regierung habe keinen LKW kontrolliert, sondern die Biogasanlage der B. GmbH, wobei sie Lebensmittel vorgefunden habe, deren Herkunft sie nicht genau habe eruieren können.

Der Geschäftsführer der B. GmbH, T. F., sagte als Zeuge aus, dass die B. GmbH von der M. GmbH überlagerte Lebensmittel bekommen hätte. Er sei der Meinung, dass es sich um Abfälle laut Grüner Liste handle. Wörtlich heißt es im Verhandlungsprotokoll:

"Es war Palettenware, Obst und Gemüse, also typische grüne Liste. Zum Teil war allerdings Verpackung dabei wie z.B. bei Trauben wie es dort üblich ist. Da hatte ich als Zulieferer Speisereste von der Kompostieranlage K. Diese wurden von verschiedenen Frächtern gefahren. Unter anderem sind dabei Mengen von der MUT gefahren worden. Wir haben eine Kontrolle durch das Veterinäramt gehabt. Bei dieser unangemeldeten Kontrolle haben wir Abfälle in einen Container umgeladen. Diese Abfälle konnten wir selbst nicht bei uns verarbeiten, weil sie durch Störstoffe verunreinigt waren. Wir hatten sie in einen Container umgeladen. Diese Abfälle im Container waren der Grund für die Beanstandung. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt keine Genehmigung als Zwischenbehandlungsbetrieb. Die Definition des Zwischenbehandelns erfasst auch das Umladen. Verunreinigungen liegen schon vor, wenn bei dem Obst eine Kiste dabei ist bzw. bei den Trauben ein Säckchen."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe gemäß § 20 VStG auf EUR 900,--, die Ersatzarreststrafe auf 4 Tage herabgesetzt wurde.

Die belangte Behörde gab den Verfahrensablauf wieder; danach traf sie Feststellungen, die in der Wiedergabe der Ausführungen des Geschäftsführers der B. GmbH in der mündlichen Verhandlung und des BMLFUW in seinem Schriftsatz vom bestehen. Daran anschließend wies sie auf das Schreiben der Regierung von Oberbayern hin, woraus hervorgehe, dass die Ware aus dem beanstandeten Container von der M. GmbH als "Grüne Liste Abfall" geliefert worden sei. Auch aufgrund der Aussage des Geschäftsführers der B. GmbH stehe der Gesetzesverstoß fest. Weder habe die M. GmbH eine Notifizierungsbewilligung für derartige Abfälle gehabt, noch seien die Abfälle wegen des damit verbundenen Verpackungsmaterials der Grünen Liste zuzuordnen gewesen. Auch als Transporteur sei die M. GmbH für die Einhaltung der Notifizierungsverordnung verantwortlich. Eine allfällige Notifizierungserlaubnis der B. GmbH habe nicht die Lieferungen aus Österreich umfasst, wie aus den Erlässen des BMLFUW im erstinstanzlichen Akt hervorgehe.

Als Verschuldensgrad sei grobe Fahrlässigkeit anzunehmen. Der Unrechtsgehalt der Übertretung sei nicht gering, da durch die EG - VerbringungsV die Abfallströme kontrolliert werden sollten. Als mildernd sei die Unbescholtenheit laut Aktenlage zu werten. Weiters sei für die außerordentliche Strafmilderung wesentlich, dass das beanstandete Verhalten aufgehört habe und in Zukunft mit derartigen Übertretungen nicht mehr zu rechnen sei. Es lägen die Voraussetzungen für eine außerordentliche Strafmilderung vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AWG 2002 in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 43/2007lauten auszugsweise:

"§ 66. (1) Für Verbringungen von Abfällen sind die gemeinschaftsrechtlichen Abfallvorschriften, insbesondere die EG-VerbringungsV, anzuwenden.

(…)

§ 67. (1) Wer eine gemäß EG-VerbringungsV oder gemäß einer Verordnung nach § 72 Z 1 notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen aus Österreich durchzuführen beabsichtigt, hat dies dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu notifizieren.

(2) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft übermittelt die Notifizierung an die zuständige Behörde am Bestimmungsort und eine Abschrift an den Empfänger und an die für die Durchfuhr zuständigen Behörden. Die Weiterleitung der Notifizierung hat zu unterbleiben, wenn unmittelbar Einwände gegen die Verbringung von Abfällen zur Beseitigung in Übereinstimmung mit Art. 4 Abs. 3 EG-VerbringungsV erhoben werden.

(…)

§ 69. (1) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat über jede von der EG-VerbringungsV erfasste notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen nach, aus oder durch Österreich bescheidmäßig abzusprechen.

(2) Der Bescheid ist innerhalb folgender Fristen zu erlassen:

…..

§ 79. …

(2) Wer

(…)

18. entgegen § 69 Abfälle ohne die erforderliche Bewilligung oder ohne die sonstigen erforderlichen Zustimmungen gemäß EG-VerbringungsV oder entgegen Art. 25 Abs. 2 der EG-VerbringungsV verbringt oder Auflagen in den Bescheiden gemäß § 69 nicht einhält,

(…)

begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 bis 7 270 EUR zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1 800 EUR bedroht."

Die maßgeblichen Bestimmungen der EG-VerbringungsV lauten

auszugsweise:

"Art. 1

(3) a) Mit Ausnahme der Buchstaben b), c) d, und e) sowie des Artikels 11 und des Artikels 17 Absätze 1, 2 und 3 gilt diese Verordnung nicht für die Verbringung von ausschließlich zur Verwertung bestimmten und in Anhang II aufgeführten Abfällen.

b) Für solche Abfälle gelten alle Bestimmungen der Richtlinie 75/442/EWG. Insbesondere gilt:

….

Art. 6

(1) Beabsichtigt die notifizierende Person unbeschadet des Artikels 25 Absatz 2 und des Artikels 26 Absatz 2, zur Verwertung bestimmte Abfälle des Anhangs III von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat zu verbringen und/oder sie durch einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten durchzuführen, so notifiziert sie dies der zuständigen Behörde am Bestimmungsort und übermittelt der zuständigen Behörde am Versandort und den für die Durchfuhr zuständigen Behörden sowie dem Empfänger eine Kopie des Notifizierungsschreibens.

(…)

Art. 10

Für die Verbringung von zur Verwertung bestimmten Abfällen des Anhang IV sowie von zur Verwertung bestimmten Abfällen, die noch keinem der Anhänge II, III oder IV zugeordnet worden sind, gelten die Verfahren der Art. 6 bis 8 mit der Ausnahme, dass die betroffenen zuständigen Behörden ihre Zustimmung schriftlich vor dem Beginn der Verbringung zu erteilen haben.

Art. 11

(1) Damit die Verbringung der in Anhang II aufgeführten und zur Verwertung bestimmten Abfälle besser verfolgt werden kann, sind diesen Abfällen folgende vom Besitzer unterzeichnete Angaben beizugeben:

a)

Name und Anschrift des Besitzers;

b)

…..

Art. 26

(1) Als illegale Verbringung gilt:

a) eine Verbringung ohne Notifizierung an alle betroffenen zuständigen Behörden gemäß dieser Verordnung,

(…)

ANHANG II

GRÜNE LISTE

Unabhängig davon, ob gewisse Abfälle in dieser Liste aufgeführt sind, dürfen sie nicht als Abfälle der Grünen Liste befördert werden, falls sie mit anderen Materialien in einem Ausmaß kontaminiert sind, daß a) sie die mit dem Abfall verbundenen Risiken soweit erhöhen, daß sie auf die Gelbe oder die Rote Liste gesetzt werden müßten, oder b) die umweltverträgliche Verwertung des Abfalls unmöglich geworden ist.

(…)

ANHANG III

GELBE LISTE

…"

2. Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens ist der Vorwurf, der Beschwerdeführer habe 193.040 kg überlagerte Lebensmittel mit erheblichen Mengen an Verpackungsmaterial verbracht, obwohl es sich um eine nach Art. 10 EG-VerbringungsV notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen gehandelt habe und der BMLFUW nach § 69 AWG 2002 darüber abzusprechen habe. Daher habe der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 79 Abs. 2 Z 18 AWG 2002 erfüllt.

§ 79 Abs. 2 Z 18 AWG 2002 nennt mehrere Arten von Zuwiderhandlungen, die nach dieser Bestimmung strafbar sind. Darunter fällt das Verbringen von Abfällen "entgegen § 69 ohne die erforderliche Bewilligung." Auf diesen Tatbestand scheint der angefochtene Bescheid (auch) abzustellen, wird doch auf § 69 AWG 2002 ausdrücklich verwiesen. Inwiefern es sich (auch) um eine nach Art. 10 EG-VerbringungsV notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen gehandelt habe, wozu schriftliche Zustimmungen vor Beginn der Verbringung vorliegen hätten müssen, wird nicht näher dargelegt. Art. 10 der genannten Verordnung bezieht sich auf Abfälle der Liste IV und auf Abfälle, die noch keiner der Listen zugeordnet sind. Mit diesen Voraussetzungen des Art. 10 EG-VerbringungV hat sich die belangte Behörde aber im angefochtenen Bescheid nicht näher befasst; unklar bleibt auch, welches Gewicht diesem nicht näher erläuterten Vorwurf der Übertretung von Art. 10 der EG-VerbringungsV seitens der belangten Behörde beigemessen wurde und ob und inwieweit dieser Vorwurf in die Strafbemessung eingeflossen ist.

3. Der Tatvorwurf bezieht sich - wie dargestellt - auf die Verbringung von 193.040 kg überlagerte Lebensmittel durch die M.- GmbH; diese Menge sei notifizierungspflichtig, weil sie mit erheblichen Mengen an Verpackungsmaterial durchsetzt gewesen sei.

Dieser Tatvorwurf findet aber in den "Feststellungen" der belangten Behörde bzw. in den Aktenunterlagen schon in Bezug auf die genannte Menge nur teilweise Deckung.

Nach einer Würdigung der diesbezüglich eingeholten Beweise getroffene Feststellungen der belangten Behörde über die Menge und die Zusammensetzung dieser Abfälle sind dem angefochtenen Bescheid nämlich nicht zu entnehmen. Wie bereits oben wiedergegeben, ist dem Schreiben der B. GmbH vom zu entnehmen, dass "in Summe 193,04 t Abfälle aus der Lebensmittelindustrie geliefert worden seien. In diesem Zeitraum seien 181,6 t mit Störstoffen gemischte Abfälle und Speiseabfälle dem Unternehmen R. zur Verwertung übergeben worden." Das Unternehmen R. hatte die Aufgabe, die Verpackungen und die Abfälle zu trennen; es erscheint daher wahrscheinlich, dass lediglich 181,6 t der gelieferten Menge mit Verpackungsmaterialien vermischt waren, die diese Behandlung ("Entpackung") notwendig machten.

Die Vermengung mit Verpackungsmaterial betrifft daher offenbar nur eine Menge von 181,6 t, nicht aber eine solche von 193,04 t. Das Fehlen einer solchen Vermengung, also die Lieferung zB von nicht mit Verpackung vermengten Gemüseresten könnte aber zu einer Qualifizierung eines Teils des gelieferten Abfalls als nicht notifizierungspflichtig führen; diesfalls wäre die Deklarierung als "Grüne Liste" korrekt. Auf diese Differenzierung in den angegebenen Abfallmengen hat die belangte Behörde aber nicht geachtet, weitere Ermittlungen unterblieben.

4. Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Verbringung der als "überlagerte Lebensmittel" bezeichneten Abfälle den deutschen Behörden vom Beschwerdeführer nicht gemeldet, sondern gegenüber der B. GmbH als Abfälle der "Grünen Liste" deklariert wurden. Die belangte Behörde kam zum Schluss, dass hier jedenfalls eine notifizierungspflichtige Verbringung vorgelegen sei, zumal "die Abfälle wegen damit verbundenen Verpackungsmaterials" nicht der Grünen Liste zuzuordnen gewesen seien.

4.1. Feststellungen über die Art und die in den Abfällen befindliche Menge an Verpackungsmaterial finden sich im angefochtenen Bescheid nicht. Es heißt dort lediglich unter teilweiser Wiedergabe der Zeugenaussage des T.F. (Geschäftsführer der B. GesmbH), "zum Teil" sei bei der Palettenware "allerdings Verpackung" dabei gewesen, "wie zB bei Trauben, wie es dort üblich sei." Auch der das Verfahren auslösenden Stellungnahme der Regierung von Oberbayern vom ist in diesem Zusammenhang lediglich zu entnehmen, dass Lebensmittelabfälle "zum Teil in Verpackung" angeliefert worden seien. Näheres ist diesen Stellungnahmen aber nicht zu entnehmen.

Nun führt aber nicht jede Anlieferung von überlagerten Lebensmittelabfällen mit Verpackungsresten dazu, dass eine Zuordnung zur "Grünen Liste" unmöglich wird. Nach dem der Liste des Anhanges II der EG - VerbringungsV vorangestellten Text dürfen Abfälle "unabhängig von ihrer Auflistung in der Grünen Liste nicht als solche befördert werden, falls sie mit anderen Materialien in einem Ausmaß kontaminiert sind, sodass sie die mit dem Abfall verbundenen Risiken so weit erhöhen, dass sie auf die Gelbe oder die Rote Liste gesetzt werden müssten (lit. a), oder die umweltverträgliche Verwertung des Abfalls unmöglich geworden ist (lit. b)." Das heißt, dass eine Beförderung auf der "Grünen Liste" dann (noch) möglich ist, wenn die Abfälle mit anderen Materialien in einem Ausmaß kontaminiert sind, das die mit dem Abfall verbundenen Risken nicht erhöht oder das eine unweltverträgliche Verwertung nicht verunmöglicht.

Mit der Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen oder ob es sich tatsächlich wegen Erhöhung der Risken bzw wegen der Unmöglichkeit einer umweltverträglichen Verwertung nicht mehr um Abfälle der Grünen Liste handelt, hat sich die Behörde jedoch nicht näher beschäftigt. Insbesondere bleibt offen, ob die Abfälle in einem die Kriterien der lit. a) oder lit. b) erfüllenden Ausmaß mit Verpackungsmaterial kontaminiert waren (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Nr. C- 192/96, Rn. 3 und 29ff, Beside BV und I. M. Besselsen).

4.2. Der angefochtene Bescheid gibt in diesem Zusammenhang unkommentiert das Schreiben des BMLFUW vom wieder, in dem sich ein Hinweis auf die "als grün gelisteten Abfälle B 3060 des Anhanges III der EG - VerbringungsV" findet. Diese Wiedergabe allein stellt aber keine angemessene Auseinandersetzung der belangten Behörde mit der Frage dar, ob die "überlagerten Lebensmittel" der "Grünen Liste" zuordenbar waren oder nicht.

Abgesehen davon ist der Stellungnahme des BMLFUW zu entnehmen, dass die Annahme der Notifizierungspflicht nur für den Fall der erheblichen Verschmutzung mit Verpackungsmaterial erstattet wird (arg.: "sofern Lebensmittelabfälle jedoch …. erhebliche Mengen an Störstoffen enthalten…"). Gerade mit der Frage, ob eine solche "erhebliche" Menge an Störstoffen enthalten war, befasst sich die belangte Behörde nicht näher. Die Angaben des Geschäftsführers der B. GmbH, der zudem der Meinung war, dass es sich um Abfälle der Grünen Liste handelte, bleiben in diesem Zusammenhang auch viel zu allgemein, um eine taugliche Grundlage für diese Annahme zu bieten.

Im Übrigen findet sich die vom BMLFUW genannte Ziffer "B 3060" nicht in der Grünen Liste in Anhang II der EG - VerbringungsV, sondern in Anhang V, Teil I, Liste A der Verordnung. Sie ist allerdings im Wesentlichen mit dem im Anhang II ("Grüne Liste") unter GM 130 genannten Abfällen ident.

Welche rechtliche Meinung die belangte Behörde im Zusammenhang mit der Zuordnung der Abfälle vertritt, bzw. aus welchen Gründen (lit. a oder lit b des ersten Absatzes des Anhangs II) sie die Ansicht vertrat, die Stoffe seien der Grünen Liste nicht zuordenbar, bleibt aber offen.

5. Ein weiterer Begründungsmangel liegt im Zusammenhang mit der Art bzw der Zusammensetzung der transportierten Stoffe vor. Dazu hatte der Beschwerdeführer im Verfahren vorgebracht, dass es sich um zwei verschiedene Abfallarten gehandelt habe, nämlich zum einen um Salate und Obstkisten (Gemüsereste) aus dem Zentrallager des Unternehmens S., die von seinem Unternehmen direkt übernommen und zur B-GmbH verbracht worden seien. Zum anderen habe es sich um von der M.-GmbH gesammelte Abfälle gehandelt, welche der Kompostieranlage K. übergeben worden und nach einer dortigen Behandlung von der M. GmbH weiter zur B. GmbH verbracht worden seien.

5.1. Davon, dass die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers unglaubwürdig wären, ist die belangte Behörde nicht ausgegangen; diesbezüglich finden sich keine beweiswürdigenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid. Ebensowenig findet sich aber eine getrennte faktische und rechtliche Betrachtung der beiden vom Beschwerdeführer genannten Stofffraktionen.

5.2. Dies wäre aber aus nachstehenden Gründen von Bedeutung:

Zur erstgenannten Fraktion (Gemüsereste) hatte der Beschwerdeführer nämlich behauptet, dass er sich ausdrücklich beim BMLFUW hinsichtlich der Rechtmäßigkeit seiner Transporte (ohne Notifizierung, weil Grüne Liste) erkundigt habe, wo man ihm dies auch bestätigt habe. In der Beschwerde meint er, es könne ihm somit nicht grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, zumal der Wortlaut des Gesetzes vollkommen unklar sei. Sollte er eine Fehlinterpretation des Gesetzes vorgenommen haben, könne ihm dies somit nicht als relevantes Verschulden im Sinne des VStG vorgeworfen werden.

Insofern der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen meint, er habe hinsichtlich aller Abfälle beim BMLFUW angefragt, ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren diesen Einwand nur hinsichtlich der vom Unternehmen S. übernommenen Abfälle (Salate, Obstkisten, Gemüsereste …) erhoben hat, sodass darüber hinaus, somit hinsichtlich etwaiger anderer Abfallmengen, dieses Vorbringen dem Neuerungsverbot unterliegt.

5.3. Im Zusammenhang mit den vom Unternehmen S. übernommenen Abfälle (Salate, Obstkisten, Gemüsereste …) ist zu dem Vorbringen des Beschwerdeführers Folgendes festzuhalten:

Bei der Verwaltungsübertretung des § 79 Abs. 2 Z 18 AWG 2002 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, da der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht zum Tatbestand gehört (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , 85/09/0024). Bei Ungehorsamsdelikten hat der Beschuldigte, um straffrei zu bleiben, den Beweis zu erbringen, dass ihm die Einhaltung der betreffenden Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , 86/09/0174). Die Behörde ist somit nicht verpflichtet, von sich aus Erhebungen zu pflegen, ob Umstände, die ein Verschulden ausschließen, vorliegen; sie darf sich vielmehr mit der Feststellung des rechtswidrigen Verhaltens begnügen. Allein diese Überwälzung der Beweislast im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG befreit die Behörde aber nicht auch von der Verpflichtung, von sich aus Umstände zu berücksichtigen, die sie schon bei Ermittlung des äußeren Tatbestandes festgestellt hat. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 25 Abs. 2 VStG. Werden der Behörde also Umstände bekannt, die ein Verschulden des Beschuldigten ausschließen, so hat sie diese auch bei Ungehorsamsdelikten von Amts wegen zu berücksichtigen, ohne dass es erst einer Glaubhaftmachung im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG bedürfte (vgl. dazu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, § 5 VStG E 111).

Nach § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Auf die Anfrage des Beschwerdeführers an das BMLFUW hinsichtlich dieser Teilmenge der Abfälle und auf die "wahrscheinliche Auskunft" - wie das BMLFUW selbst meint - ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aber nicht näher eingegangen, sie hat lediglich die Auskunft des BMLFUW vom wörtlich wieder gegeben. Das Vorliegen eines Schuldausschließungsgrundes gemäß § 5 Abs. 2 VStG hat sie nicht geprüft.

Eine unrichtige Auskunft eines behördlichen Organs kann für die Beurteilung der Schuldfrage aber durchaus von Bedeutung sein, doch muss die unrichtige Auskunft von einem Organ der zuständigen Behörde erteilt worden sein, um Straflosigkeit nach § 5 Abs. 2 VStG bewirken zu können (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , 93/09/0176); zweifelsfrei ist der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft die am Versandort für die Anwendung der EG-VerbringungsV zuständige Behörde (vgl. § 66 Abs. 2 AWG 2002); die Auskunft stammte nach Angaben des Beschwerdeführers von einem seiner Organe.

Es erscheint daher nicht ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer das Unerlaubte (eines Teils) seines Verhaltens nicht einsehen konnte, zumal ihm dessen Erlaubtheit, zumindest seiner Aussage nach, von einem Organ der zuständigen Behörde ausdrücklich bestätigt wurde. Die konkrete Art und Weise der Erkundigung sowie die Darstellung der Art und Zusammensetzung der Lebensmittelabfälle anlässlich der Einholung der Auskunft durch den Beschwerdeführer wurden von der belangten Behörde aber nicht festgestellt.

Ohne Feststellungen dazu kann aber nicht beurteilt werden, ob nicht ein Schuldausschließungsgrund zumindest in Bezug auf einen Teil der Abfälle vorliegt; dazu hätte die belangte Behörde aber weitere Ermittlungen durchführen müssen.

6. Es erübrigte sich daher ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
31993R0259 Abfälle-VerbringungsV Anh2;
31993R0259 Abfälle-VerbringungsV;
AWG 2002 §79 Abs2 Z18;
EURallg;
VStG §25 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Schlagworte
Begründung Begründungsmangel
Besondere Rechtsgebiete
Verfahrensbestimmungen Diverses
Gemeinschaftsrecht Verordnung EURallg5
Verfahrensbestimmungen Amtswegigkeit des Verfahrens
Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2009070211.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAE-89460